Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Köln HASt, Köln und das Reich 219, fol. 177r–195r (Reinschrift); ÜS: Reichstag zu Regenspurg anno 1541; AV fol. 177r–178r: Hernach volgt etwas andere und weitleuffigere registratur etlicher reichstage, nemlich ab anno 1541 usque huc.

Und ist ursach diser volkhommenen registratur, das sich im anfenckhlichen fürnemen dises werckhs der stett gewisser mainung oder information etwas mangelhaftig gewesen und die ding also von volgenden jaren für mich selbst uff nachbeschribne weyse ungeferlich angefangen, welchs ich fürter uff mehrn erlangten bericht, wie es im besten zusamenbracht, nit endern willen, auch nit füglich gekhundt, zudem dieweil der schriften deß orts auch etwas volkhommener und darzu stuckhsweyse vorhanden, hab ich disen modum für den füglichsten geachtet. Das aber die speyrischen acta alein bemeldet, hat nit die mainung oder verstandt, das darumb solche acta alein bey inen vorhalten, sonder dieweil ich also in loco dieselben bey der handt gehabt und auch darauß alles berichts und ergangner schriften vast den mehrern theil notwendiglich erholen und erlernen mögen, hab ich es also im besten bey demselben bleiben lassen und unnotwendig geachtet, mit weitterer ungelegenheit nach mehrern zu trachten, deß bedenckhens und ungetzweifelten versehens, das zum fall der notturft alle solche acta und schriften nit minder bey andern stetten auch gleichformig und ebenmessig zu befinden und leichtlich zu erlangen, welchs ich dennocht allhie auch nit unangezeigt lassen wöllen.

Die ksl. Mt. etc. Carolus etc. hat gmainen stenden den 8. Junij1 proponieren lassen und in solcher proposition neben erzelung, auß was verhinderung ire Mt. etc. so lange zeit auß dem reich teutscher nation zu bleiben genottrengt worden, zwey artickhl fürnemlich, als der religion und ainer ansehenlichen hilf wider den Türckhen, in beratschlagung der stende gestelt, sonderlich aber in dem puncten religionis fürgeschlagen, das etliche wenige personen alß colloquenten auß gmeinen stenden und teutscher nation erwelt und verordent werden solten, die strittigen articl notturftiglich zu examiniern und, sovil müglich, vergleichung darin zu suchen, auch alßdann aller solcher irer gepflogner handlung irer Mt. etc. und gmeinen stenden relation zu thun, sich daruff desto besser haben zu entschliessen, wie dise irrung in vergleichung zu bringen, und solchs auch mit dem bäpstlichen legaten Contareno (der dann von des bapst wegen zu disem reichstag geschickht und gegenwirtig gewesen) zu comunicieren nach fernerm inhalt solcher kayserlichen proposition, welche bey disen actis ist.

Demnach deß andern tags, nemblich 9. Junij, seindt der hungerischen [Nr. 171], auch der lande Osterreich ober und under der Enns, Steyer, Khärnden, Crain und Görtz pottschaften [Nr. 170] vor gmainen stenden erschinnen, umb hilf wider den Türckhen cleglich und außfürlich angesucht, mit angehenckhter clausel, who sie in iren eyssersten nötten also verlassen, das man sie nit verdenckhen wolte, wo sie, inen selbst sicherheit zu suchen, fürnemen wurden.

So hat die kgl. Mt. etc. volgenden 25. Junij proponirt [Nr. 181] und gleichergestalt mit cleglicher erzelung und anzaig der not erstlich ain eylende, stattliche defensif, darnach ain beharrliche hilf und dann auch im fall der noth ainen stattlichen zuzug begert, inhalt solcher proposition und dabey ubergebner zeittungen von deß Turckhen macht und ankhunft, signiert.

Und dieweil dann die noth deß Türckhen halb so groß und darin nichts zu feyer gewest, so ist auch solcher punckt der türckhenhilf am ersten in underschiedlichen räthen zu beratschlagen furgenommen, allda sich dann alßbaldt trennung und ungleiche mainungen zwischen den protestierenden oder augspurgischer confession verwandten stenden ainß und den stenden der alten, bäpstischen religion zugetragen, also das die berürten protestirenden stende (denen sich dann durchauß dises reichstags die stett irer religion und protestation verwandt anhengig gemacht) ir sondere antworten [Nr. 183] gegeben und zu der begerten eylenden hilf ainen gantzen romzug bewilligen wöllen, doch anderst nit, dann das zuvor ain bestendiger, gewisser friden aufgericht und das camergericht unpartheyisch von bayderseits religion personen besetzt werde, mit erzelung und ausführung, wie solchs ir höchste notturft erfordere, alles nach ferrerm inhalt derowegen ubergebner schriften.

Aber die andern stende der alten religion haben die hilf auf ainen halben romzug, drey monat lang und im fall der notturft auch den vierten monat an leytten zu laisten bewilligt, mit allerhandt conditionen und außfürunge, wie solchs ir gegeben antwort [Nr. 182] im buchstaben ferrer außweyset.

Und als solche antwortschrift von den bemelten stenden der alten religion in gemeinen reichsrath den stetten, so gleicher profession oder der protestation nit anhengig, furgehalten, auch verlesen worden und aber die stett daruff in irer notturft nit gehört werden mögen (wie von dem allem und was sich mehr der stett halb zugetragen, bey registratur standts, stimb und session weitter bericht zu finden) seindt sie geursacht worden, ir sonder bedenckhen oder antwort diser hilf halb [Nr. 209] mit inverleibter beclagung diser unbillichen der stende außschliessung der ksl. Mt. etc. zu übergeben und furzubringen, signiert.

Daruff die ksl. und kgl. Mtt. etc. sich fürter resolviert [Nr. 184, Nr. 185], die stende repliciert [Nr. 188, Nr. 189, Nr. 190] und also zwischen iren Mtt. etc. und den bemelten stenden hin und wider etliche wechselschriften biß zu entlicher vergleichung ergangen, welche schriften signiert. Und ist schließlich solche hilf wider den Türckhen uff ainen halben romzug an gelt, auf drey monat, auch in fall der noth auf den vierten monat zu laisten gesetzt und bewilligt, mit verordnung aines sonderen obersten khriegsraths, auch pfennigmeisters und anderer vorsehung, wie im gedruckhten reichsabschiedt davon weitleuffiger bericht zu finden.

Ferrer sovil den puncten religionis belangt, nachdem die stende inen der ksl. Mt. etc. obbemelten fürschlag der colloquenten halb nit mißfallen lassen, seindt dieselben daruff sambt etlichen auditorn und presidenten verordent und ist inen von der ksl. Mt. etc. ain buch, darin die articuli fidei und, wie es ungeferlich gehalten werden solt, begriffen, fürgelegt, darüber bayderseits ain zeit lang disceptiert und colloquiert worden.

Und nachdem fürter alle solche handlung, gesprech und confersation bayde, der unverglichenen und etlicher verglichenen artickhel, der ksl. Mt. etc. von den colloquenten furbracht und ubergeben, haben ire ksl. Mt. etc. dasselbig alles sambt dem buch, so den theollogen wie gemelt ad examinandum furgelegt, gmainen stenden uberreichen und begeren lassen, irer Mt. etc. ferrern und gutbedunckhen darüber zu eröffnen [Nr. 110] etc.

Daruff die unprotestirenden stende oder der bäbstischen religion nach gehabter beratschlagung irer Mt. etc. alle solche handlung wider zugestelt, mit bitt, dieselbige mit dem bäbstlichen legaten zu comuniciern und fürnemblich die puncten, deren sich die colloquenten (doch unverpundlich) verglichen, aygentlich und mit vleiß zu examinieren und, ob darzu in sententz oder worten ichtzit begriffen, das den heyligen lehren, auch dem löblichen gebrauch gemainer, christenlichen khirchen zugegen, solch und, was sonst villeicht weitter in der khirchen für mißbreuch erfunden werden möchten, zu endern, zu bessern und abzuschaffen, auch die protestierenden stende vermögen, sich in den uberigen, strittigen puncten uff christlich, bittliche wege auch weisen zu lassen oder, who solchs bey inen nit zu erheben, alßdann dieselben durch mittel aines generalconcilii oder nationalversamblung (ordenlicherweyse zu beruffen) zu billicher erörterung zu bringen, alles laut irer ksl. Mt. etc. ubergebnen antwortschrift [Nr. 125], signiert.

Aber die stende der protestation oder augspurgischen confession verwandt haben der ksl. Mt. etc. ir bedenckhen der verglichenen artickhel [Nr. 136, Nr. 137], item, ain schrift, welchermassen die in der religion eingerissene mißbreuch abgestelt und gebessert werden möchten etc. [Nr. 141, Nr. 142], (welches alles durch ir theologen gestelt) ubergeben.

Uff solchs hat sich die ksl. Mt. etc. erstlich laut der khurtzen schrift mit K [Nr. 129] resolviert und dann hernachmals nach etlicher particular gepflegner underhandlung ain andere resolution oder furschlag [Nr. 135], wie der religion, auch friden und rechtens halb ungeferlich vorsehung zu thun und der abschiedt daruff zu stellen sein solt, den stenden uberreichen lassen.

Daruff sich bey den stenden abermals zweyung und ungleiche mainungen zugetragen, dann die churfürsten in irer sondern gegeben antwort [Nr. 146] der mainung gewesen, das die verglichenen artickhel angenommen werden solten biß zu ferrerer erörterung aines freyen, christlichen general- oder doch nationalconcilii, die fursten aber und andere stende mit dem mehrern darein nit willigen wollen, sonder das dise ding alle uff gemain concilium zu weysen und ausserhalb desselben nichts zu determiniren, das auch der augspurgisch abschiedt hiezwischen in kreften zu halten etc. [Nr. 149].

Und haben die stett, so der protestation nit verwandt, deßhalben auch ir sondere mainung und bedenckhen der ksl. Mt. etc. fürbracht und ubergeben [Nr. 150], signirt.

Daruff hat sich die ksl. Mt. etc. weitter resolvirt und weittere mittel, wie und waruff der abschiedt aller reichspuncten halb zu stellen sein solte, fürgeschlagen lautt der schrift [Nr. 152].

Uff welches fürter nach gepflegner der stend beratschlagung die beschließlich vergleichung getroffen ist, wie der getruckht reichsabschiedt nach lengs im buchstaben zu erkhennen gibt.

Und nemblich in puncto religionis wurdt alle der colloquenten handlung uff ain gemain, christlich concilium, in teutscher nation zu halten, (welchs sich dann die ksl. Mt. etc. bey dem babst in jetziger irer Mt. etc. durchreyse irer [sic!] Italiens mit allem vleiß zu befurdern erpeut), remittiert, mit der versehung, das in mangel desselben und so es seinen fürgang nit erreichte, ain nationalconcilium fürgenommen oder, da auch dasselb nit erhalten werden möchte, das durch die ksl. Mt. etc. inwendig 18 monaten ain gmainer reichstag außgeschriben werden soll, dise irrung, sovil immer müglich, in vergleichung zu bringen, und das hiezwischen die protestierenden stende uber die artickhel, deren sich die theologen allhie verglichen, nit schreitten, das auch die geystlichen ain christenliche ordnung und reformation allenthalb anstellen und uffrichten und darüber ernstlich halten sollen etc., ut ibi fu[it] sig[natum].

Den friden betreffendt wurdt der fridstandt, so hievor zu Nürnberg aufgericht, biß zu ende aines generalconcilii oder nationalversamblung oder biß uff den reichstag vestiglich zu halten erstreckht, mit angehenckhter weittern außfurung und disposition solcher religion, auch deß gmainen landtfridens etc., wie im getruckhten abschiedt zu sehn.

Sovil dann des recht oder camergericht belangt, nach allerhandt furschlegen und hinc inde bescheener disceptation (darunder dann auch die stett ire sondere mainungen in der schrift, mit G signiert2, angezeigt) ist es letztlich dahin verabschiedet und verglichen, das solch camergericht hinfurter propter administrationem iustitiae (ausserhalb der suspendirten achten) in wesen und exercitio iurisdictionis suae bleiben und dasselbig uff drey jar lang die nechsten durch die stende uff den alten augspurgischen anschlag ohne der ksl. Mt. etc. zuthun (dieweil ir Mt. etc. nun lange jar solch gericht auf iren costen alein verlegt) gantz underhalten, auch derwegen berürter anschlag hinfürter doppelt entricht werden solle. So soll auch solch camergericht vermög hievor uffgerichter ordnungen hinfüro gewißlich alle jar visitiert werden uff prima Maij, aber die jetzig nechst und erste visitation uff 14. Januarij schierst zu Speyer anfahen etc.

Muntz belangendt, dieweil auf disem reichstag auß allerley ursachen nichts darvon gehandlet werden mögen, wurdt ain muntztag auf 14. Januarij, da ohne das die visitatores zusamenkhommen, gehn Speyer angesetzt, daselbst hin ain jeder churfurst, furst und andere stende, so perckhwerckh haben, auch die sechs krayse jeder ainen muntzverstendigen rath schickhen sollen, von richtigmachung solcher muntz endlich zu schliessen.

Pollicei, wie die hievor auf bayden reichstagen, zu Augspurg anno etc. 30, zu Regenspurg anno 32, aufgericht, wurdt allhie erneuert und alles inhalts vestiglich zu halten gebotten, mit dem anhang, da in solcher pollicei etwas ferrer zu verbessern, das obgemelte der stende verordenten zur visitation und muntz uff 14. Januarij zu Speyer solchs auch verrichten sollen etc.

Sonst so ist auch dises reichstags die offensifhilf wider den Türckhen erstlichs durch ainen außschuß und volgends auch durch die stende in underschiedlichen rathen beratschlagt und deßhalben ain ratschlag oder bedenckhen [Nr. 204] verfast, so bey disen actis. Es ist aber davon nichts in abschiedt khommen, sonder also in gehaimb bey der maintzischen cantzley behalten.

Ringerung der anschlege belangendt, dieweil sich fast alle stende beclagt und umb einsehens gebetten, ist ain verordnung gemacht und verglichen, nemblich das die ksl. Mt. etc. und die zehen kraise deß reichs ain jeder ainen verstendigen rath uff obgemelten 14. Januarij gehn Speyer schickhen und doch darvor bey jedem kraiß erkhundigung deß auf- oder abnemens der stende, darin begriffen, bescheen und das demnach solche verordenten ainen gleichmessigen, billichen anschlag machen sollen nach ferrer außweysung deß reichsabschiedes.

Und nachdem die protestirenden oder augspurgischen confession verwandten stende und stett in dem allhie aufgerichten reichsabschiedt von wegen deß puncten religionis, auch frieden und rechtens allerhandt mengel und ungenüegen gehabt und dieselben, wo die nit anderer gestalt gemiltert, gar nit bewilligen noch ires theils die türckhenhilf laisten, dagegen aber auch die andern stende der alten religion uber allerhandt particular gescheene underhandlungen von iren mainungen nit weichen wöllen, hat die ksl. Mt. etc. zu befridigung gemelter protestirenden stende inen ain besondere declaration etlicher artickhel halb [Nr. 949], darinnen inen etwas ir will gemacht, under irer Mt. etc. insigel schriftlich zugestelt und gegeben, signiert.

Welchermassen es dann dises reichstages gegen der erbarn stett gesandten gehalten und was sich zwischen churfursten, fursten und andern stenden und inen, den stetten, der zugefügten außschliessung halb (so inen, den stetten begegnet) fur schriften zugetragen, was sich auch für sondere schriften und supplicationes der ksl. Mt. deßhalb ubergeben, davon sambt etlicher stett gescheener protestation wider den abschiedt ist bey der registratur standts, stimb und session in secunda parte notwendiger bericht zu finden.

Und seindt die schriften, so also der stett halb ergangen, bey disen actis mit hieneben verzeichneten buchstaben signiert.

Anmerkungen

1
 Das Datum ist irrig. Die ksl. Proposition wurde am 5. April vorgetragen. Vgl. Nr. 29.
2
 Liegt nicht vor.