Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Straßburg AM, AA 496 a, fol. 71r–77r (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 71r: H. Jacob Sturm und H. Batt von Dontzenheim auß Regenspurg gemeiner reichssachen halben; proditum et lectum, 28. Julij anno etc. 41.
Regest mit Ausz.: Winckelmann, Pol. Corr. Straßb., Bd. III, Nr. 201, S. 195–199.
Aus unserm nechsten schreiben, des datum steht Sontag, den dritten Julij [Nr. 820], haben ir vernomen, wes biß dohin in baiden artickln, die eylend hilf wider den Turcken und die religion belangendt, alhie gehandelt worden. Geben darauf euch verner zu vernemen, das, sovil die eylende hilf belangt, baider thail stende auf der ksl. und kgl. Mtt. schriften, so wir euch jungst mit D bezaicht zugeschickt haben, ir meynung der gemelten ksl. und kgl. Mtt. in schriften den 3. Julij obgenant ubergeben, wie ir des copias hiebey mit Nr. 1, Nr. 2und Nr. 3verzaicht haben.
Dweil nun die andern stende bewilligt und wir unsers thails die hilf one ain vergonden friden und gleichmessig recht nit bewilligen wollen, hat die ksl. Mt. den Kf. von Brandenburg etc. angericht, das er mit dises thails stenden handlen soll, wie er auch gethon, das wir in ansehung gegenwurtiger nodt und, das der bestendig frid und gleichmessig recht in sollicher eyl nit möchten beradtschlagt und aufgericht werden, die hilf gleich andern stenden willigen wollten, so were die ksl. Mt. urpittig, ain anstand 6 monat lang zu geben, also das im selbigen alle proceß und außgangne achten wider dise stende solten suspendirt sein und pleiben, in aller mas, wie sy in anfang diß reichstags durch ir Mt. suspendiert seindt worden, und wolten nichtsdestoweniger ir Mt. mitlerweyl der 6 monat, ain bestendigen friden und gleichmessig recht aufzurichten, verschaffen.
Darauf haben sich dise stende der lenge nach underredt und der mehrerthail dahin geschlossen, das dise hilf in ansehung der nodt und, das sy gering und clain, auf der ksl. Mt. anbieten nit abzuschlagen seie. Dweil nun das die andern, die nicht bevelch gehabt, in einiche hilf one ain friden und gleichmessig recht zu bewilligen, gesehen, haben sie sich mit dem mehrerthail ainer antwort verglichen [Nr. 191] und dieselb dem Kf. von Brandenburg ubergeben, a –wie ir aus der copeyen hiebey, mit Nr. 4verzeicht, zu sehen haben–a, und ime damit der von Goßlar supplication [Nr. 253] auch zugestellt laut copey, mit Nr. 5verzaicht.
Auf solliche ubergebne antwort und supplication hat der churfurst wider anzaigen lassen1, wie er dieselben der ksl. Mt. furbracht, und seie der ksl. Mt. meynung, das die achten sollten suspendiert sein, also, das mitlerzeit und in werender suspension nichts gegen den achtern mit der thadt solle furgenomen werden. Derhalben gebetten, das man die wort active und passive, in unser antwort gestellet, heraußlassen solt und die turckenhilf willigen.
Das haben nun dise stende erstlich zu bewilligen abgeschlagen [Nr. 194] und vil ursachen angezeigt, worumb dise suspension den geächtigten und besonder den von Goßlar nichts nutz sein wurde, dann, so schon Hg. Hainrich mit der thadt stillstünde und im rechten aber furtfuere, wurde es den von Goßlar in dem, das er sich in ire gueter einsetzen ließ, zu verderben raichen.
Es hat aber der churfurst uber sollich abschlagen bey disen stenden so ernstlich angehalten und under anderm angezaigt, das die ksl. Mt., so wir auf seiner kfl. Gn. ansuchen nit willigen werden, verner und weither bey uns nit ansuchen werde, sonder sich unserer hilf begeben und sich der andern stend hilf, die sy ime on uns zu thun gewilligt, benuegen lassen, werden also dise stend grosse ungnad und jhene stende gnad und danck bey der ksl. Mt. erlangen, welches ime, dem churfursten, sonderlich laid wer und der ksl. Mt. desto mehr ursach zu ainem rauchen abschid hie geben werde, dardurch dise stendt bewegt, das vorigs tags, den 16. Julij, der mehrerthail und vast alle under inen ausserhalb des Kf. zu Sachsen, Costentz und der von Franckfurt gesandten, die des kein bevelch von iren herrn gehept, bewilligt haben, laut der antwort hiebey, mit Nr. 6bezaicht [Nr. 198]. So haben wir es auch nicht anders, dann sollichs an euch, unser herrn, gelangen zu lassen, bewilligt und, das wir der hoffnung seien, ir werden euch, so es andere stend thun, auch allain nit sondern2.
Mittlerweil haben die ksl. und kgl. Mtt. mit den andern Kff., Ff. und stenden der eilenden hilf halber auch gehandelt und auf ir antwort, die wir euch mit Nr. 2[Nr. 188] und 3 [Nr. 189] hiebey, wie obsteht, zugeschickt, wider an sy begern und inen furtragen lassen, wie ir des copeyen hiebey mit Nr. 7[Nr. 192] und Nr. 8[Nr. 193] haben. Auf sollichen der ksl. und kgl. Mtt. furtrag haben sy wider geantwort, wie ir ab beyverwarten copeyen mit Nr. 9[Nr. 195] und 10 [Nr. 196] zu sehen haben. Darauf dann die sach dißmal beruhet, also das unsers erachtens dise eylende hilf schon von allen stenden bewilligt, es folge recht, fridden und gleichmessig recht im reich oder nit.
Sovil dann die religion belangt, haben ir aus unserm nehern schreiben vernomen, wes die churfursten der ksl. Mt. fur ain antwort auf das colloquium und der verglichnen und unverglichnen artickel halben zu geben bedacht gewesen, laut ainer copeyen, euch damals mit F bezaicht uberschickt [Nr. 123]. Wiewol nun die Ff. von Payern ain seer scharpfe schrift [Nr. 124] wider obgemelt colloquium und das ubergeben buch, dorin die verglichnen und unverglichnen artickel begriffen, dorzu wider unsere stend in den churfursten- und furstenrath ubergeben und stracks auf das wormisch edict und augspurgischen abschid gethrungen, auch vil gaistlicher und etlicher weltlich fursten auf dieselb meynung an sich gezogen, so hat doch der churfursten meynung furgetrungen und ist dieselb schrift, wie wir euch die nehermals zugeschickt, der ksl. Mt. in aller Kff., Ff. und stende namen des andern theils ubergeben worden [Nr. 125].
Darauf hat inen die ksl. Mt. geantwort [Nr. 129], wie ir ab der copey hiebey, mit A bezaicht, befinden werden, hat auch nachgonds den 12. Julij sollich des legaten antwort [Nr. 133] den stenden zustellen lassen laut der lateinischen copeyen, mit B bezeicht, und auf denselben 12. tag Julij den stenden auch lassen anzaigen, das ir Mt. zu widerstandt dem Turcken sich in kurtzem alhie erheben und auf Italien ziehen verursacht werde, derhalben gebetten, alle sachen zu furdern und darauf zu furderung der sachen den stenden ir schriftlich bedencken [Nr. 135], wellichermassen der abschid alhie zu richten wer, alsbald ubergeben, wie ir des copeyen hiebey, mit C verzaicht, haben.
Mitlerweyl haben unsere stende sich auch ainer antwort mit iren theologen, so alhie seindt, auf das buch der verglichnen und unverglichnen artickel endtschlossen und die verglichnen artickel mit ainer declaration und erklerung, so die prediger gestellt, angenommen [Nr. 136, Nr. 137] und der unverglichnen halb es bey der colloquutorn antwort, so in schriften der ksl. Mt. mit dem buch ubergeben worden, pleiben lassen. Dergleichen haben Philippus Melanchton und Martin Butzer zwo schriften [Nr. 142, Nr. 141] gestellt, wölchermaß die mißpreuch zu reformiern und in besserung zu pringen weren, die seindt der ksl. Mt. auch in latein und theutsch ubergeben worden. Dweil aber die gedachten antworten und schriften etwas lang, haben sy in diser zeit nit gar abgeschriben mögen werden. Wollen dieselben sambt dem buch zu unser ankunft – wils Gott – mitpringen.
Gleichergestalt haben unsere stende auf obgemelt der ksl. Mt. bedencken des abschids halben ir antwort [Nr. 140] den 14. Julij ubergeben und dabey etliche artickel [Nr. 138], wie sy vermainten, das ain fridlicher anstandt im reich aufzurichten were, wie ir sollicher antwort und artickel copias hiebey, mit D und E bezaicht, haben.
Aber die anderen stende haben sich kainer einhelligen antwort vergleichen mögen, sonder haben zwo maynungen gestelt, aine in der churfursten namen[Nr. 146], die andern in der fursten namen [Nr. 149], die haben sie den andern stetten vorlesen wöllen und alsdan gleich der ksl. Mt. ubergeben. Dweil aber die stett abschriften und bedacht begert und inen dasselb abgeschlagen, haben die stett auch ain sondere antwort der ksl. Mt. geben [Nr. 150], und seind der churfursten meynung Cölln, Pfaltz, Brandenburg, Hg. Otthainrich, Mgf. Ernst, Gulch und der Bf. von Munster. So seindt der fursten meynung Mentz, Trier, Saltzburg, Payern und die andern, doch sollen der Bf. von Augspurg, Costentz und abt von Kempten ainer mitlen meynung sein gewesen zwuschen baiden thailen.
Dweil sy nun in baiden maynungen, die wir euch mit F und G verzaicht zuschicken, in dreyen artickeln mit der ksl. Mt. furschläg und under inen selbs ainig, namblich, das sy den augspurgischen abschid vorbehalten, die truckerey verbieten und das chamergericht in seiner authoritet pleiben lassen, dasselb auch zum halben thail zu underhalten, bewilligen und dieselben drey artickel unserm thail nit annemblich oder leidenlich, auch zu erhalten fridens im reich nit dienstlich, sover dann die ksl. Mt., wie zu besorgen, auf dieselben 3 artickel schliessen und den abschid setzen wurdet, werden dise stende dargegen protestiern mussen und allerlay unraths im reich daraus ervolgen3.
Nachdem auch untzhiehär vil supplicationen an die ksl. Mt. und derselben geordneten räth beschehen in grossen und wichtigen sachen, als die execution der babstlichen urthail, fur den Bf. zu Hildesheim wider Hg. Hainrichen von Braunschweig ergangen, betreffen, item, der von Goßlar acht und ander chamergerichtsproceß belangend etc., so hat die ksl. Mt. alle solche und dergleichen sachen fur die stende des reichs gewisen, und ist dorauf ein supplicationausschutz von allen stenden altem gebrauch nach geordnet worden, in welchem von stetten Speyr, namblich Bgm. Meurer, und Nurmberg, ain Haller, erwölet seind worden. Demselben ausschutz haben wir die supplication, das syndicat und die ergangnen urthailen belangen, ubergeben, doch die zuvor geendert, wie ir in euerm letsten schreiben uns bevolhen haben; die ist am Donderstag nechstverschinen, den 14. Julij, im ausschutz verlesen und gehört worden, wurt mit andern supplicationen sambt des ausschutz bedencken hernachmaln fur gemaine stend bracht werden. Dwil aber der sachen, dorin das chamergericht beclagt wurt, seer vil und die päpstischen und gaistlichen stende der mehrerthail alle dem chammergericht gunstig, darzu ksl. Mt. aufs lengst, wie man es gewißlich darfur halt, den andern tag nach Jacobi [1541 Juni 26] von hinnen verrucken und also die zeit seer kurtz, so besorgen wir, es werdt wenig in disen und andern nebensachen b –ußgericht werden, besonderlich, dweil in den sachen–b, darumb diser reichstag außgeschriben, als vil als nichts ußgericht worden ist.
Es hat auch die ksl. Mt., wie mich die pfaltzgrävischen berichten, die suspension der landenbergischen acht und die proceß gegen seinen helfern etc. auch fur die stende in den gedachten ausschutz gewisen4.
Der von Hanew [= Hanau] ist vor dem und euer nechst schreiben, an uns gelangt, hie abgeritten, und ist nyemands, der umb ainige antwort ferner ansucht, derhalben gedencken wir, die sach auch also beruhen zu lassen.
Die ksl. Mt. hat Sontags, den 3. Julij, nach mittag alle stend zu ir in ir herberg erfordern und in beisein der kgl. Mt. furtragen lassen, nachdem der Hg. von Gulch und Cleve sich in das hertzogthumb Gelldern wider recht eingetrungen und ir Mt. wol fug gehabt, ir recht mit der thadt gegen ime zu beschirmen, so hett sie doch sollichs nit thun wöllen, sonder zuvor churfursten und fursten irs rechten berichten wöllen, darauf ein getruckt buch, dorin erstlich des hertzogen, darnach der ksl. Mt. gerechtigkeit erzelet wurt, ubergeben, mit beger, wie in sollichem buch zu endt verlaibt, sich der gepur zu erzaigen [Nr. 227]. Sollich buch haben die stend zu besehen angenomen mit anzaig, das inen die irrung laidt, wo sy auch etwas wusten zu hinlegung derselben dienstlichs furzunemen, wolten sy sich desselben erbotten haben. Als aber die gulchichen rädt auch copias begerten und, das inen dies ksl. Mt. gnedigklich on verbrechung irs habenden glaits wolt vergönnen, ir antwort den stenden doruf zu geben etc., ward sollichs in der widerantwort, do die ksl. Mt. den stenden irer antwort dancket, ubergangen, mit anzaig, das der hertzog hiehär verglaitet und billich selbs erschienen wer, das hett er aber verachtet und wer ausserthalb dem reich an andere ort geritten. Wie nun die Gulchischen wider anfiengen zu reden, stunde die ksl. Mt. auf und gieng sambt dem könig in ir gemach und wolt die Gulchischen verner nit hören5. Auf sollichs haben die Gulchischen vergangne woch in die baiden räth der andern und unserer stende etlich vil geschriften ubergeben und gebetten, die ksl. Mt. von irs gnedigen herrn wegen underthenigklich zu pitten, ir verantwortung auch zu hören und bey dem besitz, darin er ist, pleiben zu lassen, sey er urbüttig, die sach zu gütlicher oder rechtlicher erörterung vor des reichs furstlichen lehenmannen khomen zu lassen etc. [Nr. 230].
Dergleichen hat der Hg. von Saphoy uf den 11. Julij, als ksl. Mt. alle stende zu sich in ir herberg beruffen lossen, wes ime vom Kg. zu Franckreich begegnet, furgetragen und bitten lassen, ime als aim fursten des reichs beholfen zu sein, domit er wider zu dem seinen kommen möge [Nr. 297, Nr. 298]. Das haben die stende zu gelegner zeit zu bedencken genomen und, wie wir berichtet, soll des Kg. zu Franckreich advocat6, so derhalben gar nahe den gantzen reichstag hie gelegen, umb verhör bey der ksl. Mt. angesucht haben, seinen konig zu verantworten.
Sonst ist der beharrlichen hilf und muntz halber noch nichts gehandlet.
Die ksl. Mt. loßt 6.000 knecht annemen, ist Jörglin von Regenspurg oberster, wurdet sy mit irer Mt. in Italien nämen und, wie man sagt, in Aphricam schicken, Arge [= Algier] einzunemen, dan die Turcken vil schadens mit uberfall zu schiff in Hispanien, Maiorica [= Mallorca] und Minorica uß obgenantem konigreich thun sollen.
So schreibt man aus Italien, das des Kg. von Franckreichs pottschaft, ain abgewichner Hispanier, Rinco genant, so er hievor bey dem Turcken gehebt und jetz wider zu im schicken wöllen, durch etlich kayserische, wie sy am Pfo [= Po] uberfahren wöllen, ergriffen, die knecht erstochen und er sambt ainem italischen herrn, Freguso genant, gefangen sey worden7, wiewol etlich kayserische hie sagen, es seye nit von des kaysers leuten und on des kaysers bevelch geschehen.
Vor Ofen ligt des konigs volck noch auf die 30.000 starck, wie man sagt, ist dermassen gebauen, das es sturmfrey sein soll und allain außgehüngert werden muß. So sagt man, die Turcken seigen [sic!] nit weith darvon. Was darauf volgen, gibt die zeit zu erkhennen.
Es hat auch die ksl. Mt. auf der andern stende haimstellen Gf. Friderichen von Furstenberg zu ainem obersten uber des reychs eylende hilf gegen dem Turcken gemacht. Dem sollen die stende kriegsräth und pfennigmaister zuordnen.
Uff Donderstag, den 14. Julij, hat Pfgf. Friderich aus befelch ksl. Mt. und in derselben namen durch Hans Böcklin bey uns ansuchen lassen umb 2, 3 oder 4 buchsenmaister, der ksl. Mt. zu leyhen und deren namen ir Mt. anzuzaigen, und das ir Mt. gern 5 buchsenmaister hette, derhalben auch bey andern stetten angesucht. Darauf haben wir ime geantwort, das wir nyemandts kondten anzaigen. So wir aber bericht, wohin man sy prauchen und an welches ort man sy beschaiden solt, wolten wir es gern an euch, unser herrn, gelangen lassen. Hat er gesagt, das weder sein gnediger herr noch er wissens truegen, hett auch kein weithern bevelch, dann wie er gehort. Sagten, wir wolten es gern unsern herrn schreiben. So man aber nit wußte, wohinaus und wohin man sy schicken solt, wurden sy schwer aufzubringen sein. Das haben wir euch dannocht, ob ir villeicht weither schriftlich ersucht, des wissens zu haben, nit verhalten wöllen und seindt euch und gemainer statt ze dienen willig. Datum Regenspurg, Dinstag, den 19. Julij anno etc. 418.