Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
Vorbereitung des Religionsvergleichs auf einem Kolloquium ohne Beschlusskompetenz. Vorlage der unverbindlichen Ergebnisse vor Ks., Kg. und Reichsständen zur Begutachtung und Stellungnahme. Bedingungen der katholischen Stände für das Kolloquium: Keine Präjudizierung eines künftigen Generalkonzils als zuständige Instanz für den Religionsvergleich durch das Kolloquium. Keine Beeinträchtigung von Stand, Amt und Verpflichtungen geistlicher und weltlicher katholischer Ff. durch das Kolloquium. Ablehnung der Bedingungen durch die CA-Stände: Keine Bindung des Kolloquiums an ein Konzil. Herstellung der Vergleichung auf der Grundlage der Heiligen Schrift, keine Entscheidungsgewalt des Papstes. Billigung eines späteren freien ökumenischen Konzils nach eigenen Vorgaben. Weitere Gültigkeit des Religionsfriedens. Ablehnung der Amtsklausel als Beschränkung der Redefreiheit der Kolloquenten.
Bedenken der CA-Stände im geteilten Abschnitt in deren Versammlung gebilligt am 25. 1. 15571. Im Religionsausschuss sowie in FR und SR verlesen und gebilligt am 26. 1.2 Dem Kg. übergeben am 27. 1.3 Von den Reichsständen kopiert am 28. 1.
HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 373–380’ (Kop.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3177, fol. 154–161’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 28. Januarii anno 57. Dorsv.: Der curfursten räthe, der anwesennden fursten und stännde und der abwesennden potschafften ainhellige resolution und daneben unndderschidliche bedenckhen auff der kgl. Mt. resolution von wegen des bewilligten colloquii. [Nr.] 18. Irer Mt. ubergeben 28. Januarii [!] anno 57.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 72–79’ (Kop. Überschr.: Der churfursten rethe, erscheinenden fursten, stend unnd der abwesendenn gesandten potschafften anderwerts bedenckenn auff der röm. kgl. Mt. den 24. Decembris uberraichte resolution in causa religionis, belangende das concilium oder christlich colloquium. Der röm. kgl. Mt. am 27. Januarii uberraicht. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 28. Januarii anno 57.) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 50, fol. 191–201’ (Kop.). HStA Weimar, Reg. E Nr. 179, fol. 213–220a’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. C, fol. 75–84’ (Kop.). Referiert bei Bundschuh, Religionsgespräch, 210 f.
Daneben gleichwoll unnd über yetzt ertzellte qualitates, deren man sich also einmuetig verglichen, der dreier geistlichen churfursten rete, die anwesende geistliche, auch merersthails der alten religion anhengige welltliche fursten,
Weliches sy annderer gestallt nit suchen, darunter auch nichts annderst verstanden haben wellen, dann wie es die notturfft hechlich erfordert, sonderlich da durch schickhung und verleihung gottlicher gnaden villeicht über kurtz oder langkh sich die gelegenhaitten erreugen unnd zutragen wurden, damit fueglich und unverhindert zu ainem general ordenlichen cristlichen unnd lang gewunschtem concillio zukhomen, das man niemandts unnd bevorab anndern christlichen nationen zur spaltung von diser loblichen teutschen nation auch ain solich nachgedenckhens zufassen ursach gebe unnd es nit darfur zuhallten, als ob man durch beruerte anordnung des colloqui von denn rechten, ordentlichen unnd cristlichen wege des general concilli zu entlicher vergleichung der religions sachen gewichen, oder aber, ob man denselbigen wege des generall christlichen concilli gentzlichen und zumall zuruckh und hindan setzen wellen.
Zu dem das auch, dieweill alle der colloquenten handlungen,
Bey welchem sie dan in sonnderhait zu gemueth fueren, dz nach außweisung der heylligen canonum, auch in betrachtung, wie es in der cristlichen kirchen von der apostell zeitten hero biß auf gegenwerttige spalltung fur unnd fur gehallten worden, die enntlich vergleichung weder durch die stennde des Reichs noch auch durch die ertz- unnd bischoffe one ordenliche, cristliche approbation derselben allgemainen cristlichen kirchen verricht werden möge. Wie sich auch solchs fur ein unmuglichs unnd unveranndtwortlichs ansehen lasset, in furnemblicher betrachtung, dieweil in zwispaldung der lher ain jeder taill die heillig schrifft fur sich furet unnd den rechten verstandt bey ime zusein vermeinet; wo darauf also allertheills verharret wurde, das allßdan ausserthalb eines generall ordenlichen concilii gleich so wenig den stennden des Reichs unnd den ertz- unnd bischoffen alls denen, die also im verstandt
So ist auch jederman unverporgenb, wie und welchermassen höchstgedachte ksl. unnd kgl. Mtt., churfursten, fursten unnd stennde des Reichs, auch menigclichen zuvorderist Got dem allmechtigen unnd seiner geliebten gespons, der heilligen allgemainen cristlichen kirchen, verwandt, alsoc dz iren Mtt., kfl. unnd f. Gnn. unnd inen mit nichten gezimen will, vilbemeltem generall cristenlichen concilio ichts zuwider furgeen zulassen oder zuprejudicieren. Der unnd andern mer guetter beweglichen ursachen halben obbemelte versehung unnd vorbehallt ganntz woll vonnötten. Welcher außtruckhenliche specification menigclichen umb sovill weniger bedenckhlich fallen, dieweill one das darfur geachtet, das dieselbige in den vorigen dreien verglichnen qualiteten begriffen sein sollen.
Und hat es bey denen, so diser mainung sindt, gedachte versehung unnd vorbehalt zuthuen, den verstandt nit, dz dardurch dem vorhabendem colloquio unnd den colloquenten benomen sein sollte, dieweill diser zeit wider die heyllige canones allerhanndt mißpreuch, die heubter unnd glider der gantzen cristenhait, bede, geistlich unnd weltlich, belanngendt, eingerissend, der tragenden ambt, standts unnd personnen halben von einer cristlichen guetter reformation unnd disciplin freunndlich, vertreulich sich zuunderreden unnd daruber zuconsultiern, sonnder seindt zweifels one, es werden
Entgegen aber ist der dreyen weltlichen churfursten sambt annderer der augspurgischen confession verwandte fursten unnd stennde rethe unnd gesanndter bedenckhen, dz diser beder conditionen unnd vorbehallt des concilii unnd der geistlichen ämbter unnd stanndts in der form dises vorsteenden colloquii khain anhanng oder außtruckhung zuthuen seye.
Dan was die condition des vorbehalltenen concili anlanngt, ist es an dem, das dieselbig einen geferlichen verstanndt geben unnd pringen khonnte: Nemblich dz die collocution der theologen ein plosse vorbereittung unnd der colloquenten vergleichung oder was sy gehanndelt, des darauf volgenden concili decision unnderworffen unnd submittirt sein sollt. Dardurch dan den stennden des Reichs benomen were, das sy einer cristlichen, auß der götlichen heilligen geschrifft eingeganngener vergleichung freiwillig nicht zu- und beyfall geben möchten, sondern erst eins verdechtigen concili determination gewertig sein muesten. Wie sich dan auch die stennde der augspurgischen confession zuerinnern wissen, dz durch einen solchen gleichen anhangk des anno 41
Daruber könte auß beruerter clausul des furbehalltenen unnd nicht begebenen concili auch noch ferner etwan gedeutet, inferiert unnd verstannden werden wöllen, das alle tractation der religion, wie dieselbig gottsellig unnd cristlich angestellt, wasser gestallt sie auch auß cristlichem gemuete auf erinnerung von den stennden beliebet unnd angenomen werde, khaine khrafft noch macht haben sollte, die concilia unnd sonnderlich die vermainte ordinaria poseßtase [!] des babsts hette dan solchs bestettigt, confirmirt unnd durch sein authoritet romane sedis becrefftigt.
Unnd zu disem verstanndt gibt desto mer ursach, dz von den verordneten der geistlichen auf des colloquii anstellung nicht anndere mer wege, darvon auch der passauisch vertrag und hochbemelter röm. kgl. Mt. proposition mel-
Wiewoll nun der augspurgischen confession verwannte cur-, furssten unnd stennde irer genedigsten und gnedigen herrnn unnd obernn mainung nit ist, das ainiche der colloquennten unnderredung unnd consultation in disen großwichtigen religions sachen, so uff khaines menschen vertrauen und auctoritett zusetzen, eyne nottwenndige decision und determination sein soll, so wollen sie doch gleichwoll, sovill an iren kfl. und f. Gnn. und obernn ist, durch eynichten bewilligten anhangkh den stennden der anndernn religion nicht abstrigkhenn oder ainiche ursach darzue geben, dz christ-
Wiewoll auch gleicher gestalltt der cur- unnd fursten unnd stennde, der augspurgischen confession verwanndt, gemhuet nichtg ist, das ire kfl. unnd f. Gnn. und ire obernn zu yeder zeitt concilia, wan dieselbige unbartheyisch, christlich, frey unnd allgemain angestellt wurden, fliehen oder derselbigen irer lher halben ainiche abscheuch tragen wolltten, in massen sie sich uff dieselbige hievorn offmalls berueffen, auch nochmalls zum hochsten begern, das diser spalltigen religionn durch ein christlich, frey generall versamblung allso möchte abgehollffen werden, damit dieselbige zu ainem ainhelligen, christlichem, der heylligen göttlichen schrifft prophetischen unnd appostolischen lheer gemessem verstanndt in der ganntzen christenhait möchte gepracht werden, so khonnen sie doch die determination der religion uff verdechtige concilia der gestallt nottwendig nit stellen lassen, dz khaine vergleichung in der religion in des babsts vermainte, angemaste potestat muge einganngen unnd getroffen werden.
Dan es jemalls an dem unnd die hochste warhait ist, das
Wie aber in concilien durch verleichung unnd wurgkhung des heylligen gaistsi offtmalls christliche deliberation gehalltten unnd nach dem wortt Gottes vergleichung getroffen werden mugen, so khan solliches in christlicher, schiedlicher, fromer, gottsforchtiger versambletter leuth particular unnderredung one zweiffel auch geschehen. Doch steet in beden fhelnn, auch sunst in allen tractaten die enntlich decision der religion unnd derselbigen haubt artiggell nicht uff mennschen consultation, sonndern allain uf der heylligen göttlichen, profettischen unnd appostolischen schrifft, derselbigen zuwider kheines mennschen oder enngls im himell einige authoritet angesehen unnd geachtet werden soll.
Wan dan durch christliche gesprech, colloquia und consultatio-
Wan aber durch diß vorgeend colloquium unnd der darauf im rhatt erfolgtten berattschlagung in allen oder etzlichen artigelln der religions vergleichung nit khundte getroffen unnd einganngen werden unnd es allßdan der unverglichnen artigelln oder sunst annderer potentaten halben (dieselbigen auch neben der teutschen nation zu einem ainhelligen, cristlichen verstanndt des wortts Gottes zubringen) die notturfft erfordert unnd die gelegenhait sein wolltt, das ein frey, unpartheysch, christlich, algemain liberum et oecomenicum, secundum legem divinam et praxim Christi et apostolorum concilium möchte angestellt werden, so seind die cur-, fursten unnd stennde der augspurgischen confession, dasselbig auch neben anndern steennden vorigem irem villfallttigem erpietten nach allß dan zubedenckhen, in alweg gemainet und gesynnet, inmassen sie dan zu aller und yeder zeyt irer wharen christlichen
Nun achten es die verordneten der augspurgischen confession darfur, dz baide im passauischen vertrag unnd sonnst durch dise wort, so der form dises colloquii anzuhanngen, nemblich, dz die stennde ferner derhalb deliberiren mögen, gnuegsam außgetruckht, was etwan concilien oder annderer wege halben in vergleichung der religion furzunemen, wan dz beruert fursteendt colloquium seine begerte frucht unnd ennde nit erlanngen möchte. Dabey es billich zulassen, inmassen dan auch in der form des anno 46 colloquii dergleichen
Das aber beruerte clausul (so von wegen der condition des furbehaltnen concilli einen ganntzen geferlichen verstandt etwo bringen möchte) solte gesatzt werden, khönnen die verordneten an stat irer genedigisten, genedigen herrn unnd obern auß obangezaigten ursachen khains wegs eingeen unnd willigen.
Sovill aber die annder clausel, darinen der geistlichen chur-, fursten unnd stennde embter unnd standt begriffen, anlangt, ist der churfursten unnd stende, der augspurgischen confession verwandt, gemueth auch nit, dz colloquium also vergriffenlich anstellen zulassen, das des Reichs zerruttung oder einigem stanndt darinnen an digniteten unnd wurden nachteill erfolgen solt. Achten auch, sölchs seye durch die wort „unverpundtlich unnd unvergriffenlich“ und durch den letzten anhang, dz die relation der ksl. oder kgl. Mt., chur-, fursten unnd stennden gescheen, ire kfl. unnd f. Gnn. ferner ires bedenckhens daruber gehört unnd, was zuthuen, beratschlagt werden soll, gnuegsam versehen unnd praecaviert.
Das aber daruber von vorbehalt der ämbter unnd geistlichs
Unnd zweiffeln darauf die verordneten der augspurgischen confession verwanndten gantz nichts, die röm. kgl. Mt. werden dise ursachen genedigist bewegen unnd die obbemelte zwo conditionen auszulassen allergenedigist unnd vätterlich bedennckhen.
Schlussformel.