Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Würzburg, StA, Hoheitssachen 1393, fol. 7–8, Orig. Pap. m. S.

Antwortet auf die (nicht vorliegende) Bitte um Informationen über das Treffen des Ks. mit den Kgg. (Wladislaw) von Ungarn und (Sigismund) von Polen (in Wien), Bf. Lorenz habe sicherlich bereits erfahren, mit was pracht und ceremonien die Zusammenkunft erfolgt sei, sodass er hierüber nicht nochmals näher zu berichten brauche.1 Die ksl. Mt. ist mit guetem willen, lieb und freundschaft von bemelten Kgg. widerumb abgeschaiden, und der Kg. von Hungern hat sein tochter [Anna] der ksl. Mt. überantwurt und presentiert, die auch yetz iren stand und wesen zu Wien hat.2

Anschließend sei der Ks. von Wien nach Innsbruck gereist und habe hier die schriftliche Mitteilung erhalten, dass Kg. (Franz) von Frankreich mit einem großen Truppenaufgebot jenseits der Savoyer Alpen liege und plane, ins Hgt. Mailand einzufallen. Die Eidgenossen hätten sich vergeblich bemüht, dies zu verhindern, sodass der Kg. jetzt nur zwei deutsche Meilen von ihnen entfernt stehe. Sie warteten auf baldige Verstärkung aus den eigenen Reihen sowie durch Truppen Papst (Leos X.), Kg. (Ferdinands) von Aragón und der Florentiner. Der Ks. gehe davon aus, dass entweder eine Schlacht stattfinden werde oder die Franzosen sich mit Schimpf und großem Schaden zurückziehen müssten. Das Heer der Venezianer liege nur sechs deutsche Meilen von den Franzosen entfernt, könne aber nicht zu ihnen stoßen. Der Ks. habe ca. 7000 deutsche und spanische Knechte in Verona und Brescia liegen, um beide Städte zu schützen und gegen das venezianische Heer zu ziehen. Und wartet also die ksl. Mt. alle tag und stund, wie der allmechtig Got die sachen zu baiden tailen schickn werde, verhofft auch, auf irer Mt. seyten syg zu haben. Des will ir Mt. also hie erwarten, wie es sich zuetragen werde.

Sicherlich könne Bf. Lorenz ermessen, dass der Ks. angesichts dieser großen kriegerischen Verwicklungen viel Geld benötige und sich Wege überlege, wie er es erlangen könne. Das mues allain beschehen bey denen, darzu ir ksl. Mt. sonder gn. vertrauen und zuversicht hat. Der Ks. wende sich deshalb mit dem beigefügten (nicht vorliegenden) Brief wegen eines Darlehens an Bf. Lorenz. Er (Serntein) bitte im ksl. Auftrag um dessen Gewährung. Der Ks. werde jetzt zum 11. November (negstkünftigen St. Marteinstag) einen Reichstag nach Augsburg ausschreiben, in der Zuversicht, dort von den Ständen eine Reichshilfe zu erlangen. Von dieser soll Bf. Lorenz’ Darlehen abgezogen werden. Zweifellos werde der Ks. sich aus besonderer Gnade und Freundschaft gegenüber dem Bf. und seinem Hst. erkenntlich zeigen. Aus dem ksl. Schreiben gehe auch hervor, wie Bf. Lorenz mit dem Geld verfahren und wohin er es schicken solle. Er möge dem Ks. seine Antwort übermitteln. Er selbst werde den Bf. über die Schlacht zwischen den Eidgenossen und den Franzosen informieren, sobald er genauere Kenntnis darüber habe. Zudem hoffe er auf die persönliche Teilnahme von Bf. Lorenz am Augsburger Reichstag.

Anmerkungen

1
 Beschreibungen der Festlichkeiten anlässlich der habsburgisch-jagiellonischen Doppelhochzeit am 22. Juli 1515 in Wien bei Metzig, Kommunikation, S. 310–317; Wiesflecker, Kaiser Maximilian 4, S. 195–200.
2
 Anna (1503–1547) wurde gemäß den Wiener Verträgen ihres Vaters Kg. Wladislaw von Ungarn-Böhmen und ihres Onkels Kg. Sigismund von Polen mit Ks. Maximilian als Stellvertreter einer seiner Enkel vermählt. Sie lebte anschließend in Wien, bevor sie am 20. Juli 1516 durch Ferntrauung mit Ehg. Ferdinand verheiratet wurde. Vgl. Wiesflecker, Kaiser Maximilian, S. 220.