Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Frankfurt ISG, RTA 54, fol. 135r–136v (Kop.)1; ÜS: Montag, 22. Aprilis 43.

Die röm. kgl. Mt. sampt den ksl. commissarien2 haben dera stende der augspurgischen confession und religion gesterige3 schrift ersehen [Nr. 183] und dieselben sampt dem mundtlichen antragen [Nr. 182] bewogen und daraus befunden, das sy ungeacht irer kgl. Mt. furgewendter furderung und fleiß uf vorige sonderung und weigerung verharren, welchs sich ir Mt. und der commissarius nit versehen. Und hetten woll ursach, die sachen widerumb zu erholen, und us was bedencken ir Mt. achtet, daß diese stende ab irer kgl. Mt. bisher gepflogner handlung ersettigt. Dieweyl aber ir Mt. abermaln befindet, das es an genugsamen verstandt gar nit mangelt, sonder etwan an dem willen mangeln möchte, so achten derhalben ir Mt. derhalben von unnötten, sich ferner in vergebliche oder unverfengliche disputation inzulassen.

Nachdem aber di kgl. Mt. auß der nehern schrift [Nr. 183] vermerckt, daß diese stende noch der zweier puncten friedens und rechtens halben mangel haben mochten und, da sollicher puncten halben, wo diselben vermög voriger abschiede sollten verstanden werden, misverstand einfallen mocht, dergleichen auch disen stenden in dem punct fridts und rechtens daß wort „handlung“ (darunder doch ir kgl. Mt. di ksl. declaration gemeint) beschwerlich, demselben nach und in ansehung, daß dise stende befinden mogen, daß ir kgl. Mt. die sachen gantz genediglich meinet und ie gern zur einmutigkhait und ablegung alles unwillens verhelfen wollt, so hab ir kgl. Mt. ferner an ir nichts erwinden lassen, sonder mit den andern stenden noch weiter handeln und versichern lassen, ob di sachen uff bessern verstandt möcht gepracht werden. Und derhalben befunden, daß di andern stend nit allain dem landtfrieden, sonder auch vorigen friedtstenden und wi derselb auf disem reichstag weither furgenomen wirdet, zu geleben, dawider nit zu handlen und ob mangel daran sein sollt, daß den andern stenden nit zuwider sein wurde, denselben mangel zu erclerung der ksl. Mt. stellen und also irer Mt. die sachen gantz und gar heimzustellen.

So befinden auch ir kgl. Mt. der andern stende neygung, do di wort bei der visitation, namblich daß di vermoge „voriger reichshandlung“ sollt furgenomen werden, verdechtlichait pring, daß dieselben wort herauß gelassen und also der abschiedt oder handlung nit gedacht werde4.

Dieweil sich nun die kgl. Mt. noch khaines andern zu erinnern wissen, dan das die stende der augspurgischen confession und religion mit irer kgl. Mt. genediger handlung der puncten friedts und rechtens halber genugsam versichert und sie dan auch jetzo vernemen, das die andern fried zu halten willig, und, wo daruber mangel sein sollt, das ir Mt. dieselben fhell zu erstatten und mit nebenurkhunden zu versehen genediglich geneigt.

Demnach ist nochmals kgl. Mt. fur sich und in namen der ksl. Mt. ernstlichs ersuchen, das[sich] diese stende irer kgl. Mt. verner handlung und furgewandten fleis noch gefallen lassen, dieselben annemen und sich von den andern stenden nit absöndern, in ansehung der sorglichen leuf und das es zu noch merer verpitterung und unruhe ursach geben mochte. Dann wo di stende uf irem fhurnemen je sollten verharren, so must es ir kgl. Mt. mit gedult beschehen lassen und würden ir Mt. nach verlierung vieler guter zeit zu dem abschied greiffen mussen.

Und wollten sich ir kgl. Mt. gentzlich versehen, das ir, der gesandten principal, nach genugsamer erinnerung furgewendts vleis sich irer kgl. Mt. handlung settigen lassen und des viel angebottenen friedens vernugig sein wurden, dergleichen der kgl. Mt. und der gantzen christenhait zuguttem hilf wider den Thurcken leisten, sie geschehe durch was schein es wolle. Und das also ire principal ire kgl. Mt. mit derselben hilf nit verlassen, sonder sich also beweisen, dardurch man befynden moge, daß sie zu fried, ruhe, einigkhait und christlicher defension gegen den unglaubigen, dergleichen zu beschutzung des vatterlands geneigt.

Die röm. kgl. Mt. wollt sich auch zu den räthen und gesanten dieser stende versehen, das sie zu erlangung desselben bei iren herren und obern alle furderung thun wurden, wiewoll sich ir kgl. Mt. nochmals versehen, diese stend wurden ir Mt. jetzige handlungen und furschlege zu gemuet fhueren und sich nit absondern.

Nachdem sich auch gepuret het, daß der ksl. commissarius auch zugegen gewest sein sollt, so were er doch in andern irer Mt. gescheften abgangen und bei der handen nit sein mogen.

Anmerkungen

1
Das Aktenstück wurde in keiner anderen Überlieferung gefunden.
2
Es handelt sich nur um einen ksl. Kommissar, nämlich Naves, der nach dem Tod des Bf. von Augsburg am 15. April und nach der Abreise von Pfgf. Friedrich am 5. April (siehe Nr. 296, Anm. 3) als einziger Kommissar in Nürnberg verblieb. Laut dem letzten Absatz des Aktenstücks war er bei dessen Übergabe jedoch nicht anwesend.
a
In der Vorlage irrtümlich: di.
3
Da die beiden Schriftstücke der CA-Verwandten vom 20. April stammen, müsste es richtig heissen: vorgestrige.
4
Siehe die Beschlüsse der altgläubigen Reichsstände betr. die Artikel des Friedstands und der Visitation des RKG im RAb in: Hannover NLA, Hild. Br. 1, Nr. 80, fol. 854r (Notizen v.d.Hd. Dr. Katzmanns); Marg. AV: Consultatum die 22. Aprilis Domenica Cantate anno 43.