Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Frankfurt ISG, Reichssachen II 965, fol. 230r–234v (Kop. mit marg. Korr. v.d.Hd. Lambs)2; AV fol. 230r: 20. Aprilis.

B Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Kop.).

C Berlin StaBi, Handschriften Abt. Ms. germ. Fol. 212, fol. 104r–110r (Kop.); AS fol. 104r: Nurnberg, 1543, den 20. Aprillis.

D Nürnberg StA, Fürstentum Ansbach, RTA 23, fol. 516r–522v (Kop.); AS fol. 516r: Antwort der protestirenden stendt auf kgl. Mt. furschlag, den ir Mt. des friedens und rechtens uff den 18. Aprilis inen ubergeben haben lassen. Nurmberg 1543.

E Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 89r–95r (Kop.); AV fol. 89r: Actum Nurmberg, den 20. Aprilis anno 1543.

F Dresden HStA, 10024, GA, Loc. 10184/6, fol. 123r–129r (Kop.); AS fol. 123r: Nurnbergk, 154,3 den 20. Aprilis.

G Stuttgart HStA, A 262 Bd. 23, fol. 478r–484v (Kop.); AS fol. 478r: Der augspurgischen confessionverwandten stende weitter und ander antwort auf der kgl. Mt. und ksl. commissarien widermals beschehen mundtliches anlangen. Nurmberg 1543, den 20. Apprilis.

Auf der röm. kgl. Mt., auch des ksl. commissarien mundtliche anzeige, den räthen, potschaften und gesanten der stende der augspurgischen confession heut dato, den 20. Aprilis beschehen3, wollen bemelte gesanten irer kgl. Mt. und G. hinwider underthenigster und dinstlicher meinung nit verhalten, daß sie von wegen irer herrn und obern nichts liebers erfaren hetten, dan daß den artickeln fridens und rechtens billiche und fruchtbarliche maß hett mogen funden werden, darmit ire herren und obern aanheimisch befridet und neben andern–anothwendige und tregliche hilf wider den erbfeindt nit allain beratschlagen, sonder auch laisten helfen mochten.

Sie khondten aber auß der schriftlichen verzeichnuß, so sie von der kgl. Mt. und dem ksl. commissario empfangen [Nr. 179], nicht befynden, daß durch den vorschlag, in selbiger vertzeichnus begriffen, yetzt erwenten beeden artickeln friedens und rechtens abgeholfen. Dan obgleich darin vom fried etzlicher maßen erwenung geschicht, so wurde doch dasselbige alles uf vorige abschiet restringirt, dardurch die stende von beeden thailen nochmals in hievor oftmals angezognen zweihelligen verstandt friedens und rechtens halber stienden und alle hiebevor angetzeigte unbequemigkhaiten erfolgen wurden.

Und obwoll die kgl. Mt. das wort „und handlung“ in dem artickel des chamergerichts zu den abscheiden gesetzt4, so wurden doch die andern stende sollich gemein wort auf di ksl. declaration kheinswegs deuten lassen, sondern si hetten allwegen zu sagen, das sie sich alhie offentlich erclert, die ksl. declaration, diesen stenden gegeben, nicht zu willigen oder aber auch in abschiedt khomen zu lassen, derwegen auch solche gemeine wort uber ir, der andern stende, offentliche contradiction, der die gesanten dieser stende gut wissen gehapt, auf die ksl. declaration nicht khondt gedeutet werden.

Also ist auch die visitation und reformation des chamergerichts one erwenung der ksl. declaration gesetzt und die mißverstend, ob die in zeit der visitation furfielen, auf bfurtere [= weitere] der röm. ksl. Mt. erklerung–bgesteldt wurden5. Dieweil aber in der ksl. declaration, diessen stenden zu Regenspurg gegeben, albereit versehen, wie und welcher gestaldt solche visitation und reformation des chamergerichts furgenomen werden soll, so will auch den gesandten kheineswegs thunlich sein, dieselbigen artikel, soviel der in der ksl. regenspurgischen declaration albereit erörtert, uf weitere erclerung zu stellen und also uß der gewißhait in ein ungewißhait zu schreiten. Dann die gesanten haben von iren herren und obern einmutiglich diessen bevelch, die jetzernante ksl. declaration nit allain nicht zu begeben, sonder auch nicht in zweivel oder andere ungewißhait furen zu lassen. Und daß sich di kgl. Mt. und ksl. commissarius thun erpieten, bei dem abschied nebenversicherung zu geben, dardurch aller mangel in dem, daß die andern stende die ksl. declaration expresse nit willigen, erstatet [= ausgeglichen] werden mocht, konnen die gesanten nicht erachten, daß iren herrn und obern damit geholfen.

Dann es ist zwischen der ksl. und kgl. Mtt. und diessen stenden friedens und rechtens halber khain streit, eß wißten auch die gesanten, daß ire herrn und obern in dem und anderm hochsten vertrauen auf bede ire Mtt. setzen, haben auch gar khain zweivel, daß bede ire Mtt. der regenspurgischen declaration und darauf erfolgten speirischen caution und urkhundt [RTA JR Bd. XII, Nr. 148] genedigst nachgeen werden. Und ist irer ksl. und kgl. Mtt. halben diesen stenden khainer weithern versicherung oder assecuration vonnötten, sonder der streit ist dißfhals friedens und rechtens halber zwischen den stenden des Reichs. Und mangelt under anderm daran, daß di andern stend oberurten ksl. und kgl. declarationen und urkhunden nit statgeben, dieselbigen auch in abschiedt nit dulden wöllen.

Diesser der andern stend contradiction halben ist den stenden der augspurgischen confession durch beiversicherung nit geholfen, dan dieweil di andern stend zum thail der ksl. hievor gegebnen declaration, und da doch der regenspurgisch reichsabschiedt seiner ksl. Mt. declaration zu thun nachgibt, dergleichen auch der kgl. Mt. zu Speier gegebnen caution nit statgeben, dieselbigen auch im abschiedt nit wissen wollen, so ist leichtlich zu erachten, weß sie sich anderer weythererc nebenversicherung halben anmassen wurden. Und khan also diesen sachen zwischen den stenden fruchtbarlich nit geholfen werden, es werde dan die ksl. declaration dem reichsabschiedt eingeleibt und also von allen stenden bewilligt und der zweihellige verstandt friedens und rechtens halber zwischen den stenden gentzlich hinweggenomen.

Und so dan auch die röm. kgl. Mt., auch ksl. commissarien hiebevor uf der gesanthen underthenigst supplicirn diese resolution genedigst und gonstig geben, daß der friedtstand und gleichmessig recht uf die hiebevor gemachte reichsabschied und ordnung, auch die ksl. declaration, uber den jungsten regenspurgischen reichsabschiedt gegeben, gedeutet und verstanden werden soll6 und aber die gesanten dis suchen, das dasjhenig, was dieselbig ksl. declaration in irem buchstaben vermäg, auch was durch die kgl. Mt. und ksl. commissarien, wie jetz erzelt, den gesanten angebotten, in reichsabschidt bracht werde, die andern stend aber solchs nit bewilligen noch im abschiedt wissen wollen, so folgt, daß der mangel der nitvergleichung an den andern stenden ist.

Daß auch die ksl. declaration und der kgl. Mt. und ksl. commissarien gegebner beschaid, wie oben erwenth, diessen stenden der augspurgischen confession nichts vortruege [= nütze], wan die andern stende dem nit wollen mit volg geleben. Dan wollten sie demselbigen allenthalben nachkhomen, so wurden sie khain scheu haben, solchs in abschiedt khommen zu lassen. Es haben auch die gesanten der andern stend uberflussige zeit gehapt, solchs an ire herren zu gelangen lassen und sich bevelchs darauf zu erholen, ob sye gleich den anfenglich dermassen nit gehabtd hetten. Hierauß volgt nun auch unverneinlich, daß eß der andern stend nitbewilligung halben den stenden der augspurgischen confession an fried und recht mangelt, und khonnen sich also derselbigen gesanten irem habenden bevelch nach unerledigt diesser beeder artickel mit den andern stenden in einichen abschiedt nit einlassen.

Daß aber auch der andern stend jetziger vermeinter beschluß und bedencken der hilf halben widder den Thurcken [Nr. 94] nit allein den vorigen abschieden und handlung ungemeß, sonder daß auch damit der sachen an ir selbst fruchtbarlich nit khan oder mag geholfen werden, deß hetten die gesanten viel erheblich, ansehenlich ursachen antzuzeigen wissen, wo sie zur handlung, dermassen wie sichs gepurt, weren gelassen worden, dann es je dasselbig bedenckhen uf grosse, merckliche ungleicheit gesteldt und der zuzug uf ungleiche anschleg gericht. So khan auch durch diesen weg die ringerung der anschleg nit vor sich gheen oder aber dergestaldt den beschwerten geholfen werden, von welchem allen jetziger zeit weither meldung zu thun unfruchtbar sein will.

So wissen sich auch die gesanthen dieses thails frei, daß sie die vorgefallene trennung in der berathschlagung der hilf wider den Thurcken nicht verursacht, dan es ist in gemeynem rath der churfursten und fursten durch das mherer beschlossen, daß die artickel, so der samptlichen berathschlagung verhinderlich, vor allen dingen berathschlagt und erledigt und dan zu samptlicher berathschlagung der hilf widder den Thurcken geschritten werden sollte. Solcher gemeiner beschluß der stend von beeden thailen ist den von stetten auch angetzeigt worden, die inen dieselbigen auch also haben gefallen lassen. Und haben sich die gesanthen dieser stend nichts anders versehen, solchem gemeinen beschluß wurde also nachgegangen werden, sich auch erpoten, neben den andern stenden niderzusitzen und solche artikel zu berathschlagen und zu erledigen helfen.

Es haben sich aber des alles unbetrachtet etzlich der andern stend, di sich villeicht befharet, ir will und vorhaben friedens und rechtens halber mochte in gemeiner berathschlagung gebrochen und der ksl. Mt. vernunftige und gemeinem frieden sehr nutzlich declaration und auch der kgl. Mt. und der ksl. commissarien gegebner beschaid, davon oben bemeldt, in gemeinem rath erhalten werden, nicht zu geringer verhinderung des nothwendigen christenlichen wercks einmutiger hilf widder den Thurcken und aller wolfarth des Hl. Reichs, von dem gemeinem beschluß der reichsstend abgesondert und one das der artickel halben, so gemeiner berathschlagung der thurckenhilf verhinderlich, einiche handlung furgenomen oder die stend dartzu erfordert, die berathschlagung des hauptwercks der hilf widder den Thurcken vorgenomen und also dardurch verursacht, daß diese stende zu derselbigen berathschlagung nit haben khomen mögen. Daß also solche sonderung unverneinlichene von dem andern thail herruehrt.

Wo nun dieselbigen stende, so sich solcher handlung dermaßen wie oben underfangen, iren handel dahin meinen, das sie sich und der abwesenden gesanthen ire herrn allain dardurch one der andern stende nachtail verbinden wollten, so ist den gesandten der stend der augspurgischen confession sollichs nit entgegen, haben auch den andern stenden hierin khain maß zu geben, waß sie vor sich in dem zu thun schliessig werden. Und wolten die gesandten nichts liebers, dan daß die hern und obern anhaimisch also befriedet, daß in irem vermogen wher, iren underthenigsten, guthen willen in diessem hochloblichen werck auch zu erzaigen.

Daß aber die andern stend diese stend der augspurgischen confession durch einen solchen weg zu dem was inen, den andern stenden, gelegen und gefellig, auch wollten verbinden, das were zum hochsten beschwerlich, auch diesen stenden unleidlich, zuvorderst auch, do die mit der schweren peen der acht und verlierung habender privilegien und anderm, so in der andern stend bedencken verleipt [Nr. 94, Art. 25], sollten beschwert und betrangt werden. Es halten es auch die gesanten dieses thails darfur, daß die des andern thails solcher beschwerlichen und diesen stenden unleidlichen geschwindikheiten gegen diesen stenden furtzunemen alle oderf je deß merer thails auß inen von iren herrn nit bevelch haben werden. Und zweiveln nicht, daß vielen friedliebenden stenden und gesanthen des andern thails solch furnemen zum hochsten entgegen.

Dann darauß, do diß furhaben furgengig sein sollt, hetten die stend der augspurgischen confession nichts anders abtzunemen, dan daß die andern stende, soviel der solche geschwindikhaiten vornemen und beliebeng, in arbait stuenden, dieweil sie vermerckten, daß die stend der augspurgischen confession der geferlichkhait des wormbsischen edicts [1521] und augspurgischen reichsabschiedts [1530] durch di ksl. declaration enthnomen, dieselbigen stende one alles verschulden, dieweil sie on anhaimische befriedung zu laistung der thurckenhilf nit vermögen zu khomen, durch diesen weg widerumb in alle obberurte geferlichkhaiten der acht, privirung irer gerechtigkhait und andere beschwerungen zu fhueren und also den weg zu solcher beschwerung widerumb zu eröfnen.

Zu was beschwerlichkhait und unrichtigkhaith solcher umbwege zwischeni den verursachern desselbigen und den stenden der augspurgischen confession wurde dinstlich sein, das ist wol zu erwegen. Die gesanten dieser stend halten es darfur, daß di kgl. Mt. und ksl. commissarius aus hohem ampt solche hochste beschwerlichkhaiten werden furkhomen und nit gestatten, daß solche geferliche geschwindigkhaiten von den andern stenden zum thail erregt und verursacht werde. Es wollen auch die gesanthen dieser stende als die, soviel an inen, zu allem friedlichen wesen im Hl. Reich gern furdern und helfen wollten, di röm. kgl. Mt. und ksl. commissarien, zu verhuttung solcher etzlicher der andern stende angemasten geschwindigkhaiten einsehens zu haben, underthenigst ersucht und gebetten haben.

Und so dan di röm. kgl. Mt. und auch der ksl. commissarius aus dem allem zu befinden, daß diese stende, one das di andern stende di ksl. declaration bewilligen, derselbigen stend halben friedens und rechtens bestendiglich nit khonen versichert werden und auch one das zu fruchtparlicher berathschlagung und laistung der hilf widder den Thurcken nicht khomen mögen, daß sich auch derhalben die hie vorgefallne sonderungj one ire verursachung zugetragen, diese vorwendung auch nit uß einichem mißtrauen, so sie zu der röm. ksl. oder kgl. Mt. hetten, sonder uß unvermeidenlicher noturft herfleißt.

So bitten die gesandten der stend der augspurgischen confession, die kgl. Mt. und auch der ksl. commissarius wollen sie und auch zuvorderst ire hern und obern in dem allem genedigst und gunstiglich entschuldigt haben, inen auch in dem khainen unglimpf zumessen, wie dan auch ire hern und obern sich deß zu aller zeit gegen Gott, der röm. ksl. und kgl. Mtt. und menigklich mit eren zu verantwurten wissen. Seind aber nochmals des underthenigsten erbiettens, do die streytigen artickel inhalts irer hievor gegebnen antwurt erledigt, sich mit beratschlagung und leystung muglicher, treglicher und gleichmassiger hulf wider den Turcken allerunderthenigster gepur zu erzeigen. Und thuen sich die gesanten der röm. kgl. Mt. underthenigist bevelhen.

Anmerkungen

1
Ein etwas anders formulierter Entwurf für eine Stellungnahme der Evangelischen, der dem König jedoch nicht übergeben wurde, stammt aus der hessischen Kanzlei (Schmalkaldische Aktenbeute), in: Wien HHStA, RK RA i.g. 13f/Konv. 1, fol. 205r–209v (Konz.); AV fol. 205r: Ist nit ußgangen.
2
Die von Lamb eingefügten Korrekturen sind dem textkritischen Apparat zu entnehmen.
3
Der Inhalt des mündlichen Vortrags von Kg. Ferdinand liegt nicht als eigenes Aktenstück vor. Er ist der Schlussrelation der Frankfurter Gesandten zu entnehmen (Nr. 401, fol. 185r-186v).
a
–aIn A marg. erg. v.d.Hd. Lambs, B bis G om.
4
Siehe Nr. 179, Art. 2; vgl. auch RAb Nr. 404, § 33.
b
–bIn A v.d.Hd. Lambs marg. korr. aus: vorige der ksl.[Mt.] declaration.
5
Siehe RAb Nr. 404, § 34, Absatz 1.
c
In A v.d.Hd. Lambs marg. korr. aus: vorderer.
6
Siehe die entsprechende Zusicherung Kg. Ferdinands an die CA-Verwandten in seiner Quadruplik von 1543 März 8/9 (Nr. 160, Art. 3).
d
In A v.d.Hd. Lambs korr. aus: gehalten.
e
In D: unvermeidlichen. In F: unvormeinlichen.
f
In A v.d.Hd. Lambs korr. aus: aber.
g
In A v.d.Hd. Lambs marg. korr. aus: pleiben.
h
In A v.d.Hd. Lambs korr. aus: unruhe.
i
F om.
j
In CDF: verhinderung.