Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2752, fol. 180r–186v (Kop.); DV fol. 186v: Eyn schreiben an meinen gnedigen herrn, Hg. zu Guylich etc., darin ungeferlig, wes der verordente ußschuß mit den guylisschen rethen gehandelt, angetzogen wurdt. ÜS fol. 180r: Hierin ist begriffen, was der verordente ußschuß mit den guylisschen gesandten gehandelt.

Nachdem wir am jungsten euern fstl. Gn. angetzeigt, welcher gestalt die gemeyne des Hl. Reichs stende die röm. kgl. Mt. und ksl. oratoren abermals besucht und mit allem fleiß dahin gehandelt, das die kriegshandlung zwischen euern fstl. Gn. und den burgundisschen uffgehaben und die sachen entweder durch gutliche oder rechtliche erkantenuß entscheiden oder zom wenigsten in eynen eherlichen, bestendigen anstandt gebracht werden mochten [Nr. 220], sollen euern fstl. Gn. wir nun weithers nit verhalten, das die kgl. Mt. sich uff solich der stende beschehen ersuchen gnedigst hat vernemen lassen, das ir Mt. nichts liebers sehen wolten, dan das diese irrige sachen durch geburliche wege hingelecht, frid, ruhe und eynigkeit im Hl. Reich gepflantzt und underhalten werd. Aber der ksl. orator hat uff sein vorig furgeschlagen untreglich mittel beharret, nemlich soferr euer fstl. Gn. von dem furstenthumb Geldern und graffschaft Zutphen abzutretten und dieselben der ksl. Mt. zuzustellen gemeint, so wolte er neben den burgundisschen gesandten sich in gutliche handlung, das die sachen des geweltigen uberzugs, in Brabant geschehen, durch leidliche wege mochten vertragen werden, einlassen. Nun haben die kfl. rethe (dweil ire gnedigiste herrn der ksl. Mt. etwas mehr dan die andere stende verwant) folgents sich zu gemeltem ksl. oratoren gefuegt und inen euer fstl. Gn. hochzimlich erbietens erinnert, auch die ursachen, warumb berurt durch inen furgeschlagen mittel euern fstl. Gn. mitnichten annemlich [Nr. 219], angetzeigt und bewogen, was unraths dem Hl. Reich darus entstehen wurde, solten euer fstl. Gn. uber ir beschehene erbieten mit der thatlichen handlung weither beschwert werden, mit angehenckter bitt, sich uff ander tregliche wege und mittel vernemen zu lassen. Und wiewoll die kfl. rethe sich gentzlich versehen gehapt, es solte der orator zu andern mittel sich haben bewegen lassen, so hat er doch uff seinem vorigen bescheidt verharret und mit solichem grossem ernst geredt, das er, wie es eusserlich sich hat ansehen lassen, in der rede so gantz heftig und zornig worden, das es inen selbst verdrossen hat. Doch zuletst hat er daruff geschlossen, er wolte uff der kfl. rethe beschehenem furtrag und bitt sich mit der kgl. Mt. underreden und alßdan sein bedencken den stenden daruff widerumb zu erkennen geben, wie dan solichs vor zweyen tagen geschehen lauth hiebei verwarter copeyen [Nr. 222].

Als nun den stenden soliche antwort zugestelt, haben sie uns gestert [1543 April 10] furbescheiden lassen, doch die schriftliche antwort [Nr. 222] (weither verbitterung und disputation zu verhueten) uns nit zugestelt, welche wir dannoch in andere weg bekhomen, und die wichtigkeit des handels und wes darus entstehen mocht erwogen und sich entschlossen, eynen ußschuß zu verordnen, welcher diese sach fur handt nemen und uff alle leidliche und tregliche wege bedacht sein solte, dadurch diese hoichbeschwerliche sach zu geburlichem ende gebracht werden mocht. Des wir uns gegen die stende bedanckt haben.

Nun hat der verordenter ußchuß gesterigs tags mit uns gehandelt und die beschwernuß, so euer fstl. Gn. und dem gantzen Reich uß dieser sachen, wo sie nit vertragen oder in eynen bestendigen anstandt gebracht wurde, entstehen mochte, in die lenge anzeigen lassen, mit erinnerung der ksl. Mt. gerechtigkeit zu berurtem furstenthumb Geldern und des ubertzugs Martins von Roßheim, in ksl. Mt. nider erblande beschehen, und allerley ander bewegnuß und zum letsten zween mittel uns furgehalten:

Erstlich, das euer fstl. Gn. obbestimpt furstenthumb und graffschaft der ksl. Mt. zustellen solte, doch dergestalt, das ir Mt. hinwiderumb gnugsam versicherung thun solte, im fall das durch gutliche handlung oder rechtliche erkentnuß dieselbige furstenthumb und graffschaft euern fstl. Gn. zuerkant wurden, das alßdan die ksl. Mt. ir handt darvon abthun und euer fstl. Gn. unverzoglich widerumb einantworten solte.

Zum andern, wo das mittel euern fstl. Gn. nit annemlich, so hetten sie nochmals uff das mittel der sequestration1 sich bedacht, nemlich das berurte lande in die dritte handt etlicher stende des Reich biß zu beschehener geburlicher erkentenus gestelt wurde. Wo wir nu solich mittel oder dero eins annemen, wolten sie mit dem ksl. oratoren auch uff das fleissigst handlen, das von wegen der ksl. Mt. dieselbige mittel bewilligt und angenomen wurden. Wo aber unser gewalt sich nit so weith strecken wurde, das wir dan berurte mittel uff hinderbringen an euer fstl. Gn. annemen wulten. Mitler zeit kundte euer fstl. Gn. sich daruff bedencken und mit iren geldrisschen underthanen daruff handlen lassen und irer antwort uns daruff furderlich widerumb verstendigen etc.

Uff solich des ußschuß furgeben, das dan mit villen worten uff das allerbeweglichst geschehen, haben wir uns vernemen lassen, das euer fstl. Gn. nit liebers sehen wolten, dan das diese sachen durch leidliche und tregliche mittel mochten hingelecht werden. So hetten auch die stende uß dem schriftlichen ubergebenem bericht der gutlicher underhandlung, so durch der vier Kff. am Rhein und die hessissche rethe zwischen beiden theilen gepflegt [Nr. 208, Beilagen 1–6], gnugsam vernommen, das euer fstl. Gn. umb fridlebens willen gneigt gewest, die mittel, so durch gemelte chur- und fstl. rethe furgeschlagen, anzunemen. Es hetten aber die burgundisschen dieselbige stracks abgeschlagen und uff etlichen unleidlichen mitteln, die nit allein dem rechten, dan auch menschlicher vernuft zuwidder, verharrt, also das durch ire verursachung die gutliche handlung zerschlagen worden. So hetten wir uns auch zu mehrmalen erbotten, wo uns eyniche leidliche, tregliche und scheidbare mittel, die euer fstl. Gn. – unverletzlich irer fstl. Gn. eheren – mit eynichen fugen annemen kundten, furgeschlagen wurden, das wir uns daruff aller gebur und dermassen wolten vernemen lassen, das der mangel an uns nit soll befunden werden.

Und obwol der ksl. orator zweyerley ursachen furgewant hette, warumb er von seinen furgeschlagnen mittel nit weichen khundte, als nemlich das der ksl. Mt. gerechtigkeit zu berurten furstenthumb und graffschaft so gantz notori und das darumb kheiner erkentnuß notig, und das der gewaltiger uberzug, in Brabant geschehen, mit euer fstl. Gn. wissen, willen, hilf, furschub und beistandt furgenomen were worden, so hetten doch die stende uß euer fstl. Gn. in druck ußgangner defension [Nr. 204, Beilage 1] und irer uff jungst alhie gehaltenem reichstag gethaner entschuldigung [RTA JR Bd. XIII, Nr. 122] und in negstubergebner verantwortung [Nr. 204] und anderm bericht den widdersyn offentlich vernommen.

Haben daruff euer fstl. Gn. gerechtigkeit muntlich erclert und der ksl. Mt. fundamenta kurtzlich abgeleint, auch die gethane entschuldigung und verantwortung erholet, darus unsers verhoffens die stende gnugsam bericht empfangen, warumb solich des ksl. orators mittel keinswegs annemlich.

Dergleichen haben wir auch filfeltige, wolgegrunte, bewegliche ursachen angezeigt, warumb die 2 mittel, so durch den ußschuß bedacht, nit annemlich, wie dan euer fstl. Gn. dieselbige ursachen zum theil uß unserm jungst an sie gethanem schreiben [Nr. 216] gnediglich vernomen. Und achteten gantz vergeblich sein, das die mittel uff ein hinderbringen von uns solten angenommen werden, dweil wir wisten, das dieselbige hiebevor euern fstl. Gn. zu oftermalen furgeschlagen, aber nit erheltlich gewest, und das mitler zeit die zeit verlauffen und der reichstag sein ende nemen und aber die burgundisschen sich weither stercken wurden etc., mit bit, mit solichem mittel, die euer fstl. Gn. eherenhalben nit annemlich, auch bei iren underthanen nit zu erhalten wisten, euer fstl. Gn. nit zu beschweren. Wen aber andere leidliche und tregliche mittel uns furgehalten wurde, soll der mangel an uns nit befunden werden.

Uff solich unser antwort hat der ußschuß uns anzeigen lassen: Nachdem sie uß unserm furbringen vernomen, das berurte furgeschlagne mittel euern fstl. Gn. nit annemlich und aber sie ungern sehen wolten, das die sachen sich weither verlauffen solten, so hetten sie noch uff ein ander mittel bedacht, nemlich das der anstandt itzo alßbald hie erthedingt wurde, das man sich auch die zeit der gutlicher handlung und der personen, so der underhandlung sich undernemen, vergleichen solte, und, wo die gutlicheit entstunde, das die sachen alßdan durch geburliche rechterkentenuß erortert wurden. Und das mitlerzeit euer fstl. Gn. irer possession sich begeben und das berurt furstenthumb und graffschaft fur sich frei stehen und pleiben, also das euer fstl. Gn., auch die burgundisschen, sich derselbigen nit undernemen solten byß die sachen durch gutliche oder rechtliche erkentenuß ußfindig gemacht und alßdan demjhenigen,[dem] bemelt furstenthumb und graffschaft zuerkant, unverzoglich eingeantwort werde.

Daruff hat der ußschuß fur gut angesehen, das wir unser bedencken nemen solten, sie wolten dergleichen auch thun und uns zom furderlichsten widerumb bescheiden lassen. Halten es aber gentzlich darfur, das solich mittel euern fstl. Gn. vil weniger dan die vorigen annemlich sein solte, dweil euer fstl. Gn. dardurch nit allein irer possession sich begeben, sonder auch berurte lande in solicher geferlicheit gestalt, die nit allein euer fstl. Gn., dan auch den underthanen selbst zu unwiderbringlichem nachteil erreichen wurden, wie euer fstl. Gn. uß hohem fstl. verstande leichtlich abzunemen. Versehen uns aber gentzlich, es sollen noch andere tregliche und leidliche mittel uns furgehalten werden, und das diese beschwerlichste mittel uns furs irst [= erst] furgeschlagen worden. Wo aber jhe uff diesen mittel wolt verharret werden, bitten wir nochmals undertheniglich, euer fstl. Gn. wollen uns daruff irer gnediger meynong verstendigen und mit gnoichsamern gewalt versorgen.

Wir haben von den colnisschen gesandten vernomen, das euer fstl. Gn. die annotationes uff der ksl. Mt. assertion2 in druck haben ußgehen lassen. Sehen fur gut an, dweil der ksl. orator und burgundisschen gesandten all ir fundament uff die assertion setzen, das berurte annotationes uns furderlich zugeschickt wurden.

Das alles solten wir euern fstl. Gn. in schuldiger underthenigkeit nit verhalten, die der Almechtig in glucklichem und sighaftigem regiment lang gefristen welle.

Anmerkungen

1
Die Sequestration Gelderns als Mittel zur Lösung des Konflikts, die von den Reichsständen bereits Ende März vorgeschlagen worden war (Nr. 216), wurde von Hg. Wilhelm jedoch abgelehnt (Nr. 219).
2
Im Druck erschienene Rechtfertigungsschrift Ks. Karls V. betr. seine Besitzansprüche auf das Fürstentum Geldern mit dem Titel: Assertio Iuris Imperatoris Caroli [...], übergeben Regensburg, 1541 Juli 3; in: Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2746, fol. 106r–150v (Druck). Siehe dazu auch RTA JR Bd. XI, Nr. 227, Anm. 1.