Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 119r–123v (Kop.); DV fol. 123v: Catholicorum consilium datum regiae Mti ad supplicationem protestantium. Lectum et approbatum in consilio, Mercurij 14. Februarij anno etc. 43.

[Art. 1] Weß euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. der protestirenden chur- und fursten und anderer irer kfl. und fstl. Gnn. anhengigen stenden rethe in einer supplicationschrift [Nr. 152], da sie sich im underschreiben der Kff., Ff., graven, stett und stende der augspurgischen confession und derselben religion rethe, gesanthen, pottschaften und verwanthen nennen, clagweiß furgetragen und gebetten, das haben die gehorsamen christenlichen churfursten verordente rethe, auch die gegenwertigen fursten und stende und der abwesenden pottschaften aus euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. beschehnen anzeig und gedachter stende gethanem anpringen gehort. Zusammenfassung der wichtigsten Punkte von Nr. 152: Abschaffung der kirchlichen Missbräuche; Lehre des göttlichen Worts; beständiger Friede in Religionssachen; unparteiisches, gleiches Recht für alle; Abhaltung eines freien, christlichen Konzils; Absetzung der parteiischen Kammerrichter und Beisitzer, danach Neubesetzung und Reform des Reichskammergerichts.

[Art. 2] Die altgläubigen Stände wissen auch über die Antwort des Königs an die Protestanten (Nr. 153) Bescheid: Ausschreibung des Konzils nach Trient.

Und solich euer kgl. Mt. gegebne gnedigste antwurt lassen inen die christenlichen stende und der abwesenden pottschaften in aller underthenigkeit wol gefallen. Und damit die protestirenden ire leut uf solich concilium unsicherheit halb nit zu schicken kein ursach haben, so bedencken die christenlichen stende nutz und guet sein, das euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. inen uber das gemein gleit, so jeder, der zum concilium zeucht, von rechts wegen hat, noch weitter anpieten lassen, das sie oder die iren durch alle oberkeiten verwarlich und sicherlich durchbracht und vergleit werden sollen.

Und alsdann euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. uber die andern bede begere der protestirenden stende, eins bestendigen friden und gleichmessigen rechtens halb beschehen, gnedigst, gnediglich und freuntlich gesunnen, wes darauf den protestirenden stenden fur antwurt zu geben sey. Darauf haben sich ir fstl. Gnn., Gnn. und Gg. stattlich underredt und nachvolgender gestalt entschlossen:

[Art. 3: ad Nr. 152, Art. 7–9] Erstlich, sovill den bestendigen fride belanget, wissen sich die christenlichen gehorsamen stende undertheniglich wol zu berichten, wes des fridens halb uf jungstem reichstage zue Regenspurg [1541] durch die ksl. Mt., auch churfursten und fursten, so in zimlicher anzall personlich entgegen wären, und der abwesenden pottschaften verabschidet und volgendts uf dem reichstage zue Speyer [1542] erneuert und jungst alhie [Nürnberg 1542] bestettigt worden. Und könnden sich aber nit erinnern, das sie sampt oder sonder demselbigen friden zuewider gelebt, sein auch irs teils hinfuro nit weniger dann bishere willig und urbuttig, fride und ruhe im Hl. Reich zu erhalten und an inen nichts, das darzue furderlich und dienlich sein mage, erwinden zu lassen.

Und damit derselbig desto besser gehalten werden möge, ist irer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. underthenigster rathe und bedencken, das euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. eigentlich erkhundigen, wer obberurten friden verbrochen oder nit und darauf dermassen geburendt einsehen thuen, das alles, so darwider beschehen, abgestellt, derselbig fride, welichen sie nit zu verbessern wissen, vestiglich gehalten und volnzogen werde. Were aber daran etwas zu mehren oder bessern, das wurden die cristenlichen stende, als die nicht hohers suchen und begern dann gutten fride, ruhe und einigkeit, inen nit allein nit misfallen lassen, besonder es gern helfen furnemen und furdern.

[Art. 4: ad Nr. 152, Art. 10–11] Was aber belanget das ksl. chammergericht und gleichmessig recht, wissen sich der churfursten rethe, fursten und der abwesenden rethe wöl zu berichten, das auch uf jungstem reichstage zue Regenspurg davon ein sonderbarer artickel2 abgeredt und lautter und klar in demselben begriffen und verordnet, wie das chammergericht visitirt und reformirt werden solle. Derselbigen lauttern und klaren bewilligten visitacion und reformation weren die christenlichen gehorsamen churfursten und fursten irs teils gern nachkomen, die wardt aber auß ehhaften ursachen und durch die reichshandlung des reichstags zue Speyer [1542] erstlich verhindert und nachgeendts, als die darzue verordente stende die iren uf den bestimpten tag gein Speyer geschickt, hat die ksl. Mt., sonder zweiffel auch nit one treffenliche ursach, solich visitation weitter ufgeschoben. Dieweil dann uff solich visitation und reformation uff jungsten alhie gehaltenem reichstage [Nürnberg 1542] wider angehalten, auch euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. inhalt desselben abschiedts uf gemeiner stende underthenigst bitte angenomen, bei der ksl. Mt. mit allem guettem und getreuem vleyß zu befurdern, das solich visitacion und reformation in aller maß und gestalt, wie sie uf den 16. Julij3 vergangen beschehen sein sollt, furgenomen und volnzogen werde4.

Diser meinung und vorgethanen bewilligungen und abschiedt zu geleben und nachzukomen achten die kfl. gesanthen, auch fursten und stende und der abwesenden rethe und potschaften fur erbar, pillich und nottwendig. Darumb auch ir underthenigster rathe und guetbeduncken ist, euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. wöllen der augspurgischen confession verwanthen stende dahin weisen und vermögen, das sie sich auch daran benugen und settigen lassen, dann durch disen wege mögen alle mengel, die sich befinden werden, an den personen und processen grundlich abgestellt und gebessert werden, und wurdt sich niemandt ubereilens oder anderer beschwerung zu beclagen haben. Dann wiewol die gedachten stende chammerrichter und beysietzern auß etlichen ursachen fur partheysch anziehen, so were doch beschwerlich, soliche erliche leut unverhört, unbekant und unuberwisen irer stende und ämbter mit verletzung irer ehren zurn erweisen. Zuedeme were nit weniger beschwerlich, einer beruembten ksl. declaration nach zu reformiren, da doch die gehorsamen christenlichen stende kein grundlich wissen[da]von tragen und von ksl. Mt. und derselben oratore, dem H. von Granvella, nit vernemen könnden, das ksl. Mt. will und gemut gewessen sey, durch das beruembt declariren die christenlichen gehorsamen stende zu vernachteilligen und der augspurgischen confession verwandten stenden ein solichs (wie sie sich ruemen) nachzegeben. Aus disen und andern meher ursachen ist der verordenten churfurstenrethen, der fursten und der abwesenden pottschaften underthenigster rathe, euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. geruchen, die sachen bei der bewilligten und verabschiden visitation und reformation beruen zu lassen und die andern stende gnedigst ze weisen, sich auch daran zu benugen und von solichem irem furhaben abzesteen.

Das wöllen umb euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. die gehorsamen christenlichen stende zuesampt der grossen pillicheit underthenigst, undertheniglich, freuntlich und dienstlich verdienen.

Anmerkungen

1
Laut einem Bericht Konrad Junges an Bf. Philipp von Speyer vom 13. Febr. 1543 wurde die altgläubige Stellungnahme vom Fürstenrat ausgearbeitet und dann den Gesandten der Kurfürsten übermittelt: [...] Disses ist also vom furstenrathe an die kfl. rethe pracht und diewil niemant von churfurstenrethen vorhanden gewesen dan Mentz, Pfaltz und Brandenburg etc., haben die churfurstenrethe die sachen etlich tag ufgezogen, der hofenung, der abwesenden churfursten potschaften solten auch kommen. So es sich aber verzogen, haben die churfurstenrethe, so gegenwurtig gewesen, disses auch beratschlagt und heut [1543 Febr. 13] nachmittag den im furstenrathe angezeigt, das onangesehen der abwesenden sy der protestierenden schrift [Nr. 152] auch bedacht und sich durchauß mit der fursten rethe, wie oben gemelt, verglichen, das solichs der kgl. Mt. und ksl. commissarien also sol uff morgen angezeigt werden. Was nhun kgl. Mt. und ksl. commissarien thun werden, stet zu irer Mt. Sonst ist jetzt nichts gehandelt, dan das man von den stenden verordnet und ein ußschuß gemacht, die der innemer und kriegsrathe sampt des gegenschrieber rechnungen horen sollen. [...] Die protestierenden wollen nit in oder bei der wenigsten handelung sein, es sy dan zuvor ir beger erledigt. Was sie nach gegebener antwort thun wollen, mage zeit pringen. Es last sich gantz ubel an, das etwas fruchtbars moge ußgericht werden. Und seint alle handelung seer wichtig, wole vonnoten, euer fstl. Gn. und andere hochverstendigen, des vermogens auch gesein mocht, die in eigener person zugegen weren. Hie ist aber von aller fursten personlich niemant vorhanden dan Hildeßheim. Hg. Friderichen Pfgf. rechnen ich nit, dan ire fstl. Gn.[ist] ksl. commissari. Man sagt, so hab ichs von Hg. Heinrichs von Braunschwigs cantzler, der auch hie im rath ist, das Hg. Hainrich von Braunschwig und Hg. Ludwig von Bayern in eynem tag oder drei aigner person ankommen sollen. [...]. In: Straßburg AM, AA 503, fol. 104r, 105v–108v, hier fol. 106v–107r (Ausf. v.d.Hd. Junges).
2
Siehe RTA JR Bd. XI, Nr. 941, §§ 37–38.
3
Irrtümliches Datum; die Visitation des RKG hätte laut dem Speyerer RAb von 1542 am 16. Juni stattfinden sollen.
4
Siehe RTA JR Bd. XIII, Nr. 198, § 38, S. 896.