Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
1.1. Quellenauswahl und Quellenlage
Die Konzeption der vorliegenden Edition realisiert die im achten Band der Mittleren Reihe entwickelten Überlegungen zur Struktur des Reichstages in der Maximilianszeit. Das Gleiche gilt dementsprechend für die Materialauswahl.1 Wie aus dem Archivalienverzeichnis hervorgeht, wurden sämtliche Bestände und Quellentypen herangezogen, die Informationen über den Konstanzer Reichstag erwarten ließen. Insgesamt ist die Überlieferungslage allerdings nicht zufriedenstellend. So deckt das Reichstagsprotokoll (Nr. 148) nicht einmal ein Drittel des Zeitraumes ab. Die Verhandlungsakten, also die zwischen Reichsoberhaupt und Reichsständen ausgetauschten Resolutionen zu den Verhandlungsmaterien, sind nicht vollständig überliefert. Die vorliegenden Gesandtenberichte können dieses Defizit kaum ausgleichen, da sie meist nur auf die partikularen Angelegenheiten der einzelnen Stände eingehen. Zwar hielten sich zur Zeit des Reichstages zahlreiche ausländische Gesandtschaften am Hof König Maximilians auf, doch sind nur die allerdings zahlreichen Berichte des Venezianers Vincenzo Querini und vereinzelt Schreiben florentinischer und mantuanischer Emissäre und Kontaktleute erhalten. Die wenigen überlieferten Berichte von Vertretern der burgundischen Statthalterregierung sind marginal. In Paris und Rom fanden sich keine auf den Konstanzer Reichstag bezüglichen Gesandtschaftsakten. Im übrigen ließen die negativen Bescheide auf Anfragen in Simancas und London einen Besuch der dortigen Institute von vornherein aussichtslos erscheinen. Gleichwohl ist angesichts der beträchtlichen Dauer des Reichstages von beinahe drei Monaten eine große Zahl von Quellen überliefert. Um möglichste Übersichtlichkeit zu gewährleisten, dokumentieren die im Haupttext wiedergegebenen 994 Stücke die Hauptstränge der Verhandlungen. Ergänzende Akten (ca. 980) wurden in den Fußnoten ausgewertet. Einen Überblick über die dargebotenen Stücke bietet ein chronologisches Aktenverzeichnis am Schluß des Bandes.
1.2. Gliederung
Die Dokumentation der politischen und organisatorischen Vorbereitungen des Konstanzer Reichstags in Kapitel I setzt chronologisch im wesentlichen im Oktober 1506 ein. Das in Kapitel I.1 (Romzug) versammelte Quellenmaterial bietet für die Verhandlungen und Pläne König Maximilians im Vorfeld des Reichstages und mit Hinblick auf den Reichstag eine Vielzahl von neuen Aspekten. Nicht zuletzt werden die für die maximilianeischen Reichstage so wichtigen außenpolitischen Rahmenbedingungen skizziert. Kapitel I.2 setzt sich gleichsam kontrapunktisch mit den partikularen Anliegen der ständischen Teilnehmer auseinander, die in der Regel überhaupt erst deren Interesse am Reichstag begründeten. Kapitel I.3 gibt das zweifellos lückenhafte Material zur organisatorischen Vorbereitung des Reichstages wieder, wobei neben den Bemühungen der Reichsregierung vor allem die Aktivitäten der gastgebenden Stadt Konstanz im Mittelpunkt stehen.
Das zentrale Kapitel II.1 enthält die Verhandlungsakten des Reichstages samt zugehörigen Stücken – soweit sie überliefert sind. Vor allem in der turbulenten Schlußphase der Verhandlungen erfaßten die ständischen Schreiber anscheinend nicht mehr alle vom König vorgelegten Stellungnahmen. Einige königliche Resolutionen sind nur in Form von Auszügen oder als Randvermerke zum vorhergehenden Stück erhalten. Doch auch bei den vollständig vorliegenden Resolutionen ist die Zahl der Überlieferungen wiederholt erstaunlich gering. Als sehr schwierig erwies sich die Datierung; in einigen Fällen konnte nur ein Terminus post oder ante quem bestimmt werden. Die gewählte Reihenfolge der Stücke erschien nach sorgfältiger Abwägung als die plausibelste. Die Außenkommunikation des Reichstages, hier konkret die in die Reichsversammlung gelangten Aktenstücke französischer und päpstlicher Provenienz wurden wegen des großen zeitlichen Abstandes nicht nach ihrem Ausstellungsdatum, sondern entsprechend ihrer Präsentation in Konstanz eingeordnet.
Abgesehen von der unübersichtlichen Schlußphase des Reichstages wurden die Verhandlungen König Maximilians bzw. der Reichsstände mit den und über die Eidgenossen in ein eigenes Unterkapitel (II.1.3.) ausgegliedert, um den Zusammenhang mit den eidgenössischen Tagen in Schaffhausen (Mai 1507) und Zürich (Juni 1507) herzustellen, an denen auch Vertreter der Konstanzer Reichsversammlung teilnahmen. Kapitel II.1.6. dokumentiert mit dem Reichsabschied und den Reichsanschlägen für die Romzughilfe und den Kammerzieler die Ergebnisse der Reichstagsverhandlungen. In Konstanz fanden während des Reichstages diesen ergänzende Versammlungen des Schwäbischen Bundes und der Reichsstädte statt. Der allerdings bescheidene Aktenniederschlag ist in den Kapiteln II.2–3 zu finden. Für die Kapitel II.4–10 gelten erneut prinzipiell die Darlegungen im achten Band der Mittleren Reihe.2
Die in Kapitel III versammelten Nachakten dokumentieren die unmittelbaren Folgewirkungen des Reichstages und den Vollzug der in Konstanz getroffenen Entscheidungen. Sie setzen zeitlich in der Übergangsphase zwischen der Publikation des Reichsabschieds am 26. Juli und der Abreise König Maximilians aus Konstanz am 11. August3 ein. Im Mittelpunkt steht wiederum der Romzug. Dokumentiert werden die Bemühungen der Reichsregierung um die Einsammlung der bewilligten Reichshilfe im wesentlichen bis zur Kaisererhebung Maximilians I. In diesem Zusammenhang werden auch die Initiative der auf dem Reichstag projektierten Anleihe bei den Handelsgesellschaften und die weiteren Verhandlungen mit den Eidgenossen bis zu deren endgültigem Scheitern verfolgt (III.1.4/6). Wichtigstes Reformergebnis des Reichstags war die Erneuerung des Reichskammergerichts4 (Kap. III.2). Die Dokumentation reicht zeitlich bis zum ersten, bislang nicht bekannten Visitationsabschied von 1508 und zur Regensburger Reichskammergerichtsordnung (Nrr. 949f.), womit die Konstanzer Reformbeschlüsse als realisiert gelten können. Abgeschlossen werden die Nachakten durch wichtigere reichsständische Angelegenheiten (Kap. III.3).
1.3. Quellendarbietung
Auch was die Quellendarbietung angeht, gelten weiterhin die Darlegungen in Band 8.5 In Anlehnung an die Gepflogenheiten der Jüngeren Reihe wurden als Neuerung die Querverweise auf Stücke innerhalb des Bandes – insofern nicht Textpassagen mitzitiert werden – in eckigen Klammern in den Haupttext eingefügt. Dies führte zu einer deutlichen Entlastung des Fußnotenapparates. Die Verwendung des Zeichensatzes mediaevum.ttf6 erlaubt es, in zeitgenössischen Drucken verwendete diakritische Vokale als solche wiederzugeben – also z. B. zuͦuolfuren statt wie bisher zuouolfuren.7 Die Regesten sind im Indikativ gehalten. Dies erlaubt die deutlichere Kennzeichnung von in den Gesandtenberichten wiedergegebenen Aussagen Dritter durch die indirekte Rede und bringt auch eine gewisse sprachliche Entlastung mit sich.