Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 214r–215r (Reinschr.); ÜS fol. 214r: Ahm tagk Mathie haben wir den papistischen stenden disse andtwort ungeferlich muntlich geben.

B Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 317r–318v (Kop.).

C Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 310r–313v (Konz. v.d. Hd Zitzewitz’).

Der erste Teil des Aktenstücks, in welchem die Antwort der pommerschen Gesandten an die altgläubigen Reichsstände durch Jakob von Zitzewitz wiedergegeben wird, folgt den Überlieferungen AB. Der zweite Teil beruht auf Überlieferung C, welche deutlich ausführlicher ist und Ergänzungen Zitzewitz’ zur Antwort der pommerschen Gesandten im Reichsrat enthält sowie eine Schilderung der Verhandlungen mit den Altgläubigen, welche nach der Rede der pommerschen Gesandten stattfand.

Wir haben jungst [1543 Febr. 14] angehört, was euer fstl. Gnn. und Gg. uns durch den meintzischen cantzler mundtlich haben antzeigen lassen [Nr. 186] und bey uns bewagen [= gründlich beraten]. Darauf wir unserm jungsten erpieten nach zu undertheniger, freuntlicher antwurt lenger euch nicht wißten zu verhalten, das wir nit ungeneigt weren, euer fstl. Gnn. und Gg. neben der ander chur- und fursten, graven, prelaten, stedt und stende gesanten, so in gemeinen sachen, wie diese ist, ane trennung oder dissolution des corporis oder collegii des Hl. Röm. Reichs nicht konnen oder mugen ausgeschlossen werden, bericht dieser handelung zu tun, wo nicht von unsern gnedigen fursten und herrn zu Stettin-Pomern etc. uns ausdrucklich auferlegt und bevolhen1, uns in einiche handelung, je und zuvor ein bestendiger, gemeiner fried, gleichmessig, unpartheiisch recht durch das Hl. Röm. Reich deutscher nation gemacht und aufgerichtet, nicht zu lassen, in bedenckung, das ane die zwey stuck in andern sachen nichts fruchtbarlichs noch erschieslichs muge gehandelt werden und darauf alle gluck, heil und wolfart des Hl. Röm. Reichs stehet und ruhet. Derhalben wir auch neben andern der augspurgischen confession anhengigen Kff., Ff., graven, stedten und stenden in namen und von wegen unser gnedigen fursten und herrn bey der röm. kgl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, [und] der röm. ksl. Mt., auch unsers allergnedigsten herrn, verordenten comissarien undertheniglichst, underthenigst und freuntlich durch ein schrift [Nr. 152] gesucht, und haben noch zur zeit dieselben handlungen iren entlichen bescheidt nicht gewonnen. Darumb wir auch uns unsers bevelichs hirinn halten mußen, mit erpieten, wann die gesuchten zwen punct fried und recht betreffend entlich abgehandelt sein, euer fstl. Gnn. und Gg. – jedoch in beysein der andern stende, so auch in das corpus oder collegium des Hl. Röm. Reichs gehorig – potschaften und gesanten uns unsers weitern bevelichs dieser sachen halb vernehmen zu lassen und uf das jungste anbringen zu antwurten.

Daraus euer fstl. Gnn. und Gg. neben anderer stende gesanthen ungetzweivelt befinden werden, das unsere gnedigen fursten und herrn ires vorhabens erhebliche, wichtige ursachen gehabt und noch haben. Das auch von iren fstl. Gnn. nichts vorgenomen oder gehandelt ist worden, dardurch zerruttung des corporis oder collegii des Hl. Röm. Reichs oder iren fstl. Gnn. einicher ungehorsam pillich aufgelegt mocht werden, zuversichtiglich, wo uber solchs irer fstl. Gnn. antzeigen, volgend suchen und bitten ichts von allen des Hl. Röm. Reichs stenden von unsern gnedigen fursten und herrn gebethen und gesucht wurde, das ire fstl. Gnn. sich darinn aller gebur freuntlich und gnediglich zu ertzeigen werden wißen. Dann wir irer fstl. Gnn. gemuth dahin gerichtet wißen, das ire fstl. Gnn. allen und jeden Kff., Ff., graven, prelaten, stedten und stenden des Hl. Röm. Reichs nach eines jeden gepurnus freuntlich, gunstiglich und gnediglich zu dienen, zu wilfharen und mit gutem zu furdern gantz gneigt seint, solchs sich auch zu ihnen, den stenden, hinwiderumb versehen.

2Wir wollen auch nicht andtworts-, sunder alleine berichtsweise euer fstl. Gnn. und Gg. undertheniglich und freundtlich erinnert haben, das wir ahm jungsten in dem furstenradt [1543 Febr. 12] neben erwenung der protestation [RTA JR Bd. XII, Nr. 293] dennoch auch angezeigt haben, das unsere gnedigen fursten und herren aus untertheniger treu, so ire fstl. Gnn. kegen der röm. kgl. Mt. und dem gantzen Reich trugen, auch in betrachtung der vorstehenden not und fhar 204 wolgerustete pferde, auch ein fenlin knechte mit drei monten besoldunge, einer halben slange und der nottuftigen zugehorung versehen, auch mit der besoldung, so auf die hohen empter iren fstl. Gnn. zu geben aufgelegt, mit dem eilendesten, so ihren fstl. Gnn. der weitten abgelegenheit halben mueglich gewesen, ahn den feldtobersten und obersechsischen kreigsradt [!] hinabgefertigt und gesickt, idoch ane ratification des speirischen abschiedts [RTA JR Bd. XII, Nr. 285], wie solchs ahn dieselben auch gesrieben. Das auch zudem ire fstl. Gnn. in derselben landen, hertzoch- und furstenthumben den gemeinen pfenninck vermuege des speirischen abschiedts samlen und, was ire fstl. Gnn. vor ir person darzuzuleggen gebuert, erleggen lassen und vermuege des speirischen3, auch obersechsischen kreißabschiedts4 ire fstl. Gnn. gemeine innemer und andere gesworene personen kegen Wittenberg mit dem gemeinen pfennige zeitlich gesickt und in dan anbieten lassen. Weil aber daselbst keine kreißtruge auß mangel, wie dem hauptmhan und anderen chur- und fursten des kreiß bewust, veordent gewesen, haben ire fstl. Gnn. dennoch furter biß zum abzuge irer fstl. Gnn. kreißvolck in Hungeren mit grosser beswerung erhalten, besoldet und sie auch gentzlich daruber dermassen bezalt, das zu wunschen were, das aller stende kreißvolck dermassen gesickt und unterhalten were worden, so were ungezweifelt solcher erbarmlicher, jemmerlicher abzugk nicht genommen, das gemeine kreißvolck auch in besserem willen erhalten worden; es wurden auch viel nachmanungen verpleiben. Und wollen unß versehen, wor [= wo] die register zu seiner zeit vorgelegt werden, was ein ider standt gesickt und geleist hat, so wurdt es sich befinden, das unsere gnedigen fursten und herren alles biß den abzug, so der speirische abschiedt, idoch ane ratification desselben, vormag, so williglich geleistet haben, das billiger andere dan ire fstl. Gnn. des ungehorsams angezogen, beklaget und gestraffet solten werden.

aDis haben wir untertheniger, freundtlicherweise euern fstl. Gnn. und Gg. unerinnert nicht lassen mugen, weil es hievor von unß angezeigt und in erholung unseres anbringens jungst nicht erwent worden, untertheniglich und freundtlich bittende, es wollens eure fstl. Gnn. und Gg. nicht anders dan gnediglich und gunstiglich vermercken–a. Das wollen wir etc.5

6Ahm tagk Matie [1543 Febr. 24] haben wir disse andtwort ungeferlich mundtlich den papistischen stenden gegeben. Darauf sie bis auf eine gantze stunde sich underredet und letzlich durch den mentzischen, Kf. zu Brandenburg, Hg. Ludwigen von Bayern, des Bf. von Bambergb gesanten anzeigen lassen, das sich ire fstl. Gnn. und der chur- und fursten gesanten sich der andtwort nicht versehen hetten, sunder hetten verhofft, wir solten auf irer fstl. Gnn. und Gg. gnedigs und freundtlich ermanen und erinneren von unserem vornhemen gar und gantz abstehen, wie sie auch nochmaln zu thun wollen gebetten haben, damit sie nicht geursacht wurden, der sachen weitter nachzudencken.

Darauf wir widerumb angezeigt, das[wir] unß nach gelegenen sachen, in bedenckung unserer gnedigen herren und des gantzen Reichs nottorft und gelegenheit, zu disser zeit mit keiner anderen andtwort hetten vernhemen lassen. Vorsegen unß auch, weyl sie [= die antwort] billich und ehrlich [und] keinem – auch eins anderen standes – die verandtwortung zu gelegener zeit auß naturlichen rechten und aller billigkeit muchte mit fueg abgeschnitten werden, es wurden ire fstl. Gnn. und Gg. damit gesettigt sein und die sache nochmaln in rue stellen, biß die artikel des fridens und rechtens ire endtschaft erlanget. Alßdan wolten wir nicht allein bey allen gemeinen stenden, sunder auch der kgl. Mt. gnugsame ursachen unserem vorigen erbietten nach anzeigen etc.

Darauf sie widerumb angezeigt, sie hetten keinen anderen befehelich, aber sie wolten solch unser erinneren nochmaln gern anzeigen und, was weitter beslossen wurde, anzeigen.

Und seindt folgents widerumb zu unß kommen und angezeigt, es versehen sich die stende nochmaln, wir wurden von der speirischen beschehenen protestation abstehen. Da aber solchs nicht beschehege, liessen sie es bey furiger andtwort bleiben.

Darauf wir inen widerumb angezeigt, wir hetten unß in bedenckung unseres billigen erbietens und das dennoch die sache nicht alleine die stende, sonder auch andere, die gleich szowol alß sie in das angezogene corpus gehorten, betreffe, solcher harten andtwort nicht vorsehen. Wollen nochmaln versehen, es wurde ein ider hirin seine befehelich erwegen und der sachen nicht anders, dan in vor ire person gebuerte und unsre gnedigen herren sich zu den Kff. und Ff., davon sie gesant, vorsehegen, nachdencken und unß dennoch auch wissen lassen, was desvhals sich unsere gnedigen herren zu iren herren versehen solten, damit wir solchs iren fstl. Gnn. dennoch auch anzuzeigen hetten, das euer fstl. Gnn. derselben nottorft nach den sachen auch weitter nachgedencken mochten. Wir zveivelten aber nicht, sie wurden auß vorerzelten ursachen disse sache biß zu vorberurter zeit in ruhe stellen.

Das haben sie widerumb referirt. Darauf is von den papistischen nichts weitters in dissem vhal beradtslagt noch beslossen, wie ich von etzlichen, die im radt gewesen, vernommen.

Anmerkungen

1
Siehe die Instruktion der Hgg. von Pommern für ihre Gesandten zum RT und zu den Sitzungen der Schmalkaldener (Nr. 63c–d).
2
Ab hier folgt der Text der Überlieferung C, fol. 312r; AB om.
3
Abschied des Speyerer RT, 1542 April 14, in: RTA JR Bd. XII, Nr. 285, § 119, S. 1198.
4
Abschied des obersächsischen Kreistages, Zerbst, 1542 Mai 22, in: Dresden HStA, 10024, GA, Loc. 7873/5, fol. 1r–14v (Kop.).
a
–aDieser Absatz lautet in AB: Diß haben wir euern fstl. Gnn. und Gg. undertheniger und freuntlicher meynung antzutzeigen nicht wissen zu underlassen, und stehen in ungetzweivelter hofung, es werden euer fstl. Gnn. und Gg. diese unsere antwurt gnediglich und freuntlich vermercken, in bedenckung, das dennoch unsere antzeigung allein im furstenrath, vil anderer gestalt dan sie jungst durch den mentzischen cantzler erholet, zu der zeit berichtsweise und das der sachen halb zu seiner zeit weiter und mehr gruntliche antzeigung und furderung bescheen wirt.
5
In C endet hier die Wiedergabe der Rede der pommerschen Gesandten im Fürstenrat.
6
Ab hier folgt in C (AB om.) der Bericht Jakobs von Zitzewitz über die Verhandlungen der pommerschen Gesandten mit den altgläubigen Reichsständen, die am 24. Febr. in Anschluss an den pommerschen Vortrag im Fürstenrat stattfanden. Ein ähnlich lautender, nicht datierter Bericht Zitzewitz’ zeigt die schwierige Stellung der pommerschen Gesandten im Fürstenrat, die sowohl von den altgläubigen Reichsständen als von den Schmalkaldenern unter Druck gesetzt wurden, sich für deren Interessen einzusetzen. In: Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 215r–220r, 1543 Febr. 24 bis 1543 März, Ausf. eighd.
b
In einem ähnlich lautenden Bericht Zitzewitz’ über die Verhandlungen im Reichsrat am 24. Febr. 1543 (in Stettin AP, AKW Sign. 95, hier fol. 215r) heißt es stattdessen: Bf. zu Saltzburch.