Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 444r–448v (Kop.); AS fol. 444r: Der kgl. Wd. zu Ungern und Behaim etc., regentin der Niderlandt, gesandten bericht von wegen des burgundischen kraiß und Utricht. AV fol. 444r v.a.Hd.: Uff dem reichstag zu Nurmberg anno 43 ubergeben. Lectum in consilio imperiali 20. Aprilis.

B Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 679r–682r (Kop.); AV fol. 679r: Post lectum recessum exhibitum 21. Aprilis.

C Augsburg StA, Hochstift Augsburg, Münchner Bestand, Lit. 1105, unfol. (Kop.); AV: Actum den 21. Aprilis post meridiem.

D Hannover NLA, Hild. Br. 1, Nr. 80, fol. 815r–818r (Kop.); ÜS wie AS in A.

Druck: L. Groß/R. von Lacroix, Urkunden, Bd. 1, Nr. 302; S. 207–211.

Die burgundischen Gesandten legten ihre von Kgn. Maria zu Fragen der Türkenhilfe empfangene Instruktion (Nr. 45, Punkt 2) dem König bereits vor der Verlesung der Proposition vor, doch bisher wurde die Stellungnahme der Königin nicht bekannt gemacht. Deshalb ersuchen die Gesandten Kg. Ferdinand, den Reichsständen Folgendes mitzuteilen:

Kgn. Maria war stets bereit – nicht zuletzt auf Grund ihrer leidvollen Erfahrungen mit den Türken als Königinwitwe von Ungarn –, ihren Beitrag zur Türkenhilfe für die zum Hochstift Utrecht gehörenden Gebiete zu leisten. Sobald sie vom Speyerer Reichsabschied 1542 in Kenntnis gesetzt wurde, ließ sie zwei Landtage abhalten, um den Bestimmungen des Abschieds nachzukommen. Sie erklärte sich bereit, dem Kriegsvolk zwei oder drei Monate Besoldung vorzustrecken, um die Entsendung von Hauptleuten und Soldaten nach Ungarn zu beschleunigen. Dieser geplante Beitrag Kgn. Marias zur Türkenhilfe, der dem anderer Stände des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises nicht nachstand, wurde durch den Kreisobersten, Hg. Wilhelm von Jülich-Kleve, im letzten Moment vereitelt, da er im Bündnis mit dem Kg. von Frankreich die habsburgischen Erblande angriff, weshalb die Königin gezwungen war, die ihr zur Verfügung stehenden militärischen Kräfte zur Verteidigung ihres Landes zu nützen. Sollte wieder Friede herrschen, werde die Königin für das Hochstift Utrecht (Ober- und Niederstift) Türkenhilfe leisten.

Was den Burgundischen Kreis betreffe, trug dieser seit seinen Anfängen unter Ks. Maximilian I. nie zur Türkenhilfe bei. Es sei nicht klar, welche Länder zu diesem Kreis gehörten, außerdem wären die Fürsten dieses Kreises noch nie zu den Reichstagen berufen worden. Deshalb sei die Bitte der burgundischen Untertanen, ihre alten Rechte und Freiheiten zu respektieren; nur wenn das Reich Schutz vor äußeren Angriffen gewähre, sei eine Beteiligung an der Türkenhilfe möglich. Germeinsam mit dem Regentschaftsrat beschloss die Königin, den Reichsständen die Gründe für die Nichtleistung der Türkenhilfe anzuzeigen. Laut ksl. Befehls seien nur jene Erblande zur Türkenhilfe verpflichtet, die diese schon immer geleistet hätten; bisher befreite Territorien seien auch jetzt nicht heranzuziehen1. Aber zu mererm uberflus, wo solche sach gleich nit alsbald kont erortert und ausfundig gemacht werden, so ist unser gnedigste frau nichtdestweniger anstat ksl. Mt. dannocht urpuetig, von wegen aller und jeder nider erblanden (doch derselben alten freihaiten, geprauch und possession unabbruchlich) sich mit dem Hl. Reich zu verbinden und zu vergleichen und gegen gepuerlichem schutz und schirm zu erhaltung gemains fridens teutscher nation dergleichen widerstand des Turcken, auch andern obligenden des Hl. Reichs sachen sich mit zimlicher hilf zu ertzaigen.

Dem König und den Reichsständen sei hinlänglich bekannt, welche schwerwiegenden Gründe die Türkenhilfe Utrechts und des Burgundischen Kreises verhinderten. Kgn. Maria hoffe auf die Anerkennung ihrer Entschuldigung durch die Reichsstände, den Schutz des Reiches und die Beilegung des Konflikts mit dem Kg. von Frankreich und dem Hg. von Jülich2.

Anmerkungen

1
Diese Meinung Kgn. Marias teilten die Reichsstände nicht, wie Granvelle am 15. April 1543 der niederländischen Statthalterin berichtete: [...] Entre autres condictions, Mme, lesd. estatz ont déclairé aud. Sr roy qu’ilz veullent (ainsi sont esté les motz) que le ciercle de Bourgoigne paye entièrement son contingent, et comme je entendis dois au soir que sa Mté royale le vouloit couler[?] et ses conseilliers sont bien expressément de cest advis, j’ay esté aujourd’huy le matin devers sad. M luy dire que nous ne consentirions, ains protesterions expressément au contraire. Et pour ce retourne-je devers sad. M avec les sieurs de Créanges, Naves et Viglius, afin de regarder avec led. Sr roy de dessus. In: Wien HHStA, Belgien PA 36/2, fol. 526r–528v, hier fol. 526v (Ausf. chiffr. u. dechiffr.).
2
Die Reichsstände nahmen Kgn. Maria die Ablehnung der Türkenhilfe für das Hochstift Utrecht und den Burgundischen Kreis übel, wie die burgundischen Gesandten am 20. April ihrer Auftraggeberin berichteten: [...] Aussi, Mme, les estatz catholicques, venans à concluyre sur les aydes contre le Turcq, ont parlé bien apprement au roy de ce que votre Mté n’avoit furny au recès de Spire [1542] touchant le circle de Bourgoingne et les pays d’Utrecht, adjoustant que, puisque les estatz veoient telle obstination, sa Mté povoit penser quel couraige ilz pouroient avoir pour faire mectre la duchié de Geldres ès mains de l’empereur et d’attendre qu’on fist d’icelle comme paravant des aultres. Sur quoy avons faict responce ensuyvant notre instruction [Nr. 45] par l’advis de Monsr de Grandvelle [Nr. 106] le plus doulcement qu’avons peu. Et en venant à dire de vouloir par manière de contract allier tous les Pays Bas avec l’Empire – saulf leurs libertez et possessions anciennes – et que si eulx nous promectent de deffendre que sommes aussi content de faire quelque raisonnable ayde contre le Turcq et aultres nécessités pour le bien et paix de la Germanie, beaucoup y ont trouvé de goust et cecy a couppé le gorge à noz adversaires. Croyons toutesfois que les estatz en absence des princes ne feront pour maintenant aultre chose, mais diront vouloir faire relation à leurs maistres pour en après traicter de cecy à la prochaine journée de l’Empire avec la Mté impériale en personne. [...]. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 122, fol. 89r–90v, hier fol. 89v–90r (Ausf.). Kgn. Maria gab ihren Gesandten in Zusammenhang mit der Türkenhilfe folgende Anweisung, Brüssel, 1543 April 23: [...] Le Sr de Grantvelle nous a escript que les estatz de l’Empire veullent que ceulx du cercle de Bourgoingne payent leur contingent de l’ayde contre le Turcq que ne nous seroit faisable durant les guerres contre France et Clèves, pourquoy est requis que suyvant votre instruction vous regardez par l’advis dud. Sr de Grantvelle y donner responce et empescher que riens soit ordonné au préjudice des pays de pardeça, car comme qu’il soit nous n’entendons y furnir. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 122, fol. 91r–92v (Ausf.).