Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

5. HA (RMO): Einigung zwischen KR und FR. Ausschreiben eines Reichsmünztags parallel neben dem Reichsjustiztag. 3. HA (Landfrieden) und zugehörige Supplikationen: Einigung zwischen KR und FR. Anmahnung des Vollzugs der EO im RAb. Sicherstellung der Wahl von Kreisobersten.

/814/ (Vormittaga ) Kurfürstenrat und fürstenrat.

KR referiert den Beschluss zum 5. HA (RMO): Haben sich erinnert, worin /815/ hievor differentz gewesen, namblich des goltguldens halben, alß das man nit schuldig solte sein, silber zu nemen an stat goldes1, [1] da man herpracht, golt zuempfahen, 2) da offentliche verschreibungen, 3) da pacta furhanden. Dweil dan konig auf vorigem Reichs tag erclertb , 2, so weren kfl. rethe wol geneigt gewesen, das muntz edict3 furzunemen und dasselbig zurevidieren und muntz verstendigen daruber zuhoren, dweil churfursten edict nit bewilligt. Dweil aber disses Reichs tags abschiedt ergehen soll, konne man nit darzu komen. Und nachdem man achtet, ein hochnützlich werck zu sein, dissen articul nit lenger einzustellen, und dan fur gut angesehen, ein verordnung an das cammergericht von wegen der visitation zethun4, so bedechten die churfurstliche rethe, das disser articul auch solte in solche verordnung gezogen werden, daselbst darin zuverabschieden.

/816/ 3. HA (Landfrieden): KR hat die Ausführungen des Kgs. in der Proposition wegen des Vollzugs der EO beraten5 . Zur Thematik gehören die Supplikationen des Oberrheinischen Kreises wegen der Oberstenwahl und des Ebf. von Magdeburg bzw. des Hg. von Braunschweig wegen des Streits um das Ausschreibeamt im Niedersächsischen Kreis6. Daruff sie bedacht, das in dem abschiedt solte meldung beschehen, das die jenigen, so noch nit alle stuck der ordnung verricht, noch thun solten, wes die executions ordnung eim yeden kraiß auferlegt und etlich andere kraiß alberait gethan. Der einkomenen schreiben halben solte kein meldung beschehen, aber doch welung halb eins obersten einzupinden, das sie ein andern an dessen stat, so gewelet, erkiesen solten. /817/ Und da es kein standt annemen wolte, das sie alßdan ein vertraute person bestellen und underhalten, alles vermoge der ordnung7. Hierher gehört daneben die Supplikation der Reichsstädte wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vor allem durch herrenlose Söldner und Reiterei. Dazu hat KR beschlossen8 , das es teutscher nation schimpflich, das keiner sicher sein kan; zudeme das den furstenthumben selbst abgangk beschicht, das die gewerben durch disse plackerei gelegt werden. Derwegen solten alle stendt sich der executions ordnung erinnern, und solte ein yeder rathe sein hern vermanen, zu sehen, damit strassen rein gehalten. Neben dem sol die kgl. Mt. anzulangen sein, vorige mandata von den plackereyen9 zu erneuen oder aber andere zu erkennen.

FR zum 5. HA (RMO): Wären zur Beratung der RMO bereit. Aber da man es /818/ nit thun kan, solte konig ein muntztag außschreiben, dahin von yedem kraiß 2 erscheinen solten, die die sachen zuberatschlagen und auf kunfftigem Reichs tag relation zethun. Item dabeneben konig zupitten, die mandata, anno 1555 außgangen10, zu erneuen. Yedoch solte man die mandata fürnemen und revidieren, wes darin fur mangel. Item solte kgl. W. zu England in mittelst per regem ersucht werden, sich mit in disse ordnung einzulassen11.

FR zum 3. HA (Landfrieden)12 : Da die EO zu Augspurg wol bedacht, solte darin nichst geendert werden, dan allein in dem abschiedt ein general erneuerung beschehen. Item den kraissen zu befelhen, zwischen [dem folgenden RAb und] Johannis13 alle mengel /819/ zu erstatten. Und wo konig mangel erfunde, das alßdan fiscal contra contumaces procedieren soll. Hetten auch des reinischen kraiß schreiben hierunther ersehen14. Daruf sie zu beantwurten, wer durch das meher erwolet15, das derselbig schuldig sein soll, ein jar langk das ambt zu tragen; wofer nit, das alßdan kreiß ein zubestellen. Der stett beclagten reuterei halben solte die nacheil furgenomen worden sein, und pilligs stet bei den kraissen haben angesucht und in specie angezeigt haben, wo der mangel. Als die gulischen in causa Ritperg suppliciert umb erclerung etc.16: Were ir bedencken, es solten der oberste und die zugeordneten cognitionem haben zuerkennen, welche fell landtfridbruchig oder nit. Solchs solte den gulischen per viam decreti auf ire supplication angezeigt werden.

/820/ Kurfürstenrat. Beratung der Resolution des FR zum 5. HA (RMO). Beschlussc : Man beharrt darauf, das die verordneten, so gen Speir der visitation halben und zu abrichtung der mengel verordnet, solten muntz verstendige zu sich ziehen und die muntz ordnung fürnemen und beratschlagen, und nachfolgents den stenden relation zethun. Item das kgl. Mt. zuersuchen, die vor außgangnen mandaten zu renovieren. Item das ire Mt. wolt Engelandt anlangen, das sich Niderlande wolten der muntz ordnung underwurffig machen.

3. HA (Landfrieden): FR ist zu referieren, dass die kfl. Räte es bei der EO liessen pleiben und das sie nichst darin wusten zu verpessern. /821/ Aber solte widerumb erholt werden im abschiedt. d–Das die defect, so noch in kraissen weren, zwuschen diß und Johannis Baptiste negst kunfftig in kraissen verrichten sollen, und der kgl. Mt. zu wissen thun, wes sie verricht. Was die proceß anlangt, so fiscalis derwegen furzunemen laut furstenrathes bedencken: Da solte man es bei dem wenden lassen, was hievor in der executions ordnung begriffen–d , 17. Reinisch Kraiß: Halt man fur verglichen. Reuterei18: Last man es bei vorigem pleiben. Gulisch declaration und die erkantnuß unratsam, und solche cognitio nit einzuraumen, sonder bei der ordnung pleiben zulassen.

Kurfürstenrat und fürstenratFR schließt sich nunmehr beim 5. HA (RMO) hinsichtlich der Gestaltung des Münztags KR an, aber doch die visitations sach zuvorderst iren vorgangk haben solte. Item was yemandts für gravamina der muntz halben haben mochte, dieselbig fürzupringen. /822/ Item mandata der muntz halben zucorrigieren. Item Englandt zuersuchen ut supra.

Beim 3. HA (Landfrieden) ebenfalls Anschluss an KR; mit dem anhangk, das der jenig, so durch das meher im kraiß erwelet, schuldig sein soll, das obersten ambt ein jar langk zutragen.

KR referiert seine vorherigen Beschlüsse zu beiden HAA und billigt den Zusatz des FR, wonach dem Münztag Gravamina vorgebracht und die Münzmandate erneuert werdene.

FR ergänzt: Der muntz halben im abschiedt zuleiben19, das taugliche, geschickte personen darzu zuverordnen. Item das man visitation erstlich, 2) die verordnung des cammergerichts grava- /823/ mina halben und 3) muntz furneme.

Jülich und Braunschweig bitten um Abschrift der Beschlüsse zu ihren Supplikationenf.

Anmerkungen

a
 Vormittag] Kurpfalz (fol. 565) zusätzlich vor dem Folgenden: Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Abschließende Einigung zum 2. HA (Türkenhilfe) liegt allein am KR. Nochmals Aufschub um zwei Tage, um etwaige weitere Weisungen abzuwarten.
1
 Vgl. dazu die frühere Weisung Kf. Ottheinrichs von der Pfalz an seine Gesandten Hegner und Heyles, ausgehend noch von einer Beratung zur Reichsmünze beim RT (Amberg, 12. 9. 1556): Sollen darauf achten, dass /52’/ die vergleichung deß goldes unnd silbers nicht eingefuert oder bewilligt, so wol dadurch deß Heyligen Reichs teutscher nation nachtheyl, alß die, so es bewilligt wurde, an gold ganntz eröst werden muest, zuverhueten, alß unser, der reinischen churfürsten, reputation, ehr sambt trauen und glauben /53/ zuerhallten (HStA München, K. blau 106/3, fol. 51–55’, hier 52’ f. Or.; präs. 19. 9.). Zur Rolle der Kurpfalz als Hauptgegner der Wertgleichheit von Goldgulden und Silberguldiner (Doppelwährung): Schrötter, Reichsmünztag, 54 f.
b
 erclert] Kurpfalz (fol. 565’) zusätzlich: Kg. hat erklärt, die ordnung den 3 fellen nit zugegen sein solt, und da es nur die zeit erleiden hete konden, das solche sachen beratschlagt werden mogen.
2
 Vgl. dazu und zu den von den Kff. geforderten Ausnahmen von der Doppelwährung Anm.9 bei Nr. 102.
3
 = die RMO 1551.
4
 Gemeint ist nicht die ordentliche, jährlich einberufene RKG-Visitation, sondern der am 9. 3. beschlossene Reichsjustiztag als außerordentlicher DT, an den der RT die Beratung der Visitationsergebnisse von 1556 verwies (vgl. Würzburg, fol. 245–247 [Nr. 208]).
5
 Nr. 1, fol. 66’ [Als auch auf obgedachtem ... gebracht werden].
6
 Vgl. die Supplikationen: Nr. 560, Nr. 526, Nr. 551.
7
  EO im RAb 1555, § 57 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3123).
8
 Supplikation: Nr. 570. Die diesbezügliche Beratung des KR am 9. 3. wird nicht in Kurmainz als Protokoll der ‚Reichshandlungen‘ aufgezeichnet, sondern in der Mitschrift für die Supplikationsverhandlungen (HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 16–43’, hier 40’). Vgl. den Beschluss des KR bei der Supplikation [Nr. 570].
9
 Mandat Kg. Ferdinands vom 17. 9. 1555 gegen Umtriebe herrenloser Söldner: Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 270b S. 2528–2534. Vgl. das erneuerte Mandat vom 15. 3. 1557: Nr. 495.
10
 Münzmandat Kg. Ferdinands vom 25. 9. 1555: Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 391 S. 3159–3161. Vgl. Newald, Münzwesen, 55. Vgl. das erneuerte Mandat vom 15. 3. 1557: Nr. 499.
11
 Gemeint: Aufforderung an Kg. Philipp II. von Spanien, sich mit Burgund der RMO zu unterstellen.
12
 Die vorausgehenden Beratungen im FR zum 3. HA sind aufgrund der unzureichenden Protokollierung für die letzten Tage des RT nicht dokumentiert.
13
 = 24. 6. 1557.
14
 Bezugnahme auf die Supplikation des Oberrheinischen Kreises [Nr. 560]. Zur Problematik der Oberstenwahl im Zusammenhang mit dem Vollzug der EO im Kreis bis zum RT vgl. Heidenhain, Beiträge, 121 f., Anm. 113;  Malzan, Geschichte, 90–94; Dotzauer, Reichskreise, 220 f.
15
 = als Kreisoberst.
16
 Bezugnahme auf die Supplikation Jülichs um eine Erläutertung der EO. Vgl. Anm.19 bei Nr. 102.
c
 Beschluss] Kurpfalz (fol. 567’ f.) differenzierter: Umfrage. Einhelliger Beschluss, auf dem Münztag neben dem Reichsjustiztag zu beharren. Sachsen ergänzt, dass der Münztag nur die Beratungen [ohne Beschlusskompetenz] führen und das Ergebnis einem künftigen RT vorlegen soll.
d–
 Das ... begriffen] Kurpfalz (fol. 568–569’) differenzierter: 2 Umfragen zur Resolution des FR. Dabei lehnt Pfalz den Termin Johannis für den Vollzug als zu kurzfristig ab. Die anderen kfl. Gesandten schließen sich FR an. Sachsen regt an, dass fiskalische Prozesse gegen im Vollzug säumige Kreise abgelehnt werden. Supplikation Jülich: Gegen FR keine Entscheidungsbefugnis für den Kreisobersten, sondern Regelung gemäß EO.
17
 Ungehorsam oder Versäumnisse eines Kreises: EO im RAb 1555, § 100 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3136).
18
 = Supplikation der Reichsstädte [Nr. 570].
e
 werden] Kurpfalz (fol. 570’) zusätzlich: Beim 3. HA weitgehendes Einvernehmen. KR billigt die Fristsetzung bis Johannis für den Vollzug der EO, lehnt aber fiskalische Prozesse als Sanktion ab. Oberstenwahl im Oberrheinischen Kreis: Kreis möge auf eigene Kosten einen Oberst bestellen. Maßnahmen gegen Landfriedensbrüche (Supplikation der Reichsstädte): Erneuerung des kgl. Mandats gegen herrenlose Söldner. Supplikation Jülich/Westfälischer Kreis: Gegen FR keine Entscheidungsbefugnis für den Kreisobersten, sondern Regelung gemäß EO. Nach getrennter Beratung stellt KR zu beiden HAA Einigkeit fest. FR bestätigt dies und ergänzt [wie oben].
19
 = in den Abschied zu inserieren.
f
 Supplikationen] Kurpfalz (fol. 572) zusätzlich: Kurfürstenrat. Verlesung und Billigung der Resolutionskonzepte für die Antworten der Reichsstände beim 3. HA (Landfrieden) und 5. HA (RMO).