Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Durch die Hgg. von Bayern vereitelte Teilnahme der hgl.-sächsischen Gesandten an den Verhandlungen des Kölner Reichstags; Ablehnung eines ksl. Vermittlungsvorschlags durch Hg. Georg; Bitte um Gewährung der herkömmlichen Session auf dem kommenden Reichstag; [2.] Rekapitulation der Entwicklung in der Erfurter Streitsache; [3.] Bisherige Nichtberücksichtigung der sächsischen Ansprüche im Jülicher Erbfall; [4.] Vergebliche Hoffnung auf ksl. Unterstützung gegen Gf. Edzard von Emden; [5.] Unerfüllter Plan eines Verkaufs von Friesland; [6.] Vergebliches Warten auf Rückzahlung der ksl. Schulden; [7.] Abstellung der genannten Klagen als Voraussetzung für die Zahlung des Gemeinen Pfennigs und den Besuch des kommenden Reichstags.

Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10172/11, fol. 4a–7b, Konz.

/4a/ An ksl. Mt., unsern allergnst. H., haben wir, Georg, von Gots gnaden Hg. zu Sachsen etc., unserm rat und lb. getrauen Hermann von Back nachvolgende meynung zu tragen bevolhen.

[1.] Erstlich, das wir uns aus vilfeldigen, trauen, nützlichen dinsten, so der hochgeborne F., H. Albricht, etzwan Hg. zu Sachsen etc., unsir lb. H. und vater seligs und lobelichs gedechtnis, mit darstreckung seins leibs und guts seiner ksl. Mt. geleist, und das wir uns die zeit unsers lebens gegen seiner ksl. Mt. alles untirtenigen gehorsams treulich gehalten, unsers wissens kein mal gehandelt, das sein ksl. Mt. billich hette zu ungnaden bewegen mogen, nicht alleine geburlicher hülfe unsir gerechtigkeit, sunder auch ober das gn. willens vortrost haben. In welcher zuvorsicht wir unsere rete, H. Cesar Pflug und Dr. [Lorenz] Zochen, uf nechsten gehalten reichstage gein Collen geschickt mit bevehl, doselbst ksl. Mt. von unser wegen gleich andern stenden des hl. Reichs untirtanigen gehorsam zu leisten, auch etzliche ander unsir anligende sachen an sein ksl. Mt. zu tragen. So abir gnante unsere rete wider zu uns komen, haben sie uns bericht, das sie aus eintrag der Hgg. zu Bayern, wie uns selber vormals auch gescheen, bey des Reichs handelung nicht haben sein mogen, und ap sie wol von unser wegen, in massen wir vormals auch getan, untirteniglich gebeten, uns in besitzlicher gewahr unsers standes bis zu /4b/ rechtlichem erkentnis gnediglich zu behalten, wie auch von recht einem yden billich gescheen solt, sey es doch nicht angesehen, sunder sie haben unsern stand also meyden müssen.

Und in irem abreisen haben ksl. Mt. H. Cesarn Pflug bevohlen, uns ein meynung furzuhalten, welchermaß sein ksl. Mt. bedacht, vorberürte gebrechen zwüschen den Hgg. zu Bayern und uns zu vortragen.1 Des wir nicht wenig beswert, so wir in unserm obberürtem ober gleich erbieten nicht erhort sein. Darumb uns auch, angezeigten furslag anzunemen, nicht wol leidlichen, zumal, dieweil diese sache nicht allein unser person, sundern alle unsere vettern, brüder und alle Ff. zu Sachsen mitbelangt.

Darumb wir auch nicht ferner dann vor unsere person uf vorbemelten furslag untirteniglich bietten, sein ksl. Mt. wolle aus bewegnis der gerechtigkeit uf nechst angesatzten reichstag uns adir unsere rete in gewehr unsers standes, darinnen unsir furfarn und wir unwidersprechlich gewest, stellen lassen. So das geschiet, die Hgg. zu Bayern adir ymants anders dowider reden und beyder teyl notturft gnugsam gehort wirt, wie dann sein ksl. Mt. asampt des er recht spreche–a zwischen gnanten Hgg. zu Bayern und uns ordenung stellen, das wollen wir unsernthalben gerne benugig sein, in zuvorsicht, ksl. Mt. werde solch unser erbieten zymlich ermessen und sich darinnen gnediglich erzeigen. Und so wir des nicht gewisse vortrostung erlangen,/5a/ wir den reichstag selber nicht besuchen, auch unser rete nicht schicken, sein ksl. Mt. wolle des kein misfall tragen und gnediglich ermessen, das es aus keinen andern ursachen, dann zu erhalden unsir gerechtigkeit und unsern schympf, des wir vormals des stands halben vil erlieden, abzuwenden, geschiet.

[2.] Die erfurdische sache sey ksl. Mt. wolbekant. Daraus seiner Mt. unvorborgen, was unrecht die von Erfurt gegen den hochgebornen F., unsern lb. vettern H. Friderichen, Kf., und H. Johannsen, gebrüder, Hgg. zu Sachsen etc., uns, auch irer libde und unsern untirtanen geubet, derwegen auch sein Mt. mandat und achtbrife ubir sie gegeben. Nichts weniger sein gemelte unsere vettern und wir fur sein ksl. Mt. citirt2, und abwol unsere vettern und wir vil ursachen haben furwenden lassen, wodurch berürte citacion nicht stat haben solt, so sey doch wider unsere vettern und uns schympfliche ausrufung gescheen. Derwegen auch unsir vettern und unsere geschickten zum rechten getreten und verglichen und des doch kein endschaft haben erlangen mogen. Es sey auch nachvolgend von seiner Mt. an unsere vettern und uns ein scharf und beswerlich mandat der von Erfurt halben /5b/ ausgegangen.3 Darauf unsere vettern und wir unsere beschwerung und notturft seiner ksl. Mt. schriftlich eroffent [liegt nicht vor]. Was gn. willens wir in derselbigen sachen bey seiner ksl. Mt. befinden, werde sein ksl. Mt. aus derselbigen unser vettern und unsir schrift vormerken.

[3.] In der gulischen sachen haben unser vettern und wir unsir gerechtigkeit zu sühn und recht an sein ksl. Mt. gestelet. Und ab wir wol, wie vorborurt, in der erfurdschn sach unsers bedenkens unbillich in recht gedrungen seyn, darumb uns auch an unsern sachen billich recht widerfaren solde, haben wir doch in der gulische sache aus des widerteils weigerung recht bis an dise zeit nicht bekomen mögen.

[4.] Wir haben auch vor langer zeit und vil mal seiner ksl. Mt. furtragen lassen, was merglich unrecht Gf. Edezart zu Emden gegen uns begunst. Und so wir doch billich mehr erlangt hetten, sein wir benugig gewest, das sein ksl. Mt. durch ire verordente commissarien unser gebrechen gegen benanten Gf. haben horen lassen.4 Wiewol uns etlich mal ubir solch beyderseyt /6a/ furbringen zum ausspruche beschieden ist, das wir auch itzund uf dem nechstgehalten reichstage unzweifelich gewartet, so ist doch solcher ausspruch abirmals in vorzog gestellet. Und so unser rete uf ir vleissig anrufen bey seiner ksl. Mt. in berürten sachen ein schriftlich mandat5 erlangt, haben sie doch sich vorpflichten müssen, das nicht ehr dann in vier wochen nach endung nechstkünftigs reichstages zu gebrauchen.6 Ab solchs uns zu gut adir gnaden gescheen, stellen wir in sein wert. Als auch seiner ksl. Mt. durch unser rete vormeldet ist, was gnanter Gf. in vorberürter hangender sache arges wider uns practicirt hat, haben wir uns vorsehen, sein Mt. wurde sich noch eygenschaft unser commission, ubir Frißland sorgende, gegen genanten Gf. gebürlich beweyst haben. Dieweil abir auch unsers wissens wenig darinnen bescheen, sey uns wenig gnad daraus zu ermessen.

/7b/ bUnd als wir nu vor langer zeit [auf] dieselbige unser clage wider gemelten Gf. bey ksl. Mt. kein hulf befunden und teglich gwarten mussen, daß wir durch seine bosen anschlege, die nu, wie vorletzt, itzund an tag komen, des ganzen Frißlandes vordrangen werden, sunderlich, dieweil er merkt, daß wir mit hulf vorlassen, er alzeit in seiner bosheit gesterkt ist, uf das wir doch mit mynderm schaden das abkomen mochten, haben wir ksl. Mt. durch vilgenanten unsern rat H. Cesar Pflug sunderlich bitten lassen, uns zu vorgonnen, die Frißlant Gf. Edesart ader andern des Reichs vorwanten zu vorkaufen. Daruf ksl. Mt. begert, ein jar die lant unvorkauft zu halden. Wiewol wir des keine stund zu behalden sicher sein, haben wir doch in vorberurt ksl. Mt. gsynnen bewilliget, doch daß wir mochten schriftlich vorgunst und macht haben, nach endung jarsfrist die land, wie berurt, zu vorkaufen. Des wir doch ime zu lassung billich recht und macht haben sulden. Es sey auch H. Cesar zugesaget, daran uns schriftlich bekentnis zu geben, und im ein vorschlossen missive [liegt nicht vor], uns zustendig, uberreicht us angezeigter meynung, darinne begriffen sey. So uns dieselbig schrift uberreicht und von uns besichtiget ist, sey andere meynung darinne befunden. Was uns daraus guts abzunemen sey, moge jderman leichtlich betrachten.–b

[6.] /6a/ Unser schulde halben, die sein Mt. uns zu tun sey, haben wir auch seiner Mt. mit warheyt rechten grund unsers anligends berichten und undirteniglich bietten lassen, unser notturft gnediglich zu bedenken, mit /6b/ erbietung, uns mit wenigerm zu setigen lassen, dann sein Mt. uns schuldig sey. Darauf wir gar nichts erlangt. Dieweil wir denn nicht alleine ein mergliche sume, die vorlangst solt bezalt sein, bis an diese zeit gemangelt, wir auch unser wolvorschriebene jerliche zinse entwehrt sein, dergleichen susten keinem menschen von seiner ksl. Mt. bescheen, sey wol abzunemen, wes wir in unsir notturft von seiner Mt. uns zu vortrosten haben.

[7.] Welchs alles uns beswert, nicht alleine aus ursachen, das uns an diesen sachn gedeyen und verderb stehe, sondern vilmer darumb, das wir uns solcher ungnad ganz unschuldig wissen, unser H. und vater seliger und wir vil zu wol und treulich gedynt haben. Weyl uns aber dise ding aller obberurter masse begegen, sein ksl. Mt. uns gleich andern stenden des hl. Reichs, seiner Mt. mit dem gemeinen pfennig und sust hulf zu tun und itzt angesatzten reichstag personlich zu besuchen, uns haben auflegen lassen und uns, unvorandert obberurter gebrechen angezeigtem auflegen gar adir eins teyls gehorsam zu sein, unmogelich, unvormelter ursache nicht gerne wolden ungehorsam vormarkt werden, auch unsir beschwerung in gestalt,/7a/ das es seiner ksl. Mt. mocht entkegen sein, nicht gerne wolden anderung suchen, haben wir seiner ksl. Mt. unser anligend aus untirteinigem gehorsam nicht vorhalden wollen, mit untirteniger, demütiger, vleissiger bitt, sein Mt. wolle vorberürte ungnad gnediglich gegen uns abstellen, unser gebrechen und beschwerung in gnad und gerechtigkeyt wandeln ader, worumb das nicht sein soll, gnugsam ursach anzeigen und dokegen unser notturft in gnaden horen, in hofflicher zuvorsicht, sein ksl. Mt. werde uns nicht anders den getrauen, gehorsamen F. finden. Wu wir abir dieser bitt, als wir doch anders hoffen, nicht statt erlangen, so sey uns unmogelich, seiner Mt. mit hulf, besuchung des reichstages oder anderm gehorsam zu erscheinen, wie wir auch des seiner Mt. uf forder gesynnen gnugsam ursach angeben wollen, und werden genotiget, unserm obligen in ander wege rat zu suchen. Wan das gescheen wirt, das solchs sein ksl. Mt. nicht unserm fursetzigem willen, sunder gedrungner notturft zumessen wolle. Datum mitwoch nach allerheyligentage Ao. etc. 12.

Anmerkungen

1
 Ksl. Instruktion für Cäsar Pflug zu einer Werbung bei Hg. Georg von Sachsen, Köln, 21. September 1512. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.1423.
a
–a Am Rand von anderer Hand hinzugefügt.
2
 Ksl. Ladungsschreiben an Kf. Friedrich und die Hgg. Georg, Johann und Heinrich von Sachsen bzw. die ausgetretenen Erfurter Bürger, Trier, 9./11. Mai 1512. Ebd., Nr.1084.
3
 Ksl. Mandat an Kf. Friedrich und die Hgg. Johann, Georg und Heinrich von Sachsen sowie in gleicher Form an Erfurt und die ausgetretenen Erfurter Bürger, Köln, 17./18. September 1512. Ebd., Nr.1126.
4
 Aufzeichnung Cäsar Pflugs und Dr. Lorenz Zochs über die Schiedsverhandlungen im Konflikt zwischen Hg. Georg von Sachsen und Gf. Edzard I. von Emden, Köln, 14. September 1512. Ebd., Nr.1306.
5
 Ksl. Mandat an Gf. Edzard I. von Emden, Köln, 21. September 1512. Ebd., Nr.1308.
6
 Revers Cäsar Pflugs und Dr. Lorenz Zochs über die Verwendung des ksl. Mandats an Gf. Edzard I. von Emden, Köln, 21. September 1512. Ebd., Nr.1309.
b
–b Einschub von anderer Hand.