Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Protest Sachsens gegen das Sessionsrecht und die Reichsstandschaft der Bff. von Merseburg, Naumburg und Meißen. Einigung im RR über die Antworten der Reichsstände zum 5. HA (RMO) und 3. HA (Landfrieden). Resolutionen des SR. Proteste der doppelt besteuerten Reichsstände (2. HA) und des Lgf. von Hessen (5. HA). Bericht mit Abschied zum Reichsmoderationstag in Worms. Prorogation an einen künftigen RT. 2. HA (Türkenhilfe): Noch keine Einugung im KR wegen der Klausel im RAb zur beharrlichen Hilfe. Resolution der Reichsstände zur RKG-Visitation – Reichsjustiz [4. HA].

/824/ (Vormittag) Reichsrat. Die kursächsischen und die hgl. sächsischen Gesandten protestieren mit der Behauptung, dass den Bff. von Merseburg, Naumburg und Meißen allß sachsischen landtstenden kein session im Reich gepure1. Baten, solche protestation zu prothocollieren2. Merseburgisch gesandter3: Last es, die protestation, auf seim wurd und unwurd4 beruhen.

/825/ Mainzer Kanzler referiert vor SR den gemeinsamen Beschluss von KR und FR zum 5. HA (RMO): Prorogation der Verhandlungen wegen des baldigen Endes des RT an einen Münztag nach Speyer, der neben dem DT zur Reichsjustiz stattfinden soll. Die Reichsstände, die den Reichsjustiztag beschicken, sollen auch für den Münztag sachverständige Räte abordnen. Beschwerden zur Reichsmünze können dort vorgebracht werden. Die Deputierten des Reichsmünztags haben ihr Beratungsergebnis einem künftigen RT vorzulegen. Jetzt Erneuerung des Münzmandats [von 1555]5  durch den Kg. sowie Aufforderung an Kg. Philipp II. von Spanien durch den Kg., in Burgund die RMO zu beachten.

/826/ Gemeinsamer Beschluss von KR und FR zum 3. HA (Landfrieden): Da die EO nicht geändert werden muss, ist keine Beratung erforderlich. Jedoch Bekräftigung der EO im RAb und Ermahnung der Reichskreise, sie termingerecht zu vollziehen. Regelung der Kreisoberstenwahl im Hinblick auf die Supplikation des Oberrheinischen Kreises6  gemäß den Vorgaben der EO 7 , gegebenenfalls also Bestellung eines Obersten auf Kosten des Kreises. /827/ Die Supplikation der Reichsstädte wegen der Landfriedensbrüche8  wird ebenfalls an die Regelungen der EO verwiesen, deren strikter Vollzug diese Umtriebe beheben würde. Daneben Bitte an den Kg., das entsprechende Mandat zu erneuern.

SR: Verlesung der schriftlichen Resolutionen zu beiden HAA 9 . Sodann Anschluss an KR und FR.

Verlesung des Protests des Ebf. von Salzburg sowie der Bff. von Würzburg [!], Bamberg und Regensburg gegen die Doppelbesteuerung beim 2. HA (Türkenhilfe) aufgrund ihrer Güter in Österreich10.

Verlesung des Protests Hessens bezüglich der RMO 11.

/828/ Verlesung des Schreibens der in Worms beim Reichsmoderationstag versammelten Moderatoren an den Kg. 12 , a

Kurfürstenrat. Nochmalige Verhandlung zum 2. HA (Türkenhilfe) wegen der Aufnahme einer Klausel in den RAb mit der Vorgabe künftiger Beratungen einer beharrlichen Hilfe.

Umfrage. Trier, Köln, Pfalz und Mainz haben noch keine Weisung. Pfalz lehnt eine Aufnahme in den RAb strikt ab, dan es doch ein heimbliche obligation uf sich truge. Sachsen und Brandenburg befürworten die Klausel. Zur eigentlichen Steuerbewilligung befürwortet Köln den Anschluss an die acht doppelten Römermonate, da der gesamte FR dies zusagt. Pfalz hat dazu Weisung erhalten und ist zu deren Vortrag bereitb.

/829/ (Nachmittag) Kurfürstenrat, dann Kurfürstenrat und fürstenrat. Jeweils Verlesung und Billigung der Resolutionskonzepte für die Antworten der Reichsstände zum 5. HA (RMO) und 3. HA (Landfrieden)13 . reichsrat. Verlesung und Billigung des Resolutionskonzepts für die Erklärung der Reichsstände zur RKG-Visitation – Reichsjustiz [4. HA]14.

Anmerkungen

1
 Vgl. zu den Auseinandersetzungen um Landsässigkeit und Reichsstandschaft (dafür neue Impulse im Gefolge des Schmalkaldischen Kriegs) der drei Hstt. schon seit dem 14. Jahrhundert: Wolgast, Hochstift, 237–253; Debatten und Differenzen um den RT-Besuch der Bff. seit 1539 bes. 243–249 (Lit.).
2
 Vgl. zum Protest einen weiteren Eintrag in HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 111 (bei den Supplikationen): Mersenburg, Meissen und Zeits hetten ein gesandten hieher geschickt und session einnemen wollen. Dieweill sie aber nit Reichs stendt, sonder dem hauß Sachsen zustendig, auch nie session gehabt, allein anno 46 hetten sie sich angemasst: Protestirt [Sachsen] hieruber; patt, solchs zuprothocolliren. Mersenburg protestirt herwiderumb, das sie es alhero pracht haben. Liesse derhalben solche protestation uff irem werth und unwerth beruhen. [„1546“ wohl verschrieben für RT 1544. Vgl. Proteste Kf. Johann Friedrichs von Sachsen wegen der Reichsstandschaft der drei Bff. vom 19. 2. und 18. 5. 1544: Eltz, RTA JR XV, Nr. 519 S. 2149 f., Nr. 524 S. 2155 f.; Protest der Hstt. Meißen und Merseburg gegen den Kf. wegen der Session (o. D.): Ebd., Nr. 521 S. 2152 f. Bestätigung der Reichsstandschaft für Bf. Johann von Meißen durch Ks. Karl V. vom 5. 5. 1544: Ebd., Nr. 522 S. 2153 f. Am RT 1546 war nur Bf. Julius von Naumburg anwesend ( Aulinger, RTA JR XVII, Nr. 110 S. 524, Anm. 3). Zur dortigen „causa Naumburg“ (Julius Pflug als katholischer, Nikolaus von Amsdorf als evangelischer Bf.) vgl. ebd., bes. Nrr. 25a, 25b S. 137–141 f. Zusammenhang: Wolgast, Hochstift, 240–243].
3
 = J. Töpfer, Sekretär des Bf. von Merseburg, der auch die Hstt. Naumburg und Meißen vertrat.
4
 Gemeint: ‚Wert und Unwert‘.
5
 Münzmandat Kg. Ferdinands I. vom 25. 9. 1555: Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 391 S. 3159–3161.
6
 Nr. 560.
7
  EO im RAb 1555, §§ 56–58 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3122 f.).
8
 Nr. 570.
9
 Nrr. 494, 498.
10
 Es protestierten neben Salzburg, Regensburg und Bamberg die Hstt. Freising und Passau sowie der Propst von Berchtesgaden, jedoch nicht Würzburg: Protest an die Reichsstände: Deren Gesandte haben von ihnen, den Verordneten der unterzeichnenden Stände, bei der Beratung des 2. HA vernommen, aus welchen Gründen sie sich gegen die Doppelbesteuerung ihrer Herren beschwert und gebeten haben (vgl. Österreich B, fol. 657–660’ [Nr. 167]; Würzburg, fol. 219, fol. 219’ [Nrr. 189, 190]; Bamberg, fol. 333 [Nr. 191, Anm. a]), sie nicht über Gebühr gegen die Bestimmungen älterer RAbb (vgl. Anm.5 bei Nr. 438) zu belasten. Obwohl die Reichsstände eine entsprechende Bitte an den Kg. gerichtet haben (Nrr. 438, 440), beharrt dieser auf der Doppelbesteuerung (Nr. 445, fol. 249f.). /172’/ Dieweil aber unsern gnst. unnd gn. herrn zum höchsten beschwerlich, ja etlichen auch gar unmuglich, also doplt belegt zewerden, und nit weniger bedenckhlich auch, aus beschlossner handlung und den Reichß abschiden zegeen, müssen sie gemäß Befehl ihrer Herren erklären, dass diese weder die Doppelbesteuerung bewilligen noch die Bestimmungen der erwähnten RAbb aufgeben. Bitten um Aufnahme des Protests in das Mainzer Protokoll. Nachweise: HHStA Wien, MEA Zollsachen 1 Fasz. 3, fol. 172–173’ (Kop. Dorsv.: Verlesen in gemeiner reichsversamlung den 13. Martii 1557. Protestatio.) = Textvorlage. StA Bamberg, BRTA 37, fol. 670–671’ (Kop.). HStA München, HL Passau 2253, fol. 246–248’ (Kop. Überschr.: Copia einer protestation schrifften der ertz- und bischoven Saltzburg, Bamberg, Freysing, Regenspurg und Paßau, auch des propsts zu Perchteßgaden abgeordneter gesandten, in sachen, die toppelt anlag wider das hauß Osterreich betreffend. Dorsv.: Ubergeben dem maintzischen canntzler den 10. Martii anno 57. Und sein der schrifften zwo, gleichwol aines innhalts, gewest. Und ist daneben gebetten worden, daz er, der cantzler, die ain schrifft gemainen stennden furlesen und die ander bei den actis behalten solle. Des er sich zuthun auch also erbotten. Und sein bei solcher uberantworttung gewest Saltzburg, Bamberg, Freysing, Regenspurg und Passau als gesanndte.). LA Salzburg, GA IV/10, unfol. (spätere Kop.). HStA München, Hst. Freising K. blau 200/17, fol. 538–539’ (Kop.).
11
 Protest: Die Gesandten protestieren im Auftrag Lgf. Philipps gegen die Bestimmung der RMO 1551, der zufolge der bisher laut Privilegien und Lehenbriefen des Lgf. nur mit Goldgulden zu entrichtende Zoll zu St. Goar künftig mit Silberwährung bezahlt werden kann. Billigen die RMO 1551 nur unter Vorbehalt dieses Protests. Nachweise: HHStA Wien, MEA Zollsachen 1 Fasz. 3, fol. 176, 177’ (Kop. Dorsv.: Protestation Hessenn, die neue muntz ordnung belangende. Verlesen in consilio imperiali 13. Martii 1557.). StA Marburg, Best. 3 Nr. 1249, fol. 444, 445’ (Kop. mit Or.-Bestätigung der Mainzer Kanzlei). Eine diesbezüglich beabsichtigte Supplikation wegen der Entrichtung des Zolls (StA Marburg, Best. 3 Nr. 1244, fol. 19–20. Kop.) wurde nicht übergeben, nachdem der RT beschlossen hatte, die Beratungen zur RMO zu prorogieren. Vgl. Weisung Lgf. Philipps an seine Gesandten (Marburg, 1. 3. 1557): Ebd., Nr. 1248, fol. 266–267’. Or.
12
 Nr. 509. Mit dem Schreiben vom 22. 2. 1557 wurde dem Kg. neben dem Abschied des Moderationstags auch die revidierte Reichsmatrikel übersandt. Im RR wurde wohl nur das Begleitschreiben verlesen.
a
  Kg.] Kurpfalz (fol. 575’ f.) zusätzlich: Dazu anschließend Kurfürstenrat und fürstenrat [Beratung von Supplikationen]. FR: Beratung des Schreibens noch auf dem RT oder Prorogation an den DT zur Reichsjustiz. KR: Moderation ist /575’/ ein solcher articel, das sie sich uf diß als ein neu werck, so uf ein reichstag gehorig, one befelch nit einlaßen konden. /576/ reichsrat. Gemeinsamer Beschluss von KR und FR: Moderation wird an einen künftigen RT prorogiert. SR schließt sich an. [Auch enthalten im Kurmainzer Supplikationsprotokoll: HHStA Wien, MEA RTA 42, fol. 41’ f.]
b
 bereit] Kurpfalz B [Protokoll Religionsausschuss] (fol. 120) zusätzlich: Als Gratifikation erlegt jede kfl. Gesandtschaft für den Türhüter 6 Taler und für den Diener des Reichserbmarschalls 3 Taler.
13
 Billigung im SR am 14. 3. (Nürnberg, fol. 401’ [Nr. 315]). Beide Antworten sind in einer Resolution zusammengefasst [Nr. 447].
14
 Nr. 446. Die Beratungen, die zur Resolution führten, sind in Kurmainz nicht protokolliert. Vgl. Würzburg, fol. 245’–247 [Nr. 208], und Württemberg, unfol. [Nr. 210].