Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, RK RTA 11/Konv. 1, fol. 181r–184v (Konz. der kgl. Kanzlei); AS fol. 181r: Kgl. Mt. muntlicher beschluß mit den stenden der augspurgischen confession.

B Wien HHStA, RK RA i.g. 13f/Konv. 1, fol. 84r–86v (Konz. der evangelischen Stände); DV fol. 86v: Der kgl. Mt. und der ksl. comissarien vierte antwurt, den stenden der augspurgischen confession und religion den 10. Marci muntlich durch irer Mt. selbst person gegeben.

C Frankfurt ISG, RTA 54, fol. 85r–86v (Kop. der evangelischen Stände).

Die mündliche Antwort Kg. Ferdinands an die Augsburger Konfessionsverwandten und deren Replik wurden sowohl von kgl. als auch von protestantischer Seite in resümierender Form festgehalten. Die kgl. Überlieferung (A) wird im Haupttext ediert, während die an manchen Stellen deutlich anders lautende Zusammenfassung der Evangelischen (BC) in Anm. 1 wiedergegeben wird1.

Die röm. kgl. Mt. hat in gegenwurt der ksl. comissarien den stenden der augspurgischen confession auf ir vierte und letzte schrift [Nr. 162] ungeverlich nachvolgende mainung muntlich furgehaltn:

[Art. 1] Ir kgl. Mt. und die ksl. comissarien hetten ir, der stende, jungste schriftliche und muntliche antwort auf irer kgl. Mt. und ir, der ksl. comissarien, letzte schrift vernomen und sich zu inen, den stenden, ains andern und pessern versehn, angesehn das sy, die stende, aus irer kgl. Mt. vor ubergebn schriftn genugsamlich vernemen mogen, das ir Mt. und sy, die ksl. comissarien, weitter oder ferner dann in derselbn schriften begriffn, nit geen mochtn.

[Art. 2: ad Nr. 162, Art. 2] Und erstlich, was das concilium belangte, hetten sy, die stende, zuvor mermaln vernomen, das irer kgl. Mt. und den ksl. comissarien nit geburn wolte, hierin weiter ze geen oder anders ze handln, dann wie hierin von der ksl. Mt. verordnung beschehn, der zuversicht, es wurde sich der handlung auf solhem concilium niemands billicherweise zu beschwern habn. Wo dann dasselb wurckhlich nit furgienge, hette es ferrer sein maß und ordnung, wie und welher gestalt alsdann weiter der strittigen religion halben gehandlt werden sollte.

[Art. 3: ad Nr. 162, Art. 3] Sovil den friden und das recht betreffe, derhalbn der stendt begeer noch auf ainen ausschuß und beurlaubung der camergerichtzpersonen gestellt wurde, wäre ine, den stendn, hievor ursachn anzaigt, warumb derselb ausschuß nit fur rätlich angesehen wurde, zudem das sich die andern stende zu demselbn bschwerlich bewegen lassen. So were inen in den ubergeben schriftn angezaigt, das sy genugsamlich versichert und dhweil ir, der stende, maiste beschwerd des camergerichts halbn sein möchte, wern sy derhalbn auch genugsamlich versichert, dann alle proceß gegn inen so lang eingestellt werdn solln, biß die visitation und reformacion des camergerichts beschehn, welcher visitacion und reformacion halbn sich auch ir kgl. Mt. und die ksl. comissarien mit inen, den stenden, ytzo ains tags vergleichn und denselbn ernennen wellen. Dann unbillich wäre, das die camergerichtzpersonen unerhort entsetzt werdn solltn. Wann aber nun die visitacion beschehe und sy in derselbn ungerecht befundn, solln sy nit allain entsetzt, sonder darzue billich gestrafft werden. Wo sy aber nit ungerecht befunden, weren ire herrn und obern ungezweiflt ains solchen erbern gemuets, das ir begeer nit sein wurde, sy zu beurlaubn oder ze straffn. Darzue stuende in irer herrn und obern willen, so gleichwol ire verordnete beysitzer in der visitacion nit ungerecht befundn und sy bei irn dinsten beliben, das sy nichtz weniger dieselbn abfordern mochten, wann inen solhes gelegn.

[Art. 4: ad Nr. 162, Art. 4] Dieweil dann der ksl. Mt. ankhonft in das Reich gewiß und ir ksl. Mt. solher visitacion und reformacion halbn, auch in allem anderm, so furfalln mochte, gnedigiste und vatterliche erledigung thun mochte und irer ksl. Mt. gemuet nit anders dann zum fridn gee, sich auch dise stende ainichs unfridens nit zu beklagen, wie des andere vil mer ursach hetten, neben dem, das ir kgl. Mt. sy, die stende, irer ksl. Mt. halbn des fridens vergwisst und hiemit entlich vertrost habn welln, so sei dennoch irer kgl. Mt. und der ksl. comissarien nachmaln gnedigs und fruntlichs ansynnen und begeer, sy, die stende, welln sich noch aines bessern bedenkhen, sich an vorign und diser gnedigistn antwortn und erbietn settigen lassn und darauf, ungesehn irer vorigen waigerung, mit den andern stenden der hochnotwendigen turggenhilf halbn, daran gemainer cristnheit so hoch und vil gelegen, zu der handlung greiffen. Das werde die ksl. Mt. gegn iren herrn und obern in allen gnaden erkennen.

Darauf haben die stend ain bedenken genomen und bald ein solhe antwort gegeben: Sy hetten der kgl. Mt. und der ksl. commissarien anzaigen in den dreyen artigkln des concilium, auch friden und recht betreffent undertenigklich angehort. Und das solh anzaign durch irer kgl. Mt. selbs person beschehn, das verstuendn sy irer kgl. Mt. halbn aus gnedigister und vatterlicher naigung und willn; bedankhtn sich desselben zum undertenigisten. Das aber ir kgl. Mt. und die ksl. comissarien diser dreyer artigkl halbn auf voriger antwort beharrtn, mit anzaigung, das sy von ksl. Mt. nit bevelh hettn, weyter ze schreiten, darin wolltn sy, die stende, ir kgl. Mt. entschuldiget halten. Und sollen ir kgl. Mt. und die ksl. commissarien nit darfur haltn, wo sy, die gesantn und botschaften, von irn herrn und obern ainen andern bevelh hetten, das sy es vor langer zeit angezaigt und so lang nit aufgezogen habn woltn. Dieweil sy aber mit kainem andern bevelh abgefertigt, wern sy der hoffnung, man wurd sy hierin nit verdenkhn. Die kgl. Mt. und die ksl. commissarien sollten auch ire herrn und oberen darfur achtn, wo sy sich auf die beschehen fursleg ains fridens versehn mochtn, das sy von denselbn abgefertigt wordn wern, dieselbn anzenemen. Dieweil es aber nit beschehn, konnten sy sich darumb in ainich handlung nit einlassen, undertenigklich bittend, ire personen entschuldigt ze habn.

Auf das sind sy abgeschidn worden, biß die kgl. Mt. sy ferrer erfordern lasse2.

Actum Nurnberg, 10. Marcij 15433.

Anmerkungen

1
Das Resümee der CA-Stände laut Überlieferung B: Die kgl. Mt. und die ksl. commissarien haben heut, den 10. Martij, die stend der augspurgischen confession und religion fur sich ervordert und hat die kgl. Mt. uß irem selbst mundt nachgemelt furbringen gethan: [Art. 1] Der röm. ksl. Mt., irs bruders und lieben herrn, commissarien und ir Mt. hetten die gesterige diser stend antwurt und beschliessliche schrift [Nr. 162] gehört und sich einer bessern antwurt zu disen stenden versehen, angesehen das ire Mt. und sie, die commissarien, weiter nit, dann ir bevelch were, gehen könnten, und das auch irer Mt. und der commissarien antwurt und ansuchen zimblich und billich geweßt. Und wollten demnach ir Mt. und die commissarien uff diser stend ubergeben schrift hiemit einen entlichen beschlus thun: [Art. 2] Erstlich belangend das concilium konnten ir Mt. und die commissarien weiter nit geen, dann die andern stend des Reichs bewilligt, der zuversicht, wo dasselb concilium furgienge, das dise stend desselben kein beschwerung tragen sollten. Wo es aber nit fur sich gieng, so geben die reichsabschid verner maß. So wurd auch die gegenwurtigkeit des keisers sovil dester mehr tröstlich sein, dann ire Mt. zu allem friden geneigt weren. [Art. 3] Zum andern frid und recht belangend, das dise stend noch uff voriger beger des ußschuß und erlassung der personen beruheten. Hetten dise stend verstanden, warumben ire Mt. und die commissarien den ußschuß zu verordnen nit fur gut achteten, wie es dann auch die andern stend nit fur gut bedechten. Zudem das ire Mt. und die commissarien noch nit anderst finden, dann das dise stend mit dem friden gnugsam und nach notturft versichert, wie dann ire übergebne schriften alles weiter und clerlicher zu erkennen geben, dergleichen auch die reichshandlungen und abschid, dero dise stend vormaln ersettigt und weitter nit begert hetten. Versehen sich demnach die kgl. Mt. und ksl. commissarien, sie wurden derselben noch nit hinder sich geen. Und dieweil die kgl. Mt. und ksl. commissarien befinden, das mehrertheils beschwerung uff den personen des ksl. cammergerichts stehen, so weren ir Mt. und die commissarien urputtig geweßt, mit den processen so lang stilltzusteen, bis das cammergericht visitiert und reformiert wurde, wie sollichs die reichsabschide vermöchten. Und achten noch nicht fur billich und recht, das dieselben personen des cammergerichts unverhört abgeschafft werden sollten, zudem das sie auch desselben von der ksl. Mt. gantz keinen bevelch hetten. Hette nun das cammergericht mängel, so wurden dieselben durch die visitation billich ußgefurt. Befenden dann die visitatores, das dyeselben personen des cammergerichts ubel gehandelt, so sollten sie nit allein entsetzt, sonder auch, do sie unrecht befunden, gestrafft werden. Hinwiderumb, do sie unstreflich und recht gehandelt, wurde irer billich verschonet. Und weren ire Mt. und die ksl. commissarien nochmaln erpietig wie vor, sich mit disen stenden eines tags zu vergleichen, uff welchem die visitation und reformation irn furgang erreichen solle, wie sollichs ir Mt. und der commissarien schrift verner zu erkennen geb. Wann nun dasselbig also geschehe und die visitation und reformation wie vorgemelt furgenomen, sollten die stend billich kein vernere beschwerung haben, sonder benuegig und zufriden sein, und sovil dester mehr, dieweil die ksl. Mt. gewißlich in das Reich komen und alle burden und beschwerden sovil möglich erledigen, auch all abschid, declaration und anders, als vil es irer Mt. gepurn wollt, erklern wurd. Daruß gespurt werden sollt, daß ir ksl. Mt. gegen menigclichen mit gnaden geneigt. Dieweil nun dise stend verstuenden, daß ir Mt. und die commissarien nit weiter konnten, das sie auch fridens und rechtens halber gnugsam versichert, zudem daß des keisers gemuet zum friden geneigt, dise stend auch gnugsam verstuenden, wie dann auch vor angezeigt und im werck zu beweisen, daß dieselben fridständ disen stenden zu vortheil und den andern zu nachteil gedient hetten, so were der kgl. Mt. und der ksl. commissarien begern nochmaln, dise stend wollten zu den hauptpuncten greiffen und dieselben helfen beschliessen, angesehen der not und obligen der teutschen nation und der christenheit. Das wurde die ksl. Mt., wie auch ir kgl. Mt., in allen gnaden erkennen. Daruff ist durch dise stend widerumb furgewandt, sie hetten keinen andern bevelch, dann wie sie sich des gestern vernemen lassen, underthenigst und underthenigclich bittend, sie als diener nit zu verdencken.
2
Der weitere verbale Schlagabtausch zwischen Kg. Ferdinand und den Protestanten erfolgte am 11. und 12. März 1543. Siehe dazu den Bericht der württembergischen Räte an Hg. Ulrich vom 12. März 1543 (Nr. 360) und die Schilderung der Ereignisse, in: Stuttgart HStA, H 55 (Schmalkaldischer Bund), Bü. 49, fol. 88v–89r: Uff soliche ubergebene antwurt [Nr. 163] sontags Judica [1543 März 11] die röm. kgl. Mt. sampt den ksl. comissarien die stende der augspurgischen confession fur sich than erfordern, und geb ire kgl. Mt. denselben selbs eigner person muntliche und entliche antwurt, wie das ir Mt. und ksl. comissarien kheinen weithern bevelch hetten, dann wie sie sich hievor vernemen lassen. Darumb liessen sie es bey virgegeben antwort bleiben, mit beger, sich mit andern stenden des Reichs in handlungen ein[zu]lassen. Drauf die gesanten nach khleinem gehaptem bedacht ir kgl. Mt. und ksl. comissarien widerumb beantwurt, das sie auch kheinen andern bevelch, und wisten als die diener sich in weithere handlungen nit zu begeben. Also hat die röm. kgl. Mt. und ksl. comissarien solchs zu bedencken getzogen. Montags nach Judica [1543 März 12] seind die ksl. comissarien uff dem rathauß erschinen, die stend der augspurgischen confession fur sich erfordert und begert, von irm virhaben abzusteen und gegebner antwurt[sich] settigen zu lassen, auch sich mit und neben andern stenden des Reichs in handlung einzulassen. Als aber die gesanten rethe der augspurgischen confession uff iren empfangen bevelhen verhart, seind sie also voneinander abgeschiden und andere stende des Reichs uff kgl. Mt. und ksl. comissarien beschehene proposition sich in beratschlagung einzulassen erpotten. Waß nun uß dieser beschwerlichen zweyung wirt volgen, ist leichtlichen zu erachten etc. Got schick es zum besten.
3
Nach dem Datum AV auf fol. 184v: Alß nun die protestierenden stende durch allerhand gemayn und particular schriftlich und muntliche handlungn von irem gemaßtn furnemen und waygerung nit bewegt werden mugen, haben die kgl. Mt. samt den ksl. commissarien und gemaynen gehorsamen stenden zum beschluß und abschid gegriffen, wie der hernach volgt.