Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Marburg StA, PA 650, fol. 226r–227v (Ausf.).

B Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 525–529, Nr. 176, fol. 238v–241v (Kop. mit PS); AS fol. 238v: Copey Rudolff Schenncken und Dr. Walters schreiben.

Nach Übergabe und Verlesung einer an Granvelle gerichteten Schrift des Landgrafen begann der Minister vom braunschweigischen Feldzug zu reden, das er uns hievor samptlich und einstheils ad partem vertraulich der ksl. Mt. gemuet darin angezeigt, derwegen dörf es verner anregens nit.

Und darnach diser nurmbergischen handlung gedacht, das nun ein gutte zeit nichts ußgericht, sondern wir hielten die sachen one alle not uff. Wir wussten des keisers gemuet zum friden geneigt. So hett sich der könig und die stend offentlich vernemen lassen, sie wollten den friden halten. Des gleichmessigen rechtens halb were es umb die declaration zu thun, dieselbige stuende bey dem keiser, und wer vergeblich, derhalb ein ußschuß zu machen, dann dieweil der keiser sollich declaration uns gegeben, so sollten wir nit zweiffeln, ire Mt. wurden uns dieselbigen halten. Mittlerweil werden ire Mt. in das Reich komen, dann er [= Granvelle] wollt uns vertreulich anzeigen, das ire ksl. Mt. den andern tag nach Mathie [1543 Febr. 26] zu schiff gangen und nunmals uff dem weg were. Alsdann wurde man von den dingen, und sonderlich der cammergerichtspersonen halb, bestendigclich handeln. Und derhalben so wurde die handlung allhier unbillich diser puncten halb uffgetzogen, und widerumb gesagt, das es allenthalb, da unser evangelium gepredigt, ein böß ansehen haben wurde und daß wir, euer fstl. Gn. gesanten, allein den vertzug ursachten, dann euer fstl. Gn. weren der stend der schmalkaldischen bundtnus gantz mechtig, hetten auch die in irn henden. Wann wir wollten, so wurden die andern uns volgen.

Und als wir dargegen euer fstl. Gn. entschuldigten, das in euer fstl. Gn. gewalt nit were, dasjhenig zu hinderziehen, was durch dise stend einmuetig beschlossen were, hat er etzwas bewegt gesagt, er verstuende die ding wol, were so lang bey den händeln herkomen, das er darbey gra [= grau] worden. Ob wir meinten, das er plindt sey, das er die ding nit sehe oder verstehe. Wann wir die sachen furdern wollten, so wurden sie wol vonstatt gehn etc. Und uns abermals der ksl. Mt. geneigten willen gegen euer fstl. Gn. angetzogen, und das euer fstl. Gn., wo sie selbs wollten, ein grösser auctorität erlangen wurden, dann sie je gehapt, wie er dann mir, Dr. Walthern, vormals vertreulich angetzeigt. Derhalben so sollten sich euer fstl. Gn. also ertzeigen, das die ksl. Mt. zu irer ankunft euer fstl. Gn. willen auch spuren konnt. Das wurde euer fstl. Gn. zum höchsten dienen.

Dieweil nun die sachen also gestallt und das der Grandvell so hart in uns dises puncts halben dringen, so bitten wir underthenig, euer fstl. Gn. wöllen uns hierauf derselben gemuet uff das allerfurderlichst zuschreiben, dann wir sein bedacht, in allweg bey unser instruction bis uff euer fstl. Gn. verrer erclerung und resolution zu bleiben1.

Es würdet auch der H. Grandvell euer fstl. Gn., wie er uns sagt, selbst schreiben. Und dieweil wir befünden, das der H. Grandvell den ufftzug der händel allhier euern fstl. Gn. zumessen will und unser person auch derhalb in verdacht genomen, so were unser underthenig bedencken, das euer fstl. Gn. ime selbst hett diser sachen halb geschriben, dass wurde ime mehr thun dann alles, das wir furwenden mögen. Schlussformel.

Datum Nurmberg, freittags den andern Martij anno etc. 43.

US der Räte Rudolf Schenk und Dr. Johann Fischer.

[Zusätzliches Schreiben von Rudolf Schenk:]2 Es hat Eck heut nach mir geschickt und mir zue erkennen geben, er wolt noch heut zwei mittel furschlagen, di er ungern furschluge, er konnte es aber nicht umbgeen und were ime nicht daran gelegen, sie wurden gewilligt oder nicht3. Aber das er solich mittel furschlagen muß, das keme von unsern leutten und von unserm teil, di gleichwol zu ime nicht komen, sondern zu seinen mitverwanthen etc. Und zeigten diselben unser leut ahn, sie wusten wol, das Sachsen und Hessen Hg. Heinrichen nicht wollten im lande leiden, es were aber ihr gemut nicht. Sie hetten mit Hg. Heinrichen nichtzit zu thun noch davor zu thun gehapt. Sie sehen wol, das man Hg. Heinrichen gern uff sie richten und hetzen wolt. Darumb, obschon Sachsen und Hessen nicht wolten, so wolten aber sie, und man solt es in rath komen und davon schließen lassen, so wollten sie es mit dem mehrern erhalten. Darumb wer Eck und seine zuverordneten zu disem mittel gedrungen und wir wurden erfaren, das in unserm rath ein grosse trennung und sonderung sein wurd. Wir vertraueten uff unser leut zu viel, sie weren nichtzit nutz.

Und wiewol ich dise antzeig dahin verstanden, das er gern von mir vormerckt hett, ob sich soliche trennung unter uns hielte oder ob di mittel auch haften wurden, so hab ich ime dagegen geantwort, das ich dise sonderung in unserm rath nicht verstanden, sondern wir weren bis daher einmutig gewest, wurden auch desselben kunftiglich sein. Und wusten di stende in diser sachen also geneigt, das sie fur einen mann stehen wurden, aber es mochten sondere personen sein, di one bevelich irer herrn di ding dahin handlen mochten4.

Di mittel aber, die Eck und seine mitverordneten furschlagen, wurden dise sein: Erstlich, das Hg. Heinrich di versicherung zu dem besten thun muse. Zum andern, das das landt Braunschweig in zweier fursten hende gestelt wurde, bis di sachen zwuschen disen stenden und Hg. Heinrichen, und sonderlich der stett Goßlar und Braunschweig halben, vertragen werde oder aber, das solch landt in handen der ksl. Mt. gestelt wurd.

Und wie er mir gestern angezeigt, also were es noch di meinung, namlich das seine herrn den Gumpenberger mit einer chredentz zu Hg. Heinrichen geschickt und ime sagen lassen, woll ehr in irem landt sein, so soll er sich aller thatlichen handlung enthalten.

Gescheen am ersten tag Martij anno etc. 43 im beisein Sebastian Aitingers am morgen.

US: Rudolf Schenk.

Anmerkungen

1
Lgf. Philipp von Hessen antwortete den Räten aus Ziegenhain am 9. März 1543: [...] Und muget Granvelle hinwider wol antzeigen, er hab gut sagen von der sach, er redde auß voller hand, aber das wir Teutschen, di sich zum teil in rauher art enthalten, so grosse hilf wider den Turcken thun und daheimen nit frid und gleich recht haben sollten, das sey zum hochsten beschwerlich, dann uns unsersteils allein der bescheen turckenzug wol bis in di 50 000 fl. gestanden. Und darzu seien uns allein aus unserm land bis in di 20 oder 30 erlicher menner vom adel in disem zug außpliben und gstorben. Das nun einer sovil thut, sein leut und gelt von sich schicken und wi bemelt daheimen kein friden oder gleich recht haben sollen, das sey je beschwerlich und wyr wöstens auch unsern religionsstenden nit zu raten. Und ob wirs inen schon rithen, so volgten sy uns doch deß nit, sondern sagten, wir rithen inen untreulich. [...] Das aber wir solten hirin unserer stende mechtig sein und das, wo di stend one furgeenden friden und recht nit willigten, man uns schuld geben wolt, solchs were uns zu unschulden zugemessen. [...]. Ob nun Granvella weiter in euch tringen wolt, so leget im alle ding mit besten fugen ab, gebet im gut wort und pleibet in disem und vorigen unsern bevelhen und stellet euch nit cleinnmutig, dann wir diser wort, als ob wir der andern unserer stende mechtig weren, wol ehr in Regensburg [1541] von Granvelle gehoret. Und saget dem Granvell, wann es sich in der red also zutregt, wir begerten keiner großen auctoritet, konten wir aber einen gnedigen kaiser haben, das nemen wir gern ahn. Hetten aber di geschickten der Kff., Ff., stett und stend unser christlichen vereyne oder das merer teil aus inen des fridens und gleichen rechtens halben ein ander bedencken dann wir, und daß di sechsischen mit solhem anderm bedencken mit zustimpten, solhs zeiget uns an, so wollen wir uns unsers gemuts ferner gegen euch furderlich vernemen lassen. [...] In: Marburg StA, PA 650, fol. 231r–237v, hier fol. 233r–236r (Konz.).
2
Fehlt in A, nur in B vorhanden.
3
Siehe das Protokoll der Verhandlungen in der Causa Braunschweig: Nr. 244zum 1. März, fol. 212v–215v.
4
Darauf antwortete Lgf. Philipp in seinem Schreiben an die beiden Räte vom 9. März 1543: [...] Das Eck mit euch geredt und hat gesucht, das di unterhandlung auch uff Hg. Heinrichen gericht, also das derselbige wider mocht ins land kommen, dann er gedenck ufst land gantz nit zu vertzihen [...], solch rede vergleichet sich mit dem, so Eck euch hibevor gesagt, nicht, und ist warlich vonnötten, das man in disen sorglichen sachen one falsch wi di tauben und weiß wi di schlangen sey [Matthäus 10,16], dann wi wir Ecken alweg erkennet, also finden und vermercken wir inen noch in diser handlung, das er sich wendet wie das aprillenwetter. Und derwegen ist unser rath, das ir euch gegen im nit cleinmutig stellet oder ertzeiget, sondern wann er mit euch pochet, alßdan wider mit im hart redet, und wann er euch auch keinen boten schickt oder euch anspricht, alsdan auch zu im nit tringet. Dann wan alle unsere religionsstend unsern oder halb unsern synne hetten, so seint wir (gottlob) noch weder gepunden oder gefangen, wirdet aber der Kf. zu Sachsen und di andern unsere stende gneigt sein, handlung zu leiden, daß H[g]. H[einrich] wider ins land gelasen werde, [...] so solt irs nit abschlagen, wiwols mit im, H[g]. H[einrich], sorglich, dan weder treue oder glaub bey im ist. [...] In: Marburg StA, PA 650, fol. 231r–237v, hier fol. 231v–232r (Konz.).