Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Frankfurt ISG, RTA 47, fol. 90r–93v (Ausf.).

Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 5. Juli. Haben seinerzeit in Sachen Privilegienbesserung umgehende Weisung begehrt.

Uff solchs so wollen euerer W. wir erstlich nit verhalten, daß sich noch abfertigung gemelts botten die handlung, die eylende turckenhilf belangendt, uff andere wege und maynung geschicket haben, also und dergestalt, daß der Kf. zu Brandenburg aus bevelch der ksl. Mt. mit Mgf. Jeorgen zu Brandenburg, so auch der protestation und augspurgischen confession verwandt, beneben andern, so seyn fstl. Gn. auch von protestirenden stenden und bottschaften bey sich gehapt, sich in rede begeben und solchergestalt vernemen lassen, daß die ksl. Mt. iren kfl. Gn. in bevelch gegeben, mit den protestirenden stenden zu reden und zu handeln, daß sie in bewilligung der eylenden turckenhilf die angeregten condition deß bestendigen frieden und rechtens dießmals fallen lassen und die begerte turckenhilf neben andern Kff., Ff. und stenden deß reychs laysten wolten etc., mit weytherem anhang, daß ksl. Mt., uff sechs monat ain bestendigen frieden, inmassen der anher uff diesen reychstag von irer ksl. Mt. gegeben und außgeschrieben, auch mit suspension und stilstandt der achten und processen am cammergericht zu verschaffen, urbutig etc. Und daß ire ksl. Mt. auch verordnen wolt, daß in zeyt der sechs monat friedt, aynigkayt und stilstandt in religionsachen erhalten wurde etc.

Darvon dan gemayne stende, der augspurgischen confession und derselben religion verwandt, den sechsten Julij rhatschlagung gehalten, in welchem rhatschlag der merer thayl stende bedencken dohin gestanden, daß zuvorderst Gott, darnoch ksl. Mt. zu vertrauen und in diesem irer Mt. begern zu wilfarn seyn solt etc., in betrachtung der hoechsten noth und, daß solche hilf an ime selbst ain christlichs, guths wergk, welches mit khaynem glimpf oder scheyn abzuschlagen were, zudem auch die summa der hilf gering und daruff dermassen nit zu halten were, als ob man, dardurch die ksl. Mt. zu den begerten conditionen zu bewegen oder zu dringen, understeen wolt. Dan wol zu erachten, das ire Mt. umb so ayner geringen summen willen nichts wurde thun, so irer Mt. nit wol gelegen etc. Daruber aber, so unsere stende in so aynem geringen sich unwillig erzaygen wurden, das zu besorgen were, ire ksl. Mt. moecht zu grossern ungnaden bewegt werden und dagegen, so sie die hilf bewilligten, nit geringe gnade erlangen, dardurch der religionhandel desto baß gefurdert werden mocht. Dargegen aber haben sich etliche stende und wir mit inen unß vernemen lassen, daß sie von iren hern und obern khayn bevelch hetten, in aynig turckenhilf zu bewilligen, eß were dan zuvor ain gemayner, bestendiger friede und gleychmessig recht im reych erlangt etc.

Doch haben sich dieselben und wir neben inen vernemen lassen, daß sie solche bedencken der eylenden hilf iren hern und obern zum furderlichsten zuschreyben wolten, der zuversicht, dieselben wurden sich in dem, waß die stende gemaynlich schliessen wurden, auch nicht sondern etc. Doch ist zuletzt dohin geschlossen, daß dem Kf. zu Brandenburg diese ongeferliche antwurt gegeben wurde, nemlich, nachdem die ksl. Mt. diesen stenden zu vieln maln fried gnedigst geben und denen mit inen uffgericht, so were doch derselbig bißanher, auch die letzst irer ksl. Mt. suspension uff diesen reychstag von dem cammergericht nit gehalten worden, zudem, daß Hg. Henrich zu Braunzweyg die beschehen suspension der goslarischen acht gantz verachtet und uff die von Goslar neben verstrickung und vorenthaltung des proviant auch mit thettlicher handlung und erwurgen irer burger gantz beschwerlicher weyß angriffe, deren burger etlich neulicher tag nit weyt von der stadt Goslar entleybt worden weren etc. So wolte demnach dieser stende notturft erfordern, daß sie auch moechten vergewist seyn, welchergestalt solcher friede oder anstandt geschaffen oder gehalten werden solte etc. Dan in solche ungewisse handlung und gefar wisten sie sich nit zu begeben, derhalben vonnoetten seyn wolt, daß ksl. Mt. sich uff solche puncten deß vorgeschlagnen friedens und rechtens weythers erkleret, damit die stende sich wusten ferners eynzulassen etc. Und diese maynung ist folgents den churfurstlichen rheten zu Brandenburg angezaygt worden etc.

Nachfolgents den siebenden tag Julij hat hochermelter Kf. zu Brandenburg durch seyne rhete bey den protestirenden stenden der eylenden truckenhilf halben uff obgemelter stende gegeben antwurt widerumb mit erzelung vieler beweglichen ursachen anhalten lassen. Daruff sich die stende nach langwiriger rhatschlagung zuletzst ayner schrieftlichen antwurt verglichen, welche dem Kf. zu Brandenburg den achten Julij uberantwurt worden, darvon euerer W. wir hiemit copiam ubersenden [Nr. 191], auß welcher euere fursichtige W. gnugsam vernemen und versteen werden, waruff der handel der eylenden turckenhilf halben itzt beruhet.

Und nachdem, gunstig herren, wir unß in dieser handlung vernemen haben lassen, das wir von euerer W. wegen khayn andern bevelch, die turckenhilf zu bewilligen hetten, dan sofer die angehengten condition deß friedens und gleychmessigs rechten erlangt, doch darneben angehengkt, waß gemayne stende herin schliessen wurden, daß wir unß versehen, euere W. solten inen solchs auch nit zuwider seyn lassen oder sich darin sondern etc., so pitten wir daruff euerer W. furderliche beschriebne antwurt, ob wir deßhalben ersucht wurden, daß wir alsdan euerer W. willens auch gefast weren und unß vernemen moechten lassen. Wiewol wir gentzlich darfur halten, dieweyl die hilf uff den halben romzugk gestelt und nit dießmals so hoch oder beschwerlich ist, euere W. werden eß auch darbey pleyben lassen etc.

Soviel aber die religionsach und, waß im gesprech verglichen, auch das kayserlich buch, darvon euerer W. wir hievor copey zugeschickt, belangen thutt, haben sich daruff Kff., Ff. und stende, der protestation nit verwandt, eyner schrieftlichen antwurt verglichen, so sie ksl. Mt. den funften tag Julij gegeben, darvon euerer W. wir copey zuschicken [Nr. 125]. Daruff die ksl. Mt. denselben Kff., Ff. und stenden wider geantwurt und ires gemuths hat vernemen lassen, wie aus derselben copey auch zu ersehen ist etc. [Nr. 129].

Waß auch Dr. Ecken (so noch krangk seyn sol) iuditium oder maynung sey von dem gehalten gesprech, dem kayserlichen buch oder den verglichen artickeln etc., werden euere W. auß beygelegtem zettel klerlichen vernemen etc.1

So sollen auch bede gebruder Wilhelm und Ludwig, Hgg. in Bayern, mit irem anhangk ain heftige, ernstliche schrieft im furstenrhat haben verlesen lassen [Nr. 124] und begert, daß uff solche maynung ksl. Mt. der religion und irer Mt. buchs halben geantwurt werden solt etc. Aber die gulgischen rhete, der Bf. von Augspurg, der Bf. von Costantz, welcher genant wirdt Bf. zu Lunden, der Apt zu Kemptenn und andere haben sich darwider gelegt und darin nit bewilligen wollen. Doch ist im furstenrhat daß mehr worden, daß solche schrieft in churfurstenrhatt auch gegeben werden solt, derselben bedencken daruff auch anzuhoeren, ob sie neben inen die auch bewilligen wolten, damit solchergestalt ksl. Mt. geantwurt wurde etc. Aber die churfursten und der abwesenden rhete haben solchs nit bewilligen wollen, sonder die maynung, wie nachfolgents ksl. Mt. in der Kff., Ff. und stende, so nit protestirisch, namen geantwurt worden, furgeschlagen, darvon hieoben euerer W. wir vermeldung gethan haben etc.

Eß wirdt auch glaubhaftig geredt, daß der Kf. zu Brandenburg, item, deß phaltzgraven churfursten rhete sollen wider den augspurgischen abschaydt protestirt haben. In summa, ob die stende uff gegenwertigem reychstag der religion halben schon nit ayns werden, so wirt man doch gewißlich noch dem reychstag seltzame enderung der religion under den stenden vernemen etc.

Welchergestalt aber unsers thayls stende in beysein der dreyer collocutorn und anderer praedicanten die artickel ksl. Mt. buchs handeln, welche artickel dan in dreyerlay gethaylt seyn, dan etlich darunder, deren sich die verordneten zum gesprech verglichen, etlich, die do uffgeschoben oder praeteriti genent, die dritten, so nit verglichen, sonder von den unsern, inmassen in ksl. Mt. buch die gestelt gewest, verworfen und dagegen andere artickel gestelt worden, wie euere W. aus uberschickten, latinischen schrieften vernummen etc., haben euerer W. wir hievor darvon etwas anzaygung gethan. Aber mitlerzeyt haben gemelte drey colloquenten weythern und volkommlichen bericht, weß sie im gesprech gehandelt, vor allen stenden und in beyseyn der praedicanten gethan, daruff auch alle praedicanten und ain yeder in sonderhayt seynes bedenckens gehoert worden etc. Und ist diese gantze handlung den dreyen colloquenten, dem sechsischen und hessischen cantzlern und H. Jacobenn Sturmen bevolhen worden, weß derhalben ksl. Mt. zu antwurten seyn solt, in eyn schrieft zu stellen und furthers alle stende anhoeren lassen etc. Wan die nun gefertiget und ksl. Mt. uberantwurt, wollen euerer W. wir darvon auch copey zukhommen lassen etc.

Beiliegend Kopie der Antwort der altgläubigen Kurfürsten und Fürsten auf die neulicher tagen dem Kaiser eingereichten Beschwerden der altgläubigen Städte [Nr. 211]. Und sint itzt aller frey- und reychsstedt gesandten im bedencken, weß sie sich ferner daruff halten sollen. Wollen euerer W. wir auch mit der zeyt nit verhalten etc.

Es geht die Rede, dass der Kaiser spätestens am 1. August nach Italien abreisen wird. Sollen deshalb unverzüglich die die Privilegien betreffenden Unterlagen hersenden und notfalls ain botten bey tag und nacht lauffen laßen, damit der ksl. Rat noch während der Anwesenheit des Kaisers in Regensburg die Supplikationen bewilligen kann. Wenn der Kaiser danach abreist, ehe die Urkunden ausgefertigt sind, wollen sie bei Obernburger erwirken, dass die Urkunden nach ihrer Ausfertigung Frankfurt gewiss zugestellt werden, dan wir desselben guthe kundtschaft bekhommen haben.Obernburger hat sich auch oft erboten, Frankfurt gute Dienste zu erweisen. Datum, den zehenden tag Julij in Regenspurg anno 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. die Beilage zu Nr. 124.