Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 783, fol. 71v–78r (Kop.).
Und aber vielgedachter H. Valentin Bf. erzeltermassen bey ksl. und kgl. Mtt., auch Kff., Ff. und stenden umb execution angesucht und in hoffnung gewesen, dieselbig execution durch ksl. und kgl. Mtt. und stende beschafft worden sein sollte oder aber das gmeyne reichstend zu gmeyner berathschlagung des reichs sachen zusammen wurden, da er, der bischove, seine sachen und deshalb erlangte urtheyl und executorialbrieve und brevia apostolica praedicta an Kff., Ff. und gemeyne reichsstende in gmeynen reichsratth bringen und gelangen hett lassen mögen, und sich es aber doch auß allerhand verhynderungen zugetragen, das gemeyne stend nit zusammenkommen, derowegen vielgedachter H. Valentin Bf., bey der ksl. Mt. und derselbigen hoffräthen ferrer umb exequution ansuchen zu thun, verursacht. Und so er dasselbig oft und vielvaltig gethan und jederzeit uffschlegige, doch gnedigste und tröstliche antwort erlangt, hat er doch nichts würglichs oder endtlichs bekomen mögen.
Als aber solcher verzug vielgedachtem H. Valentin Bf. zu lang und schwer fallen wollen und er derowegen bey hochgedachter ksl. Mt. und derselbigen hoffräthen weyttere, vleyssige und heftig ansuchen gethan, ist ihme zuletzt von wegen der ksl. Mt. durch den hochgebornen fursten H. Frydrichen, Pfgf. bey Reyn und Hg. in Bayern, und andere ksl. Mt. verordente hoffräthe in antwort worden, das ksl. Mt. entschlossen, die sachen der stryttigen religion, dorumb der reichstag fürnemblich außgeschrieben, mit ernst fürzunemen und zu verhandeln lassen, und derowegen, domit die daweniger verhyndert, so werhen ihre Mt., alle privatsachen aufzuschieben und dieselbigen bys nach geendeter religionsachen in rhue zu legen, bedacht, dorauf auch an gedachten H. Valentin Bf. begern lassen, er solcher vergleichung der religion auf diesem reichstag abwarten und mit seiner stieftssach in ruehe stehen wöllt und, so dieselbig religionsachen ihre endtschaft (wie man verhofft zu gescheen) erreichte, alsdan widrumb ansuchen ze thun, wolten ihre Mt. sich und, sovil ihr darin gebüeren wolt, allergnedigst beweysen und erzeygen.
Diese antwort und antzeig des pfaltzgrafen etc. und der hoffräth, wiewoll sie dem bischoffe schwere gnug, so hat er doch wider dieselbig nit fechten konnen, sonder es also bleyben lassen, in hoffnung, die religionsachen bald geendt und ihme auch alsdan zur exequution on uffschieben geholfen werden sollt. Als sich aber die vergleichung der stryttigen religionsarticul verweyleth, der bischoffe auch verwarneth, den Hg. Heinrichen täglichs ein abzug vom reichstag und erlaubnus bey der ksl. Mt. solicitirn thett, und dan auch gesehen, den hochgebornen fürsten H. Philipsen Lgf. zu Hessen als vormundern des jungen Hg. Erichs allgereyd im uffbruch und abziehn sein, hat gedachter H. Valentin Bf., der angeregten vergleichung und bescheydts der ksl. rhete abzuwarten, ihme für hochnachteylig geachtet und dorumb nit underlassen wollen noch konnen, deshalb die ksl. Mt. selb widerumb zu ersuchen. Derowegen er dan auch uff einen nemlichen tag als den Sonnabend, welcher da was der zehende tag mensis Junij1, sich ihrer Mt. antzeygen und gnedigste audientz bietten lassen, daruff ihme von ksl. Mt. cammerdiener, welcher solchs anbringen gethan, Adriano, auß bevelch ihrer Mt. angezeygt worden, das ihre Mt. dem Dr. Naves, ihrer Mt. rathe, derselbigen gemüthe ihme, dem bischoffen, zu eroffnen, bevelh geben und gethan, bey welchem er deshalb ansuchen thun möcht.
Und so den gedachter H. Valentin Bf. auf solchen bescheid am volgenden Montag, der do was der zwelfte tag gedachts monadts Junij2, ihnen, Dr. Naves, persönlich besucht, gestalt, ab ihme ksl. Mt. gemüt zu vernemen, inmassen er deshalb von ksl. Mt. an ihne verwiesen, so hat doch domahls gemelter Dr. Naves, der ksl. Mt. gmüt und bevelh ihme, dem bischoffen, allein zu eröffnen, sich beschwerth und darumb an obgedachten Pfgf. Friderichen und andere ksl. Mt. hovräthe, welche zu derselbigen stund zesammenkomen würden, gewiesen. Darauf dan gedachter bischove mit ihme, dem Dr. Naves, zu gedachtem pfaltzgraven und hofräthen gezogen, doselbst denen angezeygt, welchermassen er, der bischoff, bey ksl. Mt. sich ansagen und umb audientz underthenig bietten lassen, deshalb ihme in antwort worden, er bey Dr. Naves dazugegen ihrer Mt. gemüt und bevelh finden solt, welchen er darumb ersucht, doch ihme den für sich selb und allein nit eröffnen wöllen, sonder an sie, die räthe dazugegen, gewiesen, darumb er alda erschienen und batth, sie wolten ihme, des sie in bevelh hetten, eröffnen, sich darnach zu gerichten. Darauf so bald sein, Hg. Fridrichs Pfgf., cantzler, Dr. Hartmund3, in gegenwürtigkeit gedachtes pfaltzgraven, Dr. Naves, Dr. Karoln und Ruprechts des secretarien4 angefangen, gesagt, es hett Pfgf. Fridrich sambt den verordenthen ksl. Mt. hoffräthen die ubergebne supplicationhandlung bericht und, weß des alles durch gedachten H. Valentin Bf. etc. in sachen spolii castrorum ecclesiae Hildeshemensis und zu gebettener restitution derselbigen der ksl. Mt. fürbracht, auß bevelh derselbigen ihrer Mt. verlesen, beradtschlacht und volgendts der röm. ksl. Mt. eroffnet und angezeygt. So hetten darauf ihre Mt. sich beduncken lassen und befunden, solche sach nit allein ihrer Mt., sonder gemeiner reichsstend sein, darumb so wehre ihr ksl. Mt. bedacht, solche sachen, so furderlich gescheen könth, an gemeyne reichsstende zu gelangen. Es liessen sich aber darneben ihre Mt. auch bedüncken, das man noch zur zeit bey ihrer Mt. zu fruhe umb execution ansuchte, ursachen, dweyl in executorialn- und urtheylbrieven namhaftige executores benenth und begrieffen und das man ad temporalem gladium nit nisi deficiente spirituali kommen könth, dasselbig hetten gedachter Pfgf. Friedrich und die räthe auß entpfangenem bevelch ksl. Mt. ihme, dem herrn bischoff, nit verhalten sollen.
Hierauf gemelther bischoff ihnen, den keyserlichen rethen, hynwider angezeygt, das ihme nit zuwidder, die sachen an gmeyne stende gelangte, so dasselb fürderlich gescheen möcht, aber wolt ihnen nit verhalten, wie er in erfarung kommen, der herzog nochmals in embsiger arbeyth, vom reichstag abzuziehen, stehen sollt, on das von wegen des andern gegentheils Hg. Erichs die vormunder und nemlich der Lgf. zu Hessen algereyd im verrücken wehren und, so dan Hg. Heinrich auch verrücken sollt, würd er, H. Valentin Bf., darnach destermehr auch aufgehalten und verhyndert werden. Batth demnach, dweyl ksl. Mt. bedacht, die sachen an gemeyne stend zu gelangen, gutwillig befürdern helfen, solichs fürderlich geschee. Sovill aber belangt, das er zu frühe und ehe deficiente gladio spirituali ansuchen thun sollt, und das angehengte gnedigst erbietten ksl. Mt. nam er zu underthenigstem danck an, mit der antzeyg, das er ihnen, den kayserlichen räthen, zu bericht der sachen nit bergen wolt, das auf die erhaltene urteyl ihme, zwen wege die execution derselbigen und restitution seins stiefts guetter zu suchen, im rechten gegeben, gegönneth und geoffneth, der eyne wehr nach vermeldung der executorialn- und urteylbrieve auf die censuren und, so er denen weg gebrauchen wollen, hett er es thun mögen, auch ungezweyffelt dardurch so vil auf diesen tag befüegt haben wolt, das die gegenteylle in alle censuren erklert, auch brachium saeculare erhalten haben wolt, aber angesehen, dieser zeit viel nöttiger, die leuthe in die kierchen dan darauß zu verbannen, wie dan in solchem proceß der censuren gescheen muessen, one das dieselbigen censuren dieser zeit in keiner achtung, sonder vielmehr bey etlichen in geschrey gehalten und verschympft würden, in welchem vhall verachtung gaystlicher censuren dieselbigen auch nit gebraucht werden sollen, so hett er der und ander ursachen solichen weg fürzunemen underlassen.
Der ander weg wehr via executiva, derohalb die babstliche Hlt. ihme an ksl. und kgl. Mtt., auch Kff., Ff. und gemeyne stende des hl. röm. reichs, so eben in dieser zeit in gemeyner reichsversamblung, zu handhabung frieden und rechts neben andern handlung zu pflegen, sein würden, fürschrieft oder vielmehr mandata und bevelbrieve, soliche gesprochne urtheyl zu wurglicher vollnziehung zu bringen, mitgeteylt hette, in bedencken, das dys der richtig weg und das babstliche Hlt. ksl. Mt. und dem reich von rechts und gewonheit wegen das zu befelhen hette. Also hat er und furnemlich, dweyl auch ksl. Mt. in ihrem ausschreyben, zu handhabung friedden und rechts handlung zu pflegen, gemeldet, solchen weg und viam executivam tanquam regiam viam et, ut executio brevi et regia manu fieret, für die hand genommen, ksl. und kgl. Mtt., Kff., Ff. und stend darmit ersucht, guetter zuversicht, sie allenthalb und in sonderheit ksl. Mt. als obrister vogt und advocatus der kierchen und aller rechtmessigen, wolgesprochnen urteyl im hl. reich gemeyner und obrister executor würden sich auf uberreichte brevia und mandata apostolica ihme zu seinem rechten und gebettener execution noch allergnedigst und fürderlich verhelfen. Bathe darauf mehrgedachter H. Valentin Bf., die kayserlichen verordente hoffräthe wolten mit dem gelangen an die stend wie ob, dergleichen diesen jetzangezeigten bericht, der execution halb gethan, an ksl. Mt. notturftig zu bringen, sich unbeschwerdt finden lassen. Darauf die kayserlichen verordente hoffräthe, ein solichs an ksl. Mt. zu bringen und mit vleys zu fürdern, zu und an sich genommen.
Mittlerweyl und ehe und zuvor die sachen weder von ksl. Mt. oder auch dem bischoffe selbs an Kff., Ff. und gemeyne stende in gemeynen reichsrath gelangen mögen und mehrgedachter H. Valentin Bf. bey Dr. Naues als ksl. Mt. nehist Pfgf. Friederich fürnemlichsten rathen obberürter sach halb anregung gethan, ist derselbig Dr. Naues ihme, dem bischoff, mit nachvolgenden antworten und fragstücken nauseans negotium begegnet.
Primo inquit stomacho quodam, quare papa non met suas exequeretur sententias, caesarem non teneri illi a se et sede sua apostolica latas sententias exequi.
Ad haec per dominum episcopum ita fuit responsum: Papam omnium sententiarum a se et sede sua latarum exequutorem requirere caesarem, quod caesar illarum executor legitimus sit et existat, quodque eas exequi tanquam protector iuris et iusticiae et advocatus ecclesiarum teneatur. Nec unquam in Germania sententiam papae alias nisi per caesarem executam auditum esse. Et in eventum quo papa executionem suae sententiae saltem manu forti niteretur, quod per caesarem et status imperii in eo ferendus non veniret tanquam qui falcem suam mitteret in messem alienam et in loco ubi non haberet dominium temporale, quia nulla ea in re in imperio [coercitionem] a haberet.
Secundo fuit per Naves quaesitum vel potius tumultuatum, an caesar ob negocium ecclesiae Hildesemensis et eius per episcopum petita restitutione deberet venire ad arma, conscribere exercitum et sic ob illud negocium in imperio tumultuari.
Ad haec ex parte episcopi sic fuit replicatum: Se caesari legem, quomodo exequatur sententiam, non praescripturum. Multos autem esse modos exequendi, ex quibus procul dubio caesaream maiestatem commodiorem delecturum speraret. Interim tamen se non dubitare, quin si caesarea maiestas rem serio prout convenit apud adversam partem ageret illique vel sub poenis banni imperialis restitutionem etc. minitaret fore eam sententiam etiam sine armis et tumultu allegato executam iri.
Tertio inquit Naves, an caesari non tantum supersit iurisdictionis et potestatis in imperio, ut insolentem et tumultuantem episcopum, cuius modi episcopus Ioannes praedecessor suus fuerit, corrigere possit.
Cui episcopus sic respondit: In episcopum, praelatum seu personam ecclesiasticam neque caesari neque regi nec alicui ex statibus imperii saecularibus aliquam esse iurisdictionem, tantum abesse, quod etiam aliquem ex his privare possent. Iure autem similiter in consuetudinibus imperii cautum et provisum esse episcopum seu praelatum insolentem suo superiori denunciari debere. Quo denunciato, si a suo superiore non corrigatur vel corrigendus ad caesarem et status remittatur, tum demum iis ad correctionem aditum praeberi prout hoc iura et etiam consuetudines imperii praefata, etiam ipsiusmet Caroli caesaris etc. manifeste ostendunt. Item, quod etiam ita fuit observatum tempore Pii secundi pontificis Rhomani, qui archiepiscopum Moguntinum Dietherum de Isenberg tanquam inoboedientiam [pugnavit?] et deinde caesari depellendum episcopum realiter mandavit aliumque archiepiscopum Adolphum de Nassau ecclesiae Moguntinae praefecit. Interim tamen verum etiam esse, quod episcopus Ioannes ob allegatam suam insolentiam non modo non sit suo superiori aut sedi apostolicae denuntiatus, sed etiam contra ius, iuris ordinem, item, consuetudines imperii et etiam pacta iurata non vocatus, indefensus extra Germaniam et imperium et sic in loco deficientis iurisdictionis[praetense?] et minus legitime bannitus, unde consequenter banno nullo etiam secutam executionem banni fuisse et esse omni iure nullam liquidissime apparet.
Utcunque tamen episcopus se non agere praedecessor suus episcopus Ioannes legitime vel minus bannitus sit, similiter an tale quid egerit vel non, cur merito banniri vel corrigi debuerit. Hoc solum se quaerere, ne ecclesia ob ipsius delictum patiatur. Et in hoc sibi sufficere, quod episcopus Ioannes recessit ab aula et ecclesiam Hildesemensem in manus Clementis papae septimi resignaverit. Praeterea similiter hoc sibi sufficere, quod animus caesaris non fuerit nec esse potuerit ecclesiam ipsam, sed solum deliquentem et insolentem episcopum punire, quandoquidem delictum praelati ecclesiam non officit. Et dum episcopus delinquens bonis et ecclesiae modo praefato cesserit, nihil superesse, quod ecclesiae impingatur, quo minus per vim et de facto ei ablata bona restitui sententiaque desuper lata executioni debeat mandari.
Et quod animus caesaris ecclesiam salvam habere velle is fuerit vel ex eo liquet, quod postquam episcopus Ioannes ecclesiae cessit, quod tunc idem caesar eidem ecclesiae quondam Balthasarum suae maiestatis vicecancellarium tanquam ad reparandum illam ecclesiam et ad sublevandam eam ex oppressione vicinorum aliorumque damnorum idoneum per decanum et capitulum ecclesiae Hildesemensis, ad quos propterea plures gratiosas et seriosas litteras scripsit, in episcopum ecclesiae Hildesemensis praefici voluit ac rogavit et rogando eidem ecclesiae omne bonum, gratiam et tuitionem promisit. Et consequenter si ecclesia apud eandem suam maiestatem in indignationem caecidisse diceretur, de quo tamen nunquam constitit nec hodie constat, remisit. Hinc etiam Balthasari postulato solita regalia gratiose concessit et in persona eiusdem omnem indignationem, si qua ibi fuisset, remisit.
Similiter defuncto hoc Balthasare nec adhuc ex neglegentia ipsius et interventu mortis relevata ecclesia, ut adhuc relevaretur, alium nimirum Ottonem ex comitibus de Schonenburg, maiestatis suae supremi camerarii Henrici comitis de Nassau ex sorore nepotem, simili modo ad hoc aptum eidem ecclesiae praefici voluit. Et dum is ad petitionem suae maiestatis postulatus extitisset et ob aetatem regimini in continenti praeesse non potuisset, caesar ipsemet tuitionem et relevationem in se susceperit eamque ob causam certos commissarios, qui ecclesiae causas et negocia pro eius utilitate tractarent, ordinavit et deputavit, prout de illis omnibus litterae caesareae maiestatis sigillatae, sanae, integrae et fide dignae ad manus sunt et ob oculos poni possunt. Ex his omnibus, inquit episcopus, facile liquet nihil obstare, quominus ecclesia Hildesemensis contra ius oppressa iuxta vim, continentiam et tenorem sententiae restitutoriae restitui non debeat.
His responsis Naves contentus recessit.
Und sichs aber in darnehist wenig volgenden tagen zugetragen, das gmeyne reichsstende ausserhalb den protestirenden in gemeynen reichsrath zusammenkommen, hat vielgedachter H. Valentin Bf., dweyl ksl. Mt. die sach an dieselbigen gelangen lassen wollen, auch nit underlassen, sein und seins stiefts notturft pro executione in schrieften in gemeynem reichsrath zu übergeben [Nr. 275] mit überreichung der originaln erhaltener urtheyl und executorialbrieven, auch der bäbstlichen furschrieften, gebetten, dieselbig in solchem gemeynem reichsrath catholicorum zu verlesen und ihme darauf zur execution neben der ksl. Mt. zu verhelfen.