Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Seine unerfüllten finanziellen Ansprüche aufgrund jahrelanger Dienste für Landgf. Wilhelm d. Ä. von Hessen und dessen Familie; Versprechen des hessischen Regiments, die geschuldeten Gelder auszuzahlen; Bestätigung dieser Zusage durch Landgf.in Anna d. J. und das neue Regiment; [2.] Seine verschiedenen, bislang vergeblichen Versuche zur Erlangung des Geldes; [3.] Vergebliche Klage vor dem Reichskammergericht; Verlust seiner Familie und Tod seiner Ehefrau als Folgen seiner Verarmung; [4.] Bitte um Unterstützung der Reichsstände bzw. um deren Stillhalten im Falle einer Pfändungsklage gegen Landgf.in Anna d. Ä. und die hessischen Landstände.

Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao. 1517, fol. 42a–44b, Kop. (Überschrift: Wolf Gotsman suplication).

[1.] /42a/ Hochwirdigsten, durchleuchtigsten, hochgebornen Kff., Ff., erwirdigen, wirdigen, wolgebornen, strengen, ernvesten, ersamen, weisen, gnst., gn., günstigen Hh., des hl. Reichs hochloblichsten versamlung etc. bit ich, Wolf Gotzmann, in allem undertenigem fleiß mein nachvolgend angezeigte beschwerung one verdryß gnediglich vernemen wolt, das ich uf ksl. Mt. und ander ftl. bevelhe weilend Landgf. Wilhelm8 [d. Ä.] seliger gedechtnus und seiner ftl. Gn. gemahel [Landgf.in Anna d. Ä.] und derselben zugeordenten reten aus Hessen hoch vertrostlich gegeben brief und sigel, das mir mein leben lange zwayhundert fl. jerlich dienstgelts und tausend fl. zuvor umb verlassung meins heimwesens [zustehen] und für andere mein dinstgelt, so [ich] jerlich zway /42b/hundert fl. gehabt, habe ufschreiben müssen, auch dagegen mein revers, welchem F. von Hessen mit vier pferden im haus zu warten, verschriben, auch uf gemelt ksl. Mt. und ander Ff. bevelhe und verschreibung gemelts F. mir durch ksl. Mt. gnst. verschreibung alle monat sechshundert fl. zu underhaltung von dem lant [ge]geben [werden] solt. Des ich alles unzweyfelich zu geschehen mich versehen hab daruf dan angezeigten F. und seiner ftl. Gn. gemahel und ver [= außerdem] mich underfangen mit behausung, aller zu- und ingehorung zu Oppenheim2, auch mit leibspeisung by zway jaren versehen und ausbracht habe. Dieweil aber daselbs sterben zufieln, hab ich dem F., seiner Gn. gemahel und verwanten gen Worms an beiden orten by dreien jaren one einich volstreckung der sechshundert fl. monatsgelts gedient. Doch durch mein fleiß, so ich [Geld] by andern meinen gnst. Hh. und allenthalben by cristen und juden entlehent hab, damit [ich] beid ir ftl. Gn., kind und diener by den drey jaren leibspeis, kleidung, schutz, schirm vor gewalt usbracht hab und der ksl. Mt. so lang etlich hundert meylen mit grosser farung meins leibs nachgeritten, mein eigen gelt verzert, so lang, das die /43a/ ksl. Mt. zu Koln dem vertrungen F., seiner Gn. gemahel, kinden und ret mit irem widerteil, dem regiment zu Hessen, ein vertrag [gegeben hat], das der F. und seiner ftl. Gn. gemahel und verwanten wider zu land zu irem heimwesen gen Hessen kommen und das die verordenten regenten von ires jungen F. und H., Landgf. Philips, wegen als gewalthaber gelopt und [wie] ksl. Mt. spruch weist, das [sie] mir und andern alle verschriben schuld und dienstgelt, so Landgf. Wilhelm und seiner ftl. Gn. gemahel verschriben, one weigerung bezalen sollen und wollen etc.3 So das auch durch andere mein gnst., gn. Hh. Kff. und Ff. und stende zu Coln auf dem reichstag bevestigt haben [recte: worden ist] und nach abstand des alten regiments so nun die durchleuchtig, hochgeborn F.in und frau, frau Anna [d. J.], Hg.in zu Meckelburg und Landgf.in zu Hessen, witfrau etc., mit iren ftl. Gn. zugeordenten reten und regenten ytz des Ft. Hessen iren ftl. Gn. [und] der ksl. Mt., was vermelter spruch zu Coln inhalten, dem ir ftl. Gn. one alle weigerung volstreckung tun wollen, bewiligt.

[2.] Dem allem nach ich umb mein usstendig schuld, nemlich viertausendfünfhundert und etlich fl., umb bezalung vilmals underteniglich gebeten und geschriben hab, aber von der alten oder jungen F.in einichen pfennig bezalung nicht /43b/ bekommen mag, wiewol welche verschreibung weist, das ich ir ftl. Gn., land und leut pfenden oder mit geistlichem gericht, wie mir geliebt,[gegen sie vorgehen könnte,] das ich doch die tat underlassen. Und ob ir ftl. Gn. in meiner forderung beschwerung vermein[en] wolten, ich des gütlich oder rechtlich fur ir ftl. Gn. rete und lantschaft zu Hessen oder aber fur euer, die hochwirdigsten, durchleuchtigsten, hochgebornen Kff. und Ff., mein gnst. Hh. [Albrecht] von Meinz und [Ludwig von der] Pfalz etc. und beid ir kftl., ftl. Gn. und rete ungewegert mich erboten hab, der aber keins von Hessen nit bekommen mögen.

]3.] Auf das ich die Bebstlich Hlkt. [Leo X.] ersucht. Ist mir von Rom alhie zu Menz zwen richter mandirt, mir zu hilf gegeben. Daruf ich mit schwerer kosten [wegen der] zerung by zweyen jaren, wie recht ist, procedirt. Uf das der kamerrichter [Gf. Sigmund zum Haag] und bysitzer in namen ksl. Mt. dem hochwirdigsten, durchleuchtigsten, hochgebornen Kf., meinem gnst. H. von Meinz, sei[nen] ftl. Gn., das recht abschaffen und mir by hundert mark goldes geboten und das kamergericht mit schryft und mündlicher vertrostung [angewiesen], das mir am kamergericht furderlich hilf bescheen solt. Uf das ich zu underteniger gehorsam alle verschreibung /44a/ [über] Hessen schuld, ksl. Mt. und des hl. Reichs Kff. und Ff. spruch und daneben der ksl. Mt. tax [und] manigvaltig mandat, das mir one uszuge bezalung bescheen solt,[vorgelegt habe] und das kamergericht als commissarii, wie müglich wer, mir zu helfen, ist mandirt [worden]. Daruf die F.in von Hessen durch den kamerrichter und bysitzer citirt ist, aber ir Gn. darin ksl. Mt. kein gehorsam [geleistet hat]. Das aber alles kein billicheit, vertrostung einichen pfennig oder ksl. Mt. spruch, so die jung F.in [und] das regiment angenomen [und] bezalung bewilligt, kein volstreckung von dem camergericht nun bisher by vier jaren gemelter sachen und vor mit dem F. von Hessen drey jar [erfolgt ist und ich] by syben jaren in den wirtzheusern und noch mit schwerer kosten zerung meins leibs und guts unuberwindlichen schaden [trotz] gemelter Ff. brief und sigel vertrostung [leben muss]. Daruf ich von meinen heuslichen ern [gekommen bin und] weib und kinden verlassen müssen. Der sachen mein hausfraue selig in trübsal gestorben.

[4.] /44b/ Die Gesamtsumme des ihm zustehenden, aber nicht ausgezahlten Geldes beträgt 4500 fl. Weil er aber nicht zu seinem Recht kommen kann, ist er mittlerweile völlig verelendet und muss in den wirzheusern mit betrüptem gemüte sein Dasein fristen. Bittet vor diesem Hintergrund die Reichsstände um ihre Unterstützung oder aber, so ich in craft bygelegter verschreibung von Hessen mit geistlichem gericht [gegen] die alten F.in oder aber die landschaft Hessen in kraft ir ftl. Gn. und derselbigen zugeordenten reten verwilligung us getrungen not pfandung furnemen müst,dass ihm dann kein Widerstand geleistet wird.

Anmerkungen

1
 Zu dieser Datierung siehe Nr.905, Anm. 1.
2
 In Oppenheim lebten Landgf. Wilhelm d. Ä. und seine Gemahlin Anna d. Ä. 1512 längere Zeit und benötigten dort größere Summen für ihren Unterhalt. Vgl. Seyboth, Reichstagsakten, S. 1666, 1674–1677, 1679f., 1683, 1688f.
3
 Ksl. Schiedsspruch im Konflikt Landgf. Wilhelms d. Ä. von Hessen und seiner Gemahlin Anna mit dem hessischen Regiment, Köln, 15. September 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1244, S. 1716.