Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Reinschr. mit marg. inhaltl. Zusammenfassungen v.a.Hd.). AS: Instruction die recusation des cammergerichts betr., bey den städten der christlichen verein ze handlen anno 1543.

B Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Konz.).

[1.] Articul in die instruction gen Nuremberg der erbern stett stimme und session halb: Wa sovil zeit und stat [= Gelegenheit] sein wurd, das uff disem reichßtag von der erbern stett stymme und session wegen gehandlet mag werden, sollen die herrn gesandten neben gemainen erbern stetten mit allem vleiß handlen, damit sie zu den reichßhandlungen und stymmen als ain ander reichßstand zugelassen werden. Und wes sich di erbern stett im selben durch das merer entschliessen, dem sollen di herrn gesandten auch treulich anhangen.

Und ob di erbern stett von den augspurgischen gesandten begern wurden ze sehen und ze hören, waß meine herrn durch ire gelerten zu disen sachen beratschlagen lassen, sollen sie di ratschlege ubergeben1, dieselben abschreiben ze lassen und di copeien bei handen zu behalten, doch daneben melden, ob diselben ratschleg wider der erbern stett intention und vorhaben gestelt befunden wurden. Das sich di erbern stett desselben nit solten irren lassen, sonder zu erhaltung derselben stymm, reichßstand und reputation treulich zusamensetzen und furfaren. Dem wolt ain ersamer rath bestendigclich anhangen.

Actum 25. Januarij 1543.

[2.] Instruction, was meiner herrn ains ersamen rats der stat Augspurg gesandten des ksl. cammergerichts recusation halb bey den erbarn stetten der christlichen ainigung handlen sollen:

Erstlich sollen sy bey den ainigungsstetten, so fürderlich es ine möglich, erkundigen, was die erbarn stet der recusacion halb zu thun entschlossen sind, und volgends bey inen nachvolgende maynung anpringen: Nachdem Kff., Ff., stende und stet der christlichen verain sich uff die ußgangen citacion, Hg. Hainrichen von Braunschweygkh belangend, zu Schweinfurt [1542 Nov. 15] jüngst ainhellig entschlossen, das ksl. cammergericht in allen sachen zu recusirn, wie dann dasselb durch etlich anwelde laut aines gestellten recusacionlibells [1542 Dez. 4] recusirt worden sey. Und wiewol sich ain ersamer rath versehen, die erbern stet sollten sich laut des jüngsten ulmischen abschids2 nit so jheling in die gemain recusacion aller sachen eingelassen haben, das auch der stat Augspurg mer als allen andern stetten beschwerlich, on ain oberrecht im Reich zu sein oder in die acht des cammergerichts zu fallen, so hab doch ain ersamer rath, damit man sehe, das ine die warhait des wort Gottes und die freuntschaft deren, die es fürdern, mer als das zeytlich gut angelegen sey, sich von gemainen evangelischen stenden auch in dem, das ine vor menigklich beschwerlich, nit söndern wöllen, sonder bemelter recusacion antzuhangen meinen gnedigsten und gnedigen herrn, dem Kf. zu Sachsen und Lgf. zu Hessen etc., von aller andern stend wegen zugeschriben. Ain ersamer rath gedenckht auch, mit Gottes hilf bestendigklich darbey zu pleiben und zu gewarten, was der Allmechtig darinn würcken und verhengen wölle.

Dartzue sey auch ain ersamer rath entschlossen, die recusacion in seinem und gemainer stat Augspurg namen ungesöndert zu bestetten und fürgeen zu lassen, uß hochbeweglichen besondern ursachen, ob auch dieselben nit allenthalb für erheblich oder fruchtpar möchten angesehen werden, des versehens, alle erbare stet sollten diser maynung auch sein.

Diewheyl sich aber in dem entschid oder beyurtail der cammerrichter uff die beschehen recusacion erfunden het, das die recusacion uß mangel des gewalts sollt für nichtig geacht und demselben nach vermög der rechten nit mögen daruff gefuesst werden, so sehe ainen ersamen rath für gut an, das man am selben nichtzit, was zu erfüllung der ordenlichen weg und rechtens möcht dargethan werden, sollt erwinden lassen.

Darumb möcht dahin zu händeln sein, das ain yeder stand und stat ainen specialgewalt zu recusirung oder ratificacion gethaner recusacion in rats und gemain namen in pesster form ließ stellen und uffrichten, und das darnach solche gewält sampt oder zum wenigsten die erbarn oberlendischen stet mitainander durch ainen oder mer anwäld am cammergericht gerichtlich ein- und fürpracht wurden.

Wie nun solche gewält zu stellen und ob ainer andern recusacion weder [= als] die hievor eingepracht ist oder den erbarn stetten ainer besondern recusacion vonnöten sein sollt, deren sollen sich die herrn gesandten mit den erbarn stetten vergleichen, wie dann H. Dr. Claudi Peüttinger des alles copeyen mit ime von hinnen nemen mag. In allweg aber sehe ainen ersamen rath für gut an, das nit das officium, das ist das cammergericht an ime selbs, sonder allain die cammergerichtspersonen und assessores recusirt werden sollten.

So were auch ratsam und gut, das sich die erbarn stet ainer revocation irer procuratorn am cammergericht verglichen und dieselben nach notturft, als sich gebürt, thun liessen, damit proceß in contumaciam und in ander wege gegen den procuratorn aals dern, die domini litium worden–a, verhüett wurden. Und wes sich die erbarn stet also mitainander entschliessen, das sollen sye in das werckh fürderlich zu pringen und mit den andern stenden ytzt zu Nürenberg zu handeln befleissen.

Und wie mein gnedigst und gnedig hern, den Kf. zu Sachsen und landtgrafen, für gut angesehen, das gemaine evangelische stende sollen zusammenhalten und uff khainen fürtrag oder handlung im reichsrath antwurt geben oder darein bewilligen, es seyen dann zuvor die vermainten cammergerichtischen proceß gentzlich abgestellt und das cammergericht reformirt, auch gleich recht und frid im Reich angericht, also lässt ims ain erbar rath auch gefallen. Dahin die herrn gesandten, und sonderlich bzu ainhelliger zusammensetzung der verainigungsstende und –stet, handeln sollen–b.

Könnt und möcht aber solchs alles, das ist weder die recusacion noch ußziehung uß der reichshandlung, nichts fruchtpars würckhen und das man ye mit der acht und dergleichen beschwerden fürtfarn wollt, so sollen die herrn gesandten helfen, neben andern evangelischen stenden und stetten ratschlagen, in was wege sich vor schaden und verderben mag zu erretten und zu verwarn sein.

Item, ob alßdann nit gut sey, alle fürsten und stende durch schriften oder botschaften zu ersuchen und von ine zu vernemen, was sich die evangelischen stend in gemain oder sonders zu ainem yeden versehen sollten.

Item zu bedenckhen und bewilligung von allen stenden zu erlangen, wo ainem besondern burger oder underthanen durch die gerichtsproceß acht, name [= Enteignung, Raub] oder ander beschwerd an leyb oder gut zustünde, ob es nit pillich, ain gemaine sach aller stende haissen und sein und von desselben wegen, sowol als were gegen ainem fürsten, stand oder stat gar gehandelt, sollt rettung, rath und hilf geschehen.

Item zu bedenckhen, ob nit ain statliche botschaft zu der röm. ksl. Mt. eylends zu schickhen und umb einsehens zu bitten oder zum wenigsten ainen verstand heraus zu pringen, ob ye gegen den unsern mit ernst wolt fürgefarn werden, das sich doch sein ksl. Mt. nit darein schlagen wolt, mit allem gebürlichen erbieten etc.

cItem H. Dr. Peüttingerd soll zu Nürmberg pleyben, bis dise sach als oblaut gehandelt ist, welchs die gesandten auch eylends fürdern sollen. Und darnach soll H. Dr. Peüttingere fürderlich wider hieher verreiten und aller ding relacion thun, deßgleichen der obgemelten verglichen notteln abschrift mit ime pringen. fUnd sollichs alles soll H. Dr. Peuttinger helfen selbs zum bessten handlen und furdern–f.

Actum und erkennt durch ain erbarn rath, 25. Januarij 1543.

Anmerkungen

1
Auf dem Nürnberger RT 1542 war beschlossen worden, dass die städtischen Rechtsgelehrten Gutachten zur historischen Begründung des Anrechts der Städte auf Session und Stimme auf Reichstagen anfertigen sollten. Siehe dazu die Zusammenfassung der städtischen Rechtsposition, Nürnberg, 1542 Aug. 28, in: RTA JR Bd. XIII, Nr. 94, S. 578–580.
2
Abschied des oberländischen Städtetages, Ulm, 1542 Okt. 28, in: Augsburg StadtA, Lit. 1542, unfol. (Kop.); DV: Der oberlendischen ainigungsstett abschid uf den 22. Octobris anno 42 außgeschriben und den 28. hernach geendten tag zu Ulm.
a
–aIm Sinne von: als diejenigen, die Herren des Verfahrens.
b
–bUnterstr.
c
In B lautet die durchgestr. ÜS dieses Absatzes: Uff verbesserung euer Ft. und ander meiner herrn.
d
In B korr aus: Ulstett.
e
In B korr. aus: Ulstett.
f
–fB om.