Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Sessionsfragen werden in den Instruktionen, Protokollen und Korrespondenzen des Nürnberger Reichstags zwar immer wieder erwähnt1, ihre Regelung wird durch den Reichsabschied (Nr. 404, § 39) aber auf den kommenden Reichstag verschoben. Den deutlichsten Niederschlag in den Korrespondenzen finden die Sessionsstreitigkeiten zwischen den Gesandten Hg. Moritz’ von Sachsen und dem Vertreter Pfgf. Johanns von Pfalz-Simmern einerseits (Nr. 294a–e) und zwischen den Gesandten der Mgff. von Brandenburg und jenem Hg. Heinrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel andererseits (Nr. 295).

Der Wechsel der Session im Fürstenrat zwischen Österreich und Salzburg wird ebenso wie auf den vorangegangenen und den folgenden Reichstagen bestätigt, in diesem Fall durch den ksl. Kommissar Dr. Johann von Naves (Nr. 296).

Nr. 294 Sessionsstreit Sachsen-Pfalz

Nr. 294a Hg. Moritz von Sachsen an Kg. Ferdinand betr. die Session der sächsischen Räte – Dresden, 1543 freitags nach Invocavit (Febr. 16)

Nr. 294b Die sächsischen Räte Dr. Johann Stramburger und Christoph von Carlowitz an Hg. Moritz betr. den Sessionsstreit zwischen Sachsen und Pfalz – Nürnberg, o.D. (1543 nach Febr. 19)

Nr. 294c Die sächsischen Räte Dr. Johann Stramburger und Christoph von Carlowitz an Hg. Moritz betr. den Sessionsstreit zwischen Sachsen und Pfalz – Nürnberg, 1543 Mittwoch nach Oculi (Febr. 28)

Nr. 294d Hg. Moritz von Sachsen an Kf. Johann Friedrich von Sachsen betr. den Sessionsstreit zwischen Sachsen und Pfalz – actum Dresden, 1543 montags nach Letare (März 5)

Nr. 294e Antwort Kf. Johann Friedrichs von Sachsen an Hg. Moritz von Sachsen (auf Nr. ) wegen des Sessionsstreits mit Pfalz – Torgau, 1543 freitags nach Letare (März 9)

Nr. 295 Sessionsstreit der Mgff. von Brandenburg mit Hg. Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel: Bericht von Dr. Augustin Megersheimer an Mgf. Georg von Brandenburg – Nürnberg, 1543 am Mitwuch nach Invocavit (Febr. 14)

Nr. Sessionsstreit Österreich-Salzburg: Urkunde des ksl. Kommissars Dr. Johann von Naves zum Wechsel der Session zwischen Österreich und Salzburg – Nürnberg, 1543 April 16

Anmerkungen

1
Konrad Junge, der Gesandte des Bf. von Speyer, notierte z.B. am 13. Febr. 1543 über die Reichsratssitzung des 12. Febr. und die strittige Session zwischen den Bff. von Eichstätt und Speyer: [...] Vor der session dem aistettischen cantzler [= Dr. Matthias Luchs] angezeigt, das ich bevelh von euer fstl. Gn.[= Bf. Philipp von Speyer], mit ime zu reden der session halb. Daruf er mir geantwort, er wist kein irrung, die syn her hett. Daruf ich gesagt, er wiß sich wole zu erindern, das uf nechstgehalten reichstagen sich auch span zugetragen, da von euer fstl. Gn. wegen, dem herkommen unabbruchlich, Aistet vor euer fstl. Gn. gesessen. Mit derselben protestation wolt ich jetzt auch gescheen laßen, [dass] er fursesse. Also hat er geantwort: „Im namen Gottes.“ [...] In: Straßburg AM, AA 503, fol. 104r, 105v–108v, hier fol. 104r (Ausf. v.d.Hd. Junges). Die Hgg. von Pommern kämpften wie schon auf den vorangegangenen Reichstagen um die Session vor Württemberg, Hessen und Baden (siehe die Instruktion der pommerschen Gesandten Nr. 63c, Punkt 5 und ad 5.). In den meisten Fällen wurden diese Sessionsstreitigkeiten in Nürnberg 1543 mit einem Wechsel der Session gelöst, so wie zwischen Österreich und Salzburg (siehe Nr. 296).
1
Seit Beginn des 16. Jhdt. kam es immer wieder zu ernsten Differenzen in der Sessionsfrage zwischen den Fürstenhäusern Bayern (Haus Wittelsbach), Sachsen (Haus Wettin) und Brandenburg-Ansbach. Der Sessionsstreit zwischen Sachsen und einigen Mitgliedern der pfälzischen Linie der Wittelsbacher (u.a. Pfgff. von Pfalz-Simmern, Pfgff. von Pfalz-Neuburg) flammte im Laufe des 16. Jhdts. immer wieder auf und wiederholte sich auf mehreren Reichstagen. Meist wird in den Protokollen und Abschieden mindestens ein Vertreter der pfälzischen Linie vor den Hgg. von Sachsen genannt. Das Problem wurde meist pragmatisch durch eine täglich alternierende Session der Kontrahenten gelöst. Siehe dazu: R. Aulinger, Das Bild des Reichstages, S. 242f.
1
Zum Sessionsstreit Sachsens mit Pfalz, zu dem gegen Ende des RT auch der Sessionskonflikt mit den Gff. von Mansfeld kam, siehe u.a. die Berichte Nr. 368und Nr. 372.
2
Hans Beuser von Ingelheim, der Gesandte Pfgf. Johanns II. von Pfalz-Simmern.
3
Georg Ludwig von Seinsheim. Siehe seinen Bericht über den Sessionsstreit mit Sachsen an Pfgf. Ottheinrich, Nürnberg, 1543 März 5: [...] Darbey gib euer fstl. Gn. ich underthenigclich zu vernemen, das sich irrung der session halben zwischen Hg. Hannsen Pfgf. etc. gesanten, den ich ob mir aus euer fstl. Gn. befelh sitzen laß, und an Hg. Moritzen gesanten halten. Derhalben die kgl. Mt. sich hoch darin ermuhet, mit ine, Hg. Hannsen gesanten, selbst handlung pflegt. Nachdem aber ir Mt. nichts bey ine erhalten mogen, haben sy meinem gnedigen herrn Hg. Friderichen und dem Bf. von Augspurg, mit beden Hg. Hannsen gesanten und mit mir zu handln, bevelh geben. Darauf wir, jetzgenante bede, in Hg. Friderichs herberich furbeschaiden. Haben bede fursten, sunderlich Hg. Friderich mit entschuldigung seiner person, dan ers nit gern thet und das solhs aus hohem anhalten kgl. Mt. beschehe, mit uns gehandlt, ob wir ainiche mittl von unser obrigkhait wegen leiden möchten, damit die session onverpundtlich und dermassen gehalten wurde, damit der sachsisch, wie er sich dann het horn lassen, nit haim verritt. Es hat aber auß vil beweglichen ursachen, und sonderlich auß den irrungen, so Hg. Hannß mit den herrn von Bayern der session halben hat, seinen gesanten khain mittl annemlich sein wollen. So hab ich mich auch auß euer fstl. Gn. gegebenen instruction in khain mittl on derselben vorwissen einlassen wollen. Derwegen bede fursten unser bedengkhen, an kgl. Mt. wider zu bringen, angenomen. Nit waiß ich, was weitter erfolgen wurdt. Ich halt mich der instruction [Nr. 61b, Punkt 2] biß auf euer fstl. Gn. vernern beschaidt. [...]. In: München HStA, Kasten blau 271/4, fol. 89r–90v, hier fol. 89rv (Ausf.).
4
Hg. Albrecht der Beherzte von Sachsen (regierte 1464–1500), Vater Hg. Georgs des Bärtigen und Hg. Heinrichs des Frommen, war der Großvater von Hg. Moritz.
5
Hg. Johann II. von Pfalz-Simmern regierte seit 1509, während Hg. Moritz erst 1541 die Regierung im Herzogtum Sachsen übernahm.
1
Im Gegensatz zu den Hgg. Wilhelm und Ludwig von Bayern, deren Sessions- und Stimmrecht auf Reichstagen als unteilbar angesehen wurde, nahmen die in verschiedene Linien aufgesplitterten pfälzischen Wittelsbacher im 16. Jhdt. mehrere Stimmen im Fürstenrat wahr. Zu den eng mit der kfl. Linie der Pfalz verbundenen Pfgff. bei Rhein zählten die Pfgff. von Pfalz-Simmern und Pfalz-Neuburg; sie bezeichneten sich ebenso wie die regierenden Hgg. Wilhelm und Ludwig als Hgg. von Bayern und Pfgff. bei Rhein. Siehe dazu R. Aulinger, Das Bild des Reichstages, S. 241.
2
Hans Beuser von Ingelheim.
3
An seine Räte in Nürnberg erteilte Hg. Moritz zum Verhalten in der Sessionsfrage folgende Weisung, Dresden, 1543 dinstags nach Letare (März 6): Der session halben: Weyl es unsern vettern, den Kf. zu Sachssen, mit betreffen wyl, haben wir seiner L. darumb geschryben, wollen euch zu erster gelegenheit derhalben weiter beantworten. Mittler zeit mochtet ir einß umbs ander mit Hg. Johansen geschickten session halden oder euch des rats inhalts unserer instruction biß zu unser weyter schreiben eussern. Sofyl aber Hg. Otheinrichs geschickten belanget, werdet ir euch uß der instruction und vorigem befhelch, wes ir euch verhalden sollet, wol zu berichten haben. So wollen wyr euch hernach mit weyterm befhelch versehen und besonderlich antzeigen, weß ir euch verhalden sollet. [...] In: Dresden HStA, 10024, GA, Loc. 10184/5, fol. 96rv (Konz.)
1
Gemeint ist die pfälzische Linie der Wittelsbacher, im besonderen Pfgf. Johann von Pfalz-Simmern. Der Vorsitz der regierenden Hgg. von Bayern (Wilhelm und Ludwig) auf der weltlichen Fürstenbank war damals bereits unumstritten. Siehe dazu: R. Aulinger, Das Bild des Reichstages, S. 243.
a
–aMarg. korr. aus: den Hgg. von Baiern.
b
Es folgt gestr.: Und das darnach eur L. rethe dasselbe fursietzen den andern tagk hetten und also umbgewechselt wurde.
2
Aus der pfälzischen Linie der Wittelsbacher.
1
Dr. Johann Stopler.
2
Wolfgang von Pappenheim.
3
Siehe einen ähnlich lautenden Bericht über den Sessionsstreit zwischen den Gesandten der Mgff. von Brandenburg und dem braunschweigischen Kanzler Dr. Johann Stopler in einem Brief der kursächsischen Räte an Kf. Johann Friedrich, Nürnberg, 1543 Febr. 15, in: Weimar HStA, EGA, Reg. E 150, fol. 243r–258v, hier fol. 245rv (Ausf. mit mehreren PS und Beilagen).
1
Urkunden zum Wechsel der Session zwischen Österreich und Salzburg sind von mehreren Reichstagen überliefert. Auf dem RT zu Regensburg stellte Karl V. am 3. April 1541 für Ebf. Ernst von Salzburg ein ksl. Dekret wegen des Sessionswechsels mit Österreich aus (RTA JR Bd. XI, Nr. 237). Die Gültigkeit dieser Abmachung wurde auf den folgenden Reichstagen fast gleichlautend neu fixiert. In Speyer bestätigte Kg. Ferdinand am 3. März 1542 urkundlich die alternierende, d.h. täglich wechselnde Session zwischen Österreich und Salzburg (RTA JR Bd. XII, Nr. 239). In Nürnberg stellten die drei ksl. Kommissare am 3. Aug. 1542 eine Urkunde zum Sessionswechsel zwischen Österreich und Salzburg aus (RTA JR Bd. XIII, Nr. 181). In Speyer 1544 bestätigte Kg. Ferdinand die Session Salzburgs gegenüber Österreich, 1544 Juni 8 (RTA JR Bd. XIV, Nr. 527). Vom Wormser RT 1545 ist ein Salzburger Bericht über die Verhandlungen wegen des alternierenden Vorsitzes im Fürstenrat und über den mit Österreich entstandenen Sessionsstreit überliefert (RTA JR Bd. XVI, Nr. 260). Auf dem Augsburger RT von 1550 gab es eine Absprache zwischen den Gesandten Kgn. Marias und jenen des Ebf. von Salzburg über den Wechsel in der Session, 1550 Aug. 6 (RTA JR Bd. XIX, Nr. 296–297). Auch beim Augsburger RT 1555 wird die zwischen Österreich und Salzburg alternierende Stimmführung im Fürstenrat in den Protokollen immer wieder erwähnt: RTA JR Bd. XX, passim. Zu Fragen der Session zwischen Österreich und Salzburg siehe: R. Aulinger, Das Bild des Reichstages, S. 235–239.
2
Der Entwurf der Urkunde (B) wurde noch vor dem Tod Bf. Christophs von Augsburg verfasst und ist im Namen beider ksl. Kommissare formuliert.
a
Aus D; in ABC: thuen.
b
In D wird statt Kg. Ferdinand Ebf. Ernst von Salzburg genannt.
c
–cIn D stattdessen: des erzstifts Salzburg.
d
–dB om.
3
Laut einem Bericht der jülichschen Räte an Hg. Wilhelm vom 6. April 1543 (in: Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2277, fol. 26r–29v, hier fol. 29r (Ausf.) und laut dem Schreiben der kurbrandenburgischen Gesandten an Kf. Joachim II. vom selben Datum (Nr. 132, Anm. 2) verließ Pfgf. Friedrich mit seiner Gemahlin Pfgfn. Dorothea am 5. April Nürnberg und reiste nach Heidelberg.
4
Bf. Christoph von Augsburg verstarb am 15. April 1543 in seiner Herberge im St. Egidienkloster in Nürnberg.