Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Ravensburg StadtA, Bü. 152b/1.4, unfol. AS und ÜS: Schwäbisch kraißhandlungen auf gehaltnem reichstag zu Nurnberg anno 1543.

Underschidlicher bericht, relation und anzaig, so den hochwürdigen, durchleuchtigen, hochgebornen, erwurdigen, wolgebornen, edlen, erenvesten, fursichtigen, ersamen und weysen herrn, den gaistlichen und weltlichen fursten, prelaten, graven, freyen herren und stett des schwäbischen reichskraiß, unsern gnädigen fursten, gunstigen herren und frainden, auch derselben abwesenden räthen, gesanten und bottschaften, auf gegenwurtigem reichstag zu Nurnberg beyainandren versamlet, durch uns, Clausen von Gravenegk, obervogt zu Blaubeurn, Ulrichen Neitthartten, Bgm. zu Ulm, Christoff von Westerstötten, dechant des stifts zu Ellwangen und thumherrn zu Aystett, Hannsen Musler, vogt zu [Tettnang]und Jörgen Besserer, alten Bgm. zu Ulm, als von derselben fstl. Gnn., Gnn. und Gg. verordneten einnemern von wegen der einnam und außgab des bewilligten gemainen pfenings zu der beharrlichen turckenhilf, und was so sich sonst weitter in sollicher unserer verwaltung gegen den ständen diß kraiß und andern begeben und zutragen hat, beschehen auf dem reichstag zu Nurnberg in der fasten anno etc. im 43.

Die fünf oben genannten schwäbischen Kreiseinnehmer kamen zur Durchführung des Speyerer Reichsabschieds (1542 April 11) und des Ulmer Kreisabschieds (1542 Mai 2) am 23. Juni 1542 in Ulm zusammen, um durch die Kreisstände vereidigt zu werden, einen Gegenschreiber2zu wählen und den Inhalt der beiden Abschiede nochmals anzuhören. Hierauf stellten sie aus den beiden Abschieden eine Liste mit Fragen zur Erlegung des Gemeinen Pfennigs zusammen, welche den Gesandten der Kreisstände mitgegeben wurde.

Nachmals sind durch uns, die kraißverordneten, vier underschidlicher buecher und register zu machen verschafft, darin dann verzaichnet und geschriben worden wie nachvolgt:

Item in das erst, wöllicher stand des schwäbischen kraiß auf wölchen tag und durch wen sein gemainer pfening auf den reichsabschid in gemain kraißtruchen erlegt und eingeschut, auch darbey das geburend register seins abzugs und aufgewandten uncostens zu underhalten seins kriegsvolcks uberantwurt etc. In das ander, was ain yeder stand diß kraiß zu underhaltung seiner geraisigen und fuossknecht auf den andern und dritten monnat zu unser und Sebastian Bessrers, des zalmaisters, handen gestölt und erlögt. Das dritt register halt in sich, was ain yeder stand zu seiner angebur des genempten anschlags und uncostens zu underhaltung des geschutzs, auch des kriegsrath, leutnampts und anderer ämpter, auf ain raisigen drey und auf ain fuoßknecht ain fl. geschlagen, erlegt und bezalt haben. Sodann begreift das fierdt buch alle außgab, vererungen und uncosten auf schreiber und bottenlon, abvörtigung der bezalungen in das läger, zerung und rheitgelt unser, der verordneten kraißeinnemer und anderer etc. aufgewendt, so von dem gemeinen pfening entricht worden.

Als nun volgendts die ständ des schwäbischn kraiß zum thail aigner person und dann durch ire gesanten und diener ire gemain pfening vornazu [= vorne an, als erstes] nach und nach bey uns erlegt, ist ir yedem die verzaichnus der artickel und interrogatorien, darauf ain yeder nach gelegenhait respondiert, durch uns furgehalten und dann ain register seiner außgab und abzugs von ime angefordert und empfangen, darauf nachmals derselbig stand sein übrige rest des gemainen pfenings (so er anderst aini gehapt) in samenthafter gegenwurtigkait unsrer, der verordneten, und unsers schreibers also ongezelt vermög des reichsabschidt in die verordneten kraißtruchen eingeschutt, wölchs alsbald durch den verordneten schreiber in das darzugehörig register also eingeschriben und verzaichnet, auch alsdann demselbigen stand ain gewonlich urkundt under unserm aigen angebornen bitschier uberantwurd worden.

Im fal aber, da etwa ains standts außgab (wie dannocht bey manchem, inmassen underschidlich hernach volgt, befunden) so grouß, das sy das einnemen des gemainen pfenings desselbigen standts, wie dann auß den zugestölten registern leuchtlich zu sehen gewesen, übertroffen, deßhalb er, sollicher stand, denselbigen seinen abgang und ausstand ime auß gemainer kraißtruchen zu erstatten vermög baider des reichs- und kraißabschidts anvordret [= fordert, verlangt], so ist ainem yeden derselbigen ständ nichtdesterweniger angezaigt ir anvordrens sigel und urkundt mitgethailt. Und aber hernach ime sollicher abgang und ausstand, sovil sich desse allain vermög des speyrischen abschidts und gemachten anschlags, namlichen auf ain pferd sampt dem troß und wagen monatlich 15 fl., deßgleichen auf ain fuoßknecht sampt den übersölden vier fl. zwölf b. und dann der gepurenden uncosten zu underhaltung des geschutz und der ämpter auf ain pferd drey fl. und auf ain knecht ain fl. gepurt, auß der gemainen kraißtruchen durch uns widerumb erstattet.

Darneben aber und dieweil der ulmisch kraißabschid [1542 Mai 2] lauter zu erkennen gibt, das zu verhuettung allerlay irthumb ain yetwederer stand die register seiner außgab dermassen stellen und sich mit denselbigen halten, das er verhof und getrau, ime durch die ständ des Reichs auf dem tag zu Nurnberg dieselbigen passiert und gnugsam zu sein erkennt, auch sich mit bestellung seins kriegsvolcks dem speyrischen reichsabschid sovil möglich gemäß halten solle, wölchs von gemainen ständen des schwäbischen kraiß ungezweiffelt auß sonderen erheblichen und stattlichen ursachen bedacht und angesehen worden, so haben wir auß sollicher ursach die anderen posten und außgaben, als wardt- und rustgelt oder dergleichen, so im speyrischen abschid nit vergriffen, auf das passieren hoch- und wolgemelter ständt des Reichs hiemit auf gegenwurtigen reichstag gen Nurnberg remitiert und geschoben.

Wir haben auß yetz vernomen ursachen von ainichem ständ des gezurgs [= Kreis] sein übergeben register anderer gestalt nit angenomen noch annemen wöllen, dann allain auf sonder bewilgung [!], guthaisen und wolgefallen gemainer ständ des Hl. Reichs, als zu wölcher das passieren der gestölten uncösten vermög obgemelts kraißabschidts entlich gestelt worden, inmassen wir dann auch ainen yeden, bey dem wir den costen oder außgab zu übermässig gesetzt vermuth, getreulich verwarnet, in demselbigen gepurende maß zu geprauchen, dann zu besorgen, das sollicher cost durch die ständ zu Nurnberg nit passiert werd.

Darauf seyen wir nun also ungefarlich 13 wochen, und namlich zechen wochen über die bestimpten zeit im reichsabschid den 13. Julij3, merthails in ordenlicher versehung unsers aufgelegten bevolhnen und vertraueten ampts (unserhalben one rhum zu reden) beyainandren gevlissen gesessen, daselbs wir dann täglich den ankomenden ständen und darlegung des gemainen pfenings unserer personen halben nit mit geringer beschwärden erwarth, auch sonst in ander weg die furfallenden geschäft (mit vernemung der zukomenden brieffen und eingefallne spenn und irthumben, verantwurtung und entschaidung derselbigen, erschiessung und zellung des gelts und gefallnen anlagen, auch in abvörtigung der bezalungen zu des verordneten zalmaisters handen und gewalth und dergleichen mer notwendige sachen) verricht haben. Und das sich aber die sachen so lang verweilt, ist auß verhinderung der ständ, das derselben etlich so spät und langsam mit erlegung irs gemainen pfenings erschinen und ankomen, dargeraicht, also das sollicher pfening allererst auf den 15. tag Septembris gar erlegt und eingebracht worden, wie dann das register, so daruber gehalten, lengst zu erkennen gibt.

Damit nun gemaine ständ des schwäbischen kraiß des[to] stattlicher und gruntlicher bericht haben mögen, wie sich ain yeder stand desselben mit schickung seiner auferlegten anzal kriegsvolck zu roß und fuoß, auch underhaltung desselbigen die drey monnat lang, erlegung des uncostens und einwerfung des gemainen pfenings erzaigt und gehalten, inmassen wie man zum theil auß iren übergebnen registern und gruntlichen bericht erfarung empfangen, so haben wir (wie uns nach unserm bevolhen ampt und verwaltung unsers erachtens schuldigclich gepurt) hierin underschidlich und gesonderte abthailung gemacht, darauß sollichs irn fstl. Gnn., Gnn. und Gg. umb sovil mer verstentlicher, außtruckenlicher und klärer zu vermörcken sein wurdet.

Folgende Verzeichnisse wurden angefertigt: 1. Kreisstände und im Schwäbischen Kreis ansässige Personen und Klöster, die den Gemeinen Pfennig in die Kreistruhen einlegten. 2. Stände, deren Gemeiner Pfennig die Ausgaben für drei Monate Türkenhilfe nicht abdeckte und die zum Teil Kostenersatz begehrten. 3. Gehorsame Kreisstände, die ihr Kriegsvolk drei oder zum Teil vier Monate unterhielten und alle Unkosten bezahlten. 4. Kreisstände, die nur Reiter, aber kein Fußvolk schickten. 5. Kreisstände, die nur Fußvolk, aber keine Reiter schickten oder die Reiter durch Fußvolk ersetzten oder stattdessen eine Geldzahlung leisteten. 6. Kreisstände, die weder Reiter noch Fußvolk schickten, sondern nur den Gemeinen Pfennig erlegten4. 7. Städte des Schwäbischen Kreises, die in anderen Fürstentümern oder Herrschaften veranlagt wurden und weder Reiter noch Fußknechte noch Geld schickten. 8. Einhebung des Gemeinen Pfennigs von den Juden in Günzburg und Burgau. 9. Stände, deren Steuern und Anlagen noch einzuheben sind. 10. Ungeklärte Punkte und Konflikte in Fragen der Besteuerung. 11. Liste von Personen, die Exemtion von den Steuern beanspruchen und ihrem Kreisstand die Ablieferung des Gemeinen Pfennigs verweigern. 12. Sonderstellung der schwäbischen Ritterschaft. 13. Mängel bei der Einbringung des Gemeinen Pfennigs, die zu Ungleichheit zwischen den Kreisständen führen.

Das alles geben die schwäbischen Kreiseinnehmer, die keine Mühe zur erfolgreichen Durchführung des Türkenzugs scheuen, den Kreisständen zu bedenken.

Anmerkungen

1
Die Fastenzeit erstreckte sich von Aschermittwoch (1543 Febr. 7) bis Karsamstag (1543 März 24).
2
Name des Gegenschreibers nicht bekannt.
3
Gemeint ist der Nürnberger RAb vom 26. Aug. 1542, der in § 29 festlegte, dass sich die Kreiseinnehmer am 1. Dez. 1542 in Nürnberg versammeln sollten, um Rechenschaft über die Einnahmen und Ausgaben des Türkenzuges abzulegen: siehe RTA JR Bd. XIII, Nr. 198, S. 893. Tatsächlich begannen die Versammlungen der schwäbischen Kreisstände erst am 10. Febr. 1543, also ca. zehn Wochen nach dem ursprünglich vorgesehenen Termin.
4
Jeder Stand, der den Gemeinen Pfennig erlegte oder eine Abrechnung vorlegte, machte eine Aufstellung der Kosten für das Kriegsvolk, wobei die Register von Gf. Friedrich von Fürstenberg und der Stadt Konstanz noch fehlten.