Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 783, fol. 45r–47v (Kop.); ÜS fol. 45r: Copia der supplication an ksl. Mt. pro executione denuo oblata mit angehengten clagen gegen Hg. Heinrichen von wegen thätlicher beschwerung, dem bischof und stift Hildeshem in das vierdte jhar zugefueget.

B  koll. Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 784, fol. 168r–170r (Kop.)

C  koll. Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 784, fol. 281r–283v (Kop.).

Eur ksl. Mt. hab ich, derselbigen eur ksl. Mt. underthenigster caplan und diener, verrückter tagen underthenigst zu erkennen geben, wie ich als ein erwelther und vom stuell zu Rhom bestettigter bischoff des stiefts Hildeshem von wegen desselben stiefts guetter, so durch die hochgeborne fursten, etwa Hg. Erich den eltern und Heinrich den jungern zu Braunschweig und Luneburg etc., demselbigen stieft wider recht abgedrungen und von denselbigen und ihren erben ungeverlich zweintzig jar here occupirt und noch thettlich und freventlich besessen werden, am hofe zu Rhom fur babstlicher Hlt. und dem stuell doselbst in rechtvertigung gestanden und daselbst mit hylf des almechtigen urtheyl und recht vermögend, das die ehrgedachte Ff. von Braunschweig den stift Hildeshem unbillicherweyse spoliert und darumb, denselbigen widerumb zu restituirn, schuldig sein, erhalten, auch also das, wiewoll die gegentheille von solicher rechtmessiger urtheyl vermeyntlich appellirt, das doch ihnen dieselbig wie recht refutirt und als freventlich verworfen worden, und domit eur ksl. Mt. des alles glaubwirdige bericht und urkundt haben und entpfahen mochten, derselbigen eur ksl. Mt. die urtheyl und executorialbrieve under babstlicher Hlt. anhengender bleyender bullen und siegel, dergleichen derselbigen ihrer Hlt. an euer ksl. Mt. furschrieft anstatt mandati executivi umb verhelfung gebürlicher execution solicher urtheyl underthenigst uberreicht. Und dieselbig eur ksl. Mt. uff solich mein dargethane gerechtigkeit und erhalten urtheyl sich zu meynem rechten gnediglichst finden und erbotten, deßen derselbigen eur ksl. Mt. ich underthenigsten danck weys, doch gnedigst fur gutt und notwendig angesehen, dweyl Hg. Heinrich, der eine gegentheil, alhie zur stett, demselbigen meine supplication und gethane antzeyg, seinen bericht und antwort darauf zu vernehmen, zukomen mochte, des ich mich eur ksl. Mt. zu underthenigsten ehren und gehorsam nit widersetzen wollen und gerne gescheen lassen. Darauf Hg. Heinrich, gleichwoll nach geraumber zeit, euer ksl. Mt. weytleuftig, ungereumt, ungegrundt und nichts anders vermeldendt noch suchend, dan das ich die sach, so zuvor lang und stattlich gnug disputirt und zu recht entscheiden, von neuhem mit ihme disputirn und deßhalb uff etliche vermeynte articul mit ihme inlassen solt etc., beantwort. Welche vermeinte und unerhebliche antwort, so sie mir von eur ksl. Mt. gnediglichst zugestelt, ich underthenigst entpfangen und nach aller notturft vernomen.

Dweyl ich aber befunden, sein, Hg. Heinrichen, gemüt nit sein, der erhaltenen urtheyl zu geleben und mich und meynen stieft zu restituirn, sonder vielmehr in ungereumbte, unbilliche rechtvertigung zu tziehen, und ich, ihme des noch zur zeit zu volgen, nit schuldig, hab eur ksl. Mt. ich underthenigst vermeldet [Nr. 270], das ich urtheil und recht erhalten, dieselbig in ihre craft und wirglicheit gangen, darauß zu tretten und weiter mit ihme deshalb zu rechtvertigen, ich in recht nit schuldig oder pflichtig, darumb auch, darvon zu tretten oder zu weichen, desto weniger und gar mitnichten bedacht, demnach eur ksl. Mt. underthenigst gebetten, dieselbig als ein von Gott verordenter obrister advocat, vogt, schutz und schirmer der kierchen und handthaber des rechten mir zu gepürlicher recuperation meins stiefts guetter vermöge erhaltener urteill gegen die widerteylle gnediglichst verhelfen wolte, mit dem angehengten erbietten, da ich inhalt der urteyl und wie recht restituirt und alsdann Hg. Heinrich oder sein anhang mich zuspruch nit zu erlassen gedächte, das ich alsdan ihme fur babstlicher Hlt., eur ksl. Mt. und an orthen und enden ich zu recht schuldig ordenlichs, geburlichs rechten nit fursein wollte.

Allergnedigster kayser, dweyl diese meyne antwort dem rechten und aller billicheit gemeß, auch nichts billichers, dan das die wolgesprochne, rechtmessige urtheil ba[b]stlicher Hlt. und des stuells zu Rom, consistorialiter cum consensu omnium cardinalium gefellet, gebürlich und fürderlich vollenstreckt und exequirt werd, so steht zu eur ksl. Mt. noch und abermahls mein underthenigst, vleyssigst und demütigst, vlehligs bietten, eur ksl. Mt. wollen gnediglichst erwegen, wie unbillicherweyß der arm stieft Hildeshem, welche ein fundation und stiftung Caroli Magni hochlöblicher gedechtnus, durch die obgerürte Ff. von Braunschweig so lang zeit seiner guetter entsetzt, beschwerth und in verdruck geradthen und das noch uff diese zeit nichts anders durch vielgemelthen Hg. Heinrich gesuecht wirdt, dan wie er das ubrig auch (welchs, dweyl dasselbig in ander leuth hand und durch meyne furfahren zum hochsten verpfendt, nit ein nhamen des ubrigen haben sollt) und also den stieft gantz und gahr ihme underwurfig machen möchte.

Dergleichen wellen eur ksl. Mt. allergnedigst bedencken, wie mit grosser mühe und unkosten die sachen dahyn gearbeyth, das der almechtig sein gnad geben, diesselbig mit urteyll und recht entscheiden und fur mich und meynen armen stieft gefallen ist, darzu, wie hoch beschwerlich die armen des stifts underthanen, geistlich und weltlich, durch die gegenteylle jetzo occupierth, mit diensten und schatzungen taglichs und on underlaß beschwert, geschetzt und bys auf den grad außgesogen werden, auch also, das man- und weybscloster und stieft, die doch von kaysern und königen, auch im rechten solicher beschwerung gefreyet, damit sie die aufgelegte beschwerung und schatzung außrichten, ihrer kierchen, closter und stieft erbeigen, beweglich und unbewegliche guetter und, darauf sie fundirt und gestieft, verpfenden, verkeuffen, distrahirn und alienirn und also die lengde außgeschatzt und aller ihrer guetter entbloßt gar verlauffen muessen, wie sie dan algereid nach alienirthen guethern hungers und notturft halb verlauffen und außgetretten, welchs alles dem gegentheyl und sonderlich Hg. Heinrichen nichts zu schaffen gibt, sonder viel lieber sehen, hören und vernehmen wolt, das sie gereydt alle verlauffen und er die guetter alle allein haben mocht, darumb auch und von wegen solicher unmentschlichen und unchristlichen beschwerung die armen underthanen teglichs zu Gott in hymel schreyen und umb erledigung rueffen, und dem allem nach wellen eur ksl. Mt. als ein gnedigster, guettiger und mylther kayser, schutz und schiermer der verdrückten, haubt und liebhaber des rechten zu rettung der beschwerthen und zu steuer dem rechten allergnediglichst beschaffen und befuegen, die woll und rechtmessige, unverlegliche, gesprochne urtheyl wie recht und billich vollenzogen werd2.

[Beilage:] Bericht Bf. Valentins von Hildesheim über seine mehrjährigen Auseinandersetzungen mit den Schikanen und feindseligen Aktionen Hg. Heinrichs von Braunschweig und seiner Helfershelfer, ebd. fol. 47v–62v 3.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung vgl. Anm. 5 zu Nr. 275und Nr. 273.
2
 Mit einer mutatis mutandis gleichlautenden Supplikation wandte sich Bf. Valentin von Hildesheim auch an Kg. Ferdinand, Regensburg, o. Datum, Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 783, fol. 66v–69r.
3
 Danach folgt die protokollarische Aufzeichnung, ebd. fol. 62v–63v: Auf diese des bischoffen ksl. Mt. fürbrachter clagen und erzelung beyd, in der executionsach oder auch von wegen der thätlichen beschwerungen des hertzogen, ist nichts ervolgt, sonder vielmehr dieselbig schrieft bey ihrer Mt. verlieggen blieben. Als aber gedachter H. Valentin Bf., damit es bey der ksl. Mt. oder derselbigen hofräthen, Pfgf. Friedrichen und andern, nit dafür angesehen, als ob er seins fürbringens, sovill das die thattliche beschwerung, von dem hertzogen und den seinen ihme und dem stieft Hildeshem zugefüegt, keynen grund oder bestand hett, so hat gedachter H. Valentin Bf. mehr als zweynemmahl personlich und mundtlich gebetten, die ksl. Mt. oder derselbigen verordenthe hoffräth wolten ihme eynen nemblichen tag benennen und ansetzen, wehr er willig und urbüttig, seynem vorigen erbietten nach seine clagen der thädtlichen beschwerung halb für der ksl. Mt. oder derselben räthen mit brief und siggeln, gerichtlich gefüerthen und am camergericht eroffnethen kundtschaften, urgichten und anderer gstalt mehr zu beweysen, daruff doch jederzeyt uffschlegliche und verzügliche und, das dasselbig an ksl. Mt. gelangen sollte, in antwort gefallen. Weß aber beschlislich dem bischoffe deshalb in antwort begegnet, wirdet hiernach bey der handelung des angemasten schutz halb, so sich Hg. Heinrich bei den von Hildeshem understanden, zu end bei dem articul anfahend ‚Und demnach H. Valentin Bf. in jetzgesetzter etc.‘ verzeichnet befunden [vgl. Nr. 276]. Und dan auch nun ferner die bäbstliche Hlt., wie obgemeldet, ihme, H. Valentin Bf., auch an die röm. kgl. Mt. loco mandati executivi auch furschrieft geben und mitgeteylt und dieselbig ihre kgl. Mt. gein Regenspurg gleichwoll spathe und langsam ankommen, hat berurter H. Valentin Bf. die gedachte röm. kgl. Mt. in ihrer ankunft [1541 Juni 21] mit solchem habenden brevi apostolico neben uberreichung der urtheil und executorialbrief und seiner supplication auch zum underthenigsten umb execution ersucht, gebetten und angefallen, also das ihre kgl. neben der ksl. Mt., ihme zu würglicher und fürderlicher exequution zu verhelfen, gerüchten, inmassen die hiernach inserirte copeien ausfüren, darauf die kgl. Mt. sich deßen und, sovil sie thun konth und gebüren wolt, mit gnaden gutwillig und bey der ksl. Mt. dasselbig gescheen möchte, mit vleys antzuhalten auch allergnedigst erbotten. – Vgl. das erwähnte päpstliche Breve an Kg. Ferdinand, Rom, 1540 Dezember 6, ebd. fol. 65v–66r. Vgl. auch die protokollarische Notiz, ebd. fol. 69r–70v: Die in seiner Angelegenheit an die Kurfürsten und Fürsten loco mandati exequutivigerichteten päpstlichen Breven [ebd. fol. 70r–71v] hat Bf. Valentin den Ständen einzeln zugestellt und dabei über die feindseligen Aktivitäten Hg. Heinrichs Klage geführt, mit der Bitte, sich in gemeinem reichsrathefür die Exekution des kurialen Urteils einzusetzen. Was nun belangt die heubtsach, haben die ersuchte Kff., Ff. und stende sich, sovil an ihnen, die execution in angeregtem vhall zu befürdern, gutwillig erbotten, sovill aber die andere zugefüegte beschwerung beclagt [sic!], angezeigt, das sie deshalb mit ihme, dem bischoff, gnedigs und freundtlichs mytleyden trüegen etc.