Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

München HStA, Hochstift Freising, Kasten blau 201/20a, unfol. (Ausf. mit Siegel); ÜS: Hainrich von Gottes gnaden [...]. Instruction, was von unsern wegen der hochgelert unser cantzler im stift Wormbs und lieber getreuer Wernher Koch, der rechten doctor, auf yetzt furgenomen reichstag zu Nurnberg handlen solle. DV: Dr. Wernher Kochs instruction auf den reichstag zu Nurnberg de anno 1543 a 17. Februarij wegen moderation der anschleg und doppelanlag–a.

Der Gesandte soll dem König und den Reichsständen seine Vollmacht übergeben und Folgendes anzeigen: Wiewol wir auf ir kgl. Mt. schreiben [Nr. 2–3], an uns derwegen ausgangen, entlichs vorhabens und willens gewest, uns auch des schuldig erkennen und wissen, disen reichstag selbst aigner persone zu besuchen, so hetten wir doch unserer mercklichen obligen halben, damit wir diser zeit unserer aller stiften halben beladen weren, darzu nit komen mogen. Demnach wir ine, den gesandten, mit instruction und volkomen gwalt und bevelh abgefertigt, mit und neben andern des Hl. Reichs stenden obligen und beschwerden vermog beder zu Speir [1542] und jungst zu Nurnberg [1542] gehalten reichstägen zu beratschlagen und ze schliessen.

Verner, so von ainer weitern hilf und zug wider unsern erbfeind, den Turcken, wolte tractirt und gehandlt werden, wie dann die abschid berurter reichstäg darauf gestelt seien, sol er vermelden: Wiewol auf allen reichstägen, so nun vil jar here gehalten, beschlossen worden, das unsern vorfarn und andern stenden, so mit den ubermessigen anschlegen beschwerdt werden, gepurlich einsehen und ringerung beschehen solle, so were doch solhs bis auf heutigen tag mit unserm und unserer stift grossen und mercklichen schaden und nachtail umbgangen und eingestelt worden. Und dieweil dann der jungst zu Nurnberg ergangen abschid under anderm auch mitbrächt, das berurter ringerung halben der anschlag auf disen tag sol gehandlt werden, so bevelhen wir unserm gesandten, ander fursten oder derselben potschaften, so sich albeg und ye mit und neben uns auf vil untzheer [= bisher] gehalten reichstagen beschwert und darwider protestirt haben, zu ersuchen und mit denselben unser beschwerden der anschleg, wie dann durch weilend unsern fruntlichen, lieben brudern und vorfarn am stift Freising1 seliger gedechtnuß oftmals beschehen, anzaigen. Nemlich, das uns ye unmöglich, solhen auf uns gemachtn anschlag zu erschwingen und ze laisten, dann so zu gemainen jarn alles unser einkomen von allen unsern herrschaften unsers freisingischen stifts zusamengelegt und aufs geneuest gerechnet wirdet, so befindet sich, das solhs uber 8100 fl. und etlich pfening sich nit erstrecken thut, welches wir auch mit gutem grund, woverr es vonnötten, ausfürn khundten. So wirdet uns auch keines jars solhe summa gar und völliglich geraicht, dann die maisten und pesten herrschaften bemelts unsers stifts in Osterreich, Chrain, Kherndten und Steyr gelegen seind, darein wir jerlich zu aufnemung der rechnung unserer amptleut und pfleger, auch einpringung derselben renten und zinsen mit treffenlichem uncosten, so uns jerlich daruber lauft und also von vorbestimptem einkomen abgeet, schicken muessen.

Darzue so seien etliche unsere herrschaften und flecken dem Turcken dermassen gelegen, das wir derhalben und sonderlich diser zeit fur und fur in stäter sorg, rüstung und wart [= auf der Hut] steen, auch etlich turckenzug nit alain die gepure und anzal der pferde, damit dieselben unsere herrschaften belegt, halten, sonder auch das wartgelt [= Soldzahlungen] entrichtn muessen.

So hetten unser vorfarn und wir auch etlich jar here uber die gmainen steurn aus aignem seckl vilfeltig anlagen, dero summa sich in etlich und vil tausent fl. erstreckend, bezalt, zudem auch unsere pfleger und ander, so uns unsere gepurende anzal pferd in den turckenzugen gehalten und gefurt, aller inen genomen schäden und verlust an pferden, harnisch und anderm schadloß und unclaghaft machen muessen. Was mercklicher uncosten uns darauf geloffen und noch teglich, sooft ain turckhenzug außkäme und gelaist wurde, gienge, das hat ain yedlicher leichtsam zu ermessen und zu erwegen.

So hetten wir durchaus in unserm stift in allen herrschaften weder von geistlichen noch weltlichen kein steur oder mithilf noch ichtzit anders wie dann andere churfursten und fursten einzenemen, dann solhs bei unserm stift nit herkomen noch darzu gepracht werden möcht. Und wann andere fursten und stende des Reichs aller steur, wie oftermals beschehen, muessig und frey gewest, so were doch unser vorfar seliger in unsern herrschaften etwo ains jars mit zwo steurn beschwerdt worden.

Und solicher beschwerden aller unangesehen hat dannoch unser vorfar heraussen von gemelts unsers stifts einkomen, als were das vollig und gar in irer L. gwalt und handen komen, des Reichs hilf, underhaltung regiments, chamergerichts und anders mer aus aignem peitl und chamergut bezalen, wie gleicher gestalt wir yetzt auch thun muessen.

Zudem werden auch unsere underthanen der orten mit teglichem obligen und andern pürden dermassen beschwerdt, das sy unsern gütern nicht wol vor sein mögen, dardurch dann also unsere güter in abschlaipf [= Verfall] und verödung komen und unsere zinß zu offenbarer schmelerung gepracht werden.

Was uns dann sonst durch schaur [= Unwetter] und andere landspresten [= Schäden], wie sich dann negst vergangen jars mit den heuschrecken ain unerhörte verwuestung und verderben zugetragen, dardurch uns unser einkomen mercklich entzogen worden, zuestet und begegnet.

So werden wir durch unsere pfleger und amptleut yetzt heraus bericht, wie röm. kgl. Mt. von iren erblanden ain merckliche und treffenliche summa gelts, nemlich in die sechsmal 100 000 fl., begert. Und so die durch die landschaften, wie wir dann beisorg tragen [= befürchten], bewilligt und geraicht werden, wir von unsern herrschaften vil ain merers, dann wir zway jar lang einzekomen haben, davon geben muessen. Es sei darauf ain beschwerliche[r] und hievor unerhörter anschlag furgenomen und gemacht worden, welhes anschlags wir ime ain verzaichnuß zugestelt, die er, wo es vonnötten, furlegen soll. Und wann also, wie angezaigt ist, das alles vom einkomen hindan genomen und entricht wirdet, hat menigclich abzenemen, was ubertheurung uns beleibt, davon wir dannoch unsern stift pfleger und andere dienstleut, unsere schlösser, herrschaften, auch uns selbst, unsern bischoflichen und furstenstand erhalten sollen.

Welichermassen aber solich unser einkomen furgelegt und angezaigt werden solle, bevelhen wir unserm gesandten, das er das nit von herrschaften zu herrschaften, sonder alain in gmain einlege, jedoch sol er auf ander fürsten und stende, so sich der anschleg auch beschwerdt und alda durch sich selbst oder iren potschaften erscheinen werden, sein aufsehen haben, wie sich dieselben in dem und anderm halten, denselben er sich auch gleichmässig halten. Befindet er dann, das sy solh ir einkomen von herrschaften zu herrschaften underschidlich einlegen, soll er das auch thun und solhs nit underlassen, wie wir ime dann ain underschidliche verzaichnuß derhalben zuestellen lassen haben.

Auf solhs alles sol gedachter unser gesandter von unsern wegen begern, das solh unser beschwerden fur augen genomen und wir in diser und konftiger hilf bedacht wurden, dann wir solhen beschechnen anschlag khainswegs gedulden und, wo wir den gleich bewilligten, mitnichte laisten und volstrecken khündten oder möchten. Damit wir aber von yemant nit geacht werden, als wolten wir zu ainem solichen cristenlichen werckh zu widerstand dem Türckhen nichts thun, sonder uns davon ziechen, mogen wir leiden, das wir andern fursten und stenden, sovil dann derselben, ainem vom tausent fl. gleichmessig und unserm vermogen nach auch angelegt werden. Wo ime aber das nit gedeihen, sonder die vorigen und yetzt erzelten beschwerden widerumb auf uns gezogen werden wolten, soll er nochmals unsere auf vil hievor gehalten reichstägen beschehne protestation, das wir uber solhs nit mer dann alain bvon demjhene, so wir im furstenthumb Bairn haben–b, bewilligen khonnen noch mögen, dann wir es unserer unvermöglicheit halben kainswegs wissen ze halten, widerumb thun und eräfern.

Zum andern, wiewol röm. kgl. Mt., unser gnedigster herr, uns, auch ander fursten als Saltzpurg, Bamberg, Regenspurg und Passau, so mit den dopplanlagen hochlich beschwerdt werden, auf negstgehaltem speyrischen reichstag solicher anlagen der vilfeltigen vertrostungen nach gnedigist enthebt,auch daruber ir kgl. verschreibung und versicherung2 gegeben und uns gentzlich versehen, wir solten mit den topplanlagen verner nit beladen und beschwert worden sein, so ist doch solich versicherung bei ainer landschaft aller ding unverfengklich gewest, sonder derselben unangesehen haben wir die jungst bewilligt pragerisch schatzung3 aus allen unsern herrschaften, in irer kgl. Mt. erblanden gelegen, wo wir anderst den ansatz wellen verhuetten, muessen bezalen, weliche ainer landschaft gwaltige handlung wir sampt andern obvermelten beschwerdten fursten gleichwol widerumb an kgl. Mt. underthenigist gebracht und umb entlich enthebung solicher beschwerlicher anlagen gepeten. Die uns aber bis anher nit ervolgt, sonder die jungst handlung zu Nurmberg [1542] gepflegen auf ain copi, doch auf hindersichpringen an uns und andere fursten gestelt4. Darinn wir uns nun ersehen, und befinden dieselben dermassen gestalt, das wir die kainswegs annemen noch darein bewilligen khunden.

Demnach sol unser gesandter sich zu mergedachten beschwerdten fursten oder derselben dahin verordenten potschaften verfuegen und mit denselben bei ir Mt. umb gewise und erhebliche wendung und abstellung solhes hoch beschwerlichen lasts der dopplanlag aufs fleissigist anhalten. Wo aber die durch ine, unsern gesandten, und ander dises fals beschwerd fursten nit erhept und erlangt, sonder durch den von Saltzpurg und Bamberg, aus ursachen, das sy hievor mit kgl. Mt. sonder vertrag gemacht und aufgericht, villeicht verhindert werden möcht, soll unser gesandter sich von den saltzpurgischen, bambergischen und passauerischen sondern und mit dem regenspurgischen, soverr er mit ime hierin anhangen will, wo nit alain, bei kgl. Mt. hochsts und moglichisten vleis bearbeiten, sollicitirn und anhalten, damit wir der untreglichen pürden der dopplanlag entlassen werden. Wo aber das auch nit, sol sich unser gesanter ab den beschwerdten fursten oder derselben potschaften, so daselbst zu Nurnberg sein und erscheinen werden, erkunden, wie sy es in irer L. herrschaften damit gedencken ze halten und ob sy ain neue anlag uber die vorigen in irer L. herrschaften furgeen und beschehen lassen wellen oder nit, und dann uns solhs aufs furderlichist hieher berichten und verstendigen.

Dieweil auch der jungst zu Speir gemacht abschid under anderm vermag, das auf diesem tag von ainer ainhelligen gleichmessigen muntzs aufzerichten und dann von volziechung, handhabung und pesserung der reformation und ordnung guter pollicei beratschlagt und beschlossen werden etc., soll unser gesandter in dem und andern nach furfallenden obligen und beschwerden die notdurft mit beratschlagen, handlen und beschliessen helfen.

Und was hierauf durch unsern gesandten allenthalben ausgericht und gehandlt wirdet, das soll er durch schriftliche relation an uns gelangen lassen. Daran beschicht unser maynung, in gnaden gegen ime zu erkennen.

Datum Freising, under unserm hiefur gedrucktem secrete verfertigt [...].

Anmerkungen

a
–aVon späterer Hd. hinzugefügt.
1
Pfgf. Philipp: Bf. von Freising von 1498 bis zu seinem Tod 1541.
b
–bUnterstr.
2
Urkunde Kg. Ferdinands für den Ebf. von Salzburg und die Bff. von Bamberg, Regensburg, Freising und Passau zur Befreiung von der Doppelanlage, Speyer, 1542 Febr. 20, in: RTA JR Bd. XII, Nr. 59, S. 479–481.
3
Siehe dazu umfassend: J. Loserth/F. von Mensi, Die Prager Ländertagung von 1541/42.
4
Vorschlag Kg. Ferdinands für einen Vergleich mit den Bischöfen betr. die Doppelanlage, (Nürnberg, 1542 Aug. 16), in: RTA JR Bd. XIII, Nr. 98, S. 584f.