Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 3 (Kop.); DV: Bedencken von der reformation der kirchen.

B  koll. Berlin GStAPK, I. HA Rep. 13 Nr. 4–5a Fasz. 9, fol. 84r–93r (Kop.); ÜS fol. 84r: Der protestirenden stende bedenckhen von der reformation der kirchen; AV fol. 84r: 17. Julij.

C  koll. Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20IV, fol. 658r–669r (Kop.).

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 215 , S. 648–657 2; Walch, Bd. 17, Nr. 1384, Sp. 719–730; Corp. Reform. IV, Nr. 2317, Sp. 541–552 (lat. Fassung); Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 214, S. 643–648 (lat. Fassung).

Bedencken von der reformation der kirchen.

Dweil in der christlichen kirchen die notigsta, vornembst und erste sorg sein soll, das das heilig evangelium recht, clar und rein den leuthen furgetragen werde, wer ser nutzlich, das eine gemeine, ordentliche, richtige summa der christlichsten und notigsten lähr als ein catechismus gestellet wurde, von Gott, von den dreien personen eines gotlichen wesens, von der schepfung, von erbsunde, von Christo und also furt von den volgenden artickeln des glaubens. In disser summa wer nutzlich, die verglichen artickl mit tzu setzen. Dadurch wurden vill leith christlich und seliglich underricht und wurde einigkeit der kirchen under sich also selbst volgen.

Auch ist mit ernst zu verschaffen und darob tzu halten, das an Sontagen und andern vesten die predig nicht underlassen werde und sollen die bevelhaber uber die kirchen anhalten, das die pfarrer recht und christlich lher predigen und materien, die dem volck zur seligkeit, zu rechtem gottesdienst und rechter anruffung dinlich und nutzlich seint, und von solchen sachen, davon nach gelegenheit der tzeit das volck bericht dorf. Und alle tzeit sol zu end der predig angehenget werden ein vermanung tzur bueß mit einer gemeinen absolutionn fur diejenigen, so sich bessern und in gottesforcht und glauben wachsen, item, ein gemein gebet furb gegenwirtige noturft.

Und nochdem der ersten kirchen gewonheit, die kinder den cathechismum zu leren, fast an allen ortern gantz verloschen und abgangen, so ist der ersten stuck eins, tzur reformation notig, den cathechismum widerumb fur die kirchenc antzurichten, derhalben zu ordnen, das alle wochen der pfarrer oder diacon zwo oder trey stund den kindern, etwas auß dem cathechismo zu lernen, ordentlich und einfeltig furgeben und sie verhor nocheinander den glauben, tzehen gepott, vater unser, die lhär vom glauben, dardurch wir gerecht und Got gefellig werden, von sacramenten, von der bueß und guten wercken, von gedult in allerlei leiden und kreutz. Billich soll die kintheit bedacht werden als der besser und reiner theil in der kirchen und Gottes volck. Darumb sol man sie vleissig underweisen, besonder dweil auch disser groß und merglichd nutz darbey ist, das jung gewonnt alt gethann, wie man spricht, wenn das hertz, so es zart und rein, zur religion und gottesforcht getzogen, volget auch hernach im alter grosser lieb und reverentz zu Gottes wort und allen tugenten. Dartzu, was man jung lernt und einbildet, davon kan man hernach vill eigentlicher und gewisser richten und reden, dann was man erst im alter zu lernen anfecht. Uber diß alles ist offentlicht, das Got ernstlich und oft gepotten, das man die kinder sein heiliges wort lehren soll.

Dweil auch die ceremonien in kirchen dartzu dienen sollen, die jugent zu erinnern und zu erkentnis Gottes tzu tzihen und zu gewonen, so soll durch die bevelchhaber uber die kirchen einsehen gescheen, das solche ehrlichee und ernstliche ceremonien erhalten werden und dargegen die spotlichen abgethann, als bilder umbhertragen und, wie an etzlichen orten die weiß ist, des vier starcker man an einem kreutz tzu tragen haben. Also seint auch die bilder von unwarhaftigen historien in der kirchen oder, dartzu man leuft und do hulf sucht, abtzuschaffen etc. Solcher misbreuch besserung solt in idem bisthumb etliche christlichen und verstendigen regenten bevolhen werden. Dartzu gehoren nu duchtige pfarrer, predicanten und ander kirchendiener. Das man aber nicht duchtige personen hat in kirchenemptern, kompt furnemlich auß zweien ursachen. Die eine ist, das di herrn, so ius patronatus oder die collation haben, auß gunst oder umb genieß willen oder andern untzimlichen ursachen unduchtige person presentirn. Die ander ursach ist, das die bischoff ane underschied aller priester und ane rechte verhör und ane underweisung zuelissen und ordiniren, dann dweil sie wenig sorg haben fur der leut seligkeit und heil, achten sie nit, ob die pfarrer gelert oder ungelert seindt, halten keine visitation, lassen sie nicht underweisen, fragen nicht nach der seelsorg, sonder haltens fur fremde sachen. Dissen ursachen zu begegnen, ist erstlich von der collation zu reden, wie die prebenden zu leihen. In stiften wer gut, das ordentliche woll [= Wahl] laut der canonum, canonica electio, widerumb angericht und gehalten wurde, das man auch nicht zuließ, durch den bapstlichen monath oder andere practicken, wie die mogen namen haben, ungelerte person und an sitten strefflich eintzudringen.

Weiter die pfarrer belangend, domit nyemant sein ius patronatus genommen werde, so sollen di patroni dennocht auch zeugnis von der kirchen horen, ob die person, so zur pfar antzunemen, ein christlichen verstand haben und guter sitten seyen. Und soll die kirch macht haben, ein unrechten lehrer oder, der in untzucht lebet, zu verwerfen oder die sachen an den bischoff oder die rechtenf bevelhhaber uber die kirchen gelangen zu lassen.

Die bischoff oder bevelchhaber sollen keinen ordiniren ane zu gewissen kirchendienst, wie solchs in dem concilion zu Calcedon beschlossen, und sollen nicht mussige pastorg sein, allein dartzu ordinirt, das sie ir narung mit meßlesen suchen, wie es ser gemein ist. Man soll auch keinen ane vleissige verhör ordiniren. Dartzu vonnoten, das in idem bisthumb etzliche ehrliche, gelerte und erfarne menner verordnet werden, die ordinanden zu verhören, welche nimandt zur ordination zulassen sollen, er bring dan zeugnus von seiner vocation zu gewissem ampt und von seinen sitten. Darnach sol man noch der lhär fragen, was sein verstandt und glaub sey in allen heuptartickln der christlichen religionn. Ist einer gantz ungelert, so sol man nicht zulassen zur ordination, sonder sollen den patronen angetzeigt werden, einen andern duchtigen zu suchen. Hat aber einer zimlichen verstand und ist hoffnung zu im tzu haben, das er vleiß thun und furdern werde, so sol man in einen monat oder zwen aufhalten undh ein examinatorn zuorden, der inen treulich underweiß, dann die examinatores sollen nicht allein da sitzen, einen auf ein mall ane besonder arbeit zu verhören, sonder sollen auch die geringern underweisen und oft verhoren.

Die bischoff und bevelhhaber sollen auch disses also bestellen, das die armen ordinanden die tzeit underhaltung haben und mit etlichen notigen buchern versorgt werden. Und ob sich die bischoff disses kostes beschwern wolten, sollen sie gedencken, des keine loblicher und gotgefelliger eleemosynen sein, denn der armen priesteri studia zu wolfart der kirchen und seelen seligkeit fordern, das auch inen zu solchen eleemosynen diesse grosse kirchenguter geben sein. Darumb sollen sie den armen ordinanden herberg und verstendige leut, sie zu underweisen, verordenen.

Das auch die pfarner und andere kirchendiener, priester und diaconi Got mit gutem gewissen und rechtem glauben anruffen mögen, sollen das gesetz und alle pflicht, dardurch den pastorn die ehe verbotten, abgethan werden und soll zugelassen werden, erliche menner, so in der ehe leben, zu priestern tzu welen und zu ordiniren, auch denen, so ledig gewelet und priester ordinirt, hernach ehelich zu werden, dann so disses nit zugelassen wirt, ists vor augen, das an vilen orten die pfarkirchen wust und ane seelsorg pleiben mussen, wie man weis, das itzund auß disser ursach vill kirchen, besonder in der bischoff landen, ledig stheen. Derhalb soll pillich disses menschlich verbott und unrecht gesetz der grossen noturft der kirchen und des notigen amptsj weichen, welches nit kann erhalten werden, so disses eheverbott nit abgethann wirt, dardurch die gotsforchtigen vom ampt abgehalten werden. Es ist ane zweifel allen guthertzigen schrecklich zu gedencken, welche mennig so vill hundert jar in ewige verdamnus durch disses gesatz gefallen. Darumb obgleich der eheloß stand villeicht zu erhaltung der guter bequemer ist, so soll man doch den rechten gotsdinst, der seelen heil und offentlich exempel hoher achten. Die armen priester, so sie also in bosen gewissen pleiben, konnen sie Got nicht anruffen und fallen in ewige zorn und straff und schaden andern leuthen mit dem ergernuß. Wann die hohen heupter und regenten mit so wichtigen ursachen sich nicht bewegen lassen, sondern pleiben so hart und verhindern in priestern rechte anruffung Gottes und haben nit mitleiden an irem ewigen verderben, so ist warlich die kirch in schwerer gefencknus. Darumb bitten wir, dieses eheverbott abtzuthun.

In allen landen ist disses ein gemeiner misbrauch, der Got hoch ertzornet, das vil leuth, die in offentlichen sunden leben, die absolution und sacrament entpfahen ane ernstliche reue und besserung, wiewoll sie umb der gewonheit willen zur beicht khommen und stellen sich andechtig, so sie doch wissentlich boesen fursatz und willen behalten. Disser offentlich misbrauch wirt doher besterckt, das die bischoff in vilen hundert jarn die kirchengericht nit ernstlich gehalten, wie wir hernach sagen wollen. Doch soll den pfarhern bevolhen werden, die sacrament mit geburlicher fursichtigkeit zu reichen und niemant absolvirn, der nicht besserung seines lebens zugesagt. Und so es inen moglich, sollen sie die ungehorsamen, welche in offentlicher schand beharren, dem verordenten kirchengericht oder sonst der oberkeit antzeigen. Die pfarhern sollen jerlich einmal ir volck, besondern die ungelerten und ungeubten, verhorn vom glauben und soll solchs in der kirchen gescheen. Disses kann auch niemants weigern, dan wir sint alle schuldig, unsern glauben zu bekennen, besondern bei christlichen gelerten und getreuen seelsorgern, wan sie solchs von ampts wegen von uns fordern. Do soll auch der pfarner idem noch gelegenheit seines alters und standts vernunftiglich und ernstlich vermanen, sich geburlich zu halten, und die ungelerten underweisen vom glauben, sitten und sacramenten.

Domit auch das volck mit gutem gewissen und guter zuversicht zu Gott das sacrament des leibs und bluets entpfahen kan, solt billich den gewissen derjenigen geholfen werden, welche der ersten kirchen brauch wissen, des man dem volck das gantz sacrament gereicht, und begern, sich demselbigen gemees tzu halten. Disse regel solt hie pillich bedacht werden, das niemant in boessem gewissen Got anruffen kann, dann es ist fluchtig vor Gott und lest sich Christum nicht zu im fhuren. Domit nu Gott moge gehort werden k und der seelen heil gefordert werde–k, so seint alle regenten schuldig, zum hochsten zu verhuten, das rechte gewissen nicht verwundet werden. Disses sacrament ist dartzu verordnet, glauben zu erwecken und trost tzu pringen und uns zu dancksagung tzu vermanen. Wo nu das gewissen verwunt pleibt, kan es den trost nicht annemen, kan auch nicht dancksagen. Disse heimliche wunden der gewissen solten furnemlich die regenten der kirchen kennen und verstehen. Darumb solt das unrecht verbott des kilchs abgethonn werden.

Der allergrossest und gemeinstl misbrauch ist, das kein kirchengericht von der lhar und von den sitten der priester und des volcks gehalten wirt. Die bäpst haben in vill hundert jar kein concilium umb der lhar willen gehalten, lassens auch itzund nit zu rechter, pillicher verhor khommen. Die bischoff haben officialn in steten sitzen, ehesachen zu verhoren und uff etzliche geringe ceremonien tzu sehen. Disse officialn sindt ungelerte, leichtfertige leuth, suchen allein gelt und versthen ir eigen ampt nicht, konnens auch nicht ausrichten.

Wir konnen der kirchen elend ane schmertzen nicht gedencken. Teutsche nation hat vill, die den bischofflichen nhamen und titel tragen, aber keinen bischoff haben wir, des [sic!] das ampt ausrichtet. Dann nochdem vier stuck sindt des bischofflichen ampts, nemlich das erst leren und die andern lehrer underweisen und leithen, das ander priester ordiniren und die ordinanden vleissig verhoren, das drit kirchengericht haltn, das viert die kirchen visitirn und aufsehen, das sie recht bestelt und regirt werden, so behalten unsere bischoff in Deutschland von dissem allen nur ein schatten und blosse ceremonien des einigen stucks, nemlich der ordinationn, welche sie halten one notige verhör und underweisung, und seint darneben weltliche fursten, welches doch wir nit weren. Domit aber dennocht die kirchen versorgt werden, ist not, uff weg zu bedencken, das etzliche unverhinderte personen, sich ernstlich der kirchen regirung annemen. Und wie droben gesagt, das in idem bisthumb etzliche gewisse, gelerte, ehrliche personn zu der ordination und verhör der ordinanden zu bestellen, also solten dieselben oder etlich mehr personen zum kirchengericht und visitation verordnet sein, das also das bischofflich ampt ein rechten verweser hett, nemlich ein furnemen, gelerten, vleissigen regenten oder disse antzall der richter als verwalter, denn der kirchen hohe notturft ist, die ordination mit solchem ernst halten, das dobei die ordinanden vleissig verhort und underwisen werden und das es nicht allein ein blosse ceremonia sey.

Weither ist not, das man hab kirchengericht von der lhär und solche vorgenger, darnach sich die andern lehrer richten und form und weiß zu lehren von inen nemen. Man bedarf auch das gericht zu den ehesachen und erhaltung eines ernstlichen, christlichen banns. Dissen bischofflichen verwalter oder disses kirchengerichts soll der herr, so den bischofflichen titel furet, schutzen und hanthaben. Wann nu die stift gottsforchtige, gelerte, verstendige und geubte canonicos hetten, so wer das bequembts, auß denselben solche richter zu machen. Doch solten etzliche ehrliche und gelerte leyen zu inen gewelet werden und noch grosse der bisthumb solten der gericht mehr oder weniger sein, doch uber andern einsm das furnembst, mit furtrefflichen leuthen bestelt, das als stathalter des bischoffs zu halten und des bischoffs ampt mit ernst furen. Zu solchem gerycht musten besoldungen auß etzlichen prebenden oder stiften verordnet werden, auch sindt die reichen cloister zu solchen rechten kirchennoturft furnemlich antzuwenden, dann, solche grosse mennich unnutzer leuth in stiften und cloistern mit nachteil anderer notiger kirchendinst zu erhalten, ist unbillich und widder gotlich recht und widder di alten und gemeiner concilien canones.

Menniglich weiß, das bei den officialn leicht tzu keuffen ist. Sie nemen gelt und gestatten ehebruch und anders untugent. Disse grosse leichtfertigkeit gebt ursach zu sundigen. Darumb ist not, des ein rechter ernst ertzeigt werde in kirchengerichten und in geburlichen straffen. Und ist ehrlich, disses zu erhalten. Weltlichn oberkeiten soll ir ampt mito ernst ausrichten und, wie sie procedirt in peinlichen sachen widder die leyen in dipstaln, dotschlag, eebruch, also gleicherweise soll sie, di priester zu straffen, macht haben und straffen, so solcher mishandlung uberwisen werden als ehebruch und ander untzucht, dipstals, dotschlags etc. Und soll die weltlich oberkeit vleissig vermanet werden, in irem ampt nicht faul zu sein, dann dissem standt ist von Got bevolhen, zucht zu erhalten und zu schutzen, wie Paulus spricht, oberkeit soll gutt werck ehren und den bosen schrecklich sein.

Nu ist nicht ein geringe ursach vieler untugent dieses, das die official die straff des ehebruchs zu sich getzogen und also ursach geben, das weltliche oberkheit nichts dartzu gethon. Dagegen aber soll weltliche oberkheit wissen, das ir Gott bevolhen, alle untugent und schandt mit leiblicher straff zu wehren. Darin soll sie rechten vleis, ernst und eifer ertzeigen.

Daneben sol aber das kirchengericht auch sein ampt ausrichten. Und dieweil an vielen orten weltliche oberkheit auß alter und böser gewonheit loß ist in straff des ehebruchs, so solen die pfarner und das kirchengericht dester mer vleis und ernst ertzeigen in irem ampt und bevelch. Der pfarner soll diejhenigen, so in offentlichen sunden ligen, zu bösserung vermanen als ehebrecher, offentliche verechter christlicher religion, die Gott unehren mit fluchen und andere [sic!] dergleichen. So nun ein solicher nit bösserung anfahet, soll in der pfarner dem kirchengericht antzeigen. Dieselbigen sollen craft ires ampts die sach erkunden und den schuldigen verbannen und dieses ir urtheil der weltlichen oberkheit antzeigen.

Und sollen diese gericht also bestelt sein mit einer bestimpten zal etlicher gelerter und gerechter menner, das nit jemandt auß haß oder anderer unbilicheit in beschwerunge gefiert werden. Es soll auch der pfarner nit allein one die richter oder one beisein etlicher ehrlicher mennern aus seiner kirchen jemant in den bann thun, denn kirchengericht heissen darumb also, das mehr leut denn ein person dabei sein sollen, wie auch Paulus bevolhen. Und dieweil die kirche scheuen hat vor aller tyranney, geburt sich in disen gerichten furnemlich tzu meiden, was zur tyranney geraten mocht.

Dise richter sollen auch die kirchen zu gelegner zeit visitiern und besuchen und da sich erkunden von der pfarner und predicanten lehr, sollen muttwillige leut, die unrechte lehr ins volckh bringen, straffen und die unrechte lehr mit christlichen gründt verwerfen und verbietten. Sollen auch abgotterey und misbreuch, so furfallen, abthun alßp die götzen, datzu das volckh lauft etc. Sollen auch verschaffen, das die schulen recht bestellt und die jugent mit nutzlicher lehr und gutter ordnunge underwisen und in gütter zucht erhalden werde. Sollen auch fleiß thun, das man ein ufsehen habe uff die buchtruckher, denn mercklich daran gelegen, wöliche lehr und meynunge, die religion und sonst alles wesen belanget, den leuthen eingebildet wirdt durch schriften und bucher, die sie täglich und mit willen lesen. Und ist furnemlich zu verhueten, das man nit falsche lehr in der religion und schmeschriften trucken laß. Darumb soll die obrickeit in allen stetten ehrliche, gelerte, verstendige ufseher verordenen, an wolicher bewilligung nichts ans liecht bracht werde. Auch soll erkundung geschen von der pfarnern und der leyhen sitten. Und wo man befindet, das ein pfarner ein böse that begangen, soll ehr leiblichen straffen wie ein lay underworfen sein. Und bedenckhen wir, das derhalben dest weniger der priester umb ehebruch und ander unzucht zu verschönen, dieweil wir suchen Got zu lob und inen zur säligkheit, das inen der ehestandt nicht verbotten werde. Soll derwegen an ihnen untzucht mit leiblicher, harter straff gestrafft werden. Auch sollen die visitatores anhörn, wie es mit der kirchen einkhomen gehalden wirdt, und verschaffen, das den pfarnern und andern kirchendiennern und den schulmeistern ire besoldung treulich entricht werden.

In schulen ist furnemlich der samen christlicher kirchen. Dartzu lerht man darin andere loblich kunsten, zu gutter regierung nutzlich. Und in suma, lobliche schuelen sindt der bronn alles sittigenq wesens in menschlichen leben und, so sye verfallen, muß grosse blindtheit volgen in der religion und andern nutzlichen kunsten, gesetzten und historien. Und volget ein grob, vihisch leben und wesen bey den leuthen. Darumb haben alle weyse regenten bedacht, das schulen zu erhalten und das sie ein gros liecht sindt des burgerlichen lebens.

Vil mer soll man in der christenheit schuelen erhalden, das darin christliche lehr und andere kunsten fur und fur ausgebraittet werden, woliche die jugent anleiten, gottliche lehr ordenlich zu fassen, und sonst zu aller zucht und tugent dienlich seindt. Hierin soll uns auch bewegen die loblich gewonheit der kirchen Gottes von anfang her. Got hat bey dem tabernackhel, das er Moise zu bauen bevolhen, und darnach bey dem tempel ein grosse antzal leutten haben wollen, gleich ein schuel, da die jugent beyeinander hat studieren und Gottes gesetz, historien und andere nutzliche kunsten lernen mussen. Also ist Samuel in seiner jugent zum tabernackhel alß in ein universitet gesandt und ernach Elias, Eliseus, Johannis Baptista, Christus r haben besondere schueler gehapt–r, dergleichen ernach die apostel, wie Ireneus schreybt von Johanne, das vil umb inen gewesen als schueler, die er underwisen, auch ausser der gemeinen predig. Von solicher gewonheit seint erstlich die stieft herkhomen und war sehr nutzlich, das soliche leut beyeinander waren, die zeugen sein konden, wöliche bucher von den aposteln entpfangen und was ir verstandt in hohen artickhlen gewesen. Von wegen diser ursach werden dieselbigen schueln und colegia oft angetzogen und wirdt dabei gepreiset die ordenlich succesio, davon man jetzundt vill redet, die gwalt dadurch zu bestettigen. Aber die alden haben sie groß geachtet derhalben, das dieselbigen versamlungen gewisse zeugen gewesen von buchern und der aposteln lehr und verstandt. Ernach aber alß die stift reich werden und die bischoff mit weltlicher regierung beladen worden, sind die studia bei innen gefallen und sint grosse krieg datzukomen und frembde volckher in Asien, Greciam und Italiam gefallen, das man auch sonst wenig studiert hat. Da seindt vil irthumb und superstitiones eingerissen. Ernach ist der monich theologia in die welt komen, die ist vermengt mit ungereumpter philosophia und heuchley. Disse theologia felt nun auch dahin.

Darumb fordert die hohe notturft der christenheit, das die regenten ein insehen haben und verschaffen, daß widerumb in den schuelen und univer siteten die christlich lehr rein und grundtlich gehandlet werde und das man die schuelen also bestelle und erhalt, das rechte, heilsame lehr bleiben und uf die nackomen [sic!] reichen moge. Und nachdem in idem landt vill pfarrkirchen sindt, ist not, arme schueler aus gestiftens elemosinen zu underhalten, wolichen ernach, so sie erwachsen und studirt haben, die pfaren zu bevelhen. Also hat mans in der kirchen vor tausent jarn gehalten mit uftziehung der armen schueler. Unser gegenthail clagt sehr uber uns, wir bleiben nicht bei alter gewonheit, so doch sie selb diejhenigen seindt, wöliche vil furnemer, alter ordenunge gebrochen haben, auch dieser nutzlichen weis der studia bey den kirchen zu uben, woliche von den propheten und aposteln herkhomen, gantz fallen lassen. Damit nun Gottes wort nicht verlesche, sollen alle regenten mit hohestem ernst verschaffen, das die schuelen recht bestellet und regiert werden, das man da zu den pfaren leuth auftziehe.

Es bedurfen auch die universiteten zu diser zeyt zweyerley bösserung, nemblich in der lehr und sitten. Wie nu die lehr sein soll in theologia und andern kunsten, davon sollen die verstendigen und gelerten an jedem ort guete ordenunge machen, das die jugent nit allein zu weltlichen kunsten, sondern vor allen zu Gottes erkantnus und christlicher lehr gehalden werden. Item, das sie nutzliche kunsten lernen und rechte philosophi, nicht die unutze, verwickelt sophisterey, dadurch gutte ingenia verseumet, verwirret und verterbt werden. Doch, wie es mit den studien zu halden, ist an jedem ort durch die verstendigen zu ordenen.

Aber die reformatio der zucht und sitten belangendt, kan man one hulf der oberkeit nicht fruchtbars außrichten, denn soll dem mutwillen im jungen volckh gesteuret werden, so muß es widerumb in ein forcht gebracht werden durch ernstliche straff, kerckher, steupen und dergleichen, den die jugent diser zeit ist so wild worden, das sie sich mit worten allein und gebotten allein nit wil regieren lassen. Darumb muß man uff ein andere weiß gedenckhen, das die jugent in ein eingetzogner, stiller, zichtiger wesen gebracht werde, das sie auch zu gottesforcht mit betten, predig hören und dergleichen christlichen ubungen gewehnet werde.

Zu diesen dreyen, nemblich zu bestellung der pfarren, der gericht und schuelen bedarf man gestifter zins und einkhomen. Soliche hat man auch durch Gottest gab reichlich, so mans mitu recht anwenden will, denn diser weg ist leicht zu finden, das der adel in stiften das grosser theil des einkomens gebrauch und dennoch daneben noch etlich stieft und clöster zu bemelter bestellung gewandt werden, nemblich zu bösserung der pfarren, v zu underhaltung der personen, so zu den gerichten und visitation solten verordnet werden; item, zu den schulen, da man nit allein den regenten besoldung geben, sondern auch ein antzall armer knaben, so da in christenlicher lehr ufftzutziehen, erhalden muß. Zu dissem brauch solt man die reichen cloister wenden, darin itzund solche grosse menig mussiger und unnutzer leudt den pfarnen und armen schulern das brodt vor dem mundt hinwegnimpt, und wer besser, solch cloisterleben gantz abthun, denn das christenliche pfarner mit iren fromenw weib und kinder und vleissige schueller hunger leiden mussen oder die kirchen ledig und wuest sehenx one seelsorger oder die studia undergehen. Dieweil Christus sprycht: ‚Dem arbeiter geburt sein lon‘ und Paulus: ‚Kein kriegsman kan reisen one soldt‘, ist offentlich, das es Gottes gebott ist, zu der kirchen bestellung, lehren und schuelern besoldung und hilf nach gelegenheit zu verschaffen. Auß diser ursach haben christenliche konige und fursten den kirchen die grossen gutter zu solichem brauch geben. Nue ist unbilich, das unnutze person dieselbigen vertzeren und das nottige dienst unbestellet beleiben. Dises ist durch der hohen regenten radt und zuthun zu andern.

Aber von der junckhfraucloster ist in alle wege gut, die schwache, weibliche natur von den gelobten ledig machen, denn die regenten sollen dise regel alle tzeit vor augen haben, das sie rechte gottesanruffung nicht verhindern sollen. Nun kan man Gott mit bosem gewissen nit anruffen, sollen auch die selen nicht von Gott in ewige verdamnus reissen. Dieweil dann sehr vill in solicher schwacheit bose gewissen haben, sollen billich die gelubden abgethon werden. Und solte doch den armen junckhfrauen vom adel von diser closter einkhomen geholfen werden, also das jerlich etlichen junckhfrauen ein gelt verordtnet wurde und die gutter derhalben treulich bestellet. Denn das in feldtclostern, in dorfern oder, do nicht vil leuth wonen, jungfrauen bleiben solten, ist nicht zu rathen. Wil man aber etlich junckhfraucloster in jungfrauschuelen verwandlen, das were in stetten zu thun, da ein ehrlich regiment ist und da erlichen, gottfurchtige matron die jugent regierten. Und were wol zu wunschen, das soliche ehrliche junckhfrauschuelen one gelubden angericht wurden, darin edle und andere junckhfrauen lesen lernten und in christenlicher lehr, christenlichen ubungen und zu gutten sitten uffgetzogen wurden. Und möchten gleichwol, so sie erwachsen, raußgehen und ehrlich und christenlich freien. Solche schulen weren ein nachvolgung der alden, loblichen gewonheyt, da bey dem tabernackhel und Gottes hauß zu Jerusalem ehrliche matron die jungen jungfrauen uftzogen und underwissen in Gottes dienst, wie die prophetiny Anna und Elisabet, die mutter Johannis Baptista, da gewesen, zu wolicher Maria, ir lehr zu horn, gekomen. Got, der vatter unsers herrn Christi, der im ein kirchen erwölet, darin er ewigclich gepreiset werde, wolle sie reinigen, regieren, mehren und schutzen. Amen.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung der Übergabe an den Kaiser auf den 14. Juli 1541 vgl. Protokollarische Aufzeichnungen des Frankfurter Reichstagsgesandten Dr. Hieronymus zum Lamb [Nr. 74].
2
 Unter dem Datum der Verlesung vor den protestantischen Ständen: 1541 Juli 12.
a
 Fehlt in C.
b
 In C danach: gemeine.
c
 In C: kynder.
d
  Korr. aus: mechtig.
e
 Nach B und C korr. aus: irrige.
f
 Fehlt in C.
g
 In C: person.
h
 In B und C danach: ihm.
i
 In C: christen.
j
 In C danach: willen.
k
–k Fehlt in B.
l
 In C: furnehmeste.
m
 In B danach: als.
n
 In C: welche.
o
 In C danach: vleis und.
p
 In C: alle.
q
 In B: zuchtigen.
r
–r Fehlt in B.
s
 In C: stiften und.
t
 In C danach: gnaden und.
u
 In B und C: nur.
v
–v Fehlt in B und C.
w
 Fehlt in C.
x
 In B und C: stehen.
y
 Nach B und C korr. aus: propheten in.