Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Wien HHStA, RK RTA 11/Konv. 1, fol. 15r–24v (Kop.); ÜS fol. 15r: H. Anndreen von Kienritz instruction an Kf. von Sachssen und Lgf. von Hessen. Instruction auf den ersamen, gelerten, unsern getreuen, lieben Dr. Anndreen von Kienritz, unsern rathe, was der auf beiligende unsere credentzbrieve mit den hochgebornen Johanns Friderichen, Hg. zu Sachssen [...], und Philipssen, Lgf. zu Hessen [...], unsern lieben oheimen, churfurstn und fursten von unsern wegen handlen solle.

Teilw. Druck: L. Groß/R. von Lacroix, Urkunden, Bd. 1, Nr. 289, S. 198f.

Zuerst solle sich Könneritz zum Kf. von Sachsen begeben und diesem sein Kredenzschreiben überreichen. Aus den Prorogationsschreiben (Nr. 2–3) wisse der Kf. von Sachsen, dass der Beginn des Reichstags auf den 14. Dez. 1542 verschoben sei und dass der König angesichts der Notlage des Reiches auf das persönliche und pünktliche Erscheinen der Fürsten Wert lege. Und wiewol wir auf solch unser schreiben des ungetzweifelten versehens warn, sein L. wurde auß den ertzelten notwendign ursachen solchen reichßtag auf obbestimpte zeit und malstat als ainen seiner L. wol gelegnen platz zu besuechen khainsweegs waigern, nochdann hettn wir nit underlassen mogen, ine, unsern rath, derhalben zu seiner L. abtzeförtigen und ze schickhena.

[Persönlicher Besuch des Reichstags] Und soll darauf derselb unser rath bei seiner L. mit allem vleiß vermanen, anhaltn und begeren, das sein L. vilgemeltn reichßtag auf obbestimpte zeit, da wir uns dann mit der hilf und gnad des Almechtigen aigner person gewißlich antzekhomen verhofftn, personlich zu Nurmberg besuechen wolle, und furnemlich auch darumb, damit auf sollichem reichßtag neben den andern wichtigen sachen zu hinlegung und erörterung des irthumbs unser röm. kgl. waal belangendt in der zeit des gemachten anstands furfarn und gehandelt werden mochte, dann wir denselben irthumb je gnädigclich und gern erörtert sehen wolten, wölcher auch, wie sein L. selbs ermessen könte, nit fruchtparlicher oder erschießlicher dann durch unser beeder personen gegenwurtigkhait hingelegt werden mochte. Deßhalb wir uns neben den vor außgefuerten notwendigen ursachen zu seiner L. gnedigclich und freuntlich vertrostn und versehen wölten, sein L. wurde umb sovil mehr angetzaigten reichstag personlich zue besuechen willen und naigung tragen.

[Türkenhilfe] Ferrer soll unser rath seiner L. antzaign, das wir khainen zweyfel truegen, sein L. were nunmehr durch derselben kriegßrath des sachssischen krayß erinnert und bericht, wie und was von wegen des winterlegers in Hungern gehandelt und beschlossen worden3, nemlich das biß auf nechstn reichßtag und ferrer der reichsstende handlung und fursehung 1000 geruste und 2000 geringe pherdt und 4000 zue fueß in des Reichs costen und betzalung erhalten werden sollen. Darauf solle unser rath bei seiner L. vermanen, anhalten und begeren, daß sein L. fur sich selbs an der underhaltung solches kriegsfolgkhs khainen abgang oder mangl lassen, dergleichen auch bei derselben mitverwantn stenden des sachssischen krayß jetzo und dann auf dem khunftigen reichßtag alle mugliche hilf und furdrung thuen wolte, damit solch kriegßvolckh in den besatzungen die wintertzeit hinumb, wie dann solches nach gestallt und gelegenhait des veindts stärckhe und macht, so er in Hungern hette, die höchst und unvermeidlichist notturft ervorderte, underhalten werden und sein gewisse betzalung haben muge.

[Werbungen und Rüstungen Kursachsens und Hessens] Dann alß uns anlangt, wie etliche stendt im Reich, und furnemlich der Kf. von Sachssen und Lgf. von Hessen, widerumb in etwas bewerbung und kriegßrüstung sein sollen, soll er, unser rath, in seinem zug allenthalb guete khundtschaft, nachfrag und erkhondigung haben, wie die leuf gestallt und geschaffen und ob ainiche kriegßgewerbung, auch von wem die vorhanden und wohin dieselb gewendt werden solle. Und so er also an seinem zug oder in der handlung bei dem Kf. von Sachssen oder Lgf. von Hessen erfarn und befinden wurde, das ainiche kriegßbewerbung vorhanden were, alßdann soll er den churfurstn erinnern des vorsteenden unraths, nachthail und verderbung, so bei disen gegenwirtigen, beschwerlichen leuffen und zeitten nit allain gemainen reichßstenden, sonder gantzer theutscher nation und der christenhait auß solchem kriegßgewerb und tatlichen vorhaben volgen und fliessen, was auch dem erbfeindt gemainer christenhait solches gegen theutscher nation, die one das gegen disem erbveindt in merckhlicher gefar und unsicherhait stuende, so die mit inwendigen kriegen beladen sein solten, fur ain hertz und throst machen. Was auch auß solchem tatlichen vorhaben fur hochnachtailige weitterung, abfall und zertrennung under den stenden des Hl. Reichs entsteen und auf yetzigem reichßtag in allen handlungen fur zerruttung gebern wurde, das hette sein L. alß der hochverstendig selbß zue ermessen und zu bedenckhen, wolchen unrath, nachtail und verderbung sein L. alß ain churfurst und der furnembsten mitglider ains im Hl. Reiche vil mehr zu verhuetten und zu furkhomen schuldig, dann das dieselb dartzu ainiche furdrung oder ursach geben sollte.

[Ladung vor das Reichskammergericht wegen des braunschweigischen Feldzugs] Und ob sich aber sein L. beschwärn oder zu ainer ursach des kriegßgewerbs antziehen wurde, das von wegen einnemung des furstenthumbs Braunschweig gegen seiner L. und derselbn mitverwanten vom ksl. camergericht ain citation und ladung außgangen were, solle unser rath sein L. entgegen berichtn, das sich gleichwol der ksl. camergerichtsprocuratorfiscal one unsern bevelch, wissen und willen ambtßhalber bei dem camergericht in diser sach eingelassen, und das aber solches[ohne] ainen bestendigen grundt. So hetten wir, alßpald solches an uns gelangt, bemeltm ksl. fiscal ernstlich mandiert und gebotten, ambtshalben diser sach im rechtn ferrer nit antzehangen, sonder sich derselben zue entschlagen. Das wir aber Hg. Hainrichen von Braunschweig seine spruch und vordrung abstrickhn oder im derhalben das recht sperren solten, hetten sich sein L. selbßverstendigclich zu erinnern, das uns solches nit geburn wollte, wie wir dann neben den ksl. commissarien dasselb seiner L. und des landtgraven räthn in der handlung zu Nurmberg [1542] genuegsamlich ertzelen und außfueren lassen4.

[Konflikt Habsburgs mit Jülich und Frankreich] Ob dann unser rath vom churfursten oder sonst vermerckhn wurde, das sich sein L. des Hg. von Gulch annemmen und sich darumb in kriegßbewerbung und tatliche handlung begeben wolte, soll er, unser rath, im, dem churfurstn, nachvolgend bericht thuen: Nemlich das sein L. hievor ungetzeweyfelt bericht emphangen, was gerechtigkhait und guetten fueg die röm. ksl. Mt., unser lieber brueder und herr, zu dem hetzogthumb Geldern und der graffschaft Zutpfen hette, wie dann ir ksl. Mt. solche ir wol begrundte habende gerechtigkhait auf jungstgehaltnem reichßtag zu Regenspurg [1541] vor gemainen reichßstenden offenlich in schriften und muntlich furbringen und volgends im thruckh außgeen lassen. Aber des alleß unbedacht und unangesehen hette der Hg. von Gulch irer ksl. Mt. solch hertzogthumb und graffschaft nun lange zeit here aigens gewaldts unbillicherweise auf- und vorgehalten. Und wiewol ir ksl. Mt. genuegsame ursach, auch guetten fueg und recht gehabt, sich solches hertzogthumbs und grafschaft zu undertziehen, nochdann so hab ir ksl. Mt. allem fridlichn wesen im Hl. Reich zu wolfart, nutz und guettem auf demselben regenspurgischen reichßtag ainen gemainen fridtstandt gemacht und irenthalb in denselben fridstandt auch bewilligt, wolcher fridstandt zu nachgeenden reichßtägen widerumb erholt worden. Wie dann ir ksl. Mt. sollichen fridstandt gegen dem Hg. von Gulch gestrackhs und unverpruchlich gehaltn und demselbn zuwider mitnichtn gehandelt, wie sich aber der Hg. von Gulch solchem fridstandt entgegen und zuwider gehalten, das wäre offenbar und hette sich kurtzlich im werckh und mit der that augenscheinlich ertzaigt: Nemlich das er, der hertzog, nach solchem fridtstandt, auch uber die außgegangen ernstlichen gebott und mandat, das niemands hochs oder nider stands dem Kg. von Frannckhreich zuetziehen noch ainiche hilf oder furschub thuen solle, personlich in Frannckhreich getzogen, sich zum Kg. von Frannckhreich verbunden und seidhere sein bottschaft bei bemeltem Kg. in Frannckhreich gehapt und ime daneben mit volgkh zu roß und fueß hilf und beistandt gethan. Darauß dann gevolgt, das bemelter Kg. von Frannckhreich die ksl. Mt. gantz unentsagt und uber das ir Mt. von dem Kg. von Frannckhreich fridens versichert geweßt, an mer orten gewaltigclich angegriffn und ubertzogen und dardurch ir ksl. Mt. mit irer person und statlichen hilf zu dem christlichen hör in Hungern verhindert, auch danebn der Thurckh wider gemaine christenhait und theutsche nation geraytzt wordn. Zu was grossem unwiderbringlichem schaden und nachthail solches gantzer theutscher nation und gemainer cristenhait geraicht, das mög sich sein L. alß der verstendig leichtlich erinnern.

Und wiewol solch des Hg. von Gulch unbillichen pratickhn und handlungen durch ine, den hertzogen, vernaint und widersprochen werden mochtn, so ist doch entgegen das widerspil offenbar, nemlich das seine aygne amptleut, diener und underthanen bei dem ein- und ubertzug in das land Lutzlburg gegenwurtig geweßt, und ob sy der ksl. Mt. das gantz Niderland abdringen helfen mögen, das wäre an irem willen und fursatz nit erwunden. Zudem das unser freuntliche, liebe schwester, Kgn. Maria, gubernantin im Niderland, durch niderwerfung etlicher brieff vom Hg. von Gulch seine unbilliche pratickhn offenlich befunden. Ob nun dawider irer kgl. Mt. in namen der ksl. Mt. nit billicherweise zu der gegenwähr ze greiffen und sich gegen der ksl. Mt. widerwertigen, die wider den angenommen und bewillligtn gemainen fridstandt gehandelt, auch in die peen und straffen der obvermelten außgegangen mandaten gefallen sein, ze raichn geburt habe, des mög sein L. bei ir selbß abnemmen und ermessen.

Und dieweil nun die sachen an ime selbs dermassen gestalt und geschaffen, so wollen wir uns demnach anstatt und in namen der ksl. Mt. und fur uns selbs zu seiner L. freuntlich und gnädigclich versehen, sein L. werde sich uber disen unsern gegrundtn bericht des Hg. von Gulch mitnichtn beladen noch annemmen, demselben khain beilag [= Begünstigung], hilf noch furschub thuen und noch vil wieniger sich in ainiche kriegß- oder tatliche handlung begeben, angesehen das auß solchem seiner L., auch derselbn landt und leutn neben dem unrath, der wie hievor gemelt zu besorgen, beschwerlicher nachthail und schaden entsteen und volgen möchte, den wir seiner L. zu gnaden und guettem vil lieber vermittn sehen wolten.

Und darauf von unsern wegen bei bemeltm churfurstn mit allem ernstlichen vleiß anhaltn und begern, das sein L. zu abstöllung und verhuettung des hochnachthailig unraths und verderben[s] solchen irn kriegßgewerb und tatlichn furnemmen gentzlich ab- und zu ruee stöllen oder doch zum wienigstn damit biß zu endtschaft deß khunftigen reichßtags, dieweil derselb gleich an der hand wäre, stilsteen wolte, des ungetzweifelten versehens, so wir und sein L. personlich zusamenkhömen, das mittl und weeg gefunden, dardurch seiner L. habende beschwerdt on ainich tatlich furnemmen oder handlung hin- und abgelegt und dardurch friden, ruee und ainigkhait im Hl. Reich erhalten werden mochte, wie wir dann nit zweyfeltn, sein L. solchen friden furdern ze helfen fur sich selbs auch genaigt und willig seye. An dem werden sein L. röm. ksl. Mt. sonder annamigs, gehorsambs und freuntlichs wolgefallen ertzaigen, nebn dem daß sollichs sein L. wie obgemelt zue erhaltung fridens, ruee und ainigkhait im Hl. Reich zu thuen schuldig seye.

Und so er, unser rath, die sachen bei dem Kf. von Sachssen verricht hat, solle er sich von dannen zum Lgf. von Hessen verfuegen und nach uberantwurtung unsers credentzbrieffs seiner L. unsern gnädigen und freuntlichen willen antzaigen und furter die sachen in allen vorbeschribnen artickheln, ausserhalb deß was unser kgl. waal, dergleichn den Hg. von Gulch belangt, nachdem wir nit achtn khunnen, das der landtgrave ainiche ursach hab, sich deß Hg. von Gulch wider die ksl. Mt. antzenemmen, bestes vleiß handlen und außrichtn. Und ob aber er, unser rath, von im, dem landtgraven, vermerckhn wurde, das sich sein L. deß Hg. von Gulch gleichermassen beladen wolte, soll er alßdann dem landtgraven den bericht vorgehörter massen thuen und bei ime gleicherweiß wie bei dem Kf. von Sachssen umb abstöllung des kriegßbewerbs und tatlichen handlung anhalten oder daß doch die sach biß auf unser und irer L. personlich zusamenkhomen auf nechstem reichstag gentzlich ein- und zu ruewe gestölt werde.

Könneritz möge die Ergebnisse seiner Werbung bei Kursachsen und Hessen dem König möglichst rasch per Post zusenden.

Anmerkungen

1
Siehe auch den kursächsischen Bericht über die Werbung von Dr. Könneritz, o. O., o.D. (ca. 1542 Nov. 29), in: Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 463–466, Nr. 163, fol. 23r–29v (Kop.).
2
Dr. Andreas von Könneritz scheint seine Werbung am oder kurz vor dem 29. Nov. 1542 bei Kf. Johann Friedrich vorgetragen zu haben, denn die schriftliche Antwort des Kurfürsten ist mit 29. Nov. 1542 datiert (Nr. 10).
a
Es folgt ein gestr. Absatz mit einem marg. Vermerk, der darauf hindeutet, dass Könneritz im Namen Kg. Ferdinands auch eine Werbung bei den rheinischen Kurfürsten vorbringen sollte: Nota: In der vier Kff. am Reyn instruction. Und wiewol wir irn Ll. den tag unsrer ankhunft geen Nuermberg alß obsteet auf den 14. diß monats zugeschriben, so mochte sich doch dieselb treffenlicher unserer gescheft halben umb etlich wienig tag verlengern, yedoch seyen wir entschlossen, auf N. tag diß monats mit der hilf und gnad des Almechtigen gewißlich zu Nuermberg antzekhommen. Und soll darauf unser rat bei irn Ll. mit allem vleiß vermanen, anhalten und begern, das ire Ll. auf obbestimpte zeit auch gewißlich zu Nurmberg ankhomen und solche ir ankhonft lenger nit anstöllen, sich auch derohalb nichtzit verhindern lassen wolten, damit in den hochwichtigen des Hl. Reichs und gantzer teutscher nation beschwerlichen obligen desto statlicher und bei guetter zeit furgangen und gehandelt werden, wolches sonst, so ire Ll. personlich nit entgegen sein, so ansehenlich und furtreglich nit beschehn mochte. Daran werden ir Ll., neben dem das solches irer Ll. selbß und gemainer reichßstende hochste notturft ervorderte, röm. ksl. Mt. sonder annemigs und freuntlichs gevallen ertzaigen, wolches auch ir L. und ksl. Mt. ungetzweifelt gegen iren Ll. in freuntschaft und gnaden bedenckhn werde. Und was ime, unserm rath, von bemelten churfurstn und yedem in sonderhait in antwurt begegent, das soll er uns unvertzogenlich berichtn. An dem allem thuet er unsern willen und mainung.
3
Siehe Nr. 134.
4
Siehe die Nürnberger Verhandlungen im Juli/Aug. 1542 betr. das durch Kursachsen und Hessen eroberte Herzogtum Braunschweig, in: RTA JR Bd. XIII, Kap. VI, S. 669–738.