Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

München HStA, KBÄA 3159, fol. 485r–487v (Ausf.); DV: Turckhenhilf anno etc. 43.

Wiewol ir auf yetzigen reichstage neben andern chur- und fursten, auch gemainen stenden des Hl. Röm. Reichs und derselben potschaften die hievor der röm. ksl. und kgl. Mtt. der dreyjarigen turckhenhilf halben beschehen bewilligung ersprieslichen in das werckh zu bryngen von uns in bevelh habt und nichts underlassen sollet, was hierinnen furdersam sein kan, so tragen wir doch nicht gerynge fursorg, es werde bey vilen stenden, wie vergangen jars auch beschehen und layder befunden, allerlay auszuge, eintrege und verhynderungen gesuecht werden, dardurch angeregte bewilligung, wie pillich beschehe, nicht statlich oder auch zeitlich furgenomen und volzogen, das dieselb gemainer cristenhait, auch teutscher nation zu guetem und fruchtparlich angelegt muge werden. Und aber wir von vilen orten glaublich nicht on beschwerde erinndert, das der erbfeinde gemaines cristenlichen namens, der Turckh, entlichs vorhabens seie, in person auf könftign summer wol zu gelauben mit aller seiner macht in Hungern ze komen, sonder zweifl kainer andern ursach, dann sein tyrannisch wuetten in dem uberigen tail der cron Hungern auch zu erzaigen und volgends die anstossenden cristenlichen lender gleichsfalls zu seiner viehischen, unmenschlichen dienstperkhait ze dryngen. Dieweil wir aber nach Österreich die nechst anraynenden fursten, uns auch diser last mer als andern und zum höchsten ob dem hals ligt, demnach wir bey uns selbs zu erhaltung unser, unsers furstenthumbs land und leute fur guet und sonder notwendig geacht, mit etlichen unsern anstossenden und genachparten fursten und stenden dises der cristenhait erbfeinds halben verstand und aynung zu machen1, auf das, so in yetzigem reichstage, wie wir verhoffen wöllen, was nutzlichs zu widerstande dem Turckhen furgenomen und gehandlt, dest fruchtparer volzogen, uns mit nutz ins werkh gebracht wurde. Im fall aber, das solliches nit beschehe, wölliches der Allmechtig mit gnaden verhuete, und der Turckh unserer oder anderer landtgrenitzen angreiffen und belaydigen wollte, das wir alsdann wissen möchten, wes wir uns zu inen zu versehen, was sy uns auch und wir hingegen fur hilf schickhn und laysten sollten.

Demnach an euch samentlich unser ernstlicher bevelh, will und maynung, ir wöllet, doch in höchster gehaim, wie ir zu thuen wol wissend, mit den gesandten der stat Augspurg anfangs und dann Nurmberg und Ulm hierauf handlung furnemen2, ir gemuete in deme lautter erfarn und anders nichts, allain den Turckhen, zur ursach nemen, wie uns hierzue anders nichts bewegt. Was ir also handeln und an disen orten erfarn, euch auch fur antwurt gefallen wirdet, wollet uns ze stund an zuschreiben und verrers unsers bevelhs hierauf gewarten. So das beschehen, gedenckhen wir alsdann mit Saltzpurg, Eystet, Augspurg denen bischoven, auch andern geistlichen fursten in unserm lande, darzue dem adl in Schwaben gleichsfalls handlung furzunemen, auf das wir uns, unser furstenthumb, auch die anstossenden furstn und stende sovil muglich in friden erhalten, auch vor aller dienstparkhait des tyrannischn veinds, des Turckhen, mit gnaden des Allmechtigen verhuet beleiben möchten.

Anmerkungen

1
Gemeint ist das geplante Bündnis zwischen den Hgg. von Bayern und Hg. Ulrich von Württemberg, die lange Zeit verfeindet waren.
2
Pläne zu einem überkonfessionellen Bündnis Bayerns mit Augsburg, Nürnberg und Ulm unter Einbeziehung Hg. Ulrichs von Württemberg und des schwäbischen Ritterschaft in Form einer Erneuerung des Schwäbischen Bundes wurden von Hg. Ludwig von Bayern gegenüber Dr. Georg Stockhammer bereits am 3. Dez. 1542 geäußert: [...] Nemblich das du mit dem man[wahrscheinlich Wolfgang Rehlinger aus Augsburg] weitter vertreulich handlest und vernembst, welche stet genaigt weren, sich in ainen solchen und sonder vertreulichen verstandt einzulassen, und ob der von Wiertennberg auch genaigt wär, sich darein zu begeben. Wann das also gewis und alain die zwo stett Ulm und Augspurg die sach treulich furnemen und handln, wurde es der andern swebischn stet halben khain nott haben und mit denen von Nurnnberg wol zu handln sein. So wären die prelaten, graven und ritterschaft am Podensee, im Heugay [= Hegau] und Algau leichtlich zu bewegen, dann sy wurden bei unserm fruntlichen, lieben bruedern, Hg. Wilhelm, und uns geren [!] sein und beleiben, damit wurde die gegent von der graffschaft Tirol bis in Schweitz und an Rhein mit guetem verstandt sicher gemacht. Möchten alsdann weitter handlung und practickhen beschehen, dardurch der teutschen nation ere und libertet wider in pesser ansehen und wesen möcht gebracht werden, und mocht pesser sein, die handlung wurde erstlich in der enge vertreulich gehandlt und nicht zu weitschwaif gemacht noch mit denen furgenomen, die uns entsessen. Dann wann die verstandt und puntnussen so weit gemacht, khumen gemainlich vil irrung, mißverstandt und nichthalten daraus, dass durch die enge und wann man sich recht vertraut pas zu furkomen, auch mer beständigkait und aufnemens zu verhoffen. [...].In: München HStA, KBÄA 2030, fol. 147r–149v, hier fol. 147r (Ausf.).