Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Mandate Kg. Maximilians an die Eidgenossen und an die Reichsstände, eidgenössische Tage in Luzern und Baden (6./10. April 1507); [2.] eidgenössischer Tag in Schaffhausen (10.-13. Mai): Antwort an die Gesandten Kg. Maximilians und der in Konstanz versammelten Reichsstände; [3.] Einladung an die in Schaffhausen versammelten eidgenössischen Boten zu Kg. Maximilian nach Konstanz; [4.] Behandlung der eidgenössischen Gesandten in Konstanz durch Kg. Maximilian, Konstanzer Abschied zwischen Kg. Maximilian und den eidgenössischen Boten; [5.] Verzeichnis der Teilnehmer am Konstanzer RT; [6.] Verhandlungen des eidgenössischen Tages in Zürich (8. Juni); [7.] Benennung der Befehlshaber des Berner Kontingents; [8.] Entwurf Kg. Maximilians für eine Erweiterung und Bestätigung der eidgenössischen Gerichtsprivilegien; [9.] Vortrag der französischen Gesandten auf dem Züricher Tag, Erwiderung der Räte Kg. Maximilians; [10.] Erwiderung Kg. Maximilians auf die Vorwürfe des französischen Gesandten zum Konstanzer RT; [11.] Agitation der französischen Gesandten in der Schweiz gegen Kg. Maximilian; [12.] eidgenössischer Tag in Luzern (7. August); [13.] eidgenössischer Tag in Zürich (16. August); [14.] Schreiben Kg. Maximilians an die eidgenössischen Orte (13. September); eidgenössischer Tag in Zürich (30. September); eidgenössischer Tag in Luzern (4. Oktober).

Druck: Anshelm, Berner Chronik III, S. 1–39.

[1.] [/1–3/ Mandat Kg. Maximilians an die Eidgenossen: [Wiedergabe von Nr. 48]; /3f./ Mandat Kg. Maximilians an die Reichsstände: [Inhaltsangabe von Nr. 16]; /4/ Beratung über das kgl. Mandat auf dem Tag zu Luzern1, Verhandlungen mit Gesandten Kg. Maximilians auf dem Tag zu Baden und Beschlußfassung zur Einberufung eines weiteren Tages nach Schaffhausen2].

[2.] Botschaft des Roͤmschen kuͦnigs und des richs zu gmeinen Eidgnossen

Da erschinen ab dem richstag von Costentz gesaͤndt, namlich ins Roͤmschen kuͤngs nammen: her Joͤrg bischof zuͦ Trent, her Ůlrich graf von Montfort, her Ciprian von Serentin, kuͤnglicher majestat canzler, her Hans von Kinsegk ritter, doctor Hans Schad von Bibrach und junkher Hans von Landenberg, in der fuͤrsten und staͤten nammen besunder: her Peter Ufsatz [= Aufseß], propst zuͦ Kornberg und custor zuͦ Wirtzburg, her Thoman Ruͤd von Kallenberg, Mentzischer hofmeister, Itelwolf von Stein, ritter, junkher Hans von Emerschofen und her Hans [von Lünen, genannt] Mor, schulthes von Frankfurt.

Antwort gmeiner Eidgnossen

Welchen uf vor angebrachte und iez geeferte3 sachen von der Eidgnossen boten, von allen orten und zuͦgewanten versamt – /5/ von Bern her Ruͦdolf von Scharnental, doctor Thuͤring Fricker und Casper Wyler, venner – ward geantwort: zuͦvor so befuͤelete ein Eidgnoschaft hoch und waͤre inen ser leid, dass si angezogen wurd als viend und widerwaͤrtig Duͤtscher nation und dem heiligen Roͤmschen rich, so doch irs willens nie anders und noch waͤre gsin, wen die und das nach irem vermoͤgen helfen schuͤtzen und schirmen, ir êr und friheit hanthaben und behalten, wie dan ire vordren, ouch si bisshar, nuͤt minder denn ander des heiligen richs undertanen truͤlich, als im Burgunschen krieg schinlich, haͤttid geton, ouch fuͤrahin zetuͦn willig. Begere trungenlich, gegen der Roͤmsch kuͤnglichen majestat und den staͤnden des Roͤmschen richs sich entschuldiget zehaben. Ouch nun des Franzesischen kuͤngs halb, so habe si dem nach lut irer buͤnden mit vorbehalt des Roͤmschen stuͦls und richs hilf geben, der ouch die hab erfordret allein zuͦ sines libs huͦt und zuͦ schirm sines herzogtuͦms Meyland, Jenow ungedacht, wie dan hie zuͦgegen die Franzesische botschaft, der Mor4 und Morosin, von Jenow gesaͤndt, iren kuͤng entschuldigent, dass sines fuͤrnemens nie und noch nit sîe, uͤt wider den Roͤmschen stuͦl oder rich zetuͦn, sunder wer soͤlichs unbillich fuͤrnaͤme, dem als ein kristlicher kuͤng und des heiligen richs ein fuͤrst helfen weren. Demnach, der abfordrung halb, so habid si ilends ab disem tag, wie begert, die iren mit ofnem manbrief uss Lamparten und uss des Franzesischen kuͤngs sold und dienst ab- und heimzeziehen erfordret, ouch dem kuͤng, die zuͦ urloben, ernstlich geschriben, item und die unghorsamen zestrafen beraten.5 

Zuͦm dritten, der vereinung halb zemachen, sîe inen vor ussgang des Franzesischen punds nit gelegen, aber des Romzugs halb, wenn der zuͦ fuͤrgang kommen soͤlle und angschlagen werde, so moͤge die kuͤnglich majestat witer verkuͤndung tuͦn, so werde ira zimlich begegnet werden.

[3.] /6/ Handlung des Roͤmschen kuͤngs und der Eidnossen uf dem richstag zu Costentz

Diser antwort waren die Roͤmschen Kuͤngschen lidig zuͦfriden, und der abforderung halb so wol, dass si den Eidgnossen darum fruͤntlich dankten und begerten, si soͤltid mit inen selbs zuͦ Roͤmsch kuͤnglicher majestat gon Costentz faren, welche uf naͤchstkuͤnftigen Samstag, was der 15. Mey, mit vil fuͤersten da wurde inriten und enpfangen werden.

Daruf d’Eidgnossen antworten, so die kuͤngliche majestat und die staͤnd des richs ein gefallen daran haͤttid und ir begertid, woͤltids inen zuͦ willen werden. Und also, wie dan der Roͤmsch kuͤng uf den 16. tag April hat einen treffenlichen richstag gon Costentz beschriben, der mit grosser versamnung biss zuͦ end Ougsts waͤret, liess er von stund an der Eidgnossen boten von Schafhusen zuͦ im gon Costentz beruefen, selbs mit inen zereden und zehandlen.

[4.] Uf das so fuͤrend der Eidgnossen boten, und mit inen der bischof von Wallis, sunderlich vom kuͤng beschriben, hinuf gon Costentz, und da, nachdem hie folgender abscheid vergriffen ward, wurden die boten al mit schoͤnen verguͤlten silbertrinkgeschirren, darin ein zal guldin, erlich begabt, fri mit 400 gulden vom wirt geloͤst und ouch sust in alweg geeret und wol gehalten heim gevertiget, in hofnung, dass si sich von Frankrich zuͦ Tuͤtscher nation, als Tuͤtschen, soͤltid ziehen; das ouch damals waͤre beschehen, wo die Frankrichischen kronen nit so uͤberfluͤssig bed kuͤng haͤttid ussgewaͤgen. Der Roͤmsch kuͤng schluͦg ein hand uf sine brust, die andren uf des venner Wylers von Bern achsel, trostlich sprechend: „ei halter Got, min venner! Ich bin der aͤltesten und ein geborner, guͦter Eidgnoss; wo d’Eidgnossen mich darfuͤr haben, wird ichs bewisen und bliben.“

[/6–10/ Wiedergabe von Nrr. 224 [Pkt. 4–6]; 226; 229].

[5.] /10/ Geistlich und weltlich fuͤrsten und botschaften des richstags zu Costentz

Geistlich fuͤrsten

Des babsts botschaft und legat, her cardinal Bernhardin Sanctae Crucis6; der bischof von Mentz, her Jacob von Liebenstein; des bischofs von Koͤln [Gesandter Johann von Reichenstein]; die bischoͤfe von Trier, Magdeburg, Salzburg, Wirtzburg, Anstet [= Eichstätt], Frisingen, Babenberg, Strassburg, Basel, Ougspurg, Costentz, Gurgk, Kur, Wallis, Trient, Spyr; abt etc.

Weltlich fuͤrsten

Der Roͤmsch kuͤng; des pfalzgrafen botschaft, herzog Fridrich und Ludwig, des pfalzgrafen suͤn; der kurfuͤrst und herzogen von Sachsen, Fridrich, Hans und Joͤrg; margraf Casimir von Brandenburg; die herzogen von Brunswyg, Mechelburg, Muͤnchen, Wirttenberg, Lignitz.

/11/ Botschaft

Von Frankrich, Venedig, Eidgnoschaft, Swaͤbischen pund, Niderland, Wiss-Russen, staͤten.

[6.] Handlung obgemelter sachen halb zu Zuͤrich

[Gesandtschaften Kg. Maximilians und Kg. Ludwigs von Frankreich zum eidgenössischen Tag in Zürich; /11–14/ Beschlußfassung von neun Orten: [Wiedergabe von Nr. 246].

[7.] Einer stat Bern uszug

Uf disen abscheid erwaͤlt ein stat Bern harzuͦ sunderlich, wie ir êren gebuͤrt, willig und beholfen, 600 wolgeruͤster man zuͦ irem statvaͤnle – solt Casper Moser, muͤllerhantwerks, tragen – und sazt ze hoptman her Wilhelm von Diesbach, ritern, alt schulthessen, her Ruͦdolf von Scharnental zuͦ luͤtinam und zu mitraͤten Casper Wylern, venner, und Hansen Kutler. Hat ouch drien hoptluͤten 600 frier knecht zuͦgelassen, alle dem Roͤmschen kuͤng und den richsstaͤnden sunderlich bevolen.

[8.] Freiheitbull, vom Roͤmschen kuͤng gmeinen Eidgnossen geschenkt

[/14–15/ Wiedergabe von Nr. 227].

[9.] Der Franzesischen botschaft handlung

Nach oberzaͤltem abscheid der 9 orten, mit des Roͤmschen kuͤngs und des Roͤmschen richs anwaͤlten beschlossen, hat die obgenaͤmt Franzesisch botschaft den Roͤmschen kuͤng vor gmeinen Eidgnossen zuͦvor treffenlich verunglimfet und geredt, dass er nuͤt dan betrug handle und in nammen des Romzugs das herzogtuͦm Meyland irem kristlichen kuͤng mit gwalt abzerissen, item und d’Eidgnossen, sin beste fruͤnd, wider verbriefte puͤnd /16/ von im zetrennen understande; der halben so beger sin kuͤnglich majestat nach lut ir puͤnden zuͦ schirm des sinen, das er nit verlassen moͤge noch woͤlle, 6000 knecht und ouch witere verstreckung irer loblichen vereinung, bisshar beden teilen wol erschossen, ouch fuͤrbas erschiessen werde. Waͤr aber an im etwas mangels, soͤlle nach sinem vermoͤgen und irem willen gebesseret werden; woͤlle siner kron und sin lib und guͦt wider maͤnglich ungespart zuͦ inen setzen; soͤllid nun sich nit lassen von im als irem alten, erfarnen fruͤnd abwisen oder abtroͤwen, sunder, wie er inen wol vertruͤw, bstaͤndig nach gemachter vereinung mit im verharren.

Diss anbringen namend d’Eidgnossen witer ze bedenken und zuͦ andren tagen antwort daruf zegeben [an]; indess so soͤltids ir knecht nit ufwiglen noch uss iren handen vertigen; liessend ein streng verbot hierum ussgon.

Aber des Roͤmschen kuͤngs anwaͤlt verantworteten iren herren, den Roͤmschen kuͤng, wider die Franzesisch verunglimpfung und gabend den Eidgnossen in gschrift klag und antwort, zwischen beden kuͤngen ergangen, mit einer gedrukten missif [Nr. 168 (A)], an Roͤmschen kuͤng gestelt, darin vilvaltige untruͤw und misshandlung der Franzesischen kuͤngen, wider den Roͤmschen kuͤng begangen, angezeigt was, wie ouch dise gschriften vast lang im abscheidbuͦch verzeichnet sind, von wegen der hohen personen und sachen nit unkurzwilig noch unnuzlich zehoͤren. Deshalb die Roͤmsch kuͤngliche antwort, so kuͤrzer ist wen die klag, hienach verschriben ist, uss deren beder kuͤngen grosse widerwaͤrtikeit und die Franzesisch klag wol verstanden mag werden, welche der kuͤng von Frankrich durch sinen almuͦser, einen fraͤfnen muͤnch und schwaͤtzer, Johann Antonin de Cribel, uf den 5. tag Meyen zuͦ Jennow [Nr. 154] widern Roͤmschen kuͤng und die drukten schmachbrief an d’fuͤrsten und s’richs staͤnd gon Costentz hat gesendt.

[10.] [/17–26/ Wiedergabe von Nr. 166b].

[11.] Handlung der Franzesischen botschaft in der Eidgnoschaft widern Romzug

[/26–27/ Agitation der französischen Gesandten Philipp de Roquebertin und Bf. Pierre Louis von Rieux gegen Kg. Maximilian]. Gabend hiemit allenthalb fuͤr, wie dass der Roͤmsch kuͤng nuͤt anders mit sinem Romzug suͦchte, dan irem kuͤng Meyland mit gwalt abzerissen und d’Eidgnossen, sine liebsten, von im zeziehen; dawider er, nach inhalt ir vereinung, schirm und hilf begere, in guͦtem vertruͤwen, si werdid in, wie er ouch woͤlle si, nit verlassen. Und also mit soͤmlicher handlung brachten si zuͦwaͤgen, dass die nuͤn ort, so dem Roͤmschen kuͤng on fuͤrwort hattend den Romzug zetuͦn zuͦgesagt, fuͤrwort irem zuͦsag anhankten. So sagten die uͤbrigen dri ort inen hilf zuͦ - und /28/ dass die gmeinen knecht, ufgewiglet, dem kuͤng zuͦliefen, der ander teil uf den Roͤmschen kuͤng wartet, und sich also partieten, ouch der partien verwissenlich ruͤmten.

[12.] Abscheid, des Romzugs halb zuͦ Lucern geben

Hiezwischen und nach dem abscheid, zuͦ Zuͤrich beschlossen, ward zuͦ Luͦcern uf den 7. tag Ougst des Romzugs halb volgender abscheid gestellt; wan in denen ziten gewonlich, was zuͦ Zuͤrich des Roͤmschen kuͤngs halb gemacht, ward zuͦ Lucern geschwaͤcht oder zerbrochen und hargegen des Franzesischen kuͤngs sachen gestaͤrkt oder gebuwen.

[13.] [/28–31/ Auszug aus dem eidgenössischen Tagsatzungsabschied vom 16. August; Nr. 911, Pkt. 3].

[14.] [/31/ Schreiben Kg. Maximilians an die Eidgenossen vom 13. September; Nr. 916. /31–32/ Eidgenössischer Tag in Zürich (ab 30. September); Nr. 918. /32–35/ Eidgenössischer Tag in Luzern (ab 4. Oktober); Nr. 920. /35–38/ Bedenken zur Romzughilfe für Kg. Maximilian; Nr. 907; /38f./ Verhandlungen eidgenössischer Gesandter mit kgl. Räten in Kaufbeuren; Nr. 925].

Anmerkungen

1
 Vgl. Nr. 50 [Pkt. 1].
2
 Vgl. Nr. 51 [Pkt. 1–4].
3
 = wiederholen, erneut beraten (Anderson/Goebel/Reichmann, Frühneuhochdeutsches Wörterbuch I, S. 657f., s.v. äfern).
4
 = Gerolamo Morone, kgl. Fiskaladvokat in Mailand (Meschini, Luigi, S. 428–430).
5
 Vgl. Nr. 217, Anm. 3f.
6
 Carvajal kam erst nach Ende des RT nach Deutschland. In Konstanz fungierte Costantino Arianiti als päpstlicher Gesandter.