Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Esslingen StadtA, Reichsstadt Fasz. 283, RTA 1543, unfol. (Kop.).

B Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Kop.); AS: Der Augsburger confessio verwandten stend ußschus bedencken in der gulchischen sach etc.

C Frankfurt ISG, RTA 54, fol. 69rv (Kop.)1.

D Hannover NLA, Celle Br. 1, Nr. 22fol. 212r–213r (Kop.).

Die jülichschen Gesandten ersuchten die evangelischen Stände in ihrer Versammlung vom 18. März, sich gemeinsam mit den Altgläubigen an Beratungen über den Geldernkonflikt zu beteiligen, um dem Hg. von Jülich zu seinem Recht zu verhelfen. Dieses Anliegen wurde von den evangelischen Ständen dem Ausschuss zur Begutachtung übergeben, der sein Gutachten am 19. März verfasste und vor den evangelischen Ständen am 20. März verlesen ließ. Die Protestanten lehnten darin weiterhin die Teilnahme an Verhandlungen über die Türkenhilfe ohne vorherige Beratungen über Friede und Recht ab, erklärten sich aber zu gemeinsamen Beratungen mit den altgläubigen Reichsständen über die Causa Jülich bereit2.

Der außschuß bedenckt gut zu sein, wann uf morgen [1543 März 20] die stende widerumben in gemainem rathe zusamenkomen und die proposition erneuert und gesucht wirdet, darauf zu verfarn, das die gesandten diser stende der christenlichen verain sich gegen den ksl. comissarien und den stenden sambtlich vernemen liessen, sy hetten hiebevor angezeigt, auß was verhinderung sie sich nochmals ina berathschlagung der türckenhilf nicht einlassen konndten, nemlich das man darein nicht komen möchte, es were dann zuvor ein gleichmessig recht und bestendiger friden im Hl. Reich ufgericht, dann one dise vorberaittung khonndte diser stende achtens nach kain fruchtbarliche hilf geleist werden.

Nachdem weren dise stende nochmals erpiettig, solliche hilf zu beratschlagen helfen, wie sie dann auch des von iren herren und obern bevelch hetten, doch das zuvor die hiebevorn gesuchte articul des fridens und rechtens also erlediget, daß nicht allein dise, sondern auch alle stende des Hl. Reichs sich eines bestendigen fridens zu vertrösten und also kain standt des Reichs ursach habe, sich unfridens halben aus diser türckenhilf zu ziehen, sonder das die von allen stenden einhellig und eintrechtigclich gelaist werden möge.

Und obb dann die stende zu berathschlagung der gülchischen sach gefürdert, so solten sie sich zu den andern stenden begeben und ein jeglicher sein session einnemen und anzaigen, es were hievor oftmals, sonderlich aber aus der ubergebenen supplication [Nr. 152] vermerckt, aus was ursachen die gesandten der stende der christlichen verain sich in beratschlagung der proponirten articul nicht einlassen khonnten, es weren dann die zwien articul fridens und rechtens erlediget. Sie befinden aber, das die gülchischen suchung auch in friden in die hievor oftmals gesuochte vorberaitung zum turckenzug gehorig und die gesanthen den friden nicht allain fur sich suechten, sondern gern wolten, das auch sonst menigclich im Reich fride hette und alle unruhe im Reich verhut wurden. So wolten sie unbeschwert sein – jedoch unbegeben irer voriger anzaigung – disen articul, die gulchischen suchung belangent, zu berathschlagen helfen und, do sie etwas guts darbey thun kondten, damit dise unrhue abgewendt und alle stende frid haben und danc mit gemeinem vermögen zu widerstandt des Turcken trachten möchten, darinn wolten sie an irem vleiß nichts mangeln lassen. Und zweivelten nicht, die stende wurden der gesanthen suochung fridens halben beschehen auch bedencken und derselbigen gutwilligclich abhelfen. Und solt sich alßdann hierauf ain jeglicher gesanther seines bedenckens in seiner session in diser gulchischen sach vernemen lassen.

Anmerkungen

1
In Frankfurt ISG, RTA 54, fol. 46rv, findet sich ein etwas anders lautendes Gutachten betr. die Teilnahme der Evangelischen an Beratungen über die Causa Jülich: Wurden sie dan von den andern zu der berathschlagung der julchischen sach gevordert, so sollten sie sich zu inen, nemblich jeder standt in seinen rhat verfhuegen und in seiner session widerumb repetirn alleß, daß zuvor friedenß und rechtenß halber angetzaigt ist, mit diesem weitern bericht, daß sie abgefertigt weren, auf erledigung baider puncten friedenß und rechtenß diesse hieigen sachen und handlung der thurckenhilf helfen zu berathschlagen und zu bedencken, damit dieselben in daß werck gebracht und alle stend zu gleicher und gemeiner hilf khomen mochten und nicht der last einig und allain auf etzliche stend gelegt wurdt. Dhieweyl nun dieselben gemeine hilf gegen gemeynem fheindt onhe einen gemeynen bestendigen frieden nicht khan gelaist werden, wie dan auch dasselb zu Regenspurg [1541] von allen stenden gemeintlich under berathschlagung der beharlichen thurckenhielf geschlossen und vor gut angesehen, so wollten diesse stend nit allain inen selbst, sonder auch andern stenden als wol alß inen zu sollichem frieden und rechten gern helfen furdern. Und bitten derhalben nochmals, daß sie zu solchem gemeynen, bestendigen frieden und rechten wollten verhelfen, inmassen diesse stende oftermalß gebetten. Und weren darauf unbeschwert, sich mit inen der julchischen sach halb, wie die zu vertrag, anstand, fried und einigkhait gebracht, zu underreden, dieweyl die vereynigung derselben sachen ein gutte furbereyttung zu bestendigem frieden sein wurdt etc.
2
Siehe das CA-Protokoll Lambs zum 18. und 20. März (Nr. 86c, fol. 236rv) und die Berichte des Straßburger Gesandten Jakob Sturm von 1543 März 20 bis März 31 (Nr. 192). Besonders ausführlich berichteten die kursächsischen Gesandten am 25. März 1543 an Kf. Johann Friedrich (in: Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 224r–236v, Ausf.) über die Vorgänge rund um das Zustandekommen des Ausschussgutachtens (Nr. 209). Die hessischen Räte waren nämlich nicht bereit, vor Erfüllung ihrer Forderungen mit den anderen Reichsständen in Verhandlungen über den Konflikt um Geldern einzutreten. Alle Überzeugungskünste der kursächsischen Räte in einem gesonderten Gespräch mit den Hessen schlugen fehl. Um die Uneinigkeit innerhalb der Schmalkaldener nicht offensichtlich werden zu lassen, setzten sich die kursächsischen Räte für die Bildung eines protestantischen Ausschusses ein. Erst als sich im Ausschuss eine deutliche Mehrheit für die Aufnahme von Verhandlungen aussprach, lenkten die hessischen Gesandten ein: siehe den Bericht der hessischen Räte an Lgf. Philipp vom 23. März 1543 (Nr. 345). Infolgedessen erschienen am 20. und 21. März auch die protestantischen Reichsstände im Reichsrat und nahmen in ihrer jeweiligen Kurie an den Beratungen teil, wobei eine reichsständische Friedensmission zu Kg. Ferdinand und den ksl. Kommissaren beschlosssen wurde (Nr. 212).
a
Aus BCD, in A: nit.
b
In BCD: da.
c
Aus BCD, in A: das.