Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Gruß; Übergabe des Kredenzbriefs; [2.] Hg. Wilhelms Windpockenerkrankung; [3.] Seine anhaltend große Verschuldung; hohe Kosten eines Reichstagsbesuchs; [4.] Notwendige Wiederherstellung von Friede und Recht im Hgt. Bayern; [5.] Krankheitsbedingtes Nichtzustandekommen eines Landtags; [6.] Seine Unerfahrenheit in Reichsangelegenheiten; [7.] Bitte um Verzicht auf seine Reichstagsteilnahme; Entsendung von Räten; [8.] Bereitschaft zu einem späteren Treffen mit dem Ks.; [9.] Vorschlag zur Aufnahme Kf. Ludwigs von der Pfalz und Hg. Ulrichs von Württemberg in den Schwäbischen Bund; [10.] Bitte um Billigung seines Fernbleibens vom Reichstag.

München, HStA, KÄA 3138, fol. 114b–116b, Konz.

Teildruck: Krenner, Landtags-Handlungen 18, S. 363 [nur [5.]].

Instruction

[1.] /114b/ Von Gottes gnaden Wilhelm, Hg. etc. Dem allerdurchleuchtigsten und großmechtigsten F. und H., H. Maximilian, röm. Ks., unserm allergnst., lb. H. und vettern, sol seiner Mt. camerdiener Sebastian Aigel, unser pfleger zu Traunstain, von uns als irm sune unser ganz untertenig dinst sagen, und wo es irer ksl. Mt. in regirung irs Kst. glücklich, auch leibs und gesunds halben wol gieng, das wäre uns die höchst freud zu wissen. Und nach solher und dergleichen unterteniger erbietung darnach der ksl. Mt. unsern glaubsbrief [Nr. 262]hiebei zu uberantburten und unterteniglich ze bitten, den genediglich zu vernemen, und darauf ir Mt. nachvolgend meynung von unsern wegen zu erkennen ze geben:

[2.] Nachdem in dem abschid, auf jungstgehaltem reichstag zu Trier und Coln ausgangen, ain ander reichstag, nemlich auf der hl. dreier Kgg. tag [6.1.13] gen Wurmbs, furgenomen und beslossen ist, also das auf denselben tag all Ff. in aigner person chomen und on sonder merklich ursach nit aussenbleiben sullen1, darauf dann wir, Hg. Wilhelm, uns, zu solhem reichstag ze ziehen, furgenomen und darnach haben richten wellen, ist doch mitler zeit uns die krankheit der kindsplater2 angestossen, die wir swärlich und ubermässig an allem unserm leib gehebt und dermassn bisher damit belestigt und beladen sind gewest, das alle, die uns gesehen, darab verwundern gehebt. Dardurch sich auch aller unser leib verneut, und darumb, als uns die ärtzt raten und anzaigen, noch vor dem luft, besonder in der kelten, und diser winterszeit uns enthalten und nit vil noch weit daran ausreiten sullen. Darzu so bericht uns unser gn., lb. frau und muter [Ehg.in Kunigunde], wie weiland unser lb. eltere swester fraulin Sidonia dise krankheit /115a/ der kindsplater auch erst umb das 19. jar irs alters und umb weihnachten gehabt. Als sich aber dieselb unser swester darnach solher krankheit vor den scharfen, hartn winten und luften nit enthalten, sey ir nit lang darnach daraus, als die ärtzt gesagt, ain todlich krankheit zugestanden, der sy dann tod sei, der Gott der almechtige barmherzig sein welle.3 Darauf dann unser gn., lb. frau und mueter aus mueterlicher lieb und tru uns solhs in schriften angezeigt und gewarnet hat, uns noch zu der zeit von den luften und kelten zu enthalten, als dann die ksl. Mt. an irer Gn. und lieb schreiben [Nr.5, Anm. 1] hiebei auch vernemen wirdet. Darzu so seien wir noch zu der zeit vast ungestalt, als dann gedachter Aigel uns selbs gesehen hat. Deshalben uns als ainem jungen F. schimpflich sein wurd, vor ksl. Mt., auch Kff., Ff. und andern stenden des Reichs und frembden nationen und volkern umbzegeen und also ungestaltn sehen ze lassen. Wir besorgen auch, das wir mit fueg nit gar umbgeen mochten mit andern jungen Ff., kurzweil und geselschaft ze laisten. Das, als die leibärtzt anzaigen, uns diser zeit vil mer dann sonst schedlich sein wurde, dann dise krankheit der kindsplater gemainclich inwendig ain unschiklichait nach ir laß, die sich mit der zeit durch guet, ordentlich und mässig haltung verzeren muess.

[3.] Und wiewol obvermelte ursach ain eehaft ist, die uns unsers verhoffens billich hiein entschuldiget und des zugs zu dem reichstag ditzmals enthebt, yedoch so haben wir noch mer obligend, die wir ksl. Mt. als ir sune auch nit pergen noch verhalten wellen. /115b/ Nemlich so ist ksl. Mt. mermals angezaigt, ir Mt. hat auch des fur sy selbs guet wissen, das wir in swärn, merklichen schulden noch stecken und kein vorgeend parschaft oder gelt haben. Nun muessen wir solhen reichstag weite halbn des wegs mit sweren costen und mererm darlegen dann ander Ff. besuchen. Und [wenn] wir itz in der eil gelt solten aufbringen, als dann itz mit schickung fur Hohenkraen auch beschehen ist4, muesste das, wie itz die leuf gstalt sind, mit zwifachen schadn und vergültung beschehen, besorgen auch, das hart zu bechomen.

[4.] Es wil auch von dem bairischen krieg [= Landshuter Erbfolgekrieg]nach weiland unsers H. und vaters [Hg. Albrecht IV.] seligen absterben5 in unserm lande vil unordnung, rauben und ungehorsam entsten. Deshalben wir als ain junger F. und der, als die ksl. Mt. wissen, erst an das regiment gestanden ist, furgenomen haben und in handlung steen, etlich gemain ordnung unser und unser untertan notturft halben im land aufzerichten, damit der frid und das recht darin gehalten und die rauberei und ungehorsam ausgereut werd und die darin nit wurzel noch uberhand neme.

[5.] Und darauf willens gewest, vermelter sachen halben, auch von bewilligung und anleg wegen des gemainen pfenings und der reichshilf, wie dann des obvermelten negstgehalten reichstags abschid aufweiset6, gemaine unser landschaft zu uns erfordern und mit inen von den sachen zu handeln, dabey wir dann in aigner person sein muessen. Aber durch den zuefal vorberuerter unser krankheit seien wir verhyndert worden, das wir unser landschaft bisher nit haben vordern mögen.

[6.] Darzu haben wir des Reichs handlung und obligens kein sonderlich erfarung noch bericht, seien auch in ansehung unser jugent der vernunft und schicklicheit nach nit, das wir durch uns selbs darin ratslagen chonnen. [Die folgenden 3 ½ Zeilen sind wegen Randbeschädigung des Papiers nicht lesbar.]

[7.] /116a/ Auf das alles sol die röm. ksl. Mt. durch Sebastian Aigel von unsern wegen unterteniglich ersucht und gepeten werden, das ir ksl. Mt. die vorangezeigten eehaft und ursachen genediglich bedenken und uns des zugs zu angesatztem reichstag ditzmals gutwilliglich entladen und bemüssigen. So wollen wir unser räte mit volmechtigem gwalt schicken und inen in sonderheit bevelhen und schaffen, sich auf solichen reichstag nach ksl. Mt. gevallen ze halten.

[8.] Und wiewol wir uns bey ksl. Mt. versehen, ir Mt. werde uns solhs nit verziehen, so sol doch Sebastian Aigel von irer Mt. uns zum furderlichsten ain antburt erlangen, auf das die zeit, darauf der reichstag angeen sol, vast [= sehr] kurz ist, uns darnach wissen zu richten. Und dannoch ir Mt., sovern ir Mt. uns nit gern erlauben und darob besserung haben wird, derselben ir Mt. hernach zu andrer fueglicher zeit als aus im selbs zu erkennen geben, wie ir Mt. numals angezeigt sei oder gut wissen hab, das wir dann, sobald wir zu besserm gesund und schicklicheit unsers leibs chomen, als wir zu Got hoffen, in kurz beschehen soll, und die ksl. Mt. herauf in das Reich sich fuegen wurd, seien wir begirig und des willens, uns in aigner person zu ksl. Mt. ze tun und ir Mt. als ir gehorsamer sune ein zeit lang nach ir Mt. gefallen nachzeziehen und unterteniglich ze dienen, dann wir uns irer Mt. willens und gevallens ye gern befleissen und alles, das wir wissen, damit wir irer Mt. gedienen mochten, volbringen wolten.a

[9.] Verrer sol Sebastian Aigel mit ksl. Mt. zu fueglicher zeit, so es wol stat hat, reden von wegen der puntnus, so unser bed swager Pfalzgf. Ludwig, Kf., und Hg. Ulrich von Wirtenberg untereinander in kurz aufgericht haben7, ob ir Mt. darauf bedacht wäre und verfüget, das sy bed in den swebischen pund wurden gebracht.8 Dann die sachen vil nachgedenkens und erwegung haben, davon dann wir oder unser rete, die wir zu dem reichstag schicken werden, mit irer Mt. weiter auch reden werden.

/116b/ Und was darauf in dem allen dem Aigel von ksl. Mt., auch in ander wege begegnet, das sol er uns alzeit auf unser potenlon in schriften berichten. Daran tut er unser gevallen, heissen und meynung. Actum Landshut an pfinztag nach Andree apostoli Ao. 12.

[10.] [Nachschrift:] Wurde dann die ksl. Mt. die sach auf die stände des Reichs schieben, sol Aigel ir Mt. bitten, das sy irnhalben solhs gnediglich bewillig und unser aussenbeleiben nit in ungenaden vermerken. So willen wir uns nitzmynder bey den stenden des Reichs durch vest potschaft auch entschuldigen lassen.b

Anmerkungen

1
 Reichsordnung, Köln, 26. August 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1011 [34.].
2
 Windpocken.
3
 Hg.in Sidonia starb am 29. März 1505.
4
 Gemeint ist das Aufgebot des Schwäbischen Bundes zur Einnahme und Zerstörung des Raubschlosses Hohenkrähen im November 1512. Vgl. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1580, Anm. 1.
5
 Hg. Albrecht IV. von Bayern starb am 18. März 1508.
6
 Reichsordnung, Köln, 26. August 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1011 [13.].
a
 Folgt die gestrichene Überschrift: In ain sondere schrift zu setzen.
7
 Gemeint ist die am 13. November 1512 (sambstag nach St. Martins des hl. bischofs tag) in Urach geschlossene Einung zwischen Kf. Ludwig von der Pfalz und Hg. Ulrich von Württemberg. München, HStA, Kasten blau 102/2 II, Kop.
8
 Ks. Maximilian hatte sich bereits 1512 im Rahmen der Verhandlungen über die Verlängerung des Schwäbischen Bundes sehr intensiv, jedoch letztlich vergeblich um den Wiederbeitritt Hg. Ulrichs bemüht. Vgl. Seyboth, Reichstagsakten 11, Abschnitt IV.7.1.
b
 Folgt gestrichen: Nota, zu der ksl. Mt. zu schicken instruction abschrift. Nota, zu H. Paulsen [von Liechtenstein]zu schicken, bey ksl. Mt. zu furdern oder verfugen, das [Hg. Ulrich von] Wirttenberg in den pund chomb, dan wo es nit beschicht, muessen wir Wirttenberg in pund ausnemen. Nota, das die räte aufm reichstag handeln mit dem Ks. punds halben und ausnemens mit Wirttenberg und das man uns die hilf ringer.