Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Marburg StA, Hanau 81 A, 181½ 2, fol. 203r–207v (Ausf.).

B Wiesbaden HStA, Abt. 171 R 474, unfol. (Kop.).

Schilderung des Schriftwechsels zwischen dem König und den evangelischen Ständen zu Friede und Recht zwischen dem 4.und 11. März 1543, der zu keinem Ergebnis führte. Da ließ die kgl. Mt. und ksl. commissari den abent [1543 März 11] die andern stende1 beruffen und zaiget inen sollichs an und begert, das sie wolten den hauptpuncten, das ist die proposition, fur handt nemen und furschreitten, deß sich dieselben stende alßbaldt bewilligt, doch haben sie fur iren rath angesehen, das die kgl. Mt. liesse alle stendt, auch die protestirenden, zusamen fordern und muttet den furgang inen allen mitainander an. Wollicher dan plib und furgeen helfen wolt, die mocht ir Mt. und ksl. comissarii sehen.

Das hat[sich] ir kgl. Mt. gefallen lassen und hat uff gestern, den 12. Marcij, alle stende durchaus frue zusamen beruffen lassen, und ist ir Mt. hinweg zu Mgf. Georgen geritten. Da seindt die ksl. commissarii, Pfgf. Friderich, der Bf. von Augspurg und Johan von Naves, erschinen und Pfgf. Friderich geredt und alle stende ermant, das sie die hochst gevar, so vor augen des Turckhen halb, wollen bedenckhen und im hauptarticul mitainander ungesondert furzugeen. Also sindt funft rädt worden: die churfursten gesanten ain; die, so catholici genent, der ander; die protestirenden der dritt und die stet auch zwayerlay. Die catholici haben ir bedenckhen in gehaim den ksl. commissarien antzaigt, das sie berait seyen, der kgl. Mt. und ksl. commissarien zu underthenigsten gehorsam im hauptarticul furzufarn. Die augspurgischs confessionverwanten stende haben ain langen mundtlichen furtrag durch den sechßischen churfursten cantzler2 gethon, sich entschuldigt und dahin geschlossen entlich, das sie, one dan zuvor die zwen puncten stendigs fridens und unpartheischs rechtens erledigt, in khain andere handlung sich inzulassen wissen, dan sie diener und iren bevelchen geleben musten. Und begert, das man doch wollte auß allen stenden in gleicher zall von guthertzigen, fridlichen personen verordnen; weren sie gutter hofnung, es sollte gutte vergleichung funden werden.

Aber zugleich sein die ksl. commissari uff der kgl. Mt. und irem hievor gegeben schriftlich und mundtlichen beschaidt pliben, also ist man vonainander geschieden, das nun die andern stende, so die gehorsamen oder catholci genent werden, zu rath uber der hauptsach khomen. So gehen die protestirenden auch zu radt, dan sie bedunckhet, der fridenstandt sey auß. Weß sie sich werden entschliessen, wen oder wie sie nun iren abschiedt werden nemen, wurdt man innen. Die ksl. commissarien haben sie ains thails ad partem beschickt, aber sie wollen nit abweychen. Und stet warlich das Reich ubel, wan Got durch ksl. Mt. aigne zukunft nit darein sicht. So wurdt das Reych in ultimo periculo sein, dan sollich separation darinnen nie erhört. Also gewart ich noch begerts beschaidts3, will mich auch, wie nechst geschriben, mitlerweyl enthalten4. Und het warlich darfur, das meine gnedig hern den grossen costen, dan man unß den seckel gern zum gelt nem woll ersparn mochten.

So die protestirenden abtzugen, das sie mich auch von dannen liessen, dan wo schon die andern stendt furfarn und waß schließen werden, wurdts halten, wer will. Das ich nur vergebens hie ligen und gelt verthon wurdt, dan die vergleichung der krayßtruchen, ringerung der anschleg oder ander puncten, daran mein hern am mainsten gelegen, nicht durch sollichen sondern radt werden furgenomen noch erledigt werden, dan der protestirenden ain nemlicher anthail ist. Und gedenckh, das es letzlich zu ainem andern reychstag, da ksl. Mt., chur- und fursten selbs ankhomen, geraten muß, dann disen hochwichtigen, speltigen sachen durch die botschaften nit geholfen wurdt. Es ist numer versaumpt, uff diß jar ain gweltigen zug zu thon, man muß ander mittel suchen, dan unß der Frantzoß uf dem halß und im Niderlandt ain beschwerlich sach auch ist. Got schicks alles zum besten.

Ich hab meine gwelt noch nit ubergeben, darumben seindt meine hern noch unverhaft [= ungebunden]. So sie mich auch abtziehen lassen, so stunde innen auch frey, sollich der catholici handlung antzunemen oder nit. Dan sovill in unserm krayß zu handlen gewest, haben wir vast alles schon an endt gefurt, dann wir unß diß reychstags der vergleichung der krayßtruchen noch nit versehen. Es ist des Bf. von Speyer gesanter5 schon haim. Wir haben noch ain zimlichen rest in der krayßtruchen, daruff hab ich und ander der reutter betzalung halb waidlich angehalten, das beschloßen ist laut hiein ligents zedels. Des wollen mein gnedig hern sich mit irem obersten und andern reuttern halten, dan sie durchauß bezalt werden sollen.

Mein gnediger her, Gf. Albrecht von Mansfeldt, ist selbs auch hie, hab aber sein Gn. noch nit ausserhalb der herberg gesehen. Aber seiner Gn. gesanter6, so er zuvor hie gehapt, der geet in protestirenden radt und hat sich noch nit gegen mir angemast.

Er überschickt Neue Zeitungen.

[PS:] Ich hab khein gelt mer, ich entlehene.

[Zettel:] In dem reinischen krayß beschlossen, das ein jegklicher standt mit seinen obersten und andern reuttern ufs aller nehest moglich abrechnen und uberkhomen7. Und wie er aigentlich mit inen abgerechnet und uberkhomen ist, solliches soll er uff kunftigem krayßtag, des man sich noch alhie verainigen wurdet, glimplich [!] in schriften anzaigen. Da soll ain jeder standt vor allen dingen uff sie, wie er alß obstet mit inen uberkhomen ist, entricht und betzalt werden.

Anmerkungen

1
D.h. die altgläubigen Stände.
2
Dr. Melchior von Ossa.
3
Die Weisung der Wetterauer Grafen an Gregor von Nallingen betr. sein weiteres Verhalten in Nürnberg erging erst am Grafentag in Mainz am 7. April 1543: Nr. 381.
4
D.h. an den Reichsratssitzungen nicht teilnehmen.
5
Landschreiber Konrad Junge. Nach seiner vorzeitigen Abreise fungierte Dr. Werner Koch als Stellvertreter des Bf. von Speyer.
6
Johann Braun von Weimar.
7
Siehe den Befehl der Gesandten der oberrheinischen Kreisstände an die Kreiseinnehmer wegen Bezahlung der Reiter: Nr. 122.