Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Wien HHStA, RK RTA 11/Konv. 3, unfol. (Kop.).

Im letzten Nürnberger Bundesabschied vom 13. Aug. 1542 (RTA JR Bd. XIII, Nr. 207) wurde für den 10. Okt. 1542 ein neuer Bundestag angesetzt, der wegen des verspäteten Beginns des Nürnberger Reichstags schließlich auf den 2. Febr. 1543 verschoben wurde. Demnach die wolgebornen, edln, gestrengen, hochgelerten und ernvhesten herrn, Haug Gf. zu Monntfurt und Rottenfels, H. Ulrich von Schellenberg, zu Khißlegkh ritter, Eustachius von der Albm, Bernhart von Hartheim, Johann Weissenfelder zu Hylckerspergk, der rechten licentiat, und Johann Stopler, der rechten doctor, cantzler, auch H. Johann Marquart Frh. zu Konigßeckh und Aulendorf und Hans Conradt von Bodmen zu Bodmen, meine gnedig und gunstig herren, auf vermeltem tag als geordent punthsräthe erschienen.

Und erstlichen von dem von Hartheim, der von meinem gnedigsten herrn von Meintz etc. nicht als ein meintzischer, sonder von wegen der ertz- und stift Magdeburg und Halberstatt verordent, und von Dr. Johann Stopler, Hg. Heinrichs zu Braunschweig cantzler und gesandter pundtsrath, die ordentlich punthsrathspflicht inhalt der declaration, wie sich geburt, aufgenomen. Und darauf durch Dr. Johan Stopler den punthsräthen ain credentz und daneben ein instruction meines gnedigen herrn, Hg. Heinrichs obligendt beschwerdtsachen betreffendt, furgebracht und derselben inhalt nach zu erkennen und voltziehung zu thun mit gepurlicher reverentz hochsts vleis gebetten worden, welche durch wolgedacht meine gnedig und gunstig herren, die puntsräthe, mit allem fleis bewogen und berathschlagt, auch durch der ksl. und kgl. Mtt. pundtsräthe der kgl. Mt. furgetragen und mit derselben bedechtlichem erwegen und vorwissen durch die punthsrethe dem braunschweigischen gesandten auf vermelt sein gethan furbringen nachfolgende antwort geben worden, nemblich:

Er habe vor ettlichen tagen verstanden, das man der röm. kgl. Mt. bedencken und resolution in dieser sache gewertig. Darauf sey nun weiter entschlossen, das man noch nit anderst gedechte, dann sich in der und andern sachen, wie sich vermoge der aynung und daruber aufgerichten declaration geburt, zu halten und zu beweisen, als er zu negstgehalten puntstage [1542 Aug. 13] alhie auch wol verstanden. Diweil aber bey der kgl. Mt., auch den punthsrathen die grosse der handelung, auch was hohen, grossen und sorglichen beschwerden sonderlich dieser geferlichen zeit halben darauf stunden und das nicht allein im Hl. Reiche und des Turkhen halben, sonder auch bey allen christlichen potentaten laider viel aufruer und verderblichen geferligkaiten troendt an der handt were (wie er selbs bedencken möcht), mehr weg zu suchen, dieselben abzustellen oder denen statlich zu begegnen, dann zu noch mehrer aufrur ainiche ursach zu geben.

Und demnach bei der kgl. Mt., auch den ksl. comissarien in bestem angesehen werden, dieser handelung durch gutlich und ordenliche wege zu helfen, nemblich Hg. Heinrichen etc. und seine widersacher auf ir vorbeschehen erpieten auf diesen werenden reichstag alher zu beschaiden und die handlung zu verhör, auch geburlicher erörterung khomen zu lassen, wie er one zweifel selbs wissen empfangen. Neben dem versehe man sich, es sollte in ander wege auch guetliche handelung beschehen und also der sachen geholfen werden. Und stelten die puntsrethe in kheinen zweifel, die kgl. Mt. und di ksl. comissari wurden neben den andern Kff., Ff. und stenden des Hl. Reichs, in bedenckung das diese handelung ir Mt. und alle reichsstende gemeinlich mit betrifft, die sache mit solchem ernst furnehmen und der pillichkait nach bevelhen und einsehens haben, das hochgedachtem Hg. Heinrichen, ob gleich die guetlichkait sunst entstunde, one krieg und aufrur widerumb zu seiner fstl. Gn. landen, leuten und allem, das demselbigen billich zugehört, zum furderlichsten geholfen, auch fried und recht im Hl. Reicheerhalten und gehandthabt werden möge2. Das alle punthsverwanten mit getreuem möglichen fleis zu befurdern gantz willig, deß versehens, hochernanter Hg. Heinrich soll und werde aus obangetzeigten ursachen, auch nach gestalt und gelegenhait der itzt vorstehenden zeit und leuffe kein beschwerdt haben, diesen der kgl. Mt. furschlag und den guetlichen handelungen stattzugeben. So ist man willig, nach endung dises reichstags oder auf seiner fstl. Gn. selbs anhalten und begern zu erster gelegenhait einen andern punthstag furzunehmen, darauf alle puntsverwanten fursten und stende, ob die selbs aigener person aus ehaften ursachen nit erscheinen möchten, ire rethe und befelchhaber so statlich abfertigen sollen, das allem, was sich vermöge der aynung und declaration geburt, stattlich möge nachvolge beschehen.

Und als der braunschweigisch gesandt ytztgemelt gegebene antwort nicht annehmen wollen und daruff beharret, auch etlich viel schrieftlich und mundtlich beschwerden und ursachen dagegen furgebracht [Nr. 247], wie bey den actis zu finden, die gleicherweise wie hievor beschehen an di kgl. Mt. gelangt, ist abermals mit irer kgl. Mt. vorbedencken und wissen dem braunschweigischen gesandten beschließlich angetzaigt, man wiesse von vorgegebener antwort nicht zu weichen und dieser zeit sich keines pessern zu entschliessen. Diweil er aber jetzt einen andern bunthstag zu ernennen begerte, haben die bunthsräthe solchs beden meinen gnedigen fursten und herrn, den obersten3, denselben auf die vorangeregt gegeben antwort, wann es den sachen am dienstlichsten sein moge, furtzunehmen und außzuschreiben haymgestelt.

Verhandlungen Kg. Ferdinands mit dem päpstlichen Nuntius4betr. Beitritt des Papstes zum Nürnberger Bund. Da die Konditionen der in Regensburg 1541 in veränderter Form beschlossenen Verfassung des Katholischen Bundes5und der Regensburger Reichsabschied für den Papst nicht annehmbar sind, soll ein neuer Entwurf für den Beitritt des Papstes zum Bund verfasst werden. So soll irer bapstlichen Hlt. dagegen ein gnugsam urkundt – deß inhalts, das vermelt regenspurgischer reichsabschied irer Hlt. dißfals halben durchaus gantz unschedlich und von irer Hlt. nicht darein bewilligt noch bekannt sey – wie sich geburt verfertigt, ubergeben werden. Solch der kgl. Mt. gnedigst erpieten hat nuncius mit bestem vleis an bepstlich Hlt. gelangen ze lassen und irer kgl. Mt. furderlichste resolution heraus zu pringen sich erpotten. Daneben auch vernehmen lassen, das die bepstlich Hlt. dieser punthnus mit allen treuen so wol geneigt sey, ob sich gleich in mitler zeit derselben was beschwerlichs zutragen, wurde ir Hlt. auf der bunthsverwanten ansuchen nach derselben vermogen nicht weniger alles das thun, als ob sie in der puntnus verschrieben weren.

Die Bundessekretäre legten die Bundesabrechnung des Jahres 1542 vor. Für die Bezahlung der Schulden an die Bundeshauptleute wurde mit Wissen Kg. Ferdinands für 1543 ein neuer Bundesanschlag beschlossen. Die Gesandten der Ebff. von Salzburg und Magdeburg stimmten diesem Beschluss mit Vorbehalt auf Hintersichbringen zu. Ihre Bewilligung vorausgesetzt, soll der Anschlag spätestens bis Pfingsten 1543 bei den Bundesobersten erlegt werden. Der Kf. von Mainz soll seinen Anteil für Magdeburg und Halberstadt in den für ihn näher gelegenen Städten Frankfurt oder Nürnberg erlegen und den Bundeshauptleuten dementsprechend Bescheid geben.

Die Obersten sollen in ihren jeweiligen Provinzen möglichst bald die noch ausstehenden alten Anschläge von den Bundesständen einheben.

Die Bundesräte ersuchten Kg. Ferdinand im Namen der Erbtruchsessen und Frhn. zu Waldburg um Abschaffung ihrer Beschwerden gegen die kgl. Landvogtei in Schwaben. Und soviel gehandelt worden, das ire kgl. Mt. sich gnedigst erpotten, hierin zum furderlichsten gnedigs einsehens zu thun und die sache zu gepürlichem außtrag und erledigung khomen zu lassen. Demnach ist bey irer kgl. Mt. auf wolgedachter herrn truchsessen verner supplicieren widerumben ansuchen beschehen, alle thätliche handelung bis zu erledigung der sachen bey dem landtvogten abtzustellen und gnedigst zu verfuegen, das vermöge der aynung solch irrungen mogen furderlich abgericht und verglichen werden. Und soll daruff bey röm.kgl. Mt. umb antwort und resolution angehalten werden.

Datum.

[US:] Haug Gf. zu Montfort, Ulrich von Schellenberg ritter, Bernhart von Hartheim, Joh[ann] Weissenfelder, H[ans] Marquart Frh. zu Konigßeck etc., Johann Stopler, Hanns Conradt von Bodman.

Anmerkungen

1
Zu dem in Nürnberg am 10. Juni 1538 geschlossenen Katholischen Bund (= Nürnberger Bund) siehe: H. Baumgarten, Karl V. und der katholische Bund vom Jahre 1538, S. 273–300; M. Salomies, Die Pläne Kaiser Karls V. für eine Reichsreform, passim; J. Lauchs, Bayern und die deutschen Protestanten, S. 104–156, zu 1542 S. 232–235, zu 1543 S. 257f.; V. Press, Die Bundespläne Kaiser Karls V., S. 69f.
2
Hg. Wilhelm von Bayern war nicht bereit, seinen altgläubigen Bundesgenossen Hg. Heinrich von Braunschweig mit Waffengewalt zur Wiedererlangung seines Territoriums zu verhelfen und plädierte für gütliche Verhandlungen in der braunschweigischen Frage. So schrieb er an Dr. Leonhard von Eck, München, 1543 März 15: [...]. Doch wie deme, es seien die handlungen wie sy wollen, wann der cristenlichn pundtnus nach von ainer hilf oder zu ainem krieg geredt und geraten wollte werden, ist unser ernstlicher bevelh, das du von unsernwegen in khainen wege darein bewilligen, sonder, was menschlich und muglich, dagegen furwenden wollest, wie du zu thun wol waist. [...]. In: München HStA, KBÄA 2094, fol. 153r–155v, hier fol. 153r (Ausf. mit Siegel).
3
Bundeshauptleute des Katholischen Bundes: Hg. Heinrich von Braunschweig und Hg. Ludwig von Bayern.
4
Hieronymus Verallo.
5
Zur kritischen Haltung des Papstes gegenüber dem in Regensburg 1541 auf Initiative der Hgg. von Bayern umgestalteten Nürnberger Bund siehe: L. Cardauns, Nuntiaturberichte, Abt. I, Bd. 7, Einl. S. XXVII-XXIX; S. Schweinzer, Nuntius Giovanni Morone, S. 140f., Anm. 16 und 17, S. 173f.