Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Straßburg AM, AA 501, fol. 161r–177v (Kop.); AS fol. 161r: Instruction in sachen der verstentnus uff den tag gen Nurnbergk, 14. Decembris anno 42 angefangen und anno 43 usgangen. Item der abschid desselben tags. ÜS fol. 162r: Instruction auf unser maister und rats zu Straßburg gesandte, so auf yetzkunftigen reichstag den 14. Decembris gein Nueremberg geordnet, wes sie ausserhalb gemainer reichssachen bey den stenden unserer christlichen verstendtnus etc. handlen sollen.

B Straßburg AM, ‚AA 501, fol. 140r–160r (Konz. v.d.Hd. Michel Hans); AS fol. 140r wie ÜS in A.

Druck: O. Winckelmann, Politische Correspondenz, Bd. 3, Nr. 327, S. 3401.

Erstlich die yetz beschehene gemeine recusation in prophansachen belangendt:

Bedencken wir, das vil weger [= besser] und disen stenden nutzlicher, es were die gemaine recusation noch zur zeyt underlassen und uf unsern und unsers advocaten ratschlag, den unsere gesandten zu Schweinfurt [1542 Nov.] mit sich gehabt haben, mit fuglichen exceptionen und andern ordenlichen wegen die sach ufgehalten worden, biß dieselbig und was deren anhangt baß bedacht hett werden mogen. Dweyl es aber uber der unsern vilfeltigs anhalten nit beschehen, sonder mit der recusation furtgefaren, so sollen unsere gesandten zu Nuermberg bey gemainen ainigungsverwandten vleissig sollicitieren und dahin arbaiten, das furderlich davon geredt, geradtschlagt und geschlossen werde, wie und wo diese steendt zuvorderst under sich selbs recht geben und nemen sollen und wollen; item, wie sie denjhenigen, so ab inen sambt oder sonders vermainen zu clagen haben und diser ainigung nit verwandt seyen, zu recht werden oder wahin sie sich des erbieten, und wann diese stendt samenthaft oder etliche in sonderhait ab andern, so nit in der verain weren, zu clagen haben, wo und wie sie dieselben furfordern oder zu recht pringen wollen.

Und sehe uns bey dem fur nutz und gut an, das bey der röm. ksl. Mt. oder irer Mt. commissarien, auch der kgl. Mt. und den andern steenden des Reichs aufs vleissigst und ernstlichs angesucht und dahin gehandlet wurde, das camergericht vermog der ksl. Mt. declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949] und der kgl. Mt. und ksl. Mt. commissarien urkhund [RTA JR Bd. XII, Nr. 148], nachmals und ufs furderlichst ymmer sein mochte, zu visitiern und reformiern, ob villeicht dardurch sollich chamergericht hinfuro disen stenden und meniglichem etwas gleichmessiger und leidenlicher were dann bißher und man also obgemelter weg nit bedorfte, sonder bey ordenlichem gericht plibe.

Und sollen aber unsere gesandten ires thails, sovil moglich, auch dahin furdern helfen, das die sachen, den braunschweigischen krieg belangendt, diser zeit nit zu rechtlichem, sonder anderm fuglichen und disen steenden leidenlichem ußtrag gericht werden.

Abrechnung der Kosten des braunschweigischen Feldzugs: Die gesamte Beute des Feldzugs (Silber, Kleider, Geschütze, Munition, Lebensmitteln etc.) soll als Einnahme verrechnet und unter die Verbündeten verteilt werden. Wiewol die expedition oder defension gegen Hg. Hainrichen nit so gar nach dem buchstaben der verfassung und nottel der verstendtnus und gegenwehr furgenomen und angefangen, so haben doch die steendt und stett sich in dem von iren chur- und fstl. Gnn., auch den beschwerdten stetten Goslar und Braunschweig nit sondern wollen, sonder sich in dises werckh mit eingelassen. Kritik Straßburgs an den hohen Ausgaben der Bundeshauptleute Sachsen und Hessen, die beide am Feldzug teilnahmen. Manche Ausgaben gehören nicht zu den Kriegskosten, und seien daher nicht von den Bundesständen zu bezahlen, sondern aus den Einkünften des eroberten Herzogtums zu bestreiten. Zwei Doppelmonate der Bundesanlage müssten zur Deckung der Kriegskosten reichen.

Widererstattung des kriegs kosten: Ob es sich dann uf disem reichstag zutragen, das durch baide, röm. ksl. und kgl. Mtt., deren commissarien, gemaine oder etliche sondere steendt des Reichs Hg. Heinrichs oder seiner kinder halb underhandlung furgenommen und von steenden unsers thails gestattet wurde, so sollen sich die Gesandten gemäß der Schweinfurter Instruktion (1542 Nov.) verhalten und in allweg die sachen dahin richten helfen, so das landt hinweg gegeben werden wolte, es were uf underhandlung oder sonst, das gemaine verstendtnus des ufgewendten costens, sovil immer moglich, widerumb vernuegt [= entschädigt]  und bezalt werde. Im fall auch, so gleichwol sollich landt lenger in gemainer verstendtnus handen und gewalt pleiben solt, will dannocht vonnodten sein, dahin ze trachten, wie die steendt dises beschwerlichen costens und darlegens in etwas widerumben vernuegt werden mochten. Darumben sollen auch unsere gesandten, so von disen dingen gehandlet wurde, glimpfige anmanung thun, ob und wie mit der zeyt durch landtschatzumg oder andere mogliche weg zu zimblicher widerlegung der außgaben ze khomen sein wolte, damit man nit fur und fur ußgeben und nichtz dagegen emphahen thadte. [...].

Türkenhilfe: Die Gesandten sollen sich an der Schweinfurter Instruktion orientieren. Also das die protestierenden, oder ufs wenigst dise verainigte stendt, derhalben zusammen und fur ainen man standen, doch soverr die churfursten, fursten und graven dises thails in der erbern frey- und reichsstetten beschwerungen der anlagen und hilf halben mit denselben zustymmen und nit wie andere wider sie, die stett, sein wollen. Wo nit, so sollen die stett ir selbs gelegenheit und nodtturft hierinnen bedencken, auch unsere gesandten sich in dem zu inen, den stetten, halten und mit inen sodann auch in sonderheit von unser selbs wegen diser sachen halb handlen, wie in der instruction, so inen gemeiner reichstagsgeschaften halb von uns gegeben [Nr. 79a], begriffen und inen bevolhen ist.

Alle anderen vom Schweinfurter Bundestag auf den Nürnberger Reichstag verschobenen Artikel sind gemäß der Schweinfurter Instruktion zu behandeln.

Esslingen belangendt: Als wir hievor unsern freunden von Esslingen auf ir rathpitten nit gewißt ze radten, das sie den vertrag, zwuschen unserm gnedigen herrn, Hg. Ulrichen zu Wurtemberg etc., und inen gehandlet, annemen, sonder das sie denselben mit fugen abschreiben und dann auf kunftigem reichstag bey gemainer verstendtnus ire beschwerden furbringen sollen etc.: Ob sie dann also ir sach furtragen, rath und hilf pitten und begeren wurden, so bedencken wir, dieweyl auf beschehene recusation des chamergerichtz vonnodten sein wolle, auf ain ander gleichmessig und außtraglich gericht und recht under den vereinigten stenden zu gedencken, so man sich dann desselben vergleichen wurde, das ernstlichs vleisses auch dahin ze handlen sein sollt, das diese sach fur denselben richter gewisen und aufs furderlichst zu end gefuert werden sollte. Und im vhall, so diser weg nit gefunden oder erhebt werden mochte, das gemaine steendt aines andern richters und außtrags halben zwuschen Wurtemberg und Esslingen handlen solten. In dem allem sich unsere gesandten von unsern wegen irer beschaidenheit und sonderlich denen von Esslingen zu gutem wol ze halten und neben andern steenden inen ze radten wissen werden. An dem sie auch moglichs vleis nit sparen solten.

Anmerkungen

1
Die von Winckelmann zum Teil im Volltext, zum Teil als Regest abgedruckten Teile der Instruktion, die sich auf Interna des Schmalkaldische Bundes (Abrechnung des braunschweigischen Feldzugs von 1542) beziehen, werden hier nur kursorisch erwähnt, während die im reichsständischen Kontext relevanten Fragen (Rekusation des RKG, künftiges Vorgehen im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, Türkenhilfe, Konflikt Esslingens mit dem Hg. von Württemberg) im Volltext ediert werden. Siehe auch Nr. 79a, Anm. 3.