Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 1r–7v (Kop.); DV fol. 7v: Reg. Nurmbergae ultima Januarij anno etc. 43.

B Wien HHStA, RK RTA 11/Konv. 1, fol. 33r–40v (Konz.); DV fol. 40v: Röm. kgl. Mt. und der ksl. commissarien furtrag, gemainer reichsversamblung den letzten Januarij zu Nurnberg gethan 1543.

C Weimar HStA, EGA, Reg. E 150, fol. 159r–164v (Kop.); DV fol. 164v: Proposition, so die kgl. Mt. den stenden furhalten lassen den letzten tag Februarij [!].

D München HStA, KBÄA 3159, fol. 1r–4r (Kop.).

Beilage: Siehe Nr. 134.

Die röm. kgl. Mt. etc., unser allergnedigister herr, sambt der röm. ksl. Mt., auch unsers allergnedigisten herrn, comissarien, so ir ksl. Mt. zu gegenwurtigem reichßtag verordent, lassen den erscheinenden fursten und der abwesenden Kff., Ff. und stendena gesandten, retten und botschaften furbringen, wie das sich gemaine reichsstende aus den dreyen negsten reichßtegen, als nemblich zu Regenspurg [1541], Speyr [1542] und alhie zu Nurmberg [1542] gehalten, gnugsamblich zu erinnern haben, wellichermassen von gemainen reichsstenden wider den erbveindt gemainer christenhait, den Turckhen, erstlich zu Regenspurg ain beharrliche hilf bewilligt, wie auch dieselb beharrlich hilf volgendts zu Speyr weitter erleuttert und erklert und daneben fur notwendig bedacht worden, wo in volstreckhung sollicher turggenhilf ainicher abgang, mangel und gebrechen furfallen wurde, das dieselben auf dem jungsten alhieigen reichßtag von gemainer reichßversamblung erstatt und in richtigkait und volziehung gebracht werden sollen, wie dann das alles die abschide der hieob vermelten dreyen reichßtege neben anderm klerlich mit sich bringen. Und das auch diser gegenwurtig reichßtag von der kgl. Mt., den ksl. comissarien und gemainen reichsstenden darumb angesetzt worden, das von wegen obberurter furgenomen christlichen expedition wider den Turggen gehandlt, auch die notwendig vergleichung von wegen der anlag und gemainen pfennings zu sollicher turggenhilf zwischen den kraisen gemacht, und daneben in andern anhengigen puncten und artigln durch die ksl. oder kgl. Mtt., auch Kff., Ff. und stende, so in aignen personen erscheinen sollen, gehandelt werden. Von dem allem, auch wie des Reichs turggenhilf negstverschinen jars angelegt und verricht worden, die kgl. Mt. und ksl. comissarien den reichsstenden ferrer oder merere ausfuerung ze thun von unnötten achten, dieweyl der öbrist veldthauptman sollicher gelaisten turggenhilf halben und was sich darunder zuegetragen und verloffen gemainer versamblung verordenten reten, wie sollichs an ir Mt. gelangt, gen Regenßpurg schriftlichen bericht gethan2, welliche rette solhes ungezweifelt in alle kraiß verkhundt haben. So setzen die kgl. Mt. in kainen zweifl, gemaine reichsstend seyen durch die verordenten kriegßrete aus den kraisen erinnert und bericht, was durch den öbristen veldthaubtman und sy, die kriegßrete, von wegen des winterlegers in Hungern auf den jungsten alhie gemachten reichsabschide [Nürnberg 1542] bewilligt und beschlossen, inhalt beyligender copei des obristen und der kriegßrete schriftlichn urkhundt [Nr. 134], wes sich auch die kgl. Mt. zu erhaltung solliches winterlegers, in ansehung und bedengkhung der grossen verlust, schaden und nachtayls, so von den veinden, wo die besatzung solliches winterlegers nit bescheen, ervolgt were, gleichwol uber irer Mt. vermugen und mit grosser beschwerung eingelassen, also das ir Mt. (dieweyl des Reichs kriegßvolckh nit beleiben wollen) sollichen beratschlagten winterleger mit irem selbst kriegßvolckh ersetzt und bis auf des Reichs widerbezalung mit der besöldung bißheer erhaltenb.

Nachdem sich dann gewislich zu versehen, das der erbveindt der christenhait uber seinen erlangten sig und trefflichen vortl, so er in Hungern hat, und sonderlich auf das, so seinem kriegßvolckh das vergangen jar in Hungern begegnet ist, von demselben kunigreich nit absetzen, sonder dasselb, auch alle daran rainende lender und sonderlich Österreich und Märhern, davon des gantzen Reichs, auch anderer nationen kriegsvolckh wider den Turggen profantiert werden mag, zu uberziehen und zu benöttigenc, wie dann alle kuntschaften lautten und zusamenstimmen, auch sy, die reichsstend, sollichs selbs aus gutter erfarung gleicherweiß erinnert sein mögen, das er sich trefflich russte und stercke, damit er das, so ime das verschinen jar gemangelt, erstatten und sein vorhaben erlangen muge und also auf diß jar mit grosser macht in das kunigreich Hungern einzeziehen entschlossen ist, dwie er dann darzue von vilen christenlichen potentaten bißheer trefflich geraitzt worden und noch geraitzt wirdet, welliche potentaten sich auch untztheeree zum hochsten beflissen haben, in diser bewilligtn beharrlichen turggenhilf alle mugliche verhinderung ze thun und noch thun mögen, neben dem das er, der Turckh, sollich sein vorhaben–d, dieweyl er hievor ain ansechliche anzall kriegßvolckh in Hungern hat, wo ime dagegen nit eyllender, starckher und statlicher widerstandt beschicht, umb sovil mer und leichtlicher in das werckh bringen mag.

Derhalben gemainer reichsstende, auch gantzer teutscher nation hochste notturft erfordern will, die handlung der hievor bewilligten beharrlichen turggenhilf zum furderlichisten und mit dem allerersten fur handen ze nehmen, in betrachtung des unwiderbringlichen verderbens, schadens und nachtails, so nit allain gemainen reichsstenden, sonder gantzer teutscher nation und gemainer christenhait auf sollichem des Turggen vorhaben steet. Dann wo er gleichwol die anstossenden lender Österreich und Märhern nit erobern und behalten, so wurde er doch dieselben dermassen schlaipfen und verderben, das dardurch dem Reich teutscher nation auf kunftig zeit wider disen veindt die profandt, darzue auch die geringen pferdt in Hungern abgestrickht und der veindt damit umb so vil mer gesterckht, dergestalt das man disem veindt in volziehung seines tirannischen furnemens kunftigklich von wegen abgang und mangels der geringen pferdt und profant kainen stattlichen widerstandt thun mochte und also ytzo die gelegenhait versaumbt, die hernach nit mer zu widerbringen sein wurde, wie dann sollichs alles offenbar und vil ansechlich personen hochs und niders standts aus dem Hl. Reich teutscher nation hievor und sonderlich das negstverschinen jar wol erfaren haben, was dem Hl. Röm. Reich und gantzer teutscher nation an erhaltung des kunigreichs Hungern und der anstossenden lender Österreich und Merhern von wegen statlichs widerstandts, auch profantierung des kriegßvolckhs wider disen veindt gelegen ist. Deßhalb die kgl. Mt. und die ksl. comissarien gleicherweise von unnötten achten, gemainer reichsversamblung davon ainiche merere ausfuerung ze thun, nachdem sy desselben zu hievor gehalten reichßtegen gnugsamblich erinnert worden sein, dess auch fur sich selbst in aigner guetter erfarung haben.

Und ist darauf der kgl. Mt., auch der ksl. comissarien freuntlichs, gnedigs, auch guetlichs ansynnen und begeer, gemaine reichsstende wellen den unrat und das unwiderbringlich verderben, so auf des Turggen vorhaben und furnemen steet, zu gemuet und hertzen füeren und dise erschiessliche mittl und weeg fur handen nemen, dardurch die hievor bewilligt beharrlich turggenhilf statlich in wurckhung gebracht. Und sonderlich dieweyl sy, die reichsstende, wissen tragen, das das vergangen jar vast die halb hilf zu roß und fueß abgangen, auch die hilf an ir selbst uber das halb jar nit gelaist worden, das demnach sy, die stende, in bedengkhung desselben die continuation der turggenhilf auf diss jar umb so vil mer ansechlicher und statlicher in das werckh richten und daneben verordnung thun wellen, das von den verordenten einnembern aus den kraisen, welliche die kgl. Mt., nachdem ir kgl. Mt. zu derselben ankunft deren kainen alhie gefunden, auf Montag nach Invocavit [1543 Febr. 12] hieheer beschriben [Nr. 26], raittung [= Verrechnung] aufzenemen, auch darauf die gepurend vergleichung under den kraisen beschee, und sollichs alles – in ansehung der hohen notturft und das die zeit, darin dem Turcken widerstandt bescheen soll, kurtz – sovil indert muglich ist gefurdert, damit der veindt den vorstraich nit gewinne. Und furnemblich, das ytzo alßpaldt die bezalung des kriegsfolckhs auf das winterleger, inhalt des öbristen und der kriegßrät bewilligung [Nr. 134], richtig gemacht und die kgl. Mt. ires furstreckhens, welhes ir Mt. mit grossen unstatten, aber gemainen reichsstenden und der christenhait zu treffenlichem nutz und wolfart gethan, vergnuegt werde, angesehen, das ir kgl. Mt. von der zeit heer des Reichs kriegßfolckhs abzug mit befestigung und gepeuen viler fleckhen in Hungern, auch des wasserstrambß3 zu des Turggen aufhaltung, darzue uber das geschutz, so ir Mt. von neuem giessen lassen muess, und auf andere kriegßnotturft ain grosser costen geloffen. So wirdet auf die schiffung, auch kunftige profantierung, darzue uber das kriegßvolckh, so die kgl. Mt. in Hungern hat dise winterszeit, auch zu erhaltung der crabatischen ortflegken ain sollicher trefflicher costen auflauffen, wellicher der kgl. Mt. noch derselben kunigreichen und landen undterthanen irer langwierigen erschöpfung halb ye ferrer gantz untreglich, auch in derselben vermugen weitter nit ist, sich vor dises gewaltigen veindts macht, dem bißheer kain potentat, darumb er sich angenomen hat, on sondere hilf widersteen mögen, aufzehalten, sonder ist die sach wie offenbar laider so weit komen, das die hochst notturft erfordern will, das sich gemaine reichsstende und gantze teutsche nation zu irer selbst erhaltung und beschirmung zu notturftiger und statlicher gegenwör wider disen gewaltigen veindt richten und schickhen. Und wirdet darumb ir kgl. Mt. drungenlich verursacht, umb hilf anzesuechen.

Nichts weniger so ist ir kgl. Mt. noch des gnedigisten erbiettens, das sich ir Mt. unbedacht irer selbst, auch derselben kunigreich und lande langwierigen, trefflichen außgaben, verderbens und unvermugens, zu disem christlichen werckh auf diß jarf abermalen statlichen angreiffen und an ir nichts erwinden lassen will, wie sich dann ir kgl. Mt. mit allem dem, so ir Mt. von derselben kunigreich und lande wegen in dise turggenhilf uber sich genomen, das vergangen jar dermassen erzaigt und gehalten, das gemaine reichsstende ungezweiflt an demselben wol ersettigt seyen. gDeßhalb sich die kgl. Mt. und die ksl. commissarien freuntlich, gnedigclich und unzweiflich versehen wellen, gemaine reichsstende werden sich in ansehung der höchsten notturft hierin christlich, ansechlich und statlich erzaigen, beweisen und halten. Das wirdet die röm. ksl. Mt. gegen gemainen reichßstenden freundtlich und gnedigclich erkennen und zu guetem nit vergessen, wie sollichs die kgl. Mt. gleicherweiß mit gnaden genaigt ist–g.

Was dann die andern puncten und artigl, darin auf disem reichstag nach vermög hievor gemachter reichsabschide gehandelt werden solle, belangt, haben die ksl. comissarien von der ksl. Mt. bevelch, gemainer reichsversamblung rat und guetbedungkhen zu vernemen und volgendts sambt und neben denselben das pest und nutzlichist ze handlen zu verhelfen, damit die sovil muglich zu geburender vergleichung und erörterung gebracht werden. Des ist die kgl. Mt. fur sich selbst gleichermassen erpittig und mit gnaden genaigt. Und wellen sich darauf ir kgl. Mt. und die ksl. comissarien zu gemainer reichsversamblung unverzogenlicher und außtreglicher antwurt versehen.

Actum Nurmberg, den 30.h tag Januarij anno etc. im 43.

Anmerkungen

1
Das Datum der Beratung bzw. Abfassung der Proposition (actum) ist der 30. Januar 1543, während der 31. Januar in allen Protokollen als Tag der Eröffnung des Reichstags und der Verlesung der Proposition ausgewiesen wird.
a
In C: stetten.
2
Im Speyerer RAb von 1542 war die Entsendung von vier Räten der Reichsstände nach Regensburg beschlossen worden, welche die Post des obersten Feldhauptmanns und der Kriegsräte vom Türkenzug in Ungarn an die Reichsstände weiterleiten sollten. Siehe den Speyerer RAb, 1542 April 11, in: RTA JR Bd. XII, Nr. 285, § 118, S. 1198.
b
Danach in B gestr. die Ankündigung der Mission Granvelles und die Abfertigung der burgundischen Gesandten durch Kgn. Maria: So haben gemaine reichsversamblung in negstvergangnem reichstag die ursachen, darumb sich die ksl. Mt. vergangen jars persondlich in teutsche nacion und sonderlich zu volstreckhung dises cristlichen werckhs nit thuen, auch ir ansehlich hilf zu demselben nit schickhen mugen, vernommen. Und hat ir ksl. Mt. zu disem gegenwurtigen reichstag derselben obristen gehaimen rat, den H. von Granvell, verordent, von demselben gemaine reichsversamblung irer ksl. Mt. entschuldigung halb, auch auf ir Mt. vorgethan erbietten solchen bericht emphahen, darob ungezweifelt sy, gemaine reichsversamblung, benuegt und zufriden sein werden. Gleicherweise haben Kgn. Maria, der ksl. Mt. stathalterin der niedern erblande, der burgundischen hilf halben in obberurte beharrliche turggenhilf ire comissari zu gemainer reichsversamblung mit bevelch und instruction abgefertigt, wie sy von denselben comissarien vernemen werden.
c
In C: beveligen.
d
–dIn B marg. v.a.Hd. nachgetr.
e
In C: bißher.
3
Donau.
f
Danach in AB gestr.: nach gelegenhait der reichshilf.
g
–gIn B marg. v.a.Hd. nachgetr.
h
In B: ultima [31.] Januarij.