Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Auftrag zur Kontaktaufnahme mit Hg. Ludwig von Bayern und zu einer gemeinsamen Werbung beim Ks.; [2.] Bitte an diesen um Unterstützung angesichts der hohen Verschuldung des Ft. Bayern und der notwendigen Versorgung von Hg. Wilhelms Brüdern; [3.] Erfolgte Verhandlungen Dr. Sebastian Ilsungs mit dem Ks. wegen Förderung der Bemühungen Hg. Ernsts um die Salzburger Koadjutorie; ksl. Hilfszusage gegen den Mitkonkurrenten Bf. Matthäus von Gurk; [4.] Möglicher Vorteil für Hg. Ernst angesichts der Abneigung EB Leonhards und des Salzburger Domkapitels gegen Bf. Matthäus; [5.] Bitte an den Ks. um rasche Fürsprache zugunsten Hg. Ernsts beim Papst; daraus resultierende Einflussmöglichkeiten des Ks. im Erzstift; [6.] Bitte um parallele Förderung der Chancen Hg. Ernsts auf die Koadjutorie im Hst. Passau; konkrete Vorschläge zur Umsetzung dieser Hilfe; Erteilung eines entsprechenden Auftrags an den ksl. Kanzler Zyprian von Serntein; [7.] Argumente für die erbetenen Verhandlungen des Ks. mit EB Leonhard; drohende negative Folgen für das Erzstift Salzburg bei einer Entscheidung zugunsten von Bf. Matthäus; [8.] Bitte an Hg. Ludwig um zwanglose Gespräche mit dem Ks. in dieser Angelegenheit.

A) Kop.: München, Geheimes HausA, Korrespondenzakten 583, Prod. c, o. Fol.

B) Konz.: Ebd., o. Fol.

Instruction

[1.] aDer hgl. Rat IUD Dietrich Reisacher, Ordinarius der Universität Ingolstadt, ist abgefertigt worden, von unsern wegen der handlung des reichstags, itz zu Wormbs, zu gewarten. Demgemäß soll er zunächst Hg. Ludwig von Bayern über seinen Auftrag informieren, sich dann mit diesem zum Ks. begeben und ihm nach Übergabe des Kredenzbriefs Folgendes vortragen:–a

[2.] Als die vormünder, so uns von weilend dem hochgebornen F., unserm lb. H. und vatern Hg. Albrechten loblicher gedechtnus, seien zugeordent worden, uns itz rechnung getan, haben wir in solicher rechnung erfunden vil merklicher, grosser schulden und versatzung, der wir hievor so aigentlich wissen nit gehebt haben, darein dann vermelter unser H. und vater in der not des baierischen kriegs2 komen und gedrungen ist. Darauf wir dann mitsambt etlichen unsern treflichen // landleuten und räten gelegenheit unsers einkomens erwegen, das das aufheben von unserm Ft., wiewol das für ansechlich und gros geacht werden möchte, gegen dem, so wir andern schuldig und zu tun seien und aus der not haben muessen, klain ist. Und so wir darzurechnen die bürde, die uns daneben obligen und unserm Ft. teglich zuefallen mit des hl. Reichs hilf, auch auflegung ksl. Mt. und des swebischen punds anlege ausserhalb unsers lb. vetters Hg. Wolfgangs, auch unserer brueder [Hgg. Ludwig und Ernst]provision und Hg. Fridrichs von Baiern zinsgelt, so erfindet sich, das wir on sonder merklich versatzung aus solichen schulden und obligen nit mögen komen. Dardurch unser Ft. gesmelert und jerlich aufheben und nutzung teglich nur gemyndert wirdet. Deshalben unser merklich notturft erfordert, das wir die ksl. Mt. als unsern oberherren, nahent gesipten freund und vater umb gn. hilf und rat zu ersuechen und anzehalten nit aufhörn und in besonder von wegen unser freuntlichen, lb. brueder, die nun auch zu mererm alter greifen und darumb irm herkomen und stand gemäs merer unterhaltung und zeitlich fursehung bedürfen b, die wir auch, irn liebden nach gelegenheit unser sachen und ver //mögens mitzetailen und bruederlich lieb und freuntschaft zu beweisen, begirig und schuldig seien und, wie solichs fueglich beschehen mög, teglich nachdenken haben–b.

[3.] Dieweil wir dann irer ksl. Mt. durch den wirdigen unsern rat Dr. Sebastian Ylsung und am jüngsten für uns selbs angezeigt haben, wie unser lb. brueder Hg. Ernst zu geistlichem stand gute neygung und schicklicheit hab [vgl. Nr.265 [10.]], deshalben wir nach rate und mit hilf irer ksl. Mt., auch unser gn., lb. frauen und mueter [Ehg.in Kunigunde], seiner Mt. swester, denselben unsern brueder geistlich ze machen, verhoffen. Darauf not sein wil, das sein lieb mit geistlichen gotzgaben fursehen wird, davon er seinem herkomen und stand gemäs auskomen haben mög, und ksl. Mt. darauf angezeigt die coadjutorey des erzbistumbs zu Salzburg. Darauf ir ksl. Mt. sich gegen Dr. Ylsung genediglich erboten, so ir Mt. widerumb herauf in das Reich chomb, so well ir Mt. den EB [Leonhard] zu Salzburg zu ir beschaiden und mit seiner lieb selbs und in aigner person genediglich handlen. Und als darnach ir Mt. des willens gewest, zu uns gen München ze kumben, aber ir Mt. furgevallen gescheft halben dazemal nit weiter dann bis gen Dachau verriten, haben ir ksl. Mt. solicher coadiutorey halben aus aigner bewegnus mit uns ze reden angefangen und,// in der sachen, es sei mit schickung irer Mt. treflichen potschaften und in all ander furträglich wege, ze handlen, ganz gutwillig und genediglich abermals erboten. Und wann aber die ksl. Mt. wissen tregt, das der EB zu Salzburg mit grossem alter beladen und über siebenzig jar sein sol,3 deshalben seiner lieb zu vil zeiten swacheit zusten und langs lebens bey ime nit zu versehen ist, auch der Bf. [Matthäus] von Gurk bei der Bäbstlichen Hlkt. [Leo X.] auf vermelten stift zu Salzburg gn. fursehung erlangt, also das derselb von Gurk des stifts coadjutor und angeender Bf. sol werden [vgl. Nr.267 [3.]], chat die ksl. Mt. auf vermelts Dr. Ylsungs erste und unser jüngste handlung darauf gn. antbort geben–c, das ir Mt. gemuet und meynung nye gewesen, auch noch nit sei, den von Gurk, wiewol er irer Mt. geheimer rat sei, fur irer Mt. swesterson ze furdern. Ir Mt. hab auch allwegen gegen dem von Gurk gesagt, wie ir Mt. und der von Gurk in disem fall nit ainer meynung seien, dann der von Gurk arbeit für das bistumb im selber und ir Mt. für ir swestersone. Derselb von Gurk hab auch irer Mt. allweg nit anderst gebeten, dann soverr ir Mt. swestersone ainer nit Bf. werden sollt oder möchte, das alsdann ir Mt. ine fur ander und frembd darzu furdern well. Solichs hab ir // Mt. ime, dem von Gurk, gleichwol nit abgeslagen, aber albeg furgesetzt, ine wider irer Mt. swestersone nit ze furdern. Es wurde auch der von Gurk mit seiner bäbstlichen erlangung ir Mt. daran nichts verhindern und wer unnot, den von Gurk darinnen ze scheuhen.

[4.] Verrer so hat ir Mt. Dr. Ylsung gn. meynung weiter angezeigt, das des von Gurks übung und erlangung solicher coadjutorei halben die handlung irer Mt. swestersons villeicht gros möchte furdern, dann der Bf. und capitl zu Salzburg hetten den von Gurk nit gern. Deshalben sy dester bewegt würden, ir Mt. swestersone vor dem von Gurk anzenemen.

Nun haben wir uns nach solicher ksl. Mt. gn. antbort und anzeigung im handl weiter erkundet und wars wissen, das der EB von Salzburg unverporgenlich sagt, ee er den von Gurk zu coadjutor in seinem leben zuelassen, ee welle er darob verderbens und sterbens gewarten. Dergleich lassen sich die vom capitl und vil von der lantschaft auch merken und haben deshalben verrügkter tege ir treflich potschaft zu der Bäbstlichen Hlkt. gen Rom geschickt. Als aber wir bericht werden, so haben dieselben potschaft wider des von Gurk erlangung bey der Bäbstlichen Hlkt. ditzmals nichts aus //richten mögen, sunder ziehen wider heraus und haben also ungeschaft aus Rom abschaiden muessen.

Wir haben auch von etlichen des stifts treflichen landleuten und andern vermerkt, wo in disem widerwillen mit dem von Gurk die ksl. Mt. für irn swestersone handlen lassen und sich mit ernst und tapferkeit darumb annemen, wird ir Mt. pesser und austreglicher antbort dann vor erlangen, dann ir vil im stift sich merken lassen, ee sy den von Gurk zu coadjutor haben, wellen sy gar vil lieber ksl. Mt. swestersone annemen. dDarzu langt uns gleublich an, das etlich mer Ff. und Bff., solhe coadjutorei zu erlangen, auch in übung sten sollen.–d

[5.] Dem allen nach und sonderlich auf ksl. Mt. gn. erbieten, dieweil ir Mt. irn swestersone, unsrn lb. brueder Hg. Ernsten, für den von Gurk ze furdern, ganz geneigt und erbütig ist, des dann irer Mt. aufs höchst unterteniglich dank gesagt werden sol e, auch der von Salzburg dermassen, wie vor stet, mit alter beladen und von andern mer übung und practikn, solher coadjutorei halben beschehen, deshalben die sachen furderliche handlung erfordert–e, so sollen unser lb. brueder Hg. Ludwig und unser verordenter Dr. Dietrich Reisach hievorgemelt die ksl. Mt. in aller gehorsam bitten und aufs // vleissigist ersuechen umb gn. furderung, hilf und handlung und das ir Mt. hieinen lenger keinen aufschub well machen, sonder als H. und vater selbs ordnung und mass furnemen, wie in der sachen zum furtreglichisten ze handlen fsich fuegen well. Doch sol der von Salzburg, so mit im ze handlen furgenomen, vertröst werden, das unser brueder Hg. Ernst in sein, des Bf., leben sich keiner verwaltung brauchen noch annemen, sonder derselb Bf. nichts mynder gwaltiger regirender F. sein und bleiben und ime in nichte geredt werden, auch soliche erlangung on des stifts costung und schaden am bäbstlichen hove beschehen und darüber notturftig verschreibung und urkund aufgericht werden sol, als dann die ksl. Mt. solhs und alles anders, so zu erlangung und übung der sachn not sein wirdet, aus hoher vernunft verfenklich und wol zu bedenken und zu handlen wissen–f. gUnd so die ksl. Mt. unserm lb. brueder Hg. Ernsten zu dem bistumb Salzburg verhilft, das dann ir Mt. leichtlich und verfenglich in ansehung, das die Bäbstlich Hlkt. mit irer Mt. in sonder guter ainigkeit ist und auf ir Mt. billich gross aufsehen hat, so ist sein Mt. vermelts unsers brueders als irs swestersons allzeit mechtig. Ir ksl. Mt. sollte auch alsdann als H. und vater gwaltiger Bf. sein und mit im als irm sun allzeit zu schaffen und zu gebieten haben. Sich sol auch derselb unser brueder alsdann mit solichem bistumb nach irer Mt. gevallen halten und ir mer dann ymand ander davon tun.–g

[6.] // Fürs ander sollen unser vorgenannter lb. brueder Hg. Ludwig und Dr. Reisach ksl. Mt. anzeigen und zu erkennen geben, wie uns, nachdem wir von ir Mt. jüngsth abgeschiden sind, mitlerzeit iin geheim–i angelangt sey, das die coadjutorei des stifts zu Passau unserm brueder Hg. Ernsten bey itzigem Bf. [Wiguläus] daselbs mit gutem fueg auch erlangt mag werden, dann derselb Bf. von Passau jin bedenkung seins alters4, auch ander–j seins stifts obligen und notturft kbesorgt, er möchte demselben stift villeicht nit lang vorsein. Deshalben wir durch ainen geheimen rat seiner freuntschaft sovil verstands und wissens empfangen–k, das er, wo es ksl. Mt. will und gevallen ist, irer Mt. swesterson Hg. Ernsten, unsern lb. brueder, vor maniglich zu coadjutor gern und williglich well annemen.5

Darauf haben wir etlichen unsern geheimen räten disen handl auch furgelegt und erwegen, dieweil die ksl. Mt. von wegen des stifts Salzburg so gn. erpietens, so sey derselben irer Mt. als unserm und unsrer brueder H. und vater dise sach mit dem stift Passau billich auch zu eröffnen und irer Mt. gn. rats darauf zu begern, wie sich fuegen well, unvergriffenlich der handlung, so von wegen // der salzburgischen coadjutorei furgenomen ist, von Passau auch zu handlen. Und wiewol wir bedenken, das der stift Passau swärlich versetzt und in grossen schulden, so ist doch die sachen, dieweil der stift Passau ain alter und erlicher stift und uns also haimgetragen wird, nit zu verachten. Darzu so seien die fäll der ledigwerdung beder vermelter stift Salzburg und Passau halben, dieweil bed Bff. der enden mit alter beladen seien, misslich. Nachdem aber der stift Passau auf des Bf. daselbs angezeigt gutwillig erbieten unsers verhoffens leichtlich zu erlangen sei und die handlung mit Salzburg nit hindern, sonder mer furdern wird, auch wir des gemuets und erbietens seyen, wo unser lb. brueder Hg. Ernst neben Passau die coadjutorei zu Salzburg auch überkäme und erlangte, das alsdann derselb unser brueder, wiewol mer Bff. im Reich neben irn bistumben coadjutorei hetten, dannoch solich bistumb zu Passau ainem andern zuestellen, resignirn oder übergeben sollt, den die ksl. Mt. anzeigen möchte und denselben nach irer Mt. gevallen damit fursehen.

Und dieweil der von Passau gegen ksl. Mt. und irer Mt. swesterson so untertenigs und freuntlichs // erbieten ist, soverr dann die ksl. Mt., solichs bistumbs halben sich in handlung einzelassen, für ratsam und gut ansehen will, so wirdet hierauf dieser zeit zu ainem mererm und ansechlichem anfang der sachen allein not, das die ksl. Mt. gedachtem Bf. von Passau ainen gn. brief schreib mit anzeigung vorangeregten seins gutwilligen erbietens, so durch uns an ir Mt. gebracht sei. Des ir Mt. gn. und sonders gevallens truege, mit beger, das derselb Bf. zu volfierung der sachen weiter greifen. Darzu ir Mt. zuvorab bey der Bäbstlichen Hlkt., auch den cardinälen in gemain und sonder mit erlangung der dispensation und provision, auch mässigung der annata nach gelegenheit des stifts und in all ander wege, so zu volziehung dieser sachen not wär, gn. und ansechlich hilf und fursehung tun, auch solich des Bf. gutwilligkeit in gnaden bedenken und beschulden wolt etc.

Und nachdem wir uns ungezweifelt versehen, die ksl. Mt. werde diese handlung mit Passau auch nit abslahen und darauf gn. furschriften an den Bf., auf obvermelte meynung irer Mt. canzler, dem [Zyprian] von Serntein, ze geben verschaffen, sullen darnach, so es ir Mt. zulässt, unser lb. brueder Hg. Ludwig // und Dr. Reisach ir Mt. verrer als unserm allergnst. H. und vater bitten, ob ir Mt. hernach nit allweg bey der hand oder mit irn merklichen hendln beladen sein würd, deshalben ir Mt. durch unser teglich ersuechen zevil bemuet möchte werden, das dann ir Mt. dem von Serntein als irm canzler itz bevelh gäb, wo wir darauf furschriften an die Bäbstlich Hlkt., auch an die versamblung der cardinäl oder ir etlich, auch an ksl. Mt. ambasiatores oder procuratores zu Rom nottürftig würden lund sonderlich der annata halben, damit wir darinnen in erwegung des bistumbs armut und gelegenheit zu Rom genediglich bedacht und gehalten werden–l, das dann derselb von Serntein, solich furschriften zu vergreifen und ze stellen, macht hab, die alsdann ir Mt. mit irm handzaichen zu verfertigen und in ander notturftig weg hieinn ir ksl. und väterlich hilf uns und unsern bruedern genediglich mittailen und nit verzeihen well und uns als seiner Mt. swestersonen in beden obvermelten sachen irn väterlichen rat, gutbedunken und hilf erzaigen und als seine sune in dem und anderm unserm obligen nit zu verlassen, in massen dann unser höchste zuversicht zu irer Mt. als unserm allergnst. H. und // vater genzlich stet. Das begern wir und unser brueder umb ir ksl. Mt. als ir gehorsam sone in aller untertenigkeit zu verdienen.6, m

[7.] Würde dann die ksl. Mt. von wegen der coadjutorey zu Salzburg begern, irer Mt. anzuzeigen, mit und auf was meynung hieinn ze handlen sich fuegen woll, sullen hierauf mergedachter unser lb. brueder und Dr. Dietrich irer Mt. unterteniger meynung, doch auf irer Mt. verpessern, zu erkennen geben, wiewol am furträglichisten und ansechlichsten wär, das ir Mt. mit dem von Salzburg in aigner person, wie dann ir Mt., als sy negst heroben im Reich gewest ist, furgenomen, gehandelt und geredt het, dieweil aber solichs aus irer Mt. furgevallen grossen, vilfeltigen hendln nit sein möchte und ir Mt. sich gegen uns jüngst erpoten het, das sy, wo sy zu dem von Salzburg // nit kumen möchte, nichtzmynder mit schickung irer potschaft und in all ander wege in der sachen die notturft genediglich handln und helfen wollt, das ir Mt. auf das mal ain geheime potschaft zu dem von Salzburg schickte, die ausserhalb seins capitls mit seiner person allein in namen ksl. Mt. geredt und gehandelt het, auf meynung: Nachdem die ksl. Mt. zu dem von Salzburg sondern geneigten willen truege und desselben stifts wolfart und aufnemen, darein er den stift bracht het, damit der in solichen wirden und ansehen konftiglich wie itz bleiben möchte, gern und begierlich sehen wollt, auch nach seiner Mt. vermügen darzu hilf und rat zu beweisen erputig sei und allzeit gern tun woll, auf das der stift Salzburg seiner Mt. erblanden gelegen, auch an das haus Bairn seiner Mt. swestersone stiess, deshalben dieselben land gerugsamb aneinander in vil weg hilflich und trostlich sein möchten, hette darauf die ksl. Mt. solichs in betrachtung genomen, auch weiter bedacht, wo der stift in den wirden, darin er itz ist, behalten würd, das solichs irer Mt. eniklen nach irer Mt. absterben, dieweil ir Mt. auch tödlich wär, in vil weg nützlich, tröstlich und erschieslich sein würd. Nun möchte aber solichs, als ir Mt. dem handl mit vleis nachgedacht het, in keinen fueglichen weg beschehen, dann so seiner Mt. swesterson ainer // durch sein lieb zu coadjutor aufgenomen würd, inmassen sein Mt. verganger jar von wegen Hg. Ludwigs von Bairn het handlen lassen, das aber dazemal von seiner lieb wär abgeslagen worden, deshalben, dieweil Hg. Ludwig nit sondern willen zu der geistlicheit gehebt und mitler zeit sein sachen zu wertlichem stand zu keren furgenomen, hett die ksl. Mt. die sach bisher beruen lassen, bis ytz seiner Mt. swesterson der jünger in der zeit zu mererm alter und schicklicheit komen sei. Dieweil sich dann derselb zu der lernung und andern guten sitten und tugenden, auch geistlichem stand dermassen schickte, hilte und erzeigte, das derselb seiner Mt. swesterson geistlich werden wollte, darzu ir Mt. im als sein H. und vater zu helfen willig und schuldig wär. Und aber nach ksl. Mt. handlung hievor, von wegen Hg. Ludwigs beschehen, mitler zeit sich zuetragen, das der von Gurk bey Bäbstlicher Hlkt. gn. fursehung auf den stift Salzburg erlangt het, also das derselb von Gurk nach des Bf. von Salzburg absterben angeender Bf. werden sollt, darzu die ksl. Mt. denselben von Gurk als seinen geheimen rat und diener zu furdern und zu helfen gn. neygung hete, auch des von Bäbstlicher Hlkt. sondern bevelh, demnach, so es denselben val erraichte, möchte ir Mt. alsdann den von Gurk nit wol verlassen, sonder würde in in des stifts // slos und stet einsetzen und dabey hanthaben. Und wiewol in der sach nit zweifls wär, das der von Gurk auf sein erlangte provision zu Bf. an dem ort zugelassen muesst werden, hette doch die ksl. Mt. vernomen, das Bf. und capitl zu Salzburg den von Gurk irs vermainens keinswegs annemen, sonder irs vermugens, darin widerstand ze tun, untersten wollten. Daraus in dem stift zerrüttung und verderben, auch in seiner Mt. erblanden grosse empörung entsten möchten. Nun wär aber solhs alles durch keinen andern noch ansechlichern weg zu furkomen, dann das der von Salzburg irer Mt. swestersone Hg. Ernsten, hievorgenent, zu coadjutor annäm, der dann, wie vor angezeigt ist, sonder gute neigung, willen und schicklicheit zu der lernung und geistlicheit het. Und so der bemelt irer Mt. swesterson zu ainem coadjutor und successor des bistumbs Salzburg angenomen würd, alsdann het ir Mt. nit mer ursach, den von Gurk, sonder vilmer irer Mt. swesterson zu dem bistumb zu furdern, darein ze setzen und des zu verhelfen. nDas auch alsdann ir Mt. mit allem ernst tun und denselben Bf. und seinen successor und stift in allem dem, so ir Mt. zu tun möglich wär, fur all ander Ff. des Reichs in sonderm gn. bevelh haben wollt. Dann ir Mt. hette darnach als der negstgesipt freund billich bewegung–n, zu // dem stift mit allen gnaden ze setzen, den mit ernst ze schützen und ze schirmen, auch in all des stifts anstossend irrung mit gnaden ze sehen und die auf zimlich, leidlich weg hinzelegen, und möchte erst ain rechte aynung und verstäntnus zwischen der niderösterreichischen lande, Salzburg und Bairn aufgericht werden. Darzu, wo Hg. Ernst als sein swesterson zu Salzburg Bf. wär, so hetten auch ksl. Mt. erbland der enden, nemlich Steyr, Kernden und Crain, owider die Turken, Venediger, Hungern, Beheim und ander–o dest mer trosts, rugkns, schutz und scherms und möchten sambt ainen Bf. von Salzburg aneinander erschieslich hilf beweisen, auch alsdann dieselben erbland irer Mt. eniklen nach irer Mt. absterben, das Got lang verhueten woll, dest statlicher auf- und unterhalten und vor vergweltigung, zertrennung und zertailung verhuet werden, damit kain frembder gwaltiger eindrang bschehe, bis ir Mt. enikl dieselben land statlich möchten besetzen und einnemen, dieweil derselb Bf. das land ze Bairn ain rücken und ime das als seiner Mt. swesterson alweg zu hilf gehaben möchte. Das aber, wo der von Gurk oder ain ander nach seinem, des Bf., tod eindringen und erwölt würd, keinswegs sein noch beschehen möchte, sonder derselb Bf., wo er ksl. Mt. swesterson nit ist, muesst alsdann stilsitzen und sich selbs besorgen und bedenken, damit der // stift vor eindrang und überfall verhuet bleiben möchte. Darzu, wo der von Gurk oder ain ander eindringen sollt, würd seinen, des Bf., vettern, den Keutschachern, swärlich zugesetzt. Aber so er ksl. Mt. swesterson zu coadjutor anneme, wollt ir Mt. derhalben gn. fursehung tun und entlich verfuegen und bestellen, das dieselben sein vettern bey dem, so er ine geben und verschriben het, nach seinem tod unverhindert beliben und das sy derselb irer Mt. swesterson dabey genediglich schützen, schirmen und hanthaben sollt und sy dermassen fur ander furdern. Darab der von Salzburg sonder wolgevallen empfahen und haben würd. Es sollt und müsst auch in all weg die sachen an des stifts costen und schaden zu Rom und andern orten ausgetragen und dermassen fursehen werden, das der von Salzburg sein leben lang dem coadjutor von des stifts gütern oder einkomen weder klain noch gros ze geben schuldig sein. Sich sollt auch derselb coadjutor keiner verwaltung annemen, sonder der itzig EB zu Salzburg sollt sein leben lang in aller verwaltung bleiben und gwaltiger regirender F. sein und ime in nichte geredt werden, in aller massen, als het er keinen coadjutor und wie er bisher gwaltiger Bf. gewesen und noch ist in allen sachen, also sollt er noch bleiben und solichs alles bey höchstem glauben pdurch bäbstlich bullen und in ander weg–p verbrieft und also hiein, sovil möglich ist, nottürftige fursehung beschehen.

// Item die ksl. Mt. möchte auch dem von Salzburg durch ir Mt. selbs oder ir potschaften weiter zu erkennen geben, wo der von Salzburg ksl. Mt. swestersone nicht anzenemen vermaint, des sich doch ir Mt. über vorberürt ir gn. anzeighen, erpieten und vertröstung keinswegs versehe, so hetten derselb Bf. und capitl nichts gewissers, dann das der von Gurk coadjutor oder nach des Bf. tod successor würd. Darzu ksl. Mt. denselben von Gurk qin craft vorberürts bäbstlichen bevelhs und–q irer Mt. selbs zu gut und im zu gnaden mit allem vleis furdern und einsetzen, auch bei solichem einsatz hanthaben würd und darnach sich gegen dem stift, auch dem Bf. von Salzburg und seinen freunden dermassen halten, dardurch sy nit klainen unwillen und ungnad versten und befinden würden, auf das ir Mt. (umb das der Bf. irer Mt. swesterson nit hetten zuelassen wellen) solichs zu ainer grossen verachtung vermerken muesse.r

Nach solichem furtrag ist unser freuntlich bit und beger, das unser lb. brueder Hg. Ludwig in aigner person und durch sein selbs mund die ksl. Mt. auch ersuch und unterteniglich bit, das ir Mt. als sein und seiner brueder negstgesibter freund, gnst. H. und vater irer Mt. swesterson, seinen brueder Hg. Ernsten, in disen sachen genediglich bedenken und furtreglich hilf mitteilen well und // damit derselb Hg. Ernst werd versehen, dann er, Hg. Ludwig, darnach auch dest mer trosts, hilf und fursehung von seinen bruedern gewarten und haben möchte. sIr Mt. wer auch gegen Got verdienlicher, ir Mt. freund fur frembd [= anstatt Fremde] ze furdern, auch solichs allenthalben grossen ruef im Reich bringen, das ir Mt. irn freund und swesterson dermassen mit ainem ansechlichen bistumb versahen. Ir sei auch solichs zu tun dieser zeit ganz leichtlich, dieweil die Bäbstlich Hlkt. vil aufsehens auf ir Mt. het und in sonder ainigkeit mit ir wär. Darzu so–s tät ir Mt. ime, Hg. Ludwigen, und seinen bruedern, allen dreyen, und zuvorab irer Mt. swester, seiner Gn. frauen und muetter, die dann irer Mt. hiebei darumb auch geschriben het, sondere grosse gnad und freuntschaft, in aller gehorsamer untertenigkeit zu verdienen.

Und mit solicher oder dergleich red sol unser brueder der ksl. Mt. den sandbrief [liegt nicht vor] hiebey, von unser gn. frauen mutter ausgangen, überantborten und darnach derselb Hg. Ludwig und Dr. Reisach in beden sachen ksl. Mt. rat und gutbedunken hörn und vernemen.

[8.] tWir bitten auch unsern bruedern Hg. Ludwigen, das er hernach, so es fueglich sein mag und stat hat, die ksl. Mt. nach geschechner werbung durch sich selbs, so ir Mt. muessig und frolich ist, zu zeiten erman und die sach getreulich sollicitir und als wäre die sein aigen, als sy dann ist, anligen // laß. Und mög in swankweise irer Mt. lächerlich anzeigen, dieweil unser H. hie auf erdrich seiner lb. mutter swesterson fur ander gefurdert und zu Bf. gemacht het,7 das ir Mt. solhs auch gnediglich bedenken und seiner swestersone zu solicher wirdigkeit und uns all gnediglich furdern und bevolhen haben wollt etc.–t

Anmerkungen

1
 Die Datierung ergibt sich aus Hg. Wilhelms Schreiben vom 11. August 1513 (Nr.134), in dem er Hg. Ludwig für dessen Bereitschaft dankte, mit dem Ks. verschiedene für das Haus Bayern wichtige Angelegenheiten zu besprechen. Diese Unterredung sollte Hg. Ludwig augenscheinlich gemeinsam mit IUD Reisacher führen.
a
–a B gestrichen.
2
 Der Landshuter Erbfolgekrieg 1504/05.
b
–b B am Rand hinzugefügt.
3
 Leonhard von Keutschach wurde um 1442 geboren, ein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt.
c
–c B korrigiert aus: und solhs ksl. Mt. von der itzigen Babstlichen Hlkt. on zweifel ksl. Mt. zu ern und gevallen neu provision geben worden. Auf das hat unser rate Dr. Ylsung mit ksl. Mt. darauf gehandelt, wo irer Mt. gemuet und meynung wär, den von Gurk fur irer Mt. swesterson zu dem bistomb Salzburg ze furdern und wir des von irer Mt. grüntlich wissen entpfangen, so wolten wir uns gegen dem von Gurk in ander weg zu handlen schicken, damit unserm brueder auch ain nütz daraus entstunde.
d
–d B am Rand hinzugefügt.
e
–e B am Rand hinzugefügt.
f
–f B korrigiert aus: als dann ir Mt. aus hoher vernunft zu tun wol wissen und verfenglich wol tun mugen.
g
–g B auf einem gesonderten Blatt hinzugefügt.
h
 B folgt: zu Augspurg.
i
–i B am Rand hinzugefügt.
j
–j B am Rand hinzugefügt.
4
 Wiguläus Fröschl von Marzoll wurde am 4. April 1445 geboren.
k
–k B korrigiert aus: hin und wider bedacht und bedenk, das demselben stift durch die ksl. Mt. und das haus Osterreich, auch das haus Baiern am fuglichsten mag geholfen und wider zu wirden und aufnemen bracht werden. Deshalben derselb Bf. sich hat merken lassen.
5
 Zu den bayerischen Bemühungen, die Koadjutorie zu Passau für Hg. Ernst zu erlangen, vgl. Marth, Dynastische Politik, S. 302–305.
l
–l B am Rand hinzugefügt.
6
 Es folgt eine freigelassene Lücke von ca. zehn Zeilen.
m
 B folgen die Schlussabsätze von Nach solichem furtrag bis bevolhen haben wollt etc.
n
–n B korrigiert aus: Ir Mt. wird auch alsdann billich als sein negstgesipter frund bewegt.
o
–o B am Rand hinzugefügt.
p
–p B am Rand hinzugefügt.
q
 –q B am Rand hinzugefügt.
r
 B folgt: Item ob von yemand wolt gesagt oder in ksl. Mt. eingebildet werden, wo ain F. von Bairn zu Salzburg Bf. sein wurde, solhs ksl. Mt. erblanden Kernden, Steyr und Krain zu nachtail raichenund mochten die land der enden nit erleiden, dann ain Bf. zu Salzburg wurde mit hilf der Hh. von Bairn dest mer uber sy herrschen(folgt gestrichen: als dann weilend Ks. Fridrich loblicher gedechtnus solichs auch betracht und furkomen, das die bairischen Ff. und edlleut nit zu Bf. sollten zugelassen werden) etc. Darauf mag replicirt werden nachvolgende // meynung: Sich solt ksl. Mt. oder der von Salzburg noch yemand ander solhs nit besorgen, dann di ksl. Mt. chonnt und wesst solichem wol wendung zu tun, das es kein not noch sorg auf im trug. Wann sich erfünde das widerspil in der warheit, wo Hg. Ernst als sein swesterson zu Salzburg Bf. wär, so hetten ksl. Mt. erblande der enden geringsumb nur dest mer trosts, rugkens, schutz und schirms und mogen dieselben land irer Mt. eniklin noch irer Mt. absterben, das Got lang verhüten will, dest statlicher auf- und unterhalten und vor vergwaltigung, zertrennung und zertailung verhuet werden, damit kein frembder, gwaltiger eindrang beschehen, bis ir Mt. eniklindieselben land statlich mochten besetzen und einnemen. Es mügen auch dieselben erbland mitler zeit alwegen irn trost und zueflucht haben zu ainem EB zu Salzburg, so der ain geporner F. von Bairn und ksl. Mt., auch irer Mt. eniklin nahentgesipter frund ist und das land Bairn ainen rugken alzeit zu ainer hilf haben, es wär wider die Turken, Venediger, Beheym, Hungern oder ander anstösser. Aber gleichwol diejenen, so vermeinten, des stifts guter unter sich ze bringen und sich davon ze reichern, dergleich die, so die erbland nach ksl. Mt. absterben unter sich ze tailen und sich mit irer erbherren guetern in macht ze bringen, verhoffend villeicht, ksl. Mt. eniklin wurden der ende nyemant so gwaltigen haben, der sich ir annäme, dieselben mochten gleichwol nit gern sehen, das Hg. Ernst als ksl. Mt. swesterson Bf. zu Salzburg sein solt, sonder besorgen, derselb Bf. wurde alsdann sich ksl. Mt. eniklin als ir geporner frund annemen und darob sein,damit denselben eniklin ire erbland nit zerrissen noch unter die anstosseroder ander zertrennt oder zertailt wurden. Das vermocht aber ain Bf. von Salzburg aus aigem gwalt nit furchomen, wo er keinen rugken vom haus Bairn hett. Wo er aber kain F. von Bairn sein wurd,// so muesst er in solhem fall stilsitzen und sich selbs besorgen, wie der stift vor denselben belib, damit im noch dem stift das sein darneben auch nit genomen wurd. Darumb achten wir, das solich berurt einbildung beschehe aus angezeigter untreu und umb aigens nutz willen etc. Item der ksl. Mt. oder dem von Serntein(korrigiert aus: iren räten) mag auch in gegenreden angezeigt werden, das ir Mt. in vil weg erlich, auch gegen Got verdienlich und gegen der werlt loblicher sei, so die ksl. Mt. irn swesterson zu solicher wirdigkeit furdert dann ainen frembden und villeicht ainen andern, dem vil ain myndere gotzgab erlicher wär dann nach besag gotlicher und menschlicher recht. So ist ain yeder, seinen frunden mer dann den frembden zu tun und die frund fur die frembden ze furdern, schuldig. Herentgegen so wirt fur unloblich geacht und nachredlich, das ainer die frembden furdert und sein geporn frund, besonder, die der hilf notturftig sind, verlässt. Wurde aber die ksl. Mt. auf vorberurte werbung unserm lb. bruoder Hg. Ludwigen und Dr. Dietrichen sagen, ir Mt. wolte dem handel nachgedenken und ine darauf irer Mt. gn. rat und gutbedunken in kurz eroffnen, darauf sullen unser bruoder und Dr. Dietrich irer Mt. alsdann bitten, damit sy solhen irn bedacht in erwegung irer Mt. vilfeltigen, grossen gescheft, die ir teglich furfallen, auf das aus vermelten ursachen der schad in der verweilung sei, furderlich eröffen und darauf umb furderliche handlung sollicitiren und anhalten. Und wo di ksl. Mt. irn ratslag und gutbedunken stellen wurd auf ain potschaft, die sy mit ainer instruction gen Salzburg abvertigen well, sol solhs mit unterteniger danksagung angenomen und darauf bey dem von // Serntein als canzler oder weme die instruction bevolhen wirdet, muglicher vleis ankert werden, das dieselb instruction in notturftiger und guter form (und wo es gesein mag und di ksl. Mt. ander geschikter wege nit anzaigen wurd) auf hievor angezeigte meynung wird gestellt. Und das von wegen des bistombs zu Passau dys ksl. schreiben an den Bf. daselbs aus vorberurten ursachen on verzug erlangt und uns solhs alsdan mitsambt allem anderm, das in der sachen auf solhe instruction begegnen wirdet, aufs erst es mit fueg gesein mag, zugeschriben werd.
s
–s B korrigiert aus: Daran.
t
–t B am Rand hinzugefügt.
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 Anspielung auf die Legende, dass Jesus Christus den Apostel Jacobus minor zum ersten Bf. von Jerusalem machte. Jacobus minor galt als Sohn einer (legendären) Schwester der Gottesmutter Maria.