Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 120r–125v (Ausf.); AS fol. 120r: Rethe zu Nurmbergkh schreiben der amotion halben des chamergerichts personen umb bevelch, item vergleichung eins andern tags halben. Item schicken H. Heinrichs cantzlers ubergeben supplication und kuntschaft des Turcken. Item des ausschus bedencken der bayerischen handlung halben. Item credentz und instruction etc. des thumbprobsts zu Coln geschickten ghen Nurmbergkh etc. Item schicken copeien der ubergeben notel dieser stendt uf des röm. konigs und ksl. commissarien triplicen und Johan Helfmanns schreiben des thumbprobsts zu Coln procedirens halben wider diese stende etc. und anderß mehr betr.

Die Antwort des Königs und der Kommissare an die Protestanten (Nr. 158) bringt kaum neue Zugeständnisse und verweist auf die vorangegangenen Abschiede und das Konzil. Deshalb wurden alle protestantischen Reichsstände ausserhalb Hg. Moritz rethen und deren von Nurmberg, so sich dieses handels nuemals enteussern etc., gestern vor dato [1543 März 6] uffs haus erfordert, davon zu ratschlagen, was ferrer in dem furzenehmen sein möcht und darauf umbfrage gehalten.

Und ob sie wolh alle (ausserhalb Mgf. Jorgen gesanten, welcher ime die antwort, doch wo die visitation des chammergerichts auf die ksl. declaration sollt beschehen, durchaus liesse gefallen) bedacht, das diese der kgl. Mt. und der ksl. comissarien antwort [Nr. 158] diesen stenden dermas nicht annemlich und das man derwegen auf voriger bit der supplication [Nr. 152] und replica [Nr. 157] beruchen solt, so haben sie doch dohin geschlossen, einen ausschus, die sachen weiter zu bewegen und zu beratschlagen, zu verordenen, welchs dann beschehen. Nuen kann der ausschus auch nicht befinden, do die stende von irer bit abweichen und sich uff solche antworten zu handlung einlassen solten, daß damit iren beschwerung konnth oder möcht geholfen werden und derwegen bedacht, uff voriger supplication, bit und erbietten zu verharren1. Doch haben sie solchs an gemeine stende noch nicht gelangen lasen. Aber wir halten es dafur, weil die stende als obgemelt solchs auch fur guth angesehen, sie werden des mit dem ausschus einig sein. Und uff den falh, do die stende des einig und die kgl Mt. sampt den ksl. comissarien wurden auf irer antwort beruhen, wie dan zu vermuten und sie sich in solcher antwort vernehmen lassen, daß sie die abschaffung der chammergerichtspersonnen nicht willigen könnten, aus ursachen, wie eur kfl. Gn. aus uberschickter notel zu befinden, und auch etzliche stende in sonderheit bericht worden, das sich die kgl. Mt. habe vernemen lassen, ehe die abschaffung der personnen ane vorgehend erkenntnus und visitation, dermassen wie gebetten, beschehen sollt, es muste ehe das Reich zu boden gein und, do es gleich ksl. und ire kgl. Mtt. willigten, so wurden es doch Kff., Ff. und stende des andern tails nicht geschehen lassen.

Und wir aber so viel vermercken, do sich die sach allein an deme stossen solte, das diese personnen des chammergerichts ane ausfindung der zugemessenen betzichtigung nicht wolten abgeschafft werden und die kgl. Mt., ksl. comissarien und stende die visitation und reformation inhalts der ksl. declaration (die dann von gentzlicher abschaffung dieser personn nicht meldet) zu geschehen willigten, daß vil von den stenden dißteils – beschwerung der proceß und achten, so vorstehen, zu verhueten – von solchen gebettenen abschaffung der chammergerichtspersonnen absteen und die sach an solcher visitation inhalts der declaration vorzunehmen begnugig sein wurden, sonderlich Wirttennberg und etzliche von stedten, wir aber von solcher gebettenen abschaffung abzusteen kein bevelh haben, so bitten wir underthenigst, uns forderlich zu berichten, wes wir uns in dem, do das merer teilh der stende aber [= oder] ir vilh dohin stymmen wurden, verhalten solten, dieweil doch eur kfl. Gn. am chammergericht die wenigsten sachen haben2.

Es haben uns auch die hessischen rethe bericht, das sie irem herrn geschrieben, ob gut sollt sein, das die stende disteils uffn falh, do nichts weiter zu erlangen, von hynnen uff eine andere malstat verrucken oder ein ander gelegener tag forderlich außgeschrieben, von diesen und andern dieser stende obligenden sachen zur notturft zu handeln und zu schliessen, damit man des fernern practicirens, das sonsten, so man alhie verharren sollt, nicht nachbleiben wurde, vertrag hette. Nachdeme wir dan disfalhs von eur kfl. Gn. auch keinen bevelh, bitten wir underthenigst, uns derselben gemuth, wes wir uns, sonderlich do gemeine der stende rethe und gesanten auf die veruckung der malstadt oder auf ein andere forderliche zusammenkunft schliessen wurden, halten solten3.

Sie übersenden die Supplikation des braunschweigischen Kanzlers (Nr. 247), Kundschafterberichte vom Vorrücken der Türken (Nr. 135) und das Protokoll der Verhandlungen über das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel zwischen dem Ausschuss der Schmalkaldener und den bayerischen Vermittlern (Nr. 244) samt einem Gutachten der Schmalkaldener (Nr. 245), wozu sie um weitere Instruktionen des Kurfürsten bitten4. Ebenso ersuchen sie um weitere kfl. Befehle, wie sie sich bez. der Vollmacht und Instruktion Hg. Georgs von Braunschweig, Dompropst von Köln (Nr. 56), verhalten sollen.

Kursachsen und Hessen müssen sich einigen, wie mit dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel weiter zu verfahren sei. Einige Bundesstände gaben Gutachten ihrer Rechtsgelehrten in Auftrag (Nr. 246, Nr. 256) und sind der Meinung, dass die Bundeshauptleute das Land nicht behalten sollten. [...].

Anmerkungen

1
Kf. Johann Friedrich ermutigte die kursächsischen Räte in seinem Antwortschreiben aus Torgau, 1543 März 12, kompromisslos an der Durchsetzung der Forderungen zu Friede und Recht festzuhalten und tadelte alle von dieser Linie abweichenden Bestrebungen: [...]: So vormercken wir, Hg. Moritzen rethe, auch die von Nurnberg haben sich bereitan abgesondert und, wie ir euch befaret und wol zu glauben ist, so werden andere mehr wancken. Nun were es aber dem braunschweigischen [1542 Sept. 12], auch schweinfurdischen abschieden [1542 Nov. 15] nit gemeß, dadurch man sich einhelliglich vorainigt, kein turckenhulf ferner zu bewilligen, man hab dan zuvor einen bestendigen friden und gleichmessig recht und des chamergerichts reformacion erlangt. Darumb wollen wir uns vorsehen, die stende der aynung werden kein trenung unther uns hierinnen machen. Wolt uns auch allen vhast vercleinlich und schimpflich sein, das man von dem anhang, damit man die letzere schrift [Nr. 157, Art. 9] geschlossen, nemlich das man dieses teils die turckenhulf ane erlangung bestendigs fridens und gleichmessigs rechtens nit leisten kondt etc., so schimpflich von solcher antzaige, wie etzlicher meynung sein magk, solte abfallen und zum wenigsten ane sonderliche bedingungen sich zu der beratslagung der turckenhulf mit einlassen. Solt es auch beschehen, so were besser gewest, man hette die suchungen nihe gethan. Dan wirdet man in deme so cleinmuttigk dißteils befunden werden, so wirdets darnach dohin gereichen, das wir uf diesem teilh dem andern teilh nur seins gefallens und willens werden nachöhmen mussen und zu unser notturft hinfurth nichts erhalten konnen. So kondten wir auch nit gedencken, wie man zu gleichmessigen und unpartheischen rechten hinfurder am chamergericht werde komen mugen, dan man wirdet uns fur und fur ufftziehen und endtlich keine reformacion, die uns nutzlich sein mochte, erfolgen, so wir [uns] des vorteils, der itzt der turckenhulf halben vorstehet, begeben. [...] In: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 306r–320v, hier fol. 306r–307r (Ausf.). Am Ende desselben Schreibens bemerkte der Kurfürst zur Frage der Türkenhilfe in einem PS (hier fol. 319r): Wir bedencken, ob nit gut solt sein, wo man je uf der waigerung der turckenhulf, und sonderlich unser vedter und bruder, der landgraf, nit wolte beyainander bestendiglich beharren, es beschee dan dasjenige, so durch die ubergebene suplication [Nr. 152] gesucht, das man alsdan der hinstellung uf ksl. Mt. zu ir Mt. ankunft dis mit anhinge, das man zu irer ksl. Mt. ankunft und handlung sich wolte vornhemen lassen, ob man die bedachte turckenhulf mitbewilligen und laisten wolte ader nit. Dan ksl. Mt. mochte sich durch sinistre bericht bewegen lassen, das es uns dieses teils beschwerlich und nit antzunemen sein mochte. Doch werdet irs mit den andern rethen und botschaften weiter wissen zu bedencken. Datum ut in litteris.
2
Darauf antwortete Kf Johann Friedrich den Räten am 12. März 1543: [...] So wil auch darauf gut achtung zu geben sein, das man sich nit dermassen einlasse und an der furgeslagenen visitacion und suspension begnugig sey, als hette man sich der recusacion, auch der ratificacion und revocacion halben der procuratorn, so negst durch euch und die andern rethe bedacht und beratslagt ist worden, dodurch vertzygen [= verzichtet]. In: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 306r–320v, hier fol. 30rv (Ausf.).
3
Zur Frage der vorzeitigen Abreise der Räte aus Nürnberg antwortete Kf. Johann Friedrich am 12. März 1543 seinen Räten: [...] Wurde man aber uf die weigerung vilgemelter turckenhulf und darjegen zu der mithandellung des haubtwercks nit mitzuschreitten beharlich pleiben und der gemeinen stende rethe und botschaften des verruckens halben sich eins bedenckens vorgleichen, so wollet uns solchs unverzuglichen zu erkennen geben, uf das wir uns sampt unserm vedtern, dem lantgrafen, auch darnach zu richten haben. [...] In: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 306r–320v, hier fol. 312r (Ausf.).
4
Der Kurfürst, der das ihm zugesandte Gutachten des Ausschusses der Schmalkaldener (Nr. 245) noch nicht erhalten hatte, stellte in seinem Antwortschreiben an die Räte vom 12. März 1543 ausführliche Überlegungen zur Lösung der braunschweigischen Frage an, wobei er eine Rückkehr des Herzogs in sein Fürstentum definitiv ablehnte und bei weiterer Uneinsichtigkeit der bayerischen Vermittler dafür plädierte, die Ankunft des Kaisers im Reich für weitere Verhandlungen abzuwarten. In: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/3, fol. 306r–320v, hier fol. 313r–318r (beiliegender Zettel), (Ausf.).