Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Seine scharfe Warnung an Bf. Friedrich von Utrecht und Hg. Johann II. von Kleve; [2.] Ladung der Bff. Friedrich von Utrecht und Erich von Münster sowie der Hgg. Johann II. von Kleve, Johann III. von Jülich-Kleve, Georg von Sachsen und Erich von Braunschweig(-Calenberg) auf den Tag nach Frankfurt a. M.; [3.] Dortige ksl. Forderung an die genannten Ff. nach Bewilligung des Gemeinen Pfennigs; [4.] Eventuelle Strafandrohung gegen Verweigerer; [5.] Ksl. Vorschlag für eine braunschweigisch-klevische Heiratsverbindung; [6.] Deren positive Auswirkung auf den Erbstreit um Jülich-Berg; [7.] Chancen auf eine Unterstützung der Hgg. von Sachsen und von Braunschweig durch den Ks.

Kop.: Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 8183/4, fol. 354a–356a, Kop. (Überschrift: Meins gn. H. Hg. Erichs abefertigung; von der Hand Dietrich von Wertherns; Vermerke: In seiner Gn. hende, darunter von anderer Hand: Ist registrirt in das buch der instruction).

Spätere beglaubigte Kop.: Hannover, HStA, Cal. Br. 11 Nr. 3, o. Fol.

Kurzregest: Baks, Inventaris, S. 325, Nr. 1526.

[1.] /354a/ Item die ksl. Mt. schribet ytz dem Bf. [Friedrich] von Utrich und dem eltern Hg. [Johann II.] zu Clef von wegen der coadiutory zu Utricht und des gelrichsen heyrats [vgl. Nr. 500 [2.]] ein sulche scharfe maynung [Schreiben liegt nicht vor], das zuvorsichtlich dieselbe coadjutory und der heyrat dodurch vorhindert werde.

[2.] Und domit dan die puntnis, so zwischen [Bf. von] Utricht,[Bf. Erich von] Munster,[Bf. Erard von] Luttich,[Hg. Johann III. von] Gulch,[Hg. Johann II. von] Clef,[Hg. Karl von] Geldern und Frislant practicirt wird, auch zurstort und dorzu Utricht und Munster mit ir hylf und furschube, sy den ungehorsamen Frysen tegelich bwisen, denselben Frysen abgezogen werden mugen, so hat die ksl. Mt. den von Utricht eylents zu seiner Mt. erfordert, auch dem von Monster und dem eltern und jungern von Clef geschriben [Nr.513], ire rete und potschaft auf sontag letare nhestkuenftig [15.3.15] kein Frangfurt zu schigken. Demnach sollen Hg. Georgen von Saschen und Hg. Erich von Braunsweig ir rete auch auf gemelten tag gen Frangfurt senden.

[3.] So wird ksl. Mt. potschaft doselbest erschinen und der gemelten funf Ff. reten im anfang diese meinung vortragen: Nachdem der ksl. Mt. der gemaine phenig durch den merern teil im Reich verwilliget sei und ir Mt. itzt auf dem reichstage zu Fryburg denselbigen entlichen aufrichten und ordenung geben [will], wie der eingebracht und angeleget werden solle, sey der ksl. Mt. beger, das sy von wegen irer Ff. auch dorein bwilligen. /354b/ Dorauf sollen Sachsen und Braunsweig rete sulche bewilligung tun, domit die andern auch deste er dorzu beweget werden. Und [wenn] der gemeine phenig von in allen bwilliget ist, vil die ksl. Mt. solchen iren teyl, sovil sich des laufet, Saschen und Braunsweig zu hilf irs kriges folgen lassen. Es wer dan, das sich Sachsen und Braunswig mit Munster und beiden von Clef dermasse vorgleichten, das sy iren phenig selbest innebehalten und inen dorfur ein dinst wider ire feind toen sulten, das lies ksl. Mt. ir auch gefallen.

[4.] Ob sich aber der drier Ff. redte desselbigen gmeinen d. [= Pfennig] sperren werden, sol der ksl. Mt. potschaft inen sagen, ire Ff. wollen ye der ksl. Mt. und dem Reich ungehorsam seyn, und uber das bewysen sy dem [Hg. Karl] von Gellern und Gf. [Edzard] von Embden als offenbaren echtern wider Sachsen und Braunsweig von wegen des Reichs hilf und beistant, stehen auch jetz in grosser practica, mit denselben echtern heyrat und puntnus zu machen, sich domit aus des Reichs gehorsam genzlich zu zihen. Das moge oder werde von inen nit geduldet. Die ksl. Mt. und des Reichs gehorsam stende werden wege gedenken, sy dorumb zu strafen etc.

[5.] /355a/ Mit dieser und dergleichen disputacion wyrd der dreier Ff. gmute ausgelernet. Werden den die clefischen rete sagen, der Ks. wolt iren H. mit Gulich und Perg nit belehenen uber gut brief und sigel, wider alle recht und pillichait, dorumb musten ire Hh. gedenken, ander hulf und rugken zu suchen, domit sy dannocht bey dem, so sy inhaben, bleiben mögen, sol in mit dieser antwort begegent werden: Es sei demselben guter rat zu finden, nemlich, Hg. Heinrich von Braunsweig und Lunenburg habe bei Hg. Fridrich von Sachsen svester [Hg.in Margarethe] ein sun.2 Wan demselbigen des von Clef tochter [Hg.in Anna] vorhayrat, so wer wol zu erlangen, das dagegen die Hgg. von Saschen ir ansprache zu Gulich und Perge fallen lassen, doch das daneben Gulich und Clefa den Hgg. von Saschen und Braunsweig wider Fryslant ein guten dinst teten.

[6.] Und domit die Hgg. von Saschen umb sulch ir ansprach noch mer ergetzlikeit entphiengen, so werde die ksl. Mt. den jungen Hg. von Lunenburg als Saschen gesipten frunt des vorsichern, wan der junger von Clef gemael [Hg.in Maria] manlicher leibeserben abegieng, das dornach Gulich und Perg auf in und sein manlich leibeserben, beyder von Clef geborn, fallen soll, doch soll der junge von Clef dieselbigen lant sein lebetage inhaben. Durch diese handlung mag vorhindert werden, das der heyrat mit Gellern nit gslossen noch die fur angezaiget puntnus nit aufgericht und die drey Ff. stutzen [= zögern] werden, den Frisen hulfe oder furschub zu bweisen. /355b/Wolt aber das alles je nit helfen, so mogen Saschen und Braunsweig mit der gard, so die ksl. Mt. durch ir Mt. haubtleut vororden vil, dieselben ungehorsamen angreifen und strafen, wie das vormals Hg. Georgen anzaiget ist. So vil die ksl. Mt. mitsampt des Reichs stenden ytz zu Fryburg allen vlis ankeren, den Hgg. von Saschen und Braunsweig in sulchem weiter hilf und furschub, sovil immer mugelich ist, zu beweisen.

[7.] Verner, nachdem jetz zvischen Bebstlicher Hlkt. [Leo X.], auch der ksl. Mt., dem Kg. [Ferdinand] von Argon,[Hg. Massimiliano von]Maylant, Aidgnossen, Florentinern und Genuesern ein puntnus aufgericht ist3, hoflich, das ksl. Mt. gegen den Kg. [Franz] von Frankreich oder den Venedigern dordurch einen erlichen und nutzlichen friden erlangen wird. Welchs under den zveien eines beschigkt, will ksl. Mt. Saschen und Braunswig ain dritten teil der hilf, so ir Mt. itz auf dem reichstage erlanget, auch zustellen und volgen lassen. Und ob es Got fugete, das die ksl. Mt. mit Frankreich und Venedig vertragen wird mit lieb oder leit, so vil alsdan die ksl. Mt. mit irer Mt. eigen leib und vormogen, auch mit des Reichs hilf Sachsen und Braunswig abermals austreglicher hylf und beystant erzaygen. […]

Anmerkungen

1
 Die Datierung ergibt sich aus Nr. 505.
2
 Aus der 1497 geschlossenen Ehe Hg.in Margarethes mit Hg. Heinrich d. M. von Braunschweig-Lüneburg gingen die beiden Söhne Otto, geb. 1495, und Ernst, geb. 1497, hervor. Welcher von beiden hier gemeint ist, muss offen bleiben.
3
 Als Folge des am 7. August 1514 in London abgeschlossenen Vertrags zwischen Kg. Heinrich von England und Kg. Ludwig von Frankreich sowie der drohenden Rückkehr der Franzosen in die Lombardei bereiteten Papst Leo X., der Ks., Kg. Ferdinand von Aragón, die Eidgenossen, Mailand, Florenz und Genua eine neue Heilige Liga vor, die nominell gegen die Türken gerichtet war. Ein Vertragsabschluss kam allerdings nicht zustande. Vgl. Wiesflecker, Kaiser Maximilian 4, S. 146, 362f.