Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 581r–588v (Kop.); AV fol. 581r: Lectum in consilio statuum catholicorum 27. Februarij anno 43. Praes. 27. Februarij anno 1543.
B München HStA, KBÄA 3159, fol. 241r–247r (Kop.); AS fol. 241r: Hg. Heinrichs von Praunschweigs cantzlers ubergebne supplication an die röm. kgl. Mt. und ksl. comissarien seins abgedrungen furstenthumbs halb. AV fol. 242r: Lectum Nurmberg, 3. Martij post meridiem anno praesenti.
C Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2275, fol. 248r–258v (Kop.); AS fol. 248r: Supplication Hg. Heinrichs von Braunschweig cantzelarii an die röm. kgl. Mt. und ksl. commissarien. Lectum 3. Martij anno 43.
D Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 190r–198v (Kop.); DV fol. 198v: Copei Hg. Heinrichs von Braunschwigs cantzler supplicationschrift wider meine gnedigsten herrn, den Kf. zu Sachssen und Lgf. zu Hessen, und irer chur- und fstl. Gnn. ainungsverwanten, der kgl. Mt. und ksl. comissarien uff dem reichstag zu Nurmberg ubergeben, darin er seinen hern, Hg. Heinrichen, mit vielen schmachworten, so er wieder Sachssen und Hessen und die einungsverwandten ausgangen [= ausgehen hat lassen], zu restituiren bittet. 1543 den letzten [28.] Februarij Nurmberg.
E Amberg StA, Reichssachen 100, Prod. 25, unfol. (Kop.); ÜS: Suplicacion an die röm. kgl. Mt. und ksl. comissarien, durch Hg. Heinrichen von Braunschweyg etc. cantzler uff jetzigem reichstag zu N. gethon. Marg. AV: Lectum den dritten Marcij anno 1543.
Euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. werden one zweiffel aus den offenbaren geschichten und allen verlaufnen hendeln vernomen haben, wasserlay gestalt der Kf. von Sachssen und Lgf. von Hessen sich understanden haben, den durchleuchtigen, hochgebornen fursten und herrn, H. Heinrichen, Hg. zu Braunschweig und Luneburg etc. den jungern, mit vilen gehessigen, erdichten und geheuften ausgegangen schmeheschriften und vilerlai abdrucken wider Got, ehre und recht, an guten sitten, leymunt und herkomen, one das seine fstl. Gn. inen darzu ainiche ursach gegeben, zu schmehen und ze iniuriern2, welches bisher under den fstl. heusern nit herkomen noch gehort worden ist; zu was fromen und exempel anderer haben euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. nit unleichtsam zu ermessen. Dann ye die unlaugenbarliche warhait, das zuvorn zwuschen hochgedachtem meinem gnedigen hern und inen kain sonderliche feindtschaft, getzengk und widerwill furgangen oder gewesen ist, noch das sein fstl. Gn. mit inen lande und leute halben zu thun gehabt, es were dann, das sie iren gnugsamlich erwisnen neid, haß und hochmut hieraus geschopft und genomen hetten, wie es dann an ime die lauter warhait, das seine fstl. Gn. sich auf bemelter widerwertigen an sie vilfeltige beschehne practicirung und handlung von unser alten, waren, christlichen religion und geburenden gehorsam gegen ksl. und euer kgl. Mtt., auch dem Hl. Röm. Reich, nicht begeben noch ire bundtnus annemen wolten, wie seine fstl. Gn. auch ze thun nit gewust. Dann als sie sich auf der ksl. und euer kgl. Mtt. gnedig erfordern, denselben zu underthenigem gefallen, allem erbarlichem, fridlichem wesen zugut in die christlichen bundtnus3, welche höchstermelte ksl. und euer kgl. Mtt. mit etlichen Kff., Ff. und stenden des Reichs, auch seinen fstl. Gn. vor jarn aus fridlichem, gutigem ksl. und kgl. gemut zu erhaltung unserer waren, christlichen religion, fridens und rechtens im Hl. Reich und gemachter fridlicher anstend und abschide aufgericht, eingelassen, haben sie seither derselben zeit nicht gefeiert, sonder mit allem embsigem vleis getrachtet und practiciert, wie sie hochgedachten meinen gnedigen herrn und seiner fstl. Gn. kinder ires lands und furstenthumbs, ksl. und des Reichs lehen vertreiben und entsetzen möchten.
Derwegen sein fstl. Gn. erstlich getrungen worden, das sie zu errettung irer ehren und darthuung irer unschuld der gegenteil unerfindtliche, erdichte schmeheschriften haben offentlich ablainen und verantworten mussen, wie dann solches aus gutem, bestendigem, gnugsamen grund von seinen fstl. Gn. beschehen ist, dessen sie doch sunst, wo es hette one verletzung irer ehren sein können, zu ehren des fstl. namens viel lieber uberig gewesen weren. Volgends auch haben sie sich solcher zugefugten, ungutlichen beschwernussen auf negstgehaltnem regenspurgischem reichstage vor ksl. Mt. beclagt und sich auf ir Mt. zu gleich ehre und recht erbotten, wie dann sollichs seiner fstl. Gn. schriftlich vor irer Mt. einkomen erbieten allenthalben mitbringt [RTA JR Bd. XI, Nr. 258], des versehens, die mehrbemelten gegenteil wurden dasselbig als billich auch angenomen haben, wellliches doch von inen nit beschehen. Als aber domals die ksl. Mt. mit Kff., Ff. und stenden des Reichs zu verrichtung des hochnottwendigen wercks wider den erbfeind der christenhait, den Turcken, ainen gemainen friden im Reich auf der widersacher selbst sollicitirn und anhalten aufgericht, auch etliche acht und processen an irer Mt. und des Hl. Reichs camergericht suspendirt4, hat mein gnediger herr sich in disem nit anderst, dann ainem one rhum gehorsamen und fridlichen fursten geburt, gehalten, seiner fstl. Gn. geburende anlage wider den Turcken erlegt, sich auch aller ding fridlich bewisen.
Trotz der rechtskräftig erklärten Acht gegen die Stadt Goslar und trotz der Verstöße der Stadt Braunschweig gegen ksl. Mandate ging der Herzog nicht gegen die beiden Städte vor. Vielmehr befahl er seinen Untertanen nach dem Regensburger Reichstag von 1541, der Stadt Goslar die Zufuhr von Lebensmitteln und sonstigem Bedarf nicht zu sperren.
Dergleichen, als solcher fridstandt auf oftbemelter widerwertigen ferner anhalten und sollicitiren auf jungstgehaltnem reichstage zu Speier widerumb verneuet worden [RAb Speyer 1542: RTA JR Bd. XII, Nr. 285, § 130], hat mein gnediger herr sich demselben und allem anderm, in solchem abschid begriffen, gemes gehalten, seiner fstl. Gn. auferlegt kriegßvolck zu roß und fuß wider den Turcken nach Wien abgefertigt und dasselbig mit guter betzalung one allen mangel die gantzen zeit uber underhalten, auch etlichen iren dienern dahin zu ziehen erlaubt und sich gegen menigclich fridlich gehalten. Anderst wirdet von seinen fstl. Gn. nyemands mit grund und der warhait sagen mögen, der zuversicht, die widersacher wurden sich dergleichen gegen seinen fstl. Gn. auch fridlich gehalten haben.
Obwohl der Herzog mehrmals Gelegenheit hatte, die Acht gegen Goslar in die Tat umzusetzen, habe er auf Bitten des Kaisers und des Königs und zur Aufrechterhaltung des inneren Friedens im Reich seine Rechte und Interessen hintangestellt. Die Vorwürfe der Gegner Hg. Heinrichs betr. sein Vorgehen gegen Goslar und Braunschweig entbehren jeglicher Grundlage. Obwohl die ksl. Suspension der Acht und die kgl. Prorogation für den Herzog rechtlich nicht bindend seien und er der Aufhebung der Acht nicht zustimmen werde, ging er gegen die beiden Städte nicht mit Strafmaßnahmen vor. Goslar wurde an der Einhebung des Zehnten und anderer Einkünfte nicht gehindert, die Besitzrechte der Stadt an den Bergwerken wurden respektiert und die Zufuhr von Lebensmitteln ermöglicht. Trotz dieser entgegenkommenden Haltung Hg. Heinrichs richteten die Bewohner Goslars in seinen Forstbesitzungen erhebliche Schäden an, gingen gegen seine Förster und Diener tätlich vor und nahmen diese gefangen. Der Herzog habe diese Angriffe nicht geahndet und auf Verteidigungsmaßnahmen verzichtet. Der Hass seiner Gegner führte aber schließlich dazu, dass Kursachsen und Hessen mit ihren Anhängern während des Türkenzuges sein Herzogtum angriffen. Trotz der Entsendung einer Reichsgesandtschaft zu den Kriegsfürsten im Sommer 1542 (RTA JR Bd. XIII, Nr. 125–132) und trotz der Pönalmandate des Reichskammergerichts setzten die Feinde die Eroberung des Herzogtums fort, vertrieben den Herzog und einen Teil seiner Kinder, führten die neue Religion ein, verjagten die Geistlichen und konfiszierten ihre Besitzungen. Zwei Söhne des Herzogs werden wie Gefangene gehalten, ihr Lehrer und ihre Diener sind Misshandlungen ausgesetzt. Alle diese weithin bekannten Untaten sind den Druckschriften des Herzogs zu entnehmen. Durch das sträfliche Vorgehen der Gegner erleide nicht nur die Autorität des Kaisers, des Königs und der Reichsstände einen Abbruch, sondern es entstehe auch großer Schaden für die christliche Religion.
Demnach ist an euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und G. mein underthenigst, underthenig und vleissig bitte, euer kgl. Mt., fstl. Gnn. und Gg. wollen die grösse diser handlung und was ferner daraus ervolgen, das auch kein trau, glaub noch ainiche handlung bestendig sein, bleiben und yemands darauf sich verlassen möge, mit bestem vleis bedencken und ain sollich statlich einsehens haben, damit die ehre des Allmechtigen gefurdert, der ksl. und euer kgl. Mtt. hochhait, euer fstl. Gnn. und G., auch der Kff., Ff. und stende des Reichs achtung und auctoritet, gepflogne handlungen, aufgerichte fridstende und abschide nicht veracht und a–den yetzigen–auberfarern noch andern kain ursach zu weitterer ungehorsam und verachtung gegeben werde, auch hochgedachtem meinem gnedigen hern und seiner fstl. Gn. kindern durch wirckliche hilf und mittel zu iren abgetrungen landen und leuten, auch was seinen fstl. Gn. durch die widerwertigen mit iren aufrurischen gewaltthatten entwendet worden, sampt erstattung erlittnen schadens widerumb zum furderlichisten verhelfen und nit zusehen, das seiner fstl. Gn. lande und leute, die sie von ksl. Mt. und dem Hl. Reich zu lehen empfangen und gegen denselben bisher, als ainem gehorsamen und getreuen fursten zusteet, yederzeit verdienet und das hinfuran zu verdienen willig sein, in der fridbrecher hende und gewalt lenger bleiben, sonder seinen fstl. Gn. dieselben einreumen und dabei schutzen und handthaben und gegen den fridbrechern sich also ertzaigen, das allen andern ain offenbar exempel gegeben werde. Alßdann sollen die ksl. und euer kgl. Mtt., euer fstl. Gnn. und Gg. sampt den andern Kff., Ff. und stenden des Reichs hochgedachts meines gnedigen herrn, Hg. Heinrichs nicht minder, dann wie seine fstl. Gn. sich hievor mehrmals erbotten, zu ehrn, recht und aller billiheit mechtig sein.