Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Augsburg StA, Reichsstadt Nördlingen, Münchner Bestand, Lit. 53, unfol. (Kop.); DV: Reichshandlung donnerstags, freitags und sambstags nach ostern anno etc. 1543. AV: Actum donnerstags, freytags und sambstags nach ostern.

Vermittlungsbemühungen des Königs, der ksl. Kommissare und der Reichsstände im Konflikt um das Herzogtum Jülich, Beratungen über die Bedingungen eines Friedensvertrages. Schreiben der Reichsstände an die Eidgenossen wegen des Verbots fremden Kriegsdienstes für den Kg. von Frankreich (Nr. 137).

Die protestirenden stende seind uber alle gepflogene schriften, irs begerns halben ervolgt, weiter müntlich ersucht [Nr. 166], sich mit den andern stenden in der hauptsach, sonderlich zur hilf wider den Turcken, einzulassen, dann sonst den andern stenden hilf zu thun nit wol muglich, in ansehung, das sie sich durch sollich zertrennungen innerlichs kriegs muessen haben zu besorgen und darumb irs volcks nit konnen entplossen, mit vleissiger einfuerung, das je inen und gantzer cristenheyt, sonderlich in teutscher nation, die hochst beschwerd daran gelegen und am notwendigsten mit dem allerschleunigsten zu furdern, dann zu was nachteyl die zerthrenung dienen und dem Turcken freud und vortheyl machen, hetten sie leichtlich zu erwegen. Und wann solches als das nottwendigst furkhomen, wollten sie, die andern stende, zu vergleichung des bestendigen fridts und unpartheyischen rechtens gern verhelfen, wo mangel im selben befunden. Achten aber, sie sollten sich an uffgerichtem landfriden und fridstenden, wider welche dann niemals wider sie gehandelt oder noch hinfurter zu thun nit gemeynt, benuegen lassen. Das auch visitation am camergericht sollt furgenomen werden, und biß zur zeit sollicher visitation aller derselben stende religion- und prophansachen anzustellen, darmit ir verdacht und argwon gestillt. Aber die beysitzer also unverhort und unuberwunden abzusetzen, were je ungeburlich und keinswegs zu thun etc.

Aber sie, die protestirenden, haben entgegen angezeygt, wiewol sich ir antwort [Nr. 168] etwas lang verzogen, die sie doch selbst zum liebsten gefurdert haben wolten, wo nit ir, der stende, so vil und die sach an ir selbst so hochwichtig; betten derwegen, sollichs verzugs kein missfallen zu tragen. Und nachdem der andern stende begern an sie gewesen, sich mit inen in die turckenhilf einzulassen, dann wo solchs nit geschehe, das doch sie als gehorsame stend in der hauptsach furschreiten etc. Darauf geben sie disen bericht, das sie mit bevelch und gwalt von iren herrn und obern abgefertigt, mit und neben den andern stenden das best und nutzlichst helfen zu berathschlagen, zu bewilligen und zu beschliessen, das gemeiner christenheyt erbfeind, dem Turcken, zum stattlichsten entgegen sein mocht. Und was in sollichem beschlossen und bewilligt, das ire herrn und obern am selben kein mangel erscheinen lassen wurden. Dieweil aber dasselbig nit mocht beschehen, es were dann zuvor im Hl. Reich bestendiger frid und unpartheyisch recht gemacht, so heten sie derwegen an die röm. kgl. Mt. und die ksl. comissarien umb vorgeende vergleichunge dero beider puncten angesucht. Und wiewol auß der darauf gevolgten antwort und andern schriften ir begern nit resolviert und die artickel erledigt seien, uber das sie sich auch nie mithelfen zu handeln widersetzt, sonder ein ausschuß zu verordnen gebetten, die von sollichen zweyen artickeln, wie die in vergleichung zu bringen, hetten mogen reden. Das hetten sie aber nit mogen erhalten, uber das sie doch einsmals in der umbfrag die mehrern stymen gehabt und darauf verhofft, man sollt mit inen derwegen zu beratschlagen und sollich beide puncten zuvorderst in vergleichung bringen zu helfen furgefaren sein. Das were aber nit alleyn underblieben, sonder die anderen stende hetten sich particulariter und ir unerfordert der hauptsach halben underredt, des sie sich dann von wegen irer herrn und obern zum hochsten beschwerten, dann sollichs am meysten zum ergsten ursachen geben.

Nun were es je an dem, das die beiden artickel zuvorderst mussen geledigt werden, wie sie dann zu Regenspurg in die eylenden turckenhilf anderst nit bewilligt dann uff zusag und vertrostung, das inen zu bestendigem friden und unpartheyischem rechten sollt verholfen werden. Das aber dasselbig, und wie es bishere gemangelt, were auß iren ubergeben schriften zu befinden. Dann wiewol inen muntlich angezeygt, auß was ursachen sie sich billich der zweyer artickel halben settigen liessen, so kondten oder wissten sie doch dieselben nit anzunemen, auß ursachen, obgleich hievor ein landtfrid uffgericht, so weren sie doch durch das wormsisch edict [1521] darauß gethan und fur ketzer geacht und verdampt, welches edict im augspurgischen abschied [1530] hernach confirmiret und ire kirchengebreuch zum hochsten verbotten, und dem camergericht derhalben wider sie zu handeln bevolhen, wie dann die beysitzer darauf globt und geschworen, dardurch sie dann frid- und rechtloß worden und das mißvertrauen und alles ubel im Reich erwachsen. Wo sie aber nochmals in friden und zu unpartheylichem rechten gesetzt, wollten sie furderlicher procedirung halb in der hauptsach an inen nichts mangeln noch erwinden lassen. Das inen aber die fridstend – zu Regenspurg [1541] und Speyr [1542] gemacht und jungsts reichstags alhie [Nürnberg 1542] confirmirt – gnugsam, verstunden sie das widerspill, wie dann in iren schriften gnugsam außgefurt. Und were auch der regenspurgisch abschied durch sie anderst nit angenomen dann mit der ksl. declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949], von derselben gedechten sie auch nit abzutreten; verhofften auch, darbei gehandthabt zu werden. Aber von den andern stenden wollte man blaesiglich [= blösiglich, bloß, nur] uff den abschied geen und umb die declaration nichts wissen. Sollten sie sich dann alleyn uff den buchstaben desselben abschiedts geben und der declaration verzeuhen [= verzichten, aufgeben], so geben sie sich wider in den stand, darein sie durch das wormsisch edict und die augspurgisch confirmation gesetzt, welchs inen dann zum hochsten beschwerlich und unzimlich. Betten uber das alles nochmals, von erledigung der beiden nottwendigsten puncten zu reden und erorterliche vergleichung zu treffen. Darzu wollten sie und volgendts in der hauptsach gern das nutzlichst und best zum furderlichsten mithelfen handeln, bewilligen und beschliessen. Wo es aber uber das alles nit beschehen, so wollten sie sich offentlich bedingt haben, das hierinn zu furderung rhue und einigkeyt im Reich, auch zu hilf widerstandts gegen dem Turcken an iren herrn und obern nichts erwunden.

Uff das nun die andern stende geacht, das sollich ir begern nichts anders oder sonder neues mit sich brecht, dann was hievor mit lang verlieren der zeit schriftlich disputirt, darbei man dann zu bleiben und sich nit weiter einzulassen entlich beruht, haben sie disen stenden angezeigt, das vorhyn diser beiden puncten halben stattlich ausfuerung gnug beschehen, darbey man gedecht zu bleiben und sunst in der hauptsach furzufaren. Verhoffenlich, sie wurden sich aller billichen, gotlichen und naturlichen bewegung nach auch darzu einlassen und an vorigem uberflussigem erbieten gesettigt sein.

Darauf seindt die zwen weg des harzugs oder besetzung der besten peß halben kgl. Mt. und den ksl. commissarien angezeygt [Nr. 92], mit weiterer bitt, nochmals mit disen stenden zu handeln, das sie sich mit inen einliessen, dann sie je besorgten, es mocht sonst ir hilf wenig erschiessen. Bey dem es jetztmals besteht.

Anmerkungen

1
Bgm. Wolf Graff unterzeichnete für Nördlingen den Abschied der Reichsstädte von 1543 April 24 (Nr. 417). Es ist nicht klar, ob er auch diesen nicht unterzeichneten Bericht verfasste.