Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, Ostpreuß. Fol. 79, pag. 733–737 (Kop.); ÜS pag. 733: An Cristoffen von Kreytzenn, den 12. Marcij, AV pag. 737: Princeps audivit legere praesentibus, hofmeister, burggraffen, cancellario & Erhardo etc.
B koll. Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, HBA Konz. H (Kasten 1267), unfol. (Konz.).
C koll. Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, HBA H (Kasten 775), unfol. (Ausf.); DV v. a. Hd.: Datum 12. Marcij; DV v. 3. Hd.: Ankomen Suntagk nach Letare anno 41 [1541 April 3].
Kf. Johann Friedrich von Sachsen hat ihm in diesen Tagen unther anderm geschrieben, wan seine L. den reichstagk personlich besuchen wurden, so weren dieselb freuntlich urputigk und geneigt, kgl. Mt. zu Denmargken etc. und unser sachen beiderseits suchung und bith nach freüntlich ingedenck zu sein1, do auch ein fride ader anstandt gemacht und aufgericht, alsdan allen moglichen vleis vortzuwenden, uf das wir darin auch getzogen und gepracht werden möchten, und hat uns daneben eyn abdruck des kaiserlichen gleits und suspension uberschigkt mit freuntlichem, angeheftem, wolmeinenden bedencken etc., nachdem aus solchem befunden, das sich dasselbige nicht alleinth uf seine L. und den Lgf. von Hessen etc., sondern auch auf alle mitverwanthe in der religion erstreckt und wir den [= denn] derselben auch verwanth weren, das wir, als welcher ytzt ernenter confession zugethan ist, den reichstagk durch jemandt von den unsern beschigken thetten, in des gegenwertigkeith und sonderlichen auf sein erindern koenten unser sachen dester bequemer gehandelt werden etc.2 Damit du dich aber in solchem destbas darnach zu richten, ubersenden wir dir hiebey verwarth ein abdruckt bemelth keiserlichen gleits und suspension sampt wes wir berurtem unserm lieben ohemen, dem Kf. zu Sachssen etc., uf seiner L. freuntlichs schreiben in antworth hinwidder geben3, daraus zu vernhemen, das wir nach zur zeith in unser einfalth, unangesehen seiner L. wolmeinendt bewegen, bey uns nicht finden koennen, das du dich uf dem reichstagk bey unsern herren und freunden anderer gestalth, weder unser voriger bevelch mitprengt, erhalten thettest und des aus diesen bedencken: Wiewol das keiserliche gleith auf alle der confession verwandten, do pillich wir auch mit eingetzogen werden, stehet, so ist demnach keiner von denselben in die acht als wir declarirth, a –vilweniger publicirth–a, welche nhun zum theil von denselben geechtigkt, sein namhaftigk gemacht und derselben sachen itzundt suspendirth worden, derhalben sie sich keiner gefhar zu besorgen. Was aber unser sachen und warumb wir in die acht decernirth, hast du aus unsern vorigen dir uberschigkten schriften und berichten genugsam zu vernemen. Und dieweil die acht, so wider uns ausgangen, nicht suspendirth, wir oder unsere sachen auch in solchem gleith nith nambhaftigkh gemacht, besorgen wir uns, wo sich jemants von unsern misgonstigen mit der that gegen dir als unserm diener einlassen wurd, es möcht das keiserliche gleith harth disputirt, uns villeicht schimpf und dir nachteil (welchs wir doch viel lieber verhuth sehen wolten) zugefugt werden.
Haltens hirumb nochmals darfur, wan oft benenther unser ohem von Sachssen etc. des handels umbstende und gelegenheith nach der lenge und notturft einhemen thutt, seine L. werden uns, das wir den reichstagk durch jemanth der unsern offentlich beschigken sollen, nicht rathen. Hirumb wollest seiner L. unsere erwegen antzeigen und erstlichen in allen fellen, sonderlichen nach inhalts des invorwarthen memorials4, bey unserm geliebten vettern, dem Kf. zu Brandenburgk, rath, hilf, furderung und beistandt bitten. Woe es aber von seiner L., furnemblich was die lehensempfahung belangt, (des wir uns doch nicht versehen) abgeschlagen, alsdan berurthe unsere liebe ohem etc., den Kf. zu Sachssen etc. und Lgf. von Hessen etc., in allen angetzeigten puncten inhalts des memorials ersuchen, ungetzweiffelt, ire L. werden dir solchs alles derselbigen freuntlichen erpietten und unsern hohen vertrauen nach gutwillig mitteilen und dorinnen als die freunde und wolmeinende ertzeigen, ob vermittelst gotlicher gnaden neben irer L. getreuer furderung unser sachen zu begertem ende und, inmassen dir von uns auferlegt, gepracht werden möcht.
Zudem, damit die protestirende stende zu mergken und zu sehen, das wir mit inen der confession und unsers glaubens halben kein scheu trägen, sonder einstiemmig sein, so wollest dieselben, bevorab unsere schwegere und oheime Sachssen und Hessen als die furnembsten heupter, von unsertwegen freuntlichen anlangen, das sie uns in solche einsetzen und nambhaftigk machen, auch neben inen fur einen mitbekenner antziehen wollen, dan wir dieselben mith verleihung gotlicher gnaden frey, offentlichen, ohne scheu vor menniglichen zu bekennen und dorinnen bis an unser ende zu beharren bedacht. Nichtsminder wollest dem Kf. zu Sachsen oftgemelth, wan der uf den reichstagk kompt, selbst uberantworten mit gepurlichen, freuntlichen zu- und erpiettung, im fhalh, wan seine L. abwesendt, derselben gesandten behendigen, vermeldende, das sie solchen brief wol prechen mogen, in dem allem moglichen vleis (wie wir daran gar nicht zveiffeln) ankeren und getreulichen solicitiren und anhalten, desgleichen uns, wie sich die hendel allenthalben anlassen und wes sonsten vor zeittung verhanden, auch fur fursten den reichstagk besuchen, durch dein schreiben berichten. Das gereicht uns von dir zu sonderm gefallen, in gnaden widderumb zu erkennen5. Datum Konnigspergk, den 12. Marcij anno 1541b.
[Beilage:] Memorial für Christoph von Kreytzen, o. Datum [1541 März 12] 6.
A Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, Ostpreuß. Fol. 79, pag. 737–747 (Kop.).
B koll. Berlin GStAPK, XX. HA, StA Königsberg, HBA H (Kasten 774), unfol. (Kop.).
Da Kf. Joachim und die Mgff. Johann und Albrecht der J. von Brandenburg auf dem Reichstag voraussichtlich vom Kaiser die Belehnung mit ihren Fürstentümern und Ländern erhalten werden, jedoch auch der Hg. von Preußen aus dem kurfürstlichen Hause gebürtig ist und auf sein Erbrecht an den brandenburgischen Fürstentümern nicht verzichtet hat, hat Christoph von Kreytzen beim Kurfürsten entsprechend dem früheren herzoglichen Befehl und der klaren Bestimmung in den vorhandenen Verträgen, dass jeder Kf. von Brandenburg für sich selbst, seine Erben, seine Brüder und Vettern und alle deren Erben vom Kaiser die Belehnung zu empfangen hat, zu verfahren. Demgemäß hat etwa der verstorbene Mgf. Joachim auf dem Reichstag zu Worms auch für Hg. Albrecht von Preußen die ksl. Lehen empfangen. Deshalb lässt der Herzog den Kurfürsten bitten, sich am Beispiel seines Vaters und an den vertraglichen Bestimmungen zu orientieren. Der Kurfürst soll in angreiffung des fhannens seiner fstl. Dt. mit nhamen als eines unabgeteilten und unverzigenen bruders und vetters gedencken, damit seiner fstl. Dt. in entpfaung der lehen und dergleichen [ahn] c irem rechten nicht nachteil zugefugt, ungetzweiffelth, ire kfl. Dt. sich hirin aller freunt- und vetterlichen gebur gedachtem punct gemes halten werde etc.
Sollte dieses Gesuch weitere Diskussion erregen und argumentiert werden, der Herzog sei ein vortzigener Bruder, so soll Kreytzen einwenden, dass sein Herr den Verzicht weder eingestehe noch dieser ihm nachgewiesen werden könne. Es sei auch nicht nachzuweisen, dass er durch seinen Ordenseintritt Verzicht geleistet habe. Auf den Einwand, die Vertragsklausel gelte nur für Brüder, die nicht zu tief geistlich sind, soll der Gesandte folgendes anführen: Der Herzog sei nicht tief geistlichen Standes, da er ein weltlicher Fürst und nur in einem nicht sehr strengen Orden gewesen sei. So seien Ordensmitglieder am Rücktritt ins weltliche Leben und etwa an der Eheschließung nicht gehindert worden.
Ferner sei der Herzog zur Zeit, als der alte Kurfürst auch in seinem Namen die Lehnsfahne angefasst habe, schon im Orden gewesen, was dem Kurfürsten nicht bedenklich schien. Außerdem sei der Kard. von Mainz – obwohl tief geistlich – von dem Kurfürsten nicht nur in die Belehnung einbezogen worden, sondern auch in die erbholdigungen der Untertanen der ganzen Mark. Nachdem dan dis nith widder die vertrege sein sold oder auch kein bedencken bröcht [sic!], warumb mit seiner fstl. Dt., do es doch einen mercklichen und greiflichen underscheidt hett, ein anders im erwegen wher etc., mit angehaften bitten, ire kfl. Dt. wolth hierin zu wilfaren nith beschweren und seine fstl. Dt. nicht vergessen.
Auf den Einwand, dass sich der Herzog zur Zeit der Belehnung des alten Kurfürsten nicht in der Acht befunden habe, soll Kreytzen vorbringen, dass der Herzog aufgrund der Religion geächtet sei, zu der sich auch der Kurfürst bekenne.
Item, es hat der gesandte nach gelegenheit des handels und der underrede auch dis kfl. Dt. antzuzeigen, das dieselb nit ursach het, worumb ire kfl. Dt. so heftig widder die entpfaung der lehen setzen und seiner fstl. Dt. in angreiffung des fanens nith gedencken wolde noch solde. Dan obgleich dis, wie begerth, geschege und der Hg. zu Preussen zum landt zu Francken und andern furstenthumen und lendern des loblichen churfurstlichen hauses Brandenburgk kein gerechtigkeith het ader haben konth, so wurd disse belehenung wenig dortzu nutzen, dienen ader seiner fstl. Dt. mher gerechtigkeith geben, ursach ein itzlicher lehenher nith weitter belehenen thet, dan als weith er, der lehentreger, darzu berechtiget. Het aber seine fstl. Dt. dortzu, als sie verhofft, guth fug und recht, so thet jhe ir kfl. Dt. hirin zuviel, das dieselb meinen gnedigen herrn, den hertzogen, auch wider den buchstaben des vertrags vorkurtzthe und beschwerethe, demnach abermals sein pith, ire kfl. Dt. lauts dem ersten ansuchen sich freunt und gutwillig ertzeigen wolle.
Wo dis bey kfl. Dt. zu Brandenburgk, als man hofft, erhalten, so hat es seine maß, allein das der gesanthe mit vleis darnach sey und trachte, das er zu solcher solemnitet des entpfaens mitkomme, sehe und hore, wie die geschiecht, mit was worten mein gnediger herr in angreiffung des fanens angetzogen und was ksl. Mt. bewilligende ader abschlagende vor antworth gibt, solchs alles wol vertzeichene und alher verschaffe. Wo er aber personlich dartzu komen nith konthe, must dannocht der gesanthe nichtsdestoweniger durch andere zu erinnern bestellen und nach oben ermeltem allein fragen und guthes, claren bescheides sich erlernen, erkundigen und denselben uberschrieben [sic!].
Wenn die Mitbelehnung nicht erreicht werden kann, soll Kreytzen den Kf. von Sachsen und den Lgf. von Hessen um Rat und Beistand bitten und ihrem Gutachten, soweit er es für richtig hält, folgen. Kreytzen soll auch vom Kf. von Sachsen oder vom Lgf. von Hessen eine taugliche Person ausbitten, die, wenn der Kurfürst und die anderen Markgrafen sich belehnen lassen und den Hg. von Preußen beim Griff an die Fahne ausschließen, schriftlich oder mündlich die vertraglichen Bestimmungen über die Gesamtbelehnung aller Brüder und Erben des Hauses Brandenburg vor Kaisern, Königen und Kurfürsten vortragen, auf das Verfahren Kf. Joachims I. verweisen und gegen den erfolgten Ausschluss des Hg. von Preußen von der Belehnung des Hauses Brandenburg in aller Form unter Vorbehalt aller seiner Rechte protestieren soll, mit der Bitte an Kaiser, König und Reichsstände, den Hg. von Preussen bei all seinen Rechten zu schützen und zu verteidigen. Wenn eine Vollmacht für diese Protestation notwendig sein sollte, soll Kreytzen diese mit Rat Sachsens und Hessens im Namen des Herzogs ausstellen und der ausgeliehenen Person eine Verehrung zukommen lassen. Falls die beiden Fürsten wider Erwarten niemanden zur Verfügung stellen wollen, soll Kreytzen jemanden gegen Bezahlung zum Vollzug der Protestation anwerben oder, falls auch dies nicht möglich ist, durch einen Prokurator oder Notar ein entsprechendes Notariatsinstrument ausstellen lassen, was auch in jedem anderen der genannten Fälle geschehen soll.
Kreytzen soll Eustachius von Schlieben, der nicht nur Rat und Diener des Herzogs, sondern auch sein Lehnsmann ist, bitten, seine Bemühungen beim Kurfürsten zu unterstützen und die Protestation zu übernehmen. Lehnt er Letzteres ab, ist nach obigen Anweisungen zu verfahren. Kreytzen soll über seine Verhandlungen berichten.