Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Würzburg StA, Wzbg. RTA 21, fol. 394r–397v (Kop.); AS fol. 394r: An die dreyzehen stett in Schweitz, das sie niemandts auß irem kriegsvolck gestatten, wider di röm. ksl. Mt. zu ziehen oder bestellen zu lassen1. Nurmberg.

Regest: K. Deschwanden, Die Eidgenössische Abschiede 1541–1548, Bd. 4/Abt. 1d, Nr. 123, S. 239, Punkt e.

Wir stellen in keinen zweiffel, ir tragen noch in frischer, gutter gedechtnus, wellichermassen die röm. kgl. Mt., unser allergnedigster herr, und wir nach dem jungst zu Speier gehaltenen reichstag euch durch irer Mt. verordente commissarien und unser bottschaft ersuchen und berichten haben lassen2, auß was christlichen, pillichen ursachen und gedrungener notturft die röm. ksl. und kgl. Mtt. zu rettung des christlichen pluts und beschirmung gemeines vatterlandts teutscher nation einen heerzug gegen und wider unsers hl. christlichen glaubens und namens erbvheindt, den Turcken, furgenomen, mit gantz gnedigem begeer, gesynnen und freuntlich bitte, dieweil zu solchem christenlichem gemainem werck nit allein das Hl. Reich, sonder auch frembde potentaten und christenvolcker ir hilf und beistandt thun sollen, das demnach ir, als die ingesessnen der teutschen nation, zu angeregtem christenlichem werck, namlich zu widerstandt des Turckens, eur hilf auch guetwillig thuen und mitler zeit fur sich selbs ruhe und frid halten und keinem frembden pottentaten, ob derselbe einichen krieg wider ksl. und kgl. Mtt., uns oder das Hl. Reich anfahen wurde, helfen oder zuziehen wollten.

Und als wir auf dem jungst allhie gehaltenem reichstag [Nürnberg 1542] bericht empfangen, das ir wider den Turcken nit allein kein hilf geschickt, besonder auch das uber sollichs alles vill der eurn dem Kg. von Frannckreich zugeloffen und demselben in seinem furgenomen khriegshandlungen dienten, haben wir nit underlassen mogen, euch von erstgedachtem reichstage von hie auß schriftlichen der vorgethanen der kgl. Mt. und unserer pillichen christlichen begere und bitte widerumb zu erinnern3 und euch zu berichten, wie sollich euer kriegsleuth ziehen und dienen dem christlichen heerzug wider den Turcken in meher wege treffenliche verhinderung brächt, in deme das die ksl. Mt. gegen dem Kg. von Franckreich, der doch sunst keinen krieg one der euren zulauf und hilf anfahen hett mögen, sich mit kriegsvolck gefast zu machen, getrungen ist. Derwegen sein ksl. Mt. nit allein wider den Turcken kein hilf schicken khönnden, besonder auch zu irer erblandt beschirmung etlich knecht in Teutschlanndt bestellen het müssen, welliche sunst auch gegen dem Turcken gebraucht hetten mogen werden.

Darumb wir auch gnediglich und guetlich begert, das ir euer ansehenlich hilf wider den Turcken schicken, auch die euren, so gedachtem Kg. von Franckreich zugezogen, unverzugenlich abfordern wöllten etc., alles merern inhalts, wie hochgedachter kgl. Mt. comissarien und unserer gesanten werbung4 und dan unser von jungstem alhie gehaltenem reichstag an euch außgangen schreiben, am datum haltende den 25. tag Augusti des nechstverschinen 42. jhars [RTA JR Bd. XIII, Nr. 124], weitters mit sich pringen. Darauß ir euch leichtsam erinnern mögent, welcher gestalt wir euch semptlich durch unsere pottschaften und schreiben gnediglich, gunstiglich und freuntlich ersucht und gebetten haben. Und das alle jhenigen, so von uns außgeben [= behaupten] und euch inbilden haben wöllen, als sollten wir das schreiben, so von jungstem alhie gehaltenem reichstage an euch außgangen, nit samptlich und einhelliglich, sonder das es unser etliche, die dem hauß Osterreich anhengig, allein gethan haben, euch des ungrunds bericht, auch uns allen mit sollicher auflag zuvill und unguettlich gethan haben5. Dan wir dasselbig nit mit weniger einhelligkeit dann diß unser schreiben beratschlagt und beschlossen, des gnedigen, gunstigen und freuntlichen versehens, ir werden sollichen und dergleichen ungegrundten furgeben keinen glauben geben.

Nun werden wir jetzo abermallen bericht, wie der Kg. von Frannckreich bei euch kriegsvolck anzunemen in werbung und ubung steen soll, und mogen woll erachten, wo ir ime die zuelauffen lassen, das dardurch den kunftigen und vorsteenden hörzugen und nottwendigen defension wider den Turcken furzunemen nit weniger verhinderung und nachtheil bringen werde, dann der vorderig zuzug der euren auch gewurckt hat. Dieweil wir uns dan jhe getrösten, ir wisset euch selbs zu berichten, wo des Turcken furhaben seinen furgang erreicht und das khonigreich Hungern (wellliches bisher gegen ime als ein veste vormaur gewesen) gar in seinen tyrannischen gewalt gebracht wurdt (das der Allmechtig gnediglich abwende), zu was unwiderbringlichen, grundlichen verderben sollichs teutscher nation und allen derselben inwonern gelangen werde.

Dem allem nach ist abermals unser gnedigs und guetlichs ansinnen, auch freuntlich und vleissig bitt an euch, ir wollet auß obgehorten und andern meher durch euch zu ermessenden christenlichen, billichen ursachen zu redtung gemeines vatterlandts und des chriestlichen pluets zuekunftiger gegenwehr wider den Turcken euer ansehenlich hilf thun und mittler zeit fur euch selbs fridt und einigkeit halten und in sonderheit dem Kg. von Franckreich die eurn nit zuziehen noch in seinen furgenomenen kriegen dienen lassen und die, so albereit sich in sollich dinst begeben, wider ab- und anheim fordern, damit die nottwendig gegenwere gegen dem Turcken desto mehr gesterckt und desto stattlicher volnzogen werden möge. Die Reichsstände bitten um Antwort der Eidgenossen auf dieses Schreiben.

Anmerkungen

1
Die von Habsburg und Frankreich umworbenen und geworbenen eidgenössischen Söldner spielten eine wesentliche Rolle in der Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in Europa. Es lag im Interesse des habsburgischen Herrscherhauses und des Reiches, den Zulauf von Schweizer Söldnern nach Frankreich zu verhindern, was zahlreiche im Zuge der RTT erlassene Schreiben und Mandate verdeutlichen. Zum diplomatischen Ringen zwischen den habsburgischen und französischen Gesandten auf den Schweizer Tagsatzungen um eidgenössische Söldner siehe: B. Braun, Die Eidgenossenschaft und das Politische System Karls V., S. 257–278.
2
Werbung der Gesandten Kg. Ferdinands und der Reichsstände (Gf. Jobst Nikolaus zu Hohenzollern, Hans Melchior Heggentzer) um Türkenhilfe auf der Schweizer Tagsatzung zu Baden im Aargau im April 1542. Der Abschied der Tagsatzung (1542 April 17) gedr. bei: K. Deschwanden, Die Eidgenössischen Abschiede 1541–1548, Bd. 4/Abt. 1d, Nr. 74, S. 129–135.
3
Die Reichsstände hatten sich bereits auf dem Nürnberger RT 1542 in einem Schreiben an die Dreizehn Orte der Eidgenossenschaft gewandt mit einem Ersuchen um Türkenhilfe, verbunden mit einer Verurteilung der eidgenössischen Söldnerdienste zu Gunsten Frankreichs; in: RTA JR Bd. XIII, Nr. 124, S. 665–667.
4
Siehe oben Anm. 2.
5
Es wird hier Bezug genommen auf die Aussagen eines Agentenberichts an den franz. König vom RT Nürnberg 1542. Siehe RTA JR Bd. XIII, Nr. 124, S. 667, Anm. 4.