Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Augsburg StA, Reichsstadt Nördlingen, Münchner Bestand, Lit. 49, unfol. (Reinkonz.).

Und nachdem mir dann auch beede euerer Ft. schreyben, 23. Junij und 30. Junij weisend, nachainander zukommen, hab ich darauß der turckenhilf und reichs vorhanden schwebender sachen halb euerer Ft. bericht und bevelh vernommen. Und nachdem aber die handlungen alhie seer eylend und mir derhalben euerer Ft. bevelh etwas spat zukomen, ich aber indeß euerer Ft. ferrer gehandelte sachen zugeschrieben und weitern bevelh gepetten, so will ich desselben also von euerer Ft. bey meinem übersanten botten furderlich gewertig sein und mich alsdann, wo mir der nit zu spat zukompt, desselben zu halten befleissen. Sonst gedenck ich bey izt und hievor entpfangner instruction, sovil nunmehr gestalten sachen nach gesein mag, zu verharren.

Aber sovil gehandelte sachen betrifft, will ich euerer Ft. undertheniger wolmaynung nit bergen, das, zuvor und ehe mir euerer Ft. letst schreiben zukommen ist, nemlich uff Sambstag, 2. Julij vor- und nachmittags die protestierenden und dero religion verwanten gerhatschlagt und geschlossen haben, das sy a uff ksl. Mt. jungst gesinnen mit O–a [Nr. 184] die condition deß fridens und rechtens bey diser bewilligung der eylenden hilf kainswegs fallen lassen, sonder den friden haben und die cammergerichtsjurisdition abgeschafft wissen oder aber nichts laisten wöllten. Wiewol nun Mgf. Jorg, Mgf. Albrecht, Sarbrucken, Nurmberg und etliche mehr das widerspil hielten, nemlich das dißmals biß zu der behärlichen der condition nit gedacht, sonder der ksl. Mt. disfalls willfart werden sollt, so hat doch das mehrer furgeprochen, anderst dann das man dannoch die schrift hieneben mit Q [Nr. 190] etwas gemiltert und nochmaln die conditiones deß fridens und rechtens gepetten hat, do hievor stund, das man kain hilf laisten kunth noch wollt, die ksl. Mt. hette dann die condition zuvor gewilligt und versichert. Sovil nun den begerten friden belangte, zaigt ich von euerer Ft. wegen an, ich hette auch nit andern bevelch dann wie die andern stett, nemlich, das man deß friden, zuvor und ehe die hilf gelaist, versichert sein sollt, inmassen ich hievor mehrmals gehört wer. Sovil aber die außnemungen deß rechtens belangte, hett ich von euerer Ft. gar kainen bevelch. Ich hett aber derhalben an euere Ft. geschriben und were ferrern bevelchs von euerer Ft. gewertig, darum ich disfalls izt weiter nit dann uff den begerten friden schliessen kunnt. Nachdem aber andere mehr stend und stett bedacht gepetten, die sach zuvor an ire obern gelangen zu lassen, und aber nichtsdestweniger durch den mehrern thail geschlossen worden, wie die schrift hiebey mit Q zu erkennen gibt, so ist dieselb antwort sontagsmorgens [1541 Juli 3] durch sechsisch und hessisch rhät, auch die fursten und der grossen stett gesanten der ksl. und kgl. Mt. in pallatio geben worden. Alß sich aber vil stett, sonderlich der gemainen und geringen stett bottschaften, davon zogen und bey übergebung sollicher antwort nit entgegen waren, bin ich aus ursachen, das ich, deß rechten halb uff angezogne maynung von euerer Ft. wegen einzesezen, nit bevelch gehabt, auch davon gangen, also das meins erachtens euere Ft. noch darzu oder davon ze kommen sein möcht, wiewol ich sich, das man, so schon etliche nit willigen, gleichwol in aller stend namen furfert.

Nun will ich euerer Ft. nit bergen, uff solliche außnemungen der protestierenden thail vom andern thail allerlai geredt wurdet, wie ich von den stetten deß andern thails, auch dem H. Oberburger und Kesinger gehort hab. Dann, wiewol alle reichsstend deß begerns, sovil ain gemainen friden belangt, ainig sein, so werden aber die geverlichen außnemung und furschleg deß rechtens disem thail kainswegs gelegen sein, sonder vermainen, ehe die begerte hilf gentzlichen ze waigern, dann sy zaigen an, das es nit ain gleichmessig recht wer, sonder allen rechten und gewegnen billichait zuentgegen, wann die protestierenden den andern thail umb alle sachen sollten beclagen und zu recht pringen mögen, aber derselb ander thail sollt die protestierenden umb all verhandlung vor kainem richter zu beclagen haben, dann man wurd, wie bißher beschehen, auch alle prophansachen in die religion ziehen wöllen, also das der protestierend hauf alle fursten und stend deß andern thails ungefrevelter sachen allerding abthun und fressen wurd etc. Daraus man sich vermutet, das es disfalls schwerlich zu ainer vergleichung kommen werd mugen, dann, was aim thail gelegen, ist dem andern zum hochsten entgegen et e contra.

Dieweil ich dann von euerer Ft. hierinnen nit gnugsamen bevelch aus euerer Ft. jungstem schreiben abnemmen kan, weß ich mich disfalls der begerten außnemung deß rechten halb etc. halten soll und, ob die protestierenden uff demselben irm vorhaben pleiben wurden, wie ich anderst nit merck, und die ksl. Mt. inen b den friden zusagen, aber–b solliche abschaffung deß cammergerichts nit willigen, sonder sie ehe sizen lassen wurd und die eylende hilf von den andern thailn annemme, ob ich dann bey disen stenden entlich beharren oder uff gnugsam zusagen deß friden die eylende hilf willigen soll oder nit. Dann, wiewol Brandenburg und Nyrmberg schon gewilligt und das also disen stenden frey anzaigen, so zeucht man sich doch in den handlungen mit ein, wiewol auch etlich andere stettbottschaften gern one frid und zusagen deß gleichen rechts dißmals biß zur beharlichen hilf die eylend hilf laisten wollten, dessen auch bevelch haben, so sehe ich doch nit, das sy uff irm bevelch besteen oder sich daruff söndern, sonder sy werden gleichwol in dem bschluß mit eingezogen. Darum ich auch euerer Ft. izt letst gethonen bevelch nach uff sie nit bauen kan noch mag, nemlich das ich, so 4, 5 oder sechs stett unser session die eylende hilf one den außgetruckten friden willigten, das ich alsdann von euerer Ft. wegen auch bewilligen sollt. Gf. Ludwig der älter als der auch verirrt ist und nit waiß, zu wem er sich halten soll, hat mit mir vil in vertrauen davon conversirt und vermaint, wann dise stend also auf disem begern verharren wurden, das dann die ksl. Mt. die aucht über sie außgeen lassen werd etc. Das laß ich ain red sein. Gleichwol kan er an Gf. Willhelms hof vil erfaren.

Sonst will ich mich euerer Ft. bevelchs befleissen. Die verzaichnus der gelaisten particularhilf und pulvers find ich nit bey den acten, darum, weil ich Melcher Helen die copi derselben wider zugestellt. So wolle mir euere Ft. davon abschrift auch zuschicken lassen, darnach haben ze richten. Ich mocht auch leiden, das mir mit disem botten ain copi Ks. Carls jungster gemainer confirmation aus dem freihaitbuch geschrieben und zugeschickt wurd.

Uff gemelten Sontag  [1541 Juli 3] hat ksl. und kgl. Mtt. alle reichsstend ad pallatium ervordert, inen furgehalten, wie freveler- und mutwilligerwaiß der Hg. von Clef und Gulch seiner ksl. Mt. ir erbland Geldern eingenommen. Wiewol nun ir ksl. Mt. wol fug gehabt, die notturft dagegen zu handlen, hett si’s doch, biß die reichsstend zusamenkemmen, im besten beruen lassen wöllen und derhalben izt uff disem reichstag ir gerechtigkait zum land Geldern in schrift gestellt und allen stenden getruckt zustellen wöllt, mit beger, alßdann die billichait darin helfen zu handlen [Nr. 227]. Deß haben sich die stend erbotten, aber deß von Clef bottschaft alsbald furgestanden, die sach widersprochen, abschrift begert und sich stattlicher verantwortung angepotten. Die ist inen erkennt etc. Vermaint man, es werd auch ain schwerer, weitleufter handel werden. So die schrift getruckt ist, will ich euerer Ft. dieselben auch zuschicken.

Sonst haben die andern thail der alten religion von irn geordenten collocutorn und theologen der verglichen religionarticul halb in disen tagen auch relation eingenommen.

Montags, den 5. Julij2, haben unsere theologen und prediger der protestierenden stend die verglichen articul ain nach dem andern in beisein fursten und stend diß thails furgenommen und ganz weitleuft davon disputirt, sich aber dero nit genzlich vergleichen mogen, sonder haben etlich prediger protestirt, das sy dieselben nit annemmen wollen noch werden. Aber man handelt und mittelt noch dazwischen und ist frid und ainigkait noch an wenig orten verkunth. Gott verleich sein gottlichen schuz und gnaden.

Ich hab eilenden rhatgangs halb diser schriften furwar kaine uberlesen mögen.

Der H. Kesinger zaigt mir an, die ksl. Mt. werd im Oberland bey 40.000 knecht annemmen und gegen die Venediger und den Turcken uffs Welschland schicken.

Anmerkungen

1
 Das Datum lässt sich aus späteren Schreiben Vogelmanns erschließen. Am 7. Juli verweist er auf ein Schreiben, das er Balthasar Rehlin mitgegeben hat. Am 14. Juli bezieht er sich auf ein von Balthasar Rehlin überbrachtes Schreiben an Bgm. und Rat von Nördlingen vom Dienstag vor dem 9. Juli [= 1541 Juli 5]. Demnach hat er am 5. Juli einen Bericht über die Reichstagsverhandlungen heimgeschickt. Dazu passen auch die im vorliegenden Schreiben angegebenen Daten. Vgl. Wolfgang Vogelmann an Bgm. und Rat von Nördlingen, Regensburg, 1541 Juli 7 [Nr. 841] und ders. an dies., Regensburg, 1541 Juli 14 [Nr. 870].
a
–a  Marg. nachgetr.
b
–b  Marg. nachgetr.
2
 Das Datum ist offenbar irrig. Der 5. Juli fiel 1541 auf einen Dienstag. Gemeint ist wohl der 4. Juli.