Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Nürnberg StA, Herrschaft Pappenheim, Reichserbmarschallamt Akten A I 4/1, unfol. (Kop.); DV: Verzaichnuß, was sich anno 1542, 43 und 44 zwischen H. Wolfen, H. zu Bappenhaim, deß Hl. Röm. Reichs erbmarschalkhen, und dan dem ksl. hofmarschalkhen, auch der statt Nürmberg strittigs verloffen der juden verglaitung halb.

[...] Es hat sich auch uff gehaltem reichstag zue Nürnberg des 42. jars zugetragen, als Wolff marschalkch auß erforderung des churfursten am thurckhenzug in Ungarn gewest, das Jorg marschalckh und Sixtus Hegele [= Hegelein]3, stattschreiber zu Bappenhaim, auß bevelch sein, Wolff marschalckhs, dozumal das erbmarschalckhambt verwaltet und verwesen von seinen wegen. Da hat Jorg marschalckh und er, stattschreiber, von denen von Nürnberg 60 goldfl. genommen und ine zugesagt, uff solchen reichstag gein Nürnberg khain juden zu verglaitten4, das doch weder [= wider] unsere alt hergebrachte gerechtigkhait und freyhait gewest, auch von Wolff marschalckhen khain bevelch gehabt, auch in irer macht nicht gestanden.

Darauß ervolgt ist, das die herrn des rats zu Nürnberg auf gehaltem reichstag auch zue Nürnberg des 43. jars solches vor ain gerechtigkhait angezogen und Wolff marschalckhen auch ain solche summa gelts geben wollen, das er soll khain juden in ir statt verglaiten, welches aber Wolff marschalckh nit annemmen wollen, sunder nach altem gebrauch und gerechtigkhait des erbmarschalckhambts die juden verglait. Aber ain rath zue Nürnberg im etlich juden darab gefanckhlich angenommen, des sich Wolff marschalckh von stundt an gegen des churfursten [von Sachsen] gesanten rethen, die alda gewest, beclagt und angezaigt. Darauf durch dieselbe churfursten gesante rethen von stundt an bei ksl.[!] Mt. dahin gehandelt worden, das die von Nürnberg solch juden one alle entgeltung wirden ledig geben muessen und nachvolgendt Wolffen marschalckh an sollicher verglaitung der juden in die statt unverhindert lassen muessen5. [...].

Anmerkungen

1
Georg von Pappenheim, Vertreter des Reichserbmarschalls Wolfgang auf dem Nürnberger RT 1542, und der in Nürnberg 1543 anwesende Wolfgang von Pappenheim.
2
Zur Rolle der Juden auf den Reichstagen Karls V. siehe: E. Wolgast, Juden als Subjekt und Objekt auf den Reichstagen Karls V., S. 165–194. Dem Reichsmarschall von Pappenheim war das Geleit jüdischer Kaufleute für die Dauer eines Reichstags gestattet. Die meisten Reichsstädte betrachteten das Recht des Marschalls, Juden in die Stadt zu geleiten, jedoch äußerst kritisch, da sie häufig um die Ausweisung und Vertreibung der Juden aus ihrem Stadtgebiet gekämpft hatten. Während andere Städte sich mit dem Recht des Marschalls auf den Geleitschutz für die Juden während des Reichstags scheinbar arrangierten, kam es in Nürnberg 1542 und 1543 zum offenen Konflikt der Stadtregierung mit den Marschällen von Pappenheim. Zu diesen Zwistigkeiten siehe ausführlich R. Aulinger, Reichsstädtischer Alltag und obrigkeitliche Disziplinierung, S. 285f.; R. Aulinger, Das Bild des Reichstages, S. 127–132, S. 177, S. 182.
3
Beiname von Sixtus Sommer, Sekretär und Untermarschall des Reichserbmarschalls Wolfgang von Pappenheim.
4
Im Gegenzug für den Verzicht auf das Recht des Judengeleits erhielt Georg von Pappenheim von Bgm. und Rat von Nürnberg einen Revers, 1542 Aug. 2, in: RTA JR Bd. XIII, Nr. 15.
5
Kf. Johann Friedrich von Sachsen erteilte in seiner Funktion als Reichserzmarschall im Konflikt zwischen dem Reichserbmarschall Wolfgang von Pappenheim und der Stadt Nürnberg folgende Weisung an seine Gesandten, 1543 dinstags nach Letare (März 6): [...] Aber betreffende, was Wolf von Pappenheim, erbmarschal, an euch gelanget von wegen ainer offenen schrift, so vom ratt zu Nurmbergk ausgangen, vergleitung halben der juden und judin. Dieweil dan in solcher schrift undter anderm verleibt, das es mit euerm und gedachts von Pappenhaims wissen gescheen, do wir doch vermercken, das ir dorumb von denen von Nurmbergk nit angesprochen worden seit, so hetten wir uns zu inen, denen von Nurmberg, nit versehen, dan solche gerechtickeit uns als des Reichs ertzmarschal und dem von Pappenhaim als des Reichs erbmarschal und sonsten nimand anders zustehet. Do sich aber die von Nurmbergk durch berurte schrift solcher gerechtikeit antzumassen vermeynen, welchs uns aber nit leidlich ist, dorumb begeren wir, ir wollet den von Pappenhaim zu euch erfordern und ime solches antzaigen, mit diesem bevhel: Dieweil es an dem, das dieser zeit sorglich ist des Turcken halben und sonst, juden oder judin zu vergleiten, das er es undterlasse und das solches von ime chraft seines ambts und nit uff der von Nurmbergk bedencken, die des nit zu thun haben, geschee. Aber der straf halber muste denen von Nurmberg nichts eingereumbt werden des gefenglichen eintziehens halbe noch sonsten, dann dieweil das ambt nit ir ist, konnen sie auch die straff nit haben. Und das es derselben straff halben also gesetzt werde, welcher jude oder judin doruber wurden ubertreten, so solte durch den von Pappenhaim widder sie mit straff verfaren werden, wie die Gulden Bulle vermöchte und solches herkommen where. [...]. In: Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 164r–170v, hier fol. 166v–167r (Ausf.).