Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

München HStA, Kasten blau 271/4, fol. 1r–4v, (Kop.); ÜS fol. 1r: Instruction und bevelh, was unser, Hgg. Otthainrichs und Philippsens in Nidern- und Obernbairn etc., rete und lieb getreue, Jorg Ludwig von Sainshaim zu Hohenkettenhaim, unser landtrichter und pfleger zu Sultzbach, und Gabriel Arnoldt zu Rornfels, unser rentmaister, auf ytzwerendem reichstag zu Nurmberg von unsern wegen sament- und sonderlich handln sollen.

1. Ehrerbietung gegenüber Kg. Ferdinand und Entschuldigung wegen des persönlichen Fernbleibens vom Reichstag und der verspäteten Abfertigung der Gesandten.

Zum andern sollen sy unser session vor Sachssen und Brandenburg mit hilf, rat und furdrung der bairischen und pfaltzischen rete zu erhalten ernstlichs vleis thun, und ob inen ainiche verhinderung oder was widerwertigs derhalben begegnen wurd, dawider protestirn, sich auch alsdann des reichsrats bis auf unsern verrern beschaid enthalten.

Desgleichen, so inen von ymand furgeworfen wurd, wir hetten der religion halb enderung furgenomen, daraus zu vermueten, das wir villeicht den protestirenden stenden anhengig wern, darumb mochten sy, unsere gesandten, ain solhs anzaigen, damit man sich darnach hett ze richten etc. Sollen sy dagegen sagen, wir wern irs wissens den protestirenden noch zur zeit nichts verwandt; so hetten sy, enderung halb der religion ainiche verantwortung ze thun, von uns kain bevelh. So aber wir derhalb angesuecht, wurden wir sonders zweifls unverweislich antwort geben. Wann sy nu daruber auszetreten2 angesucht oder in ander weg, wie vor auch beschehen, derhalb beswerlicher oder trutzlicher weis angesprochen wurden, sollen sy dasselb thun und es alsbald an uns gelangen lassen, auch unsers beschaids daruber gewarten und sich mitlerweil des rats gentzlich enthalten.

Zum dritten sollen sy im reichsrat horn, was ze handln furgenomen werden wolle; dasselb, sovil vonnoten, yderzeit furderlich an uns gelangen lassen und daruber unsers beschaids gewarten, zuvoran so was furbracht wurd, das uns beswerlich oder nachtailig sein mocht.

Und sonderlich, so ain neu hilf und anlag begert wurde, sollen sy dagegen anzaigen, es were davon nit wol fuegclich oder gelegen ze handlen, man hette dann zuvor vermog des nechsten reichsabschids die craisrechnungen nit allain von den obereinnemern, sonder auch und furnemlich von den craisreten aufgenomen und daraus erlernt, was und wievil in idem crais gefallen und auf das kriegsfolgk auch in ander notdurftige weg ausgangen wer. Dann aus demselben und vergleichung der crais wurden sich allerlay bedengken zuetragen und sich under anderm befinden, wie weit man ungeverlich mit dem gemainen pfening raichen mocht. Darzu die mengl, so in verfurtem [= vorigem] zug furgefallen wern, herfur kommen, also das von besserung und erstattung derselben, wie es die unvermeidenlich hoch notdurft erfordern wollt, alsdann auch desto austreglicher und beslieslicher geratslagt und gehandlt werden mocht.

Unsere rete sollen sich auch aus erzelten und andern ursachen on vorgeende craisrechnungen von ainicher verrern hilf ze ratslagen oder ze handln kainswegs einlassen. Dabey sollen und mogen sy auch nachfrag haben, ob die vorigen reichsanlagen, darzu was bisher zu underhaltung des camergerichts von den stenden erlegt ist, und sonderlich die hilf, im 40. [!]jar gelaist, abgerechnet seyen oder nit, und wie es des rests halben ain gestalt hab.

Wann nu die craisrechnungen fur hand genomen, sollen sy neben den gemainen mengln, die sich in beyligender rechnung finden werden, anfengclich anzaigen, es wer etwas verwunderlich, das im bairischen crais nit mer gelts dann angezaigt, eingelegt worden sein soll, angesehen, das allain aus unserm geringen furstenthumb bis in 15 000 fl. gefallen. Daraus zu vermueten, das ain grosse ungleichait were gehalten worden, zuedem das Dr. Linhardt von Egk auf nechstgehaltnem reichstag unsere damals verordnete rete auf das bestendigst vertrost, es were in der bairischen craistruhen gewislich sovil vorhanden, das nit allein dessen geburende anzal kriegsfolgks zu roß und fueß ain gantz jar lang, sonder auch, so es zu aim merern zuezug gelangen soll, wie dann damals davon geratslagt worden, auch derselb davon stattlich und on all verner anlag oder contribution mocht erhalten werden, wie dann dieß unsere rete auf solhe vertrostung im damals gemachten beslus bewilligt, welhs one das kainswegs beschehen wer; haben auch dessen von uns kain bevelh gehabt. Wie sich nun solhe vertrostung mit der rechnung vergleich, das sey leichtlich abzenemen.

Item wiewol den craisreten, haubtleuten und andern bevelhhabern ain ansehenliche besoldung, der sy sich zuvoran in disem christlichen zug und gemainnutzigen wergk billich sollten haben ersettigen lassen, von der gantzen reichsversamlung zu Speir gemacht worden, so wer doch dieselb, wie wir bericht, in etlichen, und sonderlich auch in disem bairischen crais, on vorwissen desselben verwandten stend allerst im leger gebessert worden, welchs sich aber unsers erachtens nit allain ubl geburt, dieweil das kriegsfolgk anderst nit, dann im zug des 42. jars beschehen sollte vermog des speirischen reichsabschids, underhalten sein worden, sonder hett auch verursacht, das der gemein pfenning sovil weniger ersprossen und geraicht hett. Und wollt in allweg die notdurft erfordern, dasselb und andere mengl, die sich mit staigerung der profiant, der kundtschaften, artalerei und anderer kriegsraitschaft halben zugetragen, furohin mit vleis zu verkommen zu verfuegen. Und das vor allen dingen die jungsten abschid aller puncten halben exequirt und volzogen wurden.

Item so wern uber das etliche furstenthumb, stift und herrschaften teglich aus der reichshilf gezogen. Wurden etwo vil stend, wie wir darfur hielten, mit irer schigkung und einlag fur sich selbs und von irer underthanen wegen, darmit sy sich vertragen, mit solher ungleichait gethan [= tun, machen], das, wo dem allen nit ernstliche fursehung und wendung beschehe, nit moglich sein wurde, etwas fruchtbars auszerichten, zu gesweigen, das solhe ungleichait bey den underthanen und dem gemainen man ainen mergklichen unwillen verusacht, wie dann alberait zu besorgen, ob wol wider ain anlag des gemainen pfennings furgenomen und bewilligt, die doch on emporung der underthanen nit leichtlich zu erhalten sein, es wurde bey weitem sovil nimmer gefallen und erlegt werden, als das nehner [= vorige]mal beschehen wer.

Neben dem allen wern wir unserm vermogen nach gegen etlichen andern stenden mit ainer solhen ubermaß in gemainen reichshilfen bisher uberlegt gewest, das uns in demselben anslag ainiche hilf mer ze laisten nit allain zum hochsten beswerlich, sonder gantz unmoglich wer, wie wir uns dann solher ubermaß zum oftermaln durch supplicationes gegen ksl. und kgl. Mtt. und den stenden beswert haben. Auf dieselben suplicationes sollen sich auch unsere rete nochmals ziehen, mit dem anhang, das wir uns ungeringert desselben uber sovil vilfeltige beschehne vertrostungen in kain hilf mer – weder wenig noch vil – wurden, konden oder mogen einlassen.

Wann man nu, nach gethaner rechnung der obereinnemer und sonderlich auch der craisrete und wendung oder abstellung oberzelter mengl und beswerden, ye von ainer verrern hilf und anlag ratslagen und handln wollt, sollen sy, unsere rete, anzaigen, wir hielten darfur, das nit allain in disem gemainen, nutzigen werch, sondern auch anderer reichsobligen halb billich vor allen dingen alle furstenthumb, stift und herrschaften, so von dem Reich ausgezogen, als Mailand und andere, wider darzu gezogen, damit die burd andern stenden dest träglicher und erswinglicher wurd.

Was dann solher hilf halben daruber furgenomen und geratslagt wirt, das sollen sy anderst nit, dann an uns gelangen ze lassen, annemen, wie sy es dann alsbald herberichten und unsers beschaids derhalb warten sollen.

Wir haben auch in sonderhait bedacht, es were ratsam und billich, wo es ye zu ainer neuen anlag und hilf komen soll, das dann den craisreten eingebunden wurd, die kundtschaften yderzeit allen aines yden crais verwandten fursten zuzeschreiben oder doch zum wenigisten zu verordnen, das ain solhs durch den craishaubtman beschehe, damit ain yder, so contribuiret, auch wisse, was gehandlt wurde.

Und dann dieweil die zigeuner, so one das ain verwegen, unnutz volgk sein und, wie man etwo im wergk und augenscheinlich befunden, dem Turgken wider gemaine christenhait kundtschaft gegeben und allerlay anzaigen gethan haben, das sy durch ain gemain mandat oder in ander weg durch alle stend aus allen christlichen landen verjagt und vertriben wurden.

Ob auch zwischen ksl. Mt. und dem Hg. von Gulch oder zwischen Sachssen und Hessen und dann Hg. Hainrichen von Braunsweig gehandlt werden wollt, sollen sy anzaigen, sy wern derhalb von uns nit abgefertigt, wollten aber, was in demselben weg gehandlt wurd, an uns gelangen lassen und sich beschaids erholn, wie sy dann alsbald solhe handlungen furkommen thun sollen.

Wurde dann Hg. Hainrich sy, unsere rete, umb beystand ansprechen, sollen sy anzaigen, dieweil Sachssen und Hessen mit der Pfaltz in bundtnus und erbainung stuenden, das uns nit wol fuegen, sonder beswerlich und verweislich sein wollt, on vorwissen unsers herrn und vettern, Pfgf. Ludwigs Kf., seiner L. hirinn beystand ze thun, der zuversicht, sy wurde uns den abslag nit zu unguetem aufnemen, sonder in dem fall fruntlich entschuldigt haben.

Item unsere rete sollen auch anzaigen, dieweil die visitation des camergerichts gewislich vertrost, das unser gutachten wer, solhe visitation unverzogenlich furzenemen, dann wo das nit beschehen, wurd uns aus allerlay beweglichen und hochwichtigen ursachen beswerlich sein, unser geburnus zu desselben underhaltung zu erlegen.

Ob auch von ainer muntzordnung, besserung der policei und anderer reichsobligen halb was gehandlt werden wollt, sollen sy andere stend und potschaften in irem bedengken vernemen und sich in allem, was dem Hl. Reich teutscher nation zugutem kommen mag, mit inen vergleichen. Wurde dann in dem allem was furfallen, das uns beswerlich oder sonst an uns ze langen vonnoten sein wollt, mogen sy dasselb herberichten und sich yderzeit daruber beschaids erholen.

Unsere rete sollen auch der widertauffer halb, nachdem sich dieselb ergerlich sect wider eraigen [= zeigen] will, mit den saltzburgischen und wirttenbergischen reten ratslagen und handln, wie doch denselben zu begegnen sein mocht und, weß sy sich im rat derhalb vergleichen, auch an uns gelangen lassen. An dem allen geschicht unser maynung.

Anmerkungen

1
Datum aus der Vollmacht übernommen.
2
Im Sinne von: aus dem Reichsrat hinausgehen, an den Reichsratssitzungen nicht teilnehmen.