Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 171r–176v (Kop.); AS fol. 171r: Kff., Ff. und gemeine[r] stende des Reichs gutbedencken etliche artickel in den abschit zu setzen seyen.

B München HStA, KBÄA 3159, fol. 446r–448v (Kop.); ÜS wie AS in A.

C Augsburg StA, Hochstift Augsburg, Münchner Bestand, Lit. 1105, unfol. (Kop.); AV: Actum den 20. April.

D Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 636r–639r (Kop.); AV fol. 636r: 20. Aprilis.

E Hannover NLA, Hild. Br. 1, Nr. 80, fol. 20r–24v (Kop.); AS fol. 20r: Der gemeyne[n] stende antwordt uff der kgl. Mt. und ksl. commissarien vorgeschlagen artickel, so dem abscheydt sollen ingeleibt werden [Nr. 175].

F Straßburg AD, 15 J 16,2, unfol. (Kop.); AV marg.: Lectum 20. Aprilis anno etc. 43. ÜS wie AS in A.

Wes die röm. kgl. Mt., unser allergnedigster her, und der röm. ksl. Mt., auch unsers allergnedigsten herrens verordente comissari fur artickel dieses reichstags abschit einzuverleiben fur nutz und gut angesehen und in schrieften gnediglich und gutlich ubergeben lassen [Nr. 175], das haben die kfl. rethe, fursten und stendt und der abwesenden botschaften (ausserhalb der protestirenden) in aller underthenigkeit verstanden.

[Ad Nr. 175, Art. 1] Und antreffende den ersten artickel, so von dem fritstant meldet, lassen inen die kfl. rethe, fursten und stend und der abwesenden botschaften undertheniglich gefallen, das derselbig uf dise mas, wie hernach volget, in den abschit gesetzt werde:

[Vgl. RAb Nr. 404, § 32] Damit aber im Hl. Reich teutscher nation frit und einigkeit gepflantzt und erhalten werden moge, so bewilligen, zusagen und versprechen gemeine stendt und der abwesenden botschaften der kgl. Mt. und der ksl. commissarien anstat und in namen der ksl. Mt. und zwischen inen selbs gegeneinander bei iren fstl. eern und wirden, auch gutten, waren treuen an geschwornen eydstat, dass keiner den andern hohes oder niders stants weder der religion noch anderer sachen oder ursachen halb, wie die namen haben mochten, bevheden, bekriegen, berauben, fahen, uberziehen, belegern, darzu auch weder durch sich selbs oder jemant andern dienen noch einich schloß, statt, marck, bevestigung, dorfer, hofe oder weiler absteigen oder frevenlich innemen, dergleichen keiner den andern, was religion er sey, seine zins, renth oder inkomen verhalten noch einziehen, besonder ein jeder sich allenthalb dem gemeinen lantfrieden gemeß halten sollen und wollen, bei peen und straff, in dem ksl. publicirten und ausgekunten lantfrieden gesetzt, inmassen dan von dem frid und fridtstant in den vorigen des Hl. Reichs abschiden und sonderlich in dem jungsten speirischen reichsabschit [1542] weiter begrieffen und verordnet ist.

[Ad Nr. 175, Art. 2] Aber den artickel, des ksl. chamergerichts visitation und reformation belangt bewillighen gemeine stendt underthenigst, das derselbig ungeverlich also dem abschit inverleibt werde:

[Vgl. RAb Nr. 404, § 33] Wan nun aber umb merer befurderung und erhaltung frid und rechtens uf vorigen reichstegen fur nutz und gut angesehen worden, das das ksl. chamergericht visitirt und reformirt werden solle, so sehen di kfl. rethe, fursten und stende und der abwesenden botschaften fur pillich an, das die visitation und reformation des ksl. chamergerichts vermog vergangener reichsabschit und hantlungen on fernern verzug und schub gewißlich furgenomen und volnfurt werde. Und haben sich demnach verglichen, das dieselbig visitation und reformation uff den dritten tag Julij schirstkoment zu fruer tagzeit zu Speier gewißlich angefangen und nach erlangtem anfang biß an ir gepurlich ende continuirt und befurdert werde, darzu die röm. ksl. Mt. ir ansehenlich comissarien verordnen will. Und sein von gemeiner reichstendt wegen zu visitatorn furgenomen beide Kff. Meintz und Sachssen, Bf. zu Wurtzburg, Mgf. Jorg zu Brandenburgk, abte zu Kempten, Gf. Martin von Ottingen und die stat Augspurg. Und daneben ist fur notwendig erwegen und beschlossen, das die jerlich visitation des camergerichts, wie solichs in dem reichsabschit zu Regenspurg im 32. jare der minder zal gesetzt und versehen ist [RTA JR Bd. X, Nr. 303, S. 1068f.], hinfuro gehalten und das chamergericht jerlich alweg uff den ersten tag Maij an dem ort, da es sein wurdt, visitirt und, sovil not, reformirt werden solle.

[Ad Nr. 175, Art. 3, vgl. RAb Nr. 404, § 34, Absatz 1] Und so sich zwischen aller stende erkiesten visitatorn in volziehung berurter visitation einicherlei mißverstandt, worin das were, zutruge, des sie sich zwischen inen selbs nit vereynen noch durch der röm. ksl. Mt. comissarien, so sie statlich und ansehenlich darzu verordnen, nit vergleichet werden mochten, das alsdan zu irer ksl. Mt. gestelt werde, daruber entlich erkantnus und entscheit zu thun, dem auch folgents alle stende gehorsamlich geleben und nachkomen sollen, der trostlichen zuversicht, ir ksl. Mt. werd sich darin als ein loblicher kaiser dermassen zu erzeigen wissen, damit alle stende billich genugig sein und einicher beschwerung kein fuglich ursach haben werden.

[Ad Nr. 175, Art. 4] Was dan den artickel der suspension der processen angeet, ist der kfl. rathe, fursten und stende underthenigst bedencken, das derselbig artickel (wiewol er nit wenig beschwerlich) auch ungeverlich uf dise maß gestelt werde:

[Vgl. RAb Nr. 404, § 34, Absatz 2] Und damit sich mitler zeit zu kunftiger des ksl. chamergerichts visitation ob desselbigen gerichts processen und erkantnussen niemant zu beschweren einich ursach haben moge, so haben gemeine reichsstent und der abwesenden botschaften, der röm. ksl. und kgl. Mtt. zu underthenigen ehren und gefallen und auß treffenlichen, bewegenden ursachen, zu befurderung und erhaltung frid, ruhe und einigkeit gehorsamlich bewilliget, das von zeit an diß reichstagsabschits biß zu obbestimpter visitation und reformation alle religion- und prophansachen, so sie gegen den stenden der augspurgischen confession verwandt und dieselben stende hinwider gegen inen am ksl. chamergericht haben oder noch uberkomen mogen, biß zu entlichem beschlus angeregter visitation auch ingestelt und suspendirt pleiben, allein die proceß ausgenomen, so von wegen der nicht geleisten turckenhilf oder derselben halb schuldigen anlagen bisher angefangen oder noch kunftiglich der verfallenen oder kunftigen anlagen halb furgenomen werden, und dan auch mit der bescheidenheit, das sollich visitation uff obbestimpte zeit gewißlich furgehe und zum lengsten in drei monaten den nechsten darnach volgenden geendet und beschlossen werde.

[Ad Nr. 175, Art. 5, vgl. RAb Nr. 404, § 35, Absatz 1] Ferrer die artickel der proces von wegen der underhaltung des ksl. chamergerichts, auch die proces und urtheilen, so wider die stend der augspurgischen confession nach furgewanter des ksl. chamergerichts recusation ergangen und die braunschweigische hantlung bedreffende, ist gemeiner stent underthenigst bedencken, das sie wol auß dem abschit pleiben, und dannocht damit der kgl. Mt. und ksl. commissarien gnedigem bedencken nach gehandelt werden mag. Wo es aber di kgl. Mt. und ksl. commissarien jhe auß bewegenden ursachen im abschit haben, wolten es gemeine stend nit abschlagen, wiewol sie das ander fur besser und fuglicher achten, allerlei protestation und beschwerung zu verhutten.

[Ad Nr. 175, Art. 6, vgl. RAb Nr. 404, § 35, Absatz 2] Und das mitlerweil biß zu der visitation nach gelegenheyt furfallender sachen die ksl. oder kgl. Mtt. commissarien ordnen, von welchen den anruffenden partheien recht mitgetheilt werde, das lassen inen gemeine stend undertheniglich wol gefallen. Und achten fur unnotten sein, itzo zu allen furfallenden sachen commissarien zu erwelen, in bedenckung, das der ksl. und kgl. Mtt. als den hauptern jederzeit dieselben nach gelegenheit der partheien und sachen zu verordnen zusteet und sunst auß andern mer bilichen ursachen dieselben itzo zu allen sachen zu verordnen nit wol muglich ist.

[Ad Nr. 175, Art. 10, vgl. RAb Nr. 404, § 38] Was aber andrifft den artickel besserung der muntz und uffrichtung einer bestendigen muntzordnung, sehen die kfl. ret, fursten und stend und der abwesenden botschaften fur nutz und gut an, das auch disser sachen halb uff den dritten Julij schirst gein Speier die ksl. und kgl. Mtt., auch alle und ide muntzgenossen stend, darzu die fursten und andere, so guldin und silberin berckwerck haben, ire muntzverstendigen rhät abfertigen, mit bevelch, sich mit anderer muntzgenossen verordenten gesanten einer gutten, bestendigen muntzordnung halb uff vorige, derhalb zu andern tagen gepflegne hantlungen und ratschleg zu underreden und ir bedencken uff kunftigem reichstag gemeiner reichsversamblung anzubringen. Das alsdan verrer und außdrucklich derhalben notwendige ein- und fursehung beschehen sol, damit im Hl. Reich teutscher nation ein zimlich, geregte [= gerechte] muntz uffgericht und gemacht werde.

Demnach sein gemeine stendt in underthenigkeit bereit, die andern artickel, nemlich die langwirigen irrung der strittigen session, auch außziehung und vertrettung etlicher stendt und uffrichtung gutter pollicey und anders bedreffende uff negstkomenden reichstag verschieben zu lassen. Und thun damit der kgl. Mt. und ksl. comissarien sich undertheniglich und fleissig bevelhen.

Anmerkungen

1
Die Stellungnahme der Altgläubigen zum kgl. Gutachten Nr. 175wurde wahrscheinlich vor der Sitzung des Reichsrates vom 18. April 1543 an Kg. Ferdinand und die ksl. Kommissare übergeben. Die Verlesung des Aktenstücks erfolgte allerdings erst am 20. April. Siehe dazu das Würzburger Protokoll vom 18. und 20. April (Nr. 81, fol. 14rv). Laut Würzburger Protokoll wurden die Schreiber und Sekretäre der protestantischen Stände bei der Niederschrift des RAb vom Mainzer Kanzler des Reichsrates verwiesen.