Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Mehrjähriges gewalttätiges Vorgehen Franz von Sickingens gegen die Rst. Worms; deren Widerstand mit ksl. Unterstützung; [2.] Verhängung der Reichsacht gegen Sickingen durch das Reichskammergericht; Entzug seiner Adelsattribute durch den Ks.; [3.] Problem der öffentlichen Bekanntmachung dieser Strafen; Bitte an die Reichsstände um Hilfe gegen Sickingen.

Druck: Münch, Sickingen 2, Beilage Nr. XXI.1

[1.] Gruß. Wes uberarglistiger untruwe, geverd und practiken in uns, unser stat, gemeinen nutzen und burgerschaft gerichtet, auch wes Franz, der sich nennet von Sickingen, wider götlich und menschlich recht, ksl. Mt. hocheit, reformation, guldin bull, des hl. Reichs ordnung, gesetz und landfriden, der von allen stenden des Reichs verbrieft, versiegelt, ufgericht und bestetiget, darzu wider euer, der vier Kff. am Rhein, unserer gnst. Hh., offen verkündte des Reinstroms und leinpfads freiheit, trostung und sicherheit [vgl. Nr.914], auch euwer, unsers gnst. H. Pfalzgf. [Ludwig], Kf., gewonlich und sonst geschrieven gleit unerfolgt, onerlangt einiches rechten, on alle redlich ursach, mutwilliglich, onverwarter eeren, uber alle unser genugsam, uberflüssigs rechterbieten troitzlich nu in das dritte jare wider Got, ere und recht furgenomen, geübt, gehandelt und mit aller grimmigkait in uns gewütet het, ist euwern kftl. und ftl. Gn. und gonst unverborgen und in unsern vor usgangen offenbaren usschrybungen mit aller warheit angezeugt, auch, wie genanter Franz, sein anhang und geselschaft mit böser practik, die alt, wolherkomen stat Worms von dem namen und us der zal der Frey- und Rstt. in ander herschung zu noitigen, understanden und vermeint haben. Welchem bösen, unrechten gewalt wir mit der hilf Gottes und ksl. Mt., unsers allergnst. H., wie uns gepürt und wol ansteet, widerstanden und als getru undertain bey ksl. Mt., unserm einigen, rechten H., unsern eiden und pflichten nach gehalten, wie auch ksl. Mt. hievor und noch in vil wege und mit merklichem uncosten des genannten Franzen mutwilligem unrecht zuwider befolhen, geboten und anstellung getan hat, mügen euwer kftl. und ftl. Gn. und gonst wissen.

[2.] Nu haben wir mit genanntem Franzen in unguten hievor nicht zu tun gehabt noch ime etwas schuldig ye gewesen oder noch. Als er sich aber frembder sachen und vermeinter geldschuldforderung halben gegen etlichen unsern burgern beladen und uns deshalben bedraulich geschrieben, darus wir uns tetlichs und gewaltigs furnemens zu besorgen gehabt, haben wir den wege des rechten am hoichloblichen ksl. cammergericht, unser rechten oberkeit, gegen ime furgenomen, in verhoffnung, dadurch des gewalts und unrechts uberhebt und bey recht und billicheit zu blyben, und darauf inhibition, citation und mandat mit recht an in ausbracht und verkunden lassen. Die er aber alle verachtet, ungehorsamlich usblieben und mit tetlicher handlung gegen uns furgenomen. Deshalben an gemeltem ksl. und des Reichs cammergericht urteil und recht wider in ergangen, dadurch er in des hl. Reichs acht und aberacht erkennet, ercleret und denunciirt ist und alle sein habe und güter uns und gemeiner unser stat zuerteilt und darauf executorial und nottürftig proceß erkennet.

Zu dem allem ist er auch durch röm. ksl. Mt. eigne person umb solich sein verachtung, freflich handlung und verletzung irer Mt. hocheit aller und iglicher adels herkomen, wirdigkeit, stames, namens, schilt, helms, wappen und cleinot us ksl. macht und volnkomenheit und rechter wissen privirt, welcher angeregten urteilsbrief, mit A, executorial mit B und privirung mit C gezeichnet, glaubwürdig collationirt und subscribirt copien [liegen nicht vor] wir hieby zusenden, mit underteniger bitt, euwer kftl. und ftl. Gn. und gonst wollen die gn. und unverdrüßlich horen lesen.

Ab dem allem euwer kftl. und ftl. Gn. und gunst und alle erbarkeit wol erkennen, wie ubel, unerbar und verachtlich genanter Franz wider des hl. Reichs ordnung und aufgerichten landfriden an uns, gemeiner unser stat und burgerschaft mißhandelt, das recht geflohen und demselben usgangen ist, darumb er billich von aller erbarkeit verfolgt und gestraft wirdet.

[3.] Diese angeregt erlangt recht und urteil weren wir mit unser hohen notturft nach euer kftl. und ftl. Gn. und gunst und meniglich vorlengst zu huse zu verkünden willens gewesen. So haben wir aber dasselb durch genants Franzen befehdung, betrang und mannigfaltigen gewalt, so er an unser poten gelegt, füglich nit können tun. Darum ist an euer kftl. und ftl. Gn. und gunst unser untertenig, demütig, dienstlich bith, dweil die itzunt beyeinander in guter anzal besamlet sein, wollen solch unser erlangt recht, urteil und privation von uns für verkündet gn. und günstlich annemen und darauf gegen gedachten Franzen nach vermöge des hl. Reichs ordnung, landfridens und egemelter erlangter urteil und proceß furnemen und handlen. Das wollen umb dieselb euer kftl. und ftl. Gn. und gunst wir undertenigs, hohes, dienstlichs und fruntlichs fleiß unsers armen vermögens zu verdienen allzeit ganz willig erfunden werden. Datumb dinstags nach divisionis apostolorum, den 21. dag Julii Ao. 1517.2

Anmerkungen

1
 Ein Archivale dieses Stückes ließ sich nicht ermitteln.
2
 Mit Schreiben aus Mainz vom 24. Juli 1517 (freitag nach Marie Magdalene) antworteten die Reichsstände, sie hätten die übersandten urteil, executorialn und privationbriefen Franzen belangend mit angehengter bitt alles inhalts vernommen und die zugriff und ander gewaltsamer handlung, sich im hl. Reich ereugen, nit gern gehort. Auf Ersuchen des Ks. würden sie diesem Vorschläge (Nr.765/II) übermitteln, wie die Gewalttätigkeiten abgestellt werden könnten, in der Überzeugung, dass er sich als Oberhaupt des Reiches um die Sache kümmern werde. Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao. 1517, fol. 111b, Kop. Druck: Münch, Sickingen 2, Beilage Nr. XXII.