Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 903 Supplikation IUL Johann Dieffenbecks (bfl.-Wormser Offizial) an die in Mainz versammelten Reichsstände – ohne Ort, [vor 18. Juli 1517]1

[1.] Sein vom Ks. gewünschter Rechtsbeistand für die Wormser Gemeinde in ihrer Auseinandersetzung mit dem dortigen Rat 1513; [2.] Gewaltsames Vorgehen des Wormser Rates gegen ihn und seinen Besitz; [3.] Seine unerfüllte Bitte an den Ks. um Unterstützung; [4.] Verhängung der Reichsacht gegen ihn; [5.] Ksl. Befehl zu seiner Anhörung; [6.] Seine vergebliche Supplikation an die in Landau versammelten Reichsstände; Möglichkeit einer Supplikation an Papst Leo X.; [7.] Bitte um Unterstützung seiner Bemühungen um ksl. Hilfe gegen Bm. und Rat von Worms.

Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao. 1517, fol. 47b–51a, Kop.

[1.] /47b/ Gruß. Es hat röm. ksl. Mt., unser allergnst. H., Ao. etc. [15]17[recte: 1513], als ir ksl. Mt. der zeit zu Wormbs umb St. Margrethentag [13.7.13] was2 und die irrung und zweitracht, so sich zwischen der gemeinde gegen dem /48a/ rat daselbst hielten, zu verhoren furgenomen, mir sampt Dr. Ludwigen Sachsen und [Jakob] Engelman, licentiaten, durch die hochwürdigen und wolgebornen Hh. Wilhelm, Bf. zu Straspurg, und Sigmunden, Gf. zum Hage, camerrichter, tun bevelhen und gepieten, der gemeinde in iren anligenden beschwerungen und furderungen beratig und hilflich zu sein [vgl. Nr.113 [2.]]. Welches zu tun ich mich us etlichen eehaftigen ursachen, der zeit erzelt, beschwert und, mich solichs zu erlassen, underteniglich gebeten hab. Aber ich bin nit erlassen, sonder durch egemelten Bf. und camerrichter vertrost worden, das ksl. Mt. in hinlegung der sachen mich und andere, so der gemeinde zuverordent, versehen und versichern werde, das unser keiner ichts argens oder unguts gewarten oder besorgen sollten. Daruf hab ich, ksl. Mt. mandat und bevelhe zu underteniger gehorsam, sampt andern vorgemelten der gemeinde treulich und erbarlich, daran ich ganz kein a[b]scheien trag, geraten, und ist darnach umb Lucie vergangen [13.12.13] durch H. Hansen Jacob Fh. zu Morsperg, landvogt in Underelsaß, egemelten H. Sigmunden, camerrichter, und andere ksl. Mt. bevelhhaber in namen irer Mt. dye irrung und zweitrecht hingelegt und vertragen und in solichem vertrag klerlichen bedeidiget und usgedruckt, das alle personen, die beiden teiln in der sache geraten, auch, so darunder verdacht, us sorgen sein und gegen kein teil in fere stehen [= von niemandem gefährdet werden] /48b/ noch etwas nachteils warten sollen.

[2.] Uber solichs alles und des ongesehen, als der landvogt egenant donerstags nach dem sontag reminiscere Ao. etc. 14 [16.3.14] gein Wormbs, etlich ufrure, so sich nach vertrag der sachen begeben haben, zu erko[n]den, kommen und ich us redlichen ursachen und gescheften abwesig gewest, haben der landvogt uf Bm. und rats lügenhaftigs anbringen und zurichtungen und sie, Bm. und rat, sampt ime mit vilen inwonern gewaltiglich in mein haus in allen orten, winkeln, auch cloaken mit brinenden liechten, so sie inen gelossen, auch heue, stroo und rysickholz durchstochen, mich gesucht und alle mein habe und güter nach irem willen angeschriben, ingeschlossen, versigelt und mein diener, so solichs in verwaltung von meintwegen gehabt, der verwaltung entsetzt. Welches alles durch mein diener und andere guten frund nit [recte: mir] zu wissen getan.

[3.] Darauf ich schnellich mit schweren costen und eigner botschaft in ferren landen an ksl. Mt. umb verhore und recht etc. suplicirt habe, und wiewol ksl. Mt. gnanten landvogt hat tun schreiben,/49a/ so ist mir doch vom landvogt nichts meins zimlichen und pillichen begern widerfaren.

[4.] Deshalben ich wider an ksl. Mt., ongeverlich umb Kiliani [8.7.14], supplicirt. Hat ir Mt. mir ein komissarien [recte: commission], der hieby copy gelegt, an die comissarien, so auf den 17. tag Septembris darnach byeinander sein wirden, gegeben. Aber doch oneangesehen solich comission ist umb St. Egidiitag [1.9.14], ee und zuvor die zeit, so die comissarien zusamenkommen sollten, das ist der 17. tag Septembris, erschienen ein vermeinte acht, mir zurück, mein onberufen, onverhort und unüberwonden, usbracht und angeschlagen. In welicher acht ich under andern darinnen benenten personen durch des rats von Wormbs ufsetzlich und schalkhaftigs verfügen mein namen (als ich glaube, ksl. Mt. unwissen) auch ingeschlauft und inserirt und darauf mir alle mein vormals angeschriben, verschlossen und versigelte habe und güter, beweglich und unbeweglich, auch gülten genomen, verkauft und zuertrent worden, als ob ich us der stat Wormbs gewichen, iusticiert, geflohen, conspirator gewest und ksl. Mt. hochzeit [= Hoheit] verletzt hette. In welchem ksl. Mt. lüghaftiglich bericht ist,/49b/dan ich wol 18 tag vor zukunft des landvogts durch etlich mein gn. Hh. us Wormbs in irer Gn. und gonste dreffenlichen sachen und hendeln beschriben und berufen und solich sach und handlung etwan lang und nach zukunft des landvogts gein Wormbs gewent. Dardurch ich (und nit, wie mich die von Wormbs belyegen, gewichen) ufgehalten worden und abwesig gewest. Das ich mit dapfern, erlichen geistlichs und erlichen [recte: weltlichen], auch hohes und nidern stands personen, so not, gnugsam beweisen mag und will.

[5.] Und aber noch anschlagung gedachter vermeinter acht, beraubung, verkaufung und zurtrennung meiner hab und güter die comissarien auf vorbestimpten, den 17. tag Septembris nit zusamenkommen sy[n], hab ich zum dritten mal umb Michaelis [29.9.14] an ksl. Mt. supplicirt, und wiewol ir Mt. auf solichs mein manichfeltigs bitten demnach dem hochwirdigen F. Wilhelmen, Bf. zu Straspurg, und etlichen des kamergerichts beisitzer hat tun bevolhen, mein entschuldigung zu horen etc., und wiewol auch solich comissarien geschriben gewest, so hat mir doch solchs comiß nit mögen werden /50a/ noch gevolgt.

[6.] Darauf ich an des hl. Reichs stende, sovil der Ao. etc. [15]15 umb Margarethe [13.7.] vergangen zu Landau versamelt gewest [vgl. Abschnitt V], auch umb gn. hilf und fordernis, mir gegen ksl. Mt. mitzuteiln, inhalt derselben supplication supplicirt, das ich dan noch nit bescheen entpfunden hab. Darumb ich als clericus unsern Allerhlst. Vater, den Babst [Leo X.], umb rechts verhelfen (des Hlkt. auch in disem fall versagter verhor by weltlicher oberkeit one mitel und ob schon bede parteien beyein weren, richter ist und zu erkennen hat) wol hette anrufen mogen, aber solich bisher verzogen und stilgestanden, guter hoffnungen, ksl. Mt. solt mir langst gn. verhore geben, sich der lugenhaftigen und boshaftigen des rats zu Wormbs tat und handlung und meiner onschuld erkant und das ich restituirt werden und mir meiner entwerten habe, gülten, güter, auch erliten costen und schaden, schmach und versaumnis erstattung gescheen wer, bevelh getan und mandirt haben, welches nit bescheen. Bin also bynache drey jar und daruber verhorelos aller meiner güter und verdients beraubt und in sorgfeltigkeit meins leibs gestanden und noch, das by allen frumen menschen wol zu beherzen und erbarmen ist.

[7.] Herauf an euer ftl. Gn. gnaden und gunst /50b/ umb des Almechtigen und der gerechtigkeit willen mein undertenigs, demütigs und allerflehelichst bitten, solchs zu beherzen, erbarmen und erwegen, mir mit gn. hilf zu erscheinen und ksl. Mt. zu erbieten und bewegen, den genanten von Wormbs zu mandiren und by inen zu tun verschaffen, das sie mir mein hab und güter, sie mir onervolgt einichs rechten, mein onberufen, onverhort, onuberwunden, und des mehr uber mein selbst vilfeltigs zu verhor und rechts erbieten und begern raublich und gewaltiglich genomen haben, darzu erliten kost, scheden und verseumnis widergeben, vergnugen und erstaten und mich ksl. Mt. von der acht uf verhore und recht absolvirt. Das will umb euer kftl. Gn. gnaden und gunst semptlich und besonder ich undertenigs fleis aller vermögen zu verdienen bereit und alzeit willig sein und alsdan vor euer Gn. gnaden und gunst als des hl. Reichs stende oder ganzer des hl. Reichs versamlung oder sunst ordenlich, wie und wo sich gebürt, eim yeden,[der] an mich zu fordern und sprechen vermein, forderlichs und endlichs rechten sein und mir dasselb an leib und gute wehe und wol tun lassen. Solt aber solich euer ftl. Gn. /51a/ gnaden und gunst vorbeten by ksl. Mt. durch der von Wormbs practik, damit sie mir zu keiner fruchtbarkeit tenet [= dienten], verhindert werden und mein vielfeltigs, billichs erbieten und begerns nit stat finden und mir laut derselben nit gedeien noch bescheen, können euer ftl. Gn. gnaden und gunst dannocht erwegen, das mich ye zulest die notturft zwingen würde, wege der pillicheit zu suchen und furzunemen (die ich lieber ksl. Mt. zu undertenigem gefallen underlassen), das mein zu bekomen und rechts zu ervolgen, in vertrauen, das mir solichs in ansehen meins vilfeltigen gescheen bitten, ersuchens und erbietens wider von euer ftl. Gn. gnaden und gunst noch sonst yemands, der billicheit gneigt, verargt werden soll. Bit umb gn. antwort, damit ich, wes ich mich zu versehen hab, wisse.

Anmerkungen

1
 Mit Schreiben von diesem Tag (Nr.899) übersandten die Reichsstände die Supplikation an den Ks.
2
 Falsche Zeitangabe. In Wirklichkeit hielt sich Ks. Maximilian vom 18. bis 25. Juni 1513 in Worms auf. Vgl. Nr.299 [4.], [6.].