Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Konstanz StadtA, G 19 (Reformationsakten), fol. 105r–108v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 108v: C[onrad]Zwick, praesentatum 24. May anno 1541. Nr. 36 .
Ausz.: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 121 , S. 205–207.
Uff 14. May gen abent ist mir euerer W. sampt deren von Lindo schriben behendiget worden, uß welchem ich erstlich vernommen, das ich die von Lindow hinfur in furfallenden sachen vertretten und ihres gesandten gwalt annemmen sölle1. Dem will ich lut uwers bevelchs nachkommen. Diewyl mir aber vile der gescheften halb unmöglich, alle sachen an baide ort zu schriben, so langt an euere W. min dienstlich bitt, die welle jederzit uß minem schriben, waß denen von Lindow zu wissen vonnöten, ußzaichnen und inen zuschriben lassen.
Zum anderen vernim ich, das euere W. disser zit kainen anderen gesandten zu mir herschicken will2, das loß ich geschehen. Zwar es ist bißher nit vonnöten gweßen, wie sich dann die sachen hinfurter zutragen werden, das waist Gott. An minem geringen fliß und verstand soll (als ich zu Gott hoff) nichts manglen. Er geb mir sin gnad!
Zum dritten, das stattammaampt [sic!] belangend3, des abgangs ich uß vilen ursachen ubel erschrocken, hab ich hievor min mainung dem stattschriber und zum tail minem herr burgermaister angezaigt. Darby ichs nochmal beliben lass.
Euerer W. hab ich in minem baiden jungsten schriben, deren datum stadt den 9. und 11. diß monats zu erkennen geben, das in dem artickel die mordtbrenner betreffend ain supplication [Nr. 255] zu stellen bevolhen. Die ist nun am 11. May verleßen und alle beratschlagung daruff gestanden, das Sachssen, Hessen und etlich andere nach angezaigten urychten [sic!] das beger daruff haben stellen wollen, das die ksl. Mt. diejhenigen, so von den mordtbrenner angegeben und hinder Hg. Hainrichen von Brunschwyg sitzent und sine amptlut sind, von ir Mt. zu gefencknus genommen werdent, damit die stend rechtens gegen ine bekommen mögent. Die anderen und sonderlich gar nach alle stett habent geacht, besser sin zu bitten, das die ksl. Mt. uß oberkait gegen denen handlen welle und das sich die stend noch zur zit fur ankleger nit darbietent. Dann uß dem und, wo die sach nach aller notturft nit sollte probirt werden, möchten den stenden vil nachtails erwachsen. So nun euere W. in irer instruction diß sach uff min gutbeduncken gestellt und ich jetz angezaigte letste mainung fur minder gef[ar]lich angesehen, hab ich mich derselben anhengig gemacht. Nachdem aber beschlossen, das die supplication von geordnetem ußschutz wider besichtiget und jetziger schluß darin gebracht werden, hat sich zugetragen, das der ußschutz zusamenk[ommen], jeder sin bedencken angezaigt, aber kain umbfrag daruff geh[alten] und morgens den stenden angesagt ist worden, um 3 [uhr] zu erschinen und ksl. Mt. berurte supplication zu uberantwurten. Des nun alle stett beschwerung gehapt in anse[hen], das die schrift by den gemainen stenden nit widerum verhört, das ouch dieselbig gemainem schluß noch nit were geendert worden.
Damit nun ich mit dem, so ich sampt dem [...?] nit erschyne, by inen in kain ungnad fiele und aber [durch] das erschynen in die gestellten supplication anderst nit be[wil]ligete, dann ich mich im rat hat vernemmen lassen, bin ich in die sechssischen cantzly gangen und mit Dr. Plyck[hardt] nachvolgende mainung geredt: Ich hab von euerer W. der mordtbrenner halb sollichen bevelch empfangen, wie er uß miner instruction zu vernemmen hab. Hab im daruff den artickel vorgeleßen. Diewyl nun euere W. die sach mir haimgesetzt und ich in gemainem rat nebent anderen uff Dr. Walthers mainung schliessen helfen, die supplication aber, nachdem sy vom ußschutz widerum besichtiget, by den stenden nit abgehördt und ich nit wissen möge, ob die gemainem schluß gemeß angestellt sye oder nit, so hab ich bedencken, mitzegon und ksl. Mt. die schrift helfen antwurten. Damit aber nit gesagt möcht werden, das ich sollichs uß lysten underlassen, so hab ich ims anzaigen wellen. Und wo [er] aber vermainte, das min mitgon euerer W., unnachtailig sin wurd, also das euere W. umb mines miterschynens willen ferrer und zu anderer mainung, dann ich bewilligt, hernach nit getrungen wurdent, so were ich unbeschwert mitzugon.
Daruff er mir diß antwurt gegeben: Wiewol er mir hierin nit raten kundt, jedoch wellt [er] nit gern sehen, das ich nit mitgiengk, dann die sachen werde ainen weg wie den anderen furgang haben. [Zu]dem hette man im rat jedes mainung vermerckt und ufgezaichnet, deren man nit vergessen werd, im were ouch wol ingedenck, das ich letstlich daruff geschlossen, mich von gemainen stenden nit zu sunderen. Darum halte er gentzlich, das man hierin niemandt gefaren werd. So sye ouch die mainung der petition kain andere, dann das ksl. Mt. die bezychtigeten in fencknus nemmen welle, damit disse stend und andere rechtes bekommen mögen. Wo nun ksl. Mt. diß nit thuye, so bedörf es disser fursorg nit. Aber im fall, das, wie begert, angezaigte personen in verwarung gebracht wurdent, so stand es alsdann zu wyterer beratschlagung, ob die stend die gefangnen beklagen oder alain begeren wollend, das man uber sy inquiriere. Und so dan befunden, das die anklag zu thun sin sollt, ob dan glichwol sunst niemandt klagen wellte, so werdents doch Sachssen, Hessenn und Kf. zu Brandenburg nit underlassen etc. Hieruff hab ich inn gebetten, das mines anzaigens und gegebnen beschaids welle ingedenck bliben. Dann euerer W. werde ich die sach zuschriben. Des hat er sich zu thun erpotten. Demnach bin ich mitgangen und alle der stett gesandten, ußgnomen Ulm, dann sy zaigten an, das sy disser sach kain bevelch hetten, wolten zuvor hinder sich schriben.
Das hab ich euerer W. darum anzaigen wellen, das ich wol lyden möcht, euere W. hette mir deßhalb uff ainem sunderen zettel bevelch zugeschickt4, denselben im fall der notturft haben anzuzaigen, und namlich uff die mainung, doch euer verbesserung vorbehalten, das ir minen bericht, woruff die supplication der mordtbrenner halben gestellt, verstanden und were uch nit zuwider, das die ksl. Mt. der erschrockenlichen thatten berichtet und gebetten were worden, das ir Mt. die bezichtigeten in gefencknus nemen wellt, damit disse stend oder andere gepurlichs rechten bekommen möchten. So aber hernach davon wellte geratschlaget werden, ob und wie die thätter im fall, das sy in verwarnus gebracht, zu beklagen sin solltent, sollte ich der anklag halben nichts bewilligen, ir werent dann zuvor der urychten [sic!] und aller handlung gruntlich berichtet oder das sich gemaine stend ainhelliger mainung entschlussent. Ich erfar und lerne uß disser sach wie ouch uß anderen je lenger je mer, wie in allen menschlichen pundtnussen so treffenlich beschwerden sind, und wie jederman alain das sin suchet. Warlich, es ist nichts sicherers dann uff die menschen gar wenig vertruwen.
Ich hab verstanden, doch waiß ichs nit fur war, das der Bf. von Hyldeßhaim, des bistumb Hg. Hainrich innhat, schwäre klag wider ine sampt etlichen urgychten, von mordtbrenner ingenommen, ksl. Mt. solle uberantwurtet haben.
Item, es wirt von Sachssen und Hessen offentlich ußgeschrien, wie das Hg. Hainrich ain schöne jungkfrouen uß [siner] frouen zymmer hinweggefurt und furgeben iren frunden, sy sye gestorben. Hat sy nach irem bruch bestatten lassen und nach etlichen jaren sye man in erfarung kummen, das er sy zu Stoffenburg uff dem schloß ingesperrt hab und sy zu sinem mutwillen brucht. Derselben junckfrouen frunt, welche furneme lut sind von adel, sollend hie by ksl. Mt. suppliciret haben [Nr. 261]. So wartet man alle tag, wann der kayserlich commissarius von Goßlar und Brunschwyg widerum kumme.
Ferrer hab ich euerer W. hievor geschriben, das in dem artickel des sacraments halb unseren gelerten bevolhen sye, den anderen ursachen anzuzaigen, worum man uff dissem thail die verwandlung des libs in das brot, ytem, das behalten, umbtragen und anbetten nit willigen kund5. Das ist ouch beschechen. Nun hat sich in dem zutragen, das Dr. Eck kranck worden. Diewyl dann derselbig im gesprech der rüchest und zu der verglichung am wenigsten naygung gehapt, so sind die unseren (wie mich geduncken will) siner kranchait nit vast erschrocken und ist von stund daruff gehandlet worden, das man Pistorium, den hessischen gelerten, von dem gesprech ußgeschlossen. Und wirt dasselb jetz alain von den uberigen fier gelerten gehalten.
Und, sovil ich verston, habent sy den artickel des sacraments uberschritten und farent in den anderen fort, wiewol bim meren thail der stenden nit fur gut angesehen, dissen puncten uffzuschieben. Disse handlung hat vil lut erschreckt. Und die anderen gelerten beschwerent sich des nit wenig. Dann uß allem, so man erfaren mag, wirt befunden, das der gegenthail gern ain solliche concordia hette, durch die der louf des evangeliums etwas gestillt und die sach mit der zit widerum in vorigen stand gebracht möcht werden. So siecht man, das unsere gelerten im gesprech umb frids und der guthertzigen willen gern zuvil hengen und nachgeben woltent. Sollt es sich nun zutragen, das die 6 verordneten oder jetzo die 4 sich ainhelliger mainung entschlussent, so wurde die on zwiffel also sin, das der bapst und kayser dieselben annemen möchtent, dann one des bäpstlichen legaten vorwissen wirt von den gelerten des andern thails nit ain wort gehandlet. Waß aber das gegenthail annimpt, das wirt nit uß christlichem tryb zur warhait und umb rechter besserung willen, sonder alain zu irem vorthail angenommen6. Sollichs muß dann glich bald oder hernach unserem thail letzlich und gantz nachtailig sin.
Zudem ist ubel zu besorgen, wiewol die handlung unverbindtlich und die verordneten nichts zu schliessen haben, das doch landtgraff alles das bewilligen, das Bucerus annemmen werde, und vilicht die Sachssen, waß Philippus im wirt gefallen lassen, wiewol die Sachssen dermaßen ainfeltig, christenlich und styff bißher gehandlet, das es jeden billich hat fröuen sollen. Solltent nun disse fursten und mit inen ouch andere stend annemmen, das nit aller ding verantwurtlich oder das dunckel, unverstendtlich, ergerlich und gefarlich were, so musstent die anderen sollichs aintweders ouch bewilligen oder sich absunderen. Welche nun alain umb zitlichs fridens willen sollichs annemmen, die begebent sich in Gottes straff, die sollicher handlung gewisslich nachvolgen wirt. Welche sich absunderent, ladent menschliche ungnad und grosse gefaar uff sich und habent sich starcker verfolgung zu besorgen.
Diß sind nit geringe anfechtungen, sonder die allerhochsten kempf und rechte versuchungen, in denen die christen, welche das evangelium Gottes warlich oder nit warlich angenummen habent, probiert werdent. So dann diß sach unser aller lyb, seel, eer und gut belangt und die welt voller bekummernus ist, niemandt aber in denen harten anstößen beston wirt, dann der sinen fuß uff den mechtigen und unbeweglichen felsen Christum setzet und sich fry an Gott ergibt, dann die alain werdent gluck und das land der lebendigen sehen, so hat euere W. ain christenlich und loblich werck gethun (wie ich uß deren schriben vernommen und mich darob hertzlich erfröut), das sy vergangner tagen ain gmain bätt gehalten und mit iren underthonen Gott angerufft hat, dobei[er] uch erhalten, layten und sine diener wolle sin lassen. Dann wo diß gebätt von Gott erhördt (wie es dann unfälig beschechen wirt, so man sich demselbigen im werck ennlich und glichförmig erzaigt), so kan und mag anders nichts volgen, dann das ir und uwer statt sampt iren nachkummen vil hayl und wolfart haben, den grusamen gottesstraffen entrynnen, frid, ruw, gemach und tegliche zunemmung by den uweren sehen, ouch entlich aller uwerer beschwerden erlediget und sicher in Gott wonen werdent. Das schrib ich nit uß vermessenhait, euere W. zu leren, sunder das mir das hayl mines vatterlands, uwer und uwer statt, deren glied ich bin, so hart und nach angelegen ist, das ich dasselbig fur alle ding uff erden beger zu furderen. Ich siech und waiß aber kain ander mittel dann sich besseren, an Gott ergeben, uff inn hoffen und ernstlich bitten. Dahär kumpts, das ich mich nit enthalten kan, euere W. disses als den allerbesten ratschlag, der nymmermer fälen mag, so oft anzuzaigen mit dienstlicher bitt, mir solliche fröd an statt miner beschwerden und unruw, so ich in minem abweßen hab, gunstlich zu vergunnen und im besten zu vermercken. Das will ich mit fliß verdienen.
In disser stund kumpt mich fur, das die gelerten in der confession furfarent und habent jetz die bicht under handen. Die bäpstler wollend die gepotten sin, die unsern (wird ich recht bericht) verwerfent den zwang, lobent aber und bevelchent, dieselbigen zu gebruchen, dermaßen flissig, das ubel zu sorgen, der zwang wurde in den kirchen bald widerum volgen. Aber disse inred wirt fur und fur mit dem abgelaint, so das wort nebent denen gebruchen rayn blibe, möge daruß nichts böß volgen. Es ist aber je schwär, sich willigklich in gefaar zu geben.
Vom Turgken wirt nichts anders gesagt, dann wie in minem jungsten schriben angezaigt worden. Gestert hat H. Julius Pflug, der ain verordnet zum gesprech, H. Jacoben Sturmen gesagt, es syent schriben kumen, das der Turgk wol mit 300.000 mannen wider die Persier ziehe, dann etliche völcker syent von im abgefallen und sich den Persier angehenckt. Ob nun sollichs zu ainem schyn gesagt werd oder ob es war sye, wirt man bald hören.
Zwuschen dem Hg. von Gulch und Geller und der Kgn. von Nauarraa, des Frantzoßen schwöster dochter, wirt ain hurrat uffgericht. Der hertzog ist uff 20.b Aprill zu Paryß ankommen. Disser hurrat wirt dem kayser vil sorg gepären.
Deren von Frowenfeld halb sollicitier ich fur und fur7. Der ewig Gott bewar euere W. zu sinem lob. Datum Regenspurg am 16. May im 41. jar.
[PS:] Den haimlichen räten: Der predigermunichen halb hab ich uß vile der geschefte noch by niemandt rats pflegen, so kan ich ouch nit gedencken, das euere W. disser zit ichts fruchtbars darinnen handlen möge.