Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Magdeburg LASA, A 1, Nr. 311, fol. 10r–14v (Ausf. v.d.Hd. Jonas’).

Euern kfl. Gn. gib ich undertönigist zue erkennen, das der H. Granvell heut nach dem morgenmal mich durch seinen secretarien Christoffen Kegel pitten lassen hat, zue ime ze kommen und inne anzesprechen, sein Gn. hab mit mir ze reden. Daruff bin ich mit verwilligung meins herren thumschuolmaisters1 hingangen und mit gueten worten empfangen worden und gefragt worden, wie euer kfl. Gn. leben. Hab demnach angezaigt, wie und auß was ursachen euer kfl. Gn. nit personlich erscheinen haben mögen, und das meine mitverordneten und ich euer kfl. Gn. also bey kgl. Mt. entschuldiget haben, und ich allain bey dem herren a Navia. Und das weder meine mitverordneten noch ich söllichs bißhär bey seinen Gn. gethon, seye die ursach, das wir auf euer kfl. Gn. bevelche und commission verzogen; pitt, mich und sy entschuldiget ze nemen.

Diewil sein Gn. aber nach mir geschickt, habe ich yre es nit unangezaigt wöllen lassen und sey sunst da, als der gehorsam sein mainung ze hören. Daruff hat er angefangen zu erzelen, das er mir alweg wol genaigt geweßen und befunden, das ich in meinen handlungen alweg gethon als ain from mann, der es der religion und andrer sachen halb wol maine, und diß gezeugniß hab er alweg von mir gegeben, auch vor ksl. Mt.Granvelle übergibt ihm ksl. Kredenzbriefe und beteuert, dass er dem Haus Brandenburg von jeher in allen Verhandlungen wohl gesonnen und eng verbunden gewesen sei, auch auf dem Reichstag in Regensburg 1541. In dißer seiner devotion und guetwillikait stehe er noch und habe sich herauß gebrauchen lassen. Und sey die warhait, das er ain gueter catholicus sey und gegen Gott recht stee. Was auch den glauben und religion belange, da weiche er niemand und wisse, das es niemand besser maine dann er. Wölle auch verharren, etiam usque ad offensionem sanguinis. Die Anschuldigungen, dass er den Protestanten gegen Geld behilflich gewesen sei, die Regensburger Deklaration vom Kaiser zu erhalten, entbehren jeder Grundlage. Nun sag er, das ime dieselben unrecht thuen und (mit züchten zu schreiben) mentiantur. Er habe one seins herren bevelche kainen nutz auß seinem ampt gemacht et non profecerit in uno nummo. Das mache ime wol armuet, aber die armuet sey ime lieb. Und er sey hie, wisse iemand etwas von ime, er sey ain christ oder luterischer, so wölle er antwurt geben. Und es werde es kainer thuen mögen, ja auch nit mit ainem zeugen bekondschaften könden.

Er sey dißer sachen halb desto lieber herüber2 gefaren und gefärd zue wasser und land erlitten. Granvelle berichtet über seinen Aufenthalt in Trient3, die Gespräche mit den drei anwesenden Konzilslegaten und die Tatsache, dass das Konzil wegen der fehlenden gelehrten Theologen und Geistlichen bisher nicht eröffnet werden konnte. Er bekräftigt die Absicht des Kaisers, das Konzil seinerseits zu beschicken und nötigenfalls persönlich nach Trient zu kommen. Falls er in Trient nicht gebraucht werde, wolle er den Kf. von Mainz und andere Geistliche zum Konzilsbesuch ermahnen. Da hetten sy ime letzlich antwurt geben, er möchte noch zur zeit nit nütz da sein biß die praelaten kämen; da hette er inen gesagt, das er alsdann widerkomen wöll.

Alle oben erwähnten Anschuldigungen gegen ihn seien ungerecht; er habe in Regensburg von der ksl. Deklaration nichts gewusst und sey bey den teutschen handlungen nit geweßt. Er hab denselben tag, als sy gegeben worden, den kaißer nie gesechen, dann als yr Mt. zue tisch gehen wöllen und er sy mit ainem wort valediciert. Und er hab es auch bapstlicher Hlt. gesagt, das er davon nichts wisse, das sey die warhait. Nun sey er hie, er wölle unßerm glauben und religion nichts zewider handlen, wölle auch nichts thuen one euer kfl. Gn. und andrer praelaten radte. Er hab euer kfl. Gn. von erstem ansechen für ainen frommen herren angesechen, der die religion und andere ding gern guet seche. Und euer kfl. Gn. und der ksl. Mt. mainung sey ain ding, dann sy strecken sich baid ad eandem finem, sy pacem et tranquillitatem Germaniae et religionis restaurationem. Darumb hab er mit euern kfl. Gn. uff sein credentzbrief wol etwas mundtlich ze reden, wann es fueg möcht haben. Wolt auch desto lieber, das man mit dem reichstag näher were. Wo es dann nit stadthaben möcht, so wolt er es mir oder allen gesandten euer kfl. Gn. anzaigen, wie ich es für guet anseche.

Und daruff wolte er mich als ainen getreuen der ksl. Mt. und euer kfl. Gn. ermanet haben, das ich wolt bedencken, wie ietzo alle sachen stuenden und das ich ain Teutscher wär und commune bonum nationis Germanicae, quae satis afflicta esset, suechen und befurderen helfen etc. Ich hab geantwurt, ich hab die ding gern gehört und wölle ime nit bergen, es hab euer kfl. Gn. mich und vil andere hoch und niders standts angelangt, er [= Granvelle] hette den protestierenden söllich declaration außbracht und geben helfen. Nun sey dieselb declaration die großt ursach der beschwärungen, darinn wir ietzo stecken, und die protestierenden haben nichts, des sy sich meer gegen unß behelfen dann diße declaration. Und under dem praetext fallen vil ab, die ich woll nennen möchte. Gott welle, das nit mein herr von Cöln auch sy zue seiner reformation zum deckmantel nemen. Was ich guets thuen könd, erkenne ich mich schuldig und sey darzue willig, wie gar ich „inutilis servus“ [Lukas 17,10] sey.

Daruff hat er mich gepetten, was iederzeit ze thuen, daran sölle ich inne manen; dergleichen, wann ime etwas angelegen, wölle er es thuen und guet freuntschaft mit mir haben. Ich hab mich darzue erpotten und bin abgeschiden. Jonas bittet um weitere Befehle des Kf. von Mainz. Er rät, bei Granvelle auf Latein werben zu lassen, damit dieser den Kaiser zum Widerruf der Deklaration bewege.

Die Gesandten der Stadt Frankfurt kämpfen gegen das Privileg der Ewigzinsen des altgläubigen Klerus der Stadt (Nr. 299), obwohl die Angelegenheit bis zur Ankunft des Kaisers vertagt wurde.

Jonas bittet um Befehle, wie er sich gegenüber den Mitgliedern des Katholischen Bundes in der braunschweigischen Frage verhalten soll. Er plädiert für ein friedliches Vorgehen und Frieden mit den Nachbarn.

PS: Wolf von Affenstein und Hans von Wallbrunn zu Ernsthofen sind die Gesandten Kf. Ludwigs von der Pfalz in Nürnberg.

Anmerkungen

1
Adam Küchenmeister von Gamburg, Domschulmeister des Domstifts zu Mainz.
2
Überfahrt zur See von Spanien nach Italien.
3
Reise Granvelles nach seiner Ankunft in Italien über den Konzilsort Trient nach Deutschland.