Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf. v.d.Hd. Peutingers).

Das ich, Gott hab lob, alhie wol ankhommen, das haben euer Ft. aus meinem schreiben dato 28. dis2 on zweifel nunmer verstanden. Siderher hat sich zuegetragen, das ich sampt den andern ain erbarn rhats gesandten3 von den gesandten der stet gehört sindt, und die haben an uns begert, das wir ihnen die begerten puncten [Nr. 270] schriftlich zuestellen wollten. Das haben wir gethon.

Seind heuten morgens die ainungsstendt beyainander, also das sie erst nachmittag davon reden wollen. Was erfolgt, das bleibt euer Ft. onverhalten. Die stet unsers theils seindt in geringer zal hie, ze wissen allain Straßburg, Frankfort, Ulm mit bevelch etlicher, Eßlingen und Hailprun. Und soviel ich von den straßburgischen und frankfortischen verstand, seind sie der recusation nit wol zuefriden. H. Jacob Sturm sagt, das seiner herren gesandten auf dem tag zue Schweinfurt [1542 Nov. 15] gar ain anderen bevelch gehabt; haben sich verantwort, man hab sie überhmeret [!] etc. Er vermaint, wann er dabei gewesen, er wolts nit gethon haben; sagt, wir haben uns und die unsren aus dem landtfriden und rechten gesetz[t] und seiend sonst noch thausent beschwerden. Und wa nit alhie die aufhebung der proces und reformation erhalten, werde der sachen schwarlich zue helfen und fürnemblich der stett halben nit mittel sein etc.

Am andern so trag ich sorg, mein herabreiten sey wol halb umbsonst, dann es nit die mainung hat, das die gesandten hie die schriften umb bedenkens willen hinder sich geschikt, sondern das inhalt derselben ein ieder standt mit dem eisten handeln soll. Vermaint Straßburg, ire herren haben das schon also zue geschehen verordnet, also auch die andern, und auf dato große fürsorg trag, meine herren muessen in sonder recusiern. Was dann auf den fall zue handlen, wan die proces und das chamergericht nit abgeschaft noch reformiert, wie sich die stendt alsdann beyeinander erhalten wollen etc., davon handelt ietzo der außschuß, und verdrießt mich, das meiner herren gesandten nit darbei sein sollen4; ist vor nit der prauch gewesen. Es mochte auch meiner herren gelegenheit bas [= besser] dann in der gemainen versammlung bedacht werden.

Und zum dritten, ob die andern stet auch für ire gemainden recusiern werden, das khan ich nit verhoffen hie verstendigt werden, dann außerhalb Frankfort sonst niemandt die zeitung von der ladung gehabt; werden also nit wissen die gesandten, weß sich ire herren darinn zu halten vorhaben. Aber ich will nit feyren, antwort zue haben, und so ich vernimm, das ich die sachen nit nach inhalt meiner instruction [Nr. 71b] khan verrichten, wille ich mich wider aufmachen, und versich mich noch, mit Gottes hilf bald nach disem schreiben anhaims sein. Dann wa sie der form der recusation und der andern schriften halben nichts handlen wollen, ist mein alhie von onnöten. Haben dise post also geen lassen, damit euer Ft. und ain erbar rath, was hie gehandelt, zeitung haben mochten.

1. PS: Betr. die Session der Städte (siehe Nr. 71b, Art. 1): Die zwei Gutachten von Dr. Hel und Dr. Peutinger wurden zu einem Ratschlag zusammengefasst, der im Bedarfsfall den Städten vorgelegt werden soll.

2. PS: Von reichssachen khan ich euer Ft. gar nichts schreiben, ist still und wenig volk hie. Bin gestern zue hoff gewesen für mich selber, mich umbzuesehen; sich gar wehnig frembde leuth; es hatt gar dhain ansehen aines reichstags. Zue dem H. von Granvella will ich heuten geen. Datum ut in litteris.

Anmerkungen

1
Dr. Claudius Pius Peutinger (1509–1551) war der älteste Sohn von Dr. Konrad Peutinger, 1534 wurde er Augsburger Syndikus und Stadtadvokat und avancierte in vielen amtlichen Geschäften zum Nachfolger seines Vaters. Siehe: A. Göß ner, Weltliche Kirchenhoheit und reichsstädtische Reformation, S. 70, Anm. 34.
2
Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf. eighd.).
3
Dr. Lukas Ulstett und Jörg von Stetten.
4
Laut dem CA-Protokoll Lambs vom 9. Jan. 1543 (Nr. 86c, fol. 206r) gehörte ein Gesandter der Stadt Augsburg dem Ausschuss an, der über die Rekusation des RKG beraten sollte. Offensichtlich kam es jedoch nicht dazu, denn Jörg von Stetten berichtete in einem Schreiben vom 4. Febr. 1543 (siehe den beigefügten Zettel) an Hans Welser und Mang Seitz: Under anderm in euerm schreiben verstand ich, das ir ein gesanten gern im ausschuß unser verwandtnus gesehen, wellichs aber von den erwelten sollichs außschuß deßhalb uberschritten [= übersprungen, ausgelassen], umb das ich meinsteils bey kainer handlung der verstentnus nie geweßt und aber zum ausschuß gewonlich die mer wissenden fur ander angesehen werden. In: Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf.).